Jurisprudentiedatabank
Leitsatz:
Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit für das Fehlen von Tiefgangsanzeigern.
Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 9. Februar 1978
(auf Berufung gegen den Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom l6. Juni 1977 - OWi 1045/77 RhSch -)
Die Berufungskammer hat erwogen:
I.
Die Berufung des Betroffenen gegen den Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 16.6.1977 ist form- und fristgerecht eingelegt und somit zulässig.
II.
Abweichend von dem erstinstanzlichen Rheinschifffahrtsgericht sieht die Berufungskammer nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit als bewiesen an, dass auf dem Schubleichter des Betroffenen die Tiefgangsanzeiger gefehlt haben. Von den beiden Wasserschutzpolizeibeamten, die den in Mannheim auf dem Rhein stilliegenden Schubleichter kontrollierten und in dem vorausgegangenen Bußgeldverfahren gegen Schiffsführer K. (geboren am 27.5.1919) - OWi 78/76 RhSch - als Zeugen gehört wurden, gab der Polizeiobermeister M. lediglich an, dass er an dem leeren auf Strom liegenden Fahrzeug vorne und achtern keine Tiefgangsanzeiger gesehen habe, während der Polizeihauptmeister W. erklärte, das Fahrzeug sei ohne Tiefgangsanzeiger gewesen. Auf Befragen erklärte W., die Tiefgangsanzeiger seien verbraucht gewesen, was er von der Wasserseite her gesehen habe. Da andererseits feststeht, dass der Schubleichter mehrere Monate hindurch als Lagerschiff voll eingetaucht im Schmutzwasser lag und dadurch der Schiffskörper mit einer Schmutzschicht überzogen war, ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass die Tiefgangsanzeiger zwar vorhanden, aber durch die Schmutzschicht verdeckt waren. Eine solche Annahme steht zu den Aussagen des Polizeibeamten M. nicht im Widerspruch, da dieser lediglich angab, er habe keine Tiefgangsanzeiger gesehen. Bezüglich der Angaben des Polizeibeamten W. bleibt die Möglichkeit offen, dass dieser Zeuge irrtümlich die durch die Schmutzschicht verdeckten Tiefgangsanzeiger als verbraucht angesehenhat. Eine Nichterkennbarkeit der Tiefgangsanzeiger infolge einer Schmutzschicht kann dem Betroffenen in seiner Eigenschaft als Schiffseigner nicht zugerechnet werden, da nicht feststeht, ob er von der Verschmutzung des Schiffsrumpfes und der Tiefgangsanzeiger Kenntnis hatte. Eine etwa notwendige Reinigung der Tiefgangsanzeiger zum Zwecke deren Erkennbarkeit würde zum Pflichtenkreis des Schiffsführers des Fahrzeuges gehören, da nur er aus seiner Anwesenheit an Bord die erforderliche Kenntnis haben muss. Da mithin eine dem Betroffenen zurechenbare Zuwiderhandlung gegen § 4.06 RhSchUO nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, kann die in erster Instanz ausgesprochene Festsetzung einer Geldbusse nicht aufrechterhalten werden. Mit Kostenfolge aus § 46 des deutschen Ordnungswidrigkeitengesetzes in Verbindung mit § 476 Strafprozessordnung war deshalb für Recht zu erkennen:
1. Der Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 16.6.1977 wird auf die Berufung des Betroffenen hin aufgehoben und dieser ohne Kosten freigesprochen.
2. Die Festsetzung der Kosten des Verfahrens ist vom Rheinschiffahrtsgericht Mannheim vorzunehmen.
Der Gerichtskanzler: Der Vorsitzende:
(gez.) Doerflinger (gez.) L. Specht