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Leitsätze:
1. Nimmt der Empfänger bei einer Containerverschiffung einen von dem Verfrachter (Reeder) zur Verfügung gestellten Container für den Weitertransport in Anspruch, so werden dadurch Obhutspflichten des Empfängers hinsichtlich des Containers begründet, bei deren Verletzung er dem Verfrachter schadensersatzpflichtig werden kann.
2. Trifft das Konnossement für den vorgenannten Anspruch des Verfrachters keine Regelung, so erstreckt sich die für alle Streitigkeiten, die unter dem Konnossement stehen, geltende Gerichtsstandsklausel des Konnossements auch auf diesen Anspruch.
Urteil des Oberlandesgerichtes
vom 11.09.1986
Bei einer Containerverschiffung mit von der Reederei (Verfrachter) zur Verfügung gestellten Containern gehört es üblicherweise zu den Verpflichtungen des Verfrachters, dem Empfänger der Ware auch den Container für einen etwa erforderlichen Weitertransport zur Verfügung zu stellen. Die Kl. bringt selbst vor, dass eine derartige Verpflichtung der von ihr vertretenen Reederei, der Fa. B., auch im vorliegenden Fall bestand. Nimmt der Empfänger den Container in der vorgenannten Weise in Anspruch, so werden dadurch Obhutspflichten des Empfängers hinsichtlich des Containers begründet, bei deren Verletzung der Empfänger dem Verfrachter schadensersatzpflichtig werden kann. Im vorliegenden Fall bestimmt zudem Ziff. 25 der Konnossementsbedingungen, die gem. § 656 Abs. 1 HGB für das Rechtsverhältnis zwischen dem Verfrachter und dem Empfänger der Güter maßgeblich sind, auszugsweise:
"Should a container not be returned within the prescribed time the Merchant shall be liable for any demurrage, loss or expenses which may arise from such nonreturn. Im vorliegenden Fall hatte die Bekl. auch die Stellung des Empfängers, da die Rechte aus den Orderkonnossementen durch Blankoindossament der Fa. W. auf die Bekl. als deren Empfangsspediteur übertragen worden waren (vgl. § 648 HGB). Aufgrund dieser Rechtsstellung hat die Bekl. die Kl. als Agentin des Verfrachters mit ihrem Schreiben vom 21. 2. 1985 aufgefordert, die Container an der von der Bekl. angegebenen Adresse anzuliefern. Die Kl. kann jedoch im vorliegenden Verfahren weder in gewillkürter Prozeßstandschaft noch aufgrund Abtretung der Fa. B. die vorgenannten etwaigen Ansprüche der Firma als Verfrachterin aus dem Frachtvertrag gegen die Bekl. geltend machen, weil sich die Bekl. insoweit zu Recht auf die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte in Odessa gem. Ziff. 5 der Konnossementsbedingungen beruft. Diese Klausel kann nicht etwa dahin ausgelegt werden, dass sie nur für gegen den Verfrachter gerichtete Ansprüche den Gerichtsstand ausschließlich regelt (vgl. zur Problematik Prüßmann/Rabe, Seehandelsrecht vor § 556 HGB Anm. VII B 3). Die Klausel besagt nämlich ausdrücklich, dass alle Streitigkeiten, die unter dem Konnossement entstehen, ausschließlich an dem Ort entschieden werden sollen, an dem der Verfrachter seine Hauptniederlassung hat. Außerdem bedarf nach dem Inhalt der Klausel die Anrufung eines anderen Gerichts der ausdrücklichen Zustimmung beider Parteien, also auch der Bekl. als Empfängerin. Dass es sich bei dem in Rede stehenden Anspruch des Verfrachters um einen solchen handelt, der unter dem Konnossement entstanden ist, erhellt die bereits auszugsweise angeführte Klausel 25 der Konnossementsbedingungen. Die Bekl. kann die sich aus Ziff. 5 der Konnossementsbedingungen ergebende fehlende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in der Berufungsinstanz schon deshalb noch geltend machen, weil §§ 512 a und 529 Abs. 2 ZPO für die internationale Zuständigkeit nicht gelten. Ein Rügeverlust gem. §§ 39, 282 Abs. 3 ZPO ist insoweit nicht eingetreten, weil die Kl. erstmals in der Berufungsinstanz sich auf eine Abtretung der Fa. B. berufen und vorgetragen hat, sie sei durch den Agenturvertrag zu einer Geltendmachung der Ansprüche dieser Gesellschaft im eigenen Namen ermächtigt worden. Letzteres entspricht entgegen der Auffassung der Kl. keineswegs dem Handelsbrauch, da der Schiffsagent Vertreter des Verfrachters/ Reeders ist und üblicherweise Aktivprozesse im Namen seines Geschäftsherrn führt; streitig ist lediglich, ob der Agent dazu einer besonderen Vollmacht seines Geschäftsherrn bedarf (vgl. Prüßmann/Rabe aaO vor § 556 Anm. II E 3 d einerseits und Schaps/Abraham, Seerecht 4. Aufl. § 663 b HGB Anh. VI Rdn. 30 andererseits). Die Klage ist nach allem, soweit die Kl. Ansprüche aus dem Frachtvertrag geltend macht, unzulässig, weil insoweit die Gerichte in Odessa ausschließlich zuständig sind. Ansprüche aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen bestehen nicht (wird ausgeführt).