Jurisprudentiedatabank
Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt
Urteil vom 22.10.1976
Tatbestand:
Die Firma UN ist Eigner bzw. Reeder des Rheintankschleppkahns MJ, dessen Kaskoversicherer die MM und Streitgenossen sind.
Die REEDEREI ist Eigner des MS "V", dessen Schiffsführer G und dessen Kaskoversicherer die Firma Bist.
Aufgrund einer Übereinkunft vom 17.11.1969 wurde der Reederei die Nutzung der MJ für die Zeit vom 19.9.1969 bis zum 31.3.1973 übertragen, unter der Bedingung, sie als guter Familienvater für die Beförderung von Kohlenwasserstoffen einzusetzen, sie in ihre eigene Flotte aufzunehmen, sowie die technische’ und kaufmännische Leitung der Besatzung während des Ladens und Löschens zu übernehmen.
Am 3.9.1971 wurde das Tankschleppschiff MJ durch eine gegen 21.45 Uhr im Strassburger Erdölhafen aufgetretene Explosion und den anschließenden Brand vollständig zerstört.
Wie die Ermittlungen der Wasserschutzpolizei bestätigen, hatte das MS V gerade mit seinen Pumpen eine Ladung von 895 t Superbenzin in die MJ umgeschlagen.
Mit Klage vom 20.12.1972 haben die UN und die MM sowohl in eigenen Namen als auch als federführende Gesellschaft der Versicherungsgesellschaften F und Konsorten vor dem Rheinschifffahrtsgericht in Strassburg Verurteilung:
1. der REEDEREI, Eignerin des MS V;
2. des Schiffsführers Enrico G, der dieses Motorschiff zur Zeit des Ereignisses verantwortlich geführt hat und
3. der S.A. B, Kaskoversicherer in der V,
als Gesamtschuldner und subsidiär "in solidum" zum Ersatz des aus der Zerstörung der MJ entstandenen und nach Gutachten noch festzusetzenden Schadens sowie Verurteilung der Fa. LA MM jetzt einer Anzahlung von 810.747,20 F, zuzüglich 6 % Zinsen für den Betrag von 603.020 F seit dem 24.11.1971 für den Betrag von 200.100 F seit dem 19.8.1972 und für den Betrag von 10.788 F seit dem 11.4.72,verlangt.
In der Klage wird erklärt dass die Schweizerische Reederei AG den Klägerinnen wegen Nichterfüllung der Übereinkunft vom 17.11.1969 sowie ein Verschulden, das sie bei der Ausführung des Umschlags trifft, hafte.
In der Verhandlung vom 15.11.1973 haben die Klägerinnen vorgetragen, die Beklagten seien verantwortlich für den Unfall der MJ und müssten den durch ihren Verlust entstandenen Schaden ersetzen und zwar:
- einerseits aufgrund der Übereinkunft vom 17.11.1969, mit der der Reederei die Nutzung des genannten Tankschleppschiffs für die Zeit vom 19.9.1969 bis zum 31.3.1973 übertragen wurde, unter der Voraussetzung, es als "guter Familienvater" für den Transport von Kohlenwasserstoffen einzusetzen und es, außer im Falle Höheren Gewalt, zum vereinbarten Zeitpunkt zurückzugeben, und
- andererseits aufgrund der nautischen Fehler des Schiffsführers G, der ihrer Meinung nach in Verletzung von Artikel 36 der Besonderen Polizeiverordnung des Strassburger Hafens nachts ohne vorherige schriftliche Erlaubnis und außerhalb einer Umschlagstelle sowie ohne zwingenden Grund einen besonders gefährlichen Umschlag durchgeführt hat.
Die Beklagten haben die Einrede der Unzuständigkeit des Rheinschifffahrtsgerichts ratione materiae erhoben mit der Begründung:
1. dass sich die Klage im wesentlichen auf die Nichterfüllung eines allgemeinen zivilrechtlichen Vertrages stütze und somit nicht der Ausnahmegerichtsbarkeit des Rheinschifffahrtsgerichts, dessen Zuständigkeitsgrenzen in Artikel 34 der Mannheimer Akte festgelegt sind, unterworfen sei;
2. dass eine etwaige Verletzung von Artikel 36 der Besonderen Polizeiverordnung des Strassburger Hafens durch Kapitän G nicht in kausalem Zusammenhang mit dem streitigen Unfall stehe, da die Ermittlungen der Strassburger Wasserschutzpolizei ergeben habe, dass der Umschlag nicht ursächlich für den Schaden sei.
Die Klägerinnen haben erwidert:
1. dass sie nicht nur ein vertragliches Verschulden sondern auch vom Kapitän G begangene nautische Fehler geltend machen, d.h. die Verletzung der Vorschriften, die ein Schiffer bei der Führung seines Fahrzeugs und während des Landens und Löschens beachten müsse;
2. dass Artikel 34 bis der Mannheimer Akte (Strassburger Übereinkommen vom 2O.ll.1963) bestimmt, die Rheinschifffahrtsgerichte seien gemäß Artikel 34 II C ebenfalls zuständig, wenn die Parteien in einem Vertragsverhältnis stehen.
Beide Parteien haben die Beschränkung der Verhandlung auf die Frage der Zuständigkeit erklärt.
Am 6.2.1974 hat das Gericht in öffentlicher und kontradiktorischer Verhandlung:
- die von den Beklagten erhobene Einrede der Unzuständigkeit ratione materiae zurückgewiesen;
- sich für zuständig erklärt;
- die Verhandlung über den Grund auf den 6. März 1974 festgesetzt, und
- die Kostenentscheidung vorbehalten.
Am 16.2.74 haben die Klägerinnen, die UN S.A. und ihre Versicherer, die MM und Konsorten, vor dem Rheinschifffahrtsobergericht Colmar Berufung gegen dieses Urteil eingelegt.
Die Klägerinnen haben den Beklagten, der Reederei, der BS.A. und Herrn G das Urteil am 5.4.1974 zugestellt.
Die Beklagten haben am 29.4.1974 vor der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt in Strassburg Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Am 2.10.1974 hat das Rheinschifffahrtsobergericht sein Urteil verkündet und die Berufung mangels Interesse für unzulässig erklärt und die Berufungskläger zu den Kosten verurteilt.
Am 21.4.75 hat die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt ein Urteil verkündet, mit dem sie erklärt hat, dass die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Rheinschifffahrtgerichts Strassburg vom l4.2.74 als unbegründet zurückgewiesen, dieses Urteil bestätigt wird, und die Kosten des Berufungsverfahrens den Beklagten auferlegt werden.
Diese Entscheidung setzte die Zuständigkeit des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg für die mit Klageschrift vom 20.2.72 erhobene Klage voraus.
Mach einer mündlichen Verhandlung vom 1.10.75 hat dieses Gericht sein Urteil gefällt, indem es die Klage der Gesellschaften "UN“ und "MM" zurückwies und sie kostenpflichtig verurteilte.
Das Gericht führt im wesentlichen folgende Gründe ans
- das Problem des Zusammentreffens der deliktischen und vertraglichen Haftung stellt sich hier nicht, weil aus dem Wortlaut der zwischen den Parteien geschlossenen Übereinkunft hervorgeht, dass das Risiko des Verlustes der "MJ" nicht, von den Beklagten-Berufungsbeklagten zu tragen war, diesen war lediglich das Recht übertragen worden, alle Anweisungen für den gewerblichen Einsatz des Schiffes zu geben, die. nautische Führung blieb beim Eigner. Die Klage kann nur auf das nautische, also deliktische Verschulden GS gestützt werden;
-die Tatsache, dass der Schiffsführer der V einen ungeeigneten Umschlagplatz gewählt haben soll und der Umstand, dass der Umschlag ohne die nach Sonnenuntergang erforderliche Genehmigung fortgesetzt wurde, sind für den Unfall unerheblich:
- die Ermittlungen auf der V haben weder unfallursächliches technisches Verschulden, noch Schadhaftigkeit des Materials ergeben, aber doch ausreichend bewiesen, dass die Explosion auf der "MJ" auf die plötzliche Entzündung von Benzindämpfen zurückzuführen war, die sich nur deshalb ansammeln konnten, weil die Tankdeckel dieses Fahrzeugs entgegen den geltenden Vorschriften offengelassen worden waren:
- die Beklagten-Berufungsbeklagten trifft kein Verschulden in Zusammenhang mit dem Unfall.
Die Klägerinnen-Berufungsklägerinnen haben am 26.11.75 gegen dieses am 17.11.75 zugestellte Urteil Berufung bei der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt eingelegt. Sie haben dort eine Berufungsschrift mit folgenden Antragen eingereicht:
Möge die Zentralkommission
- das mit Berufung belegte Urteil abändern,
- die Beklagten gesamtschuldnerisch, hilfsweise in solidum, dazu verurteilen, den aus der Zerstörung der MJ verursachten Schaden zu ersetzen,
- die Beklagten gesamtschuldnerisch, hilfsweise in solidum, zu verurteilen, an die Klägerin zu 2 die Summe von 949.291,40 FF., nebst 10% Zinsen hieraus zu bezahlen
- die Beklagten gesamtschuldnerisch, hilfsweise in solidum, zu verurteilen an die Klägerin zu 1, UN, die Summe von 172.063,40 FF, nebst 10% hieraus zu bezahlen;
- die jährliche 10%-ige Kapitalisierung der Zinsen seit den vorgenannten Terminen anzuordnen;
- den Klägerinnen alle sonstigen Forderungen, insbesondere der Firmen ANTAR, TOTAL und ESSO STANDARD vorzubehalten;
- die Beklagten gesamtschuldnerisch, hilfsweise in solidum, zu den Gerichtskosten zu verurteilen.
Die Klagerinnen-Berufungsklägerinnen führen folgende Begründung an:
- den Klägerinnen-Berufungsklägerinnen konnte kein Verschulden, das zum Brand an Bord der MJ geführt hat, bewiesen werden, so dass sie keine Verantwortung tragen;
- zu Unrecht sehe der Vorderrichter eine schwere Fahrlässigkeit in der Tatsache, dass die Tankdeckel während des Ladens nicht verschlossen worden seien (Verstoß gegen Artikel 80 der Internationalen Vorschriften von Den, Haag vom 1.2.39), während allgemein feststehe, dass diese während des Ladens und Löschens offenbleiben dürfen (Rn 10 311 der Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein. Nichts beweise außerdem, dass sich eine ungewöhnliche, auf das Nichtverschließen der Deckel zurückzuführende Ansammlung von Benzin gebildet habe, die die. Ursache des Brandes gewesen sei.
-Die REEDEREI hafte auf Grund des Vertrags vom 17.11.69. Denn:
- sie habe das Recht gehabt, Anordnung für den gewerblichen Einsatz sowie technische Dienstanweisungen an die Besatzung der MJ zu geben, die in ihrer Flotte eingegliedert ist, ohne Rücksicht darauf, dass deren Vergütung von der UN übernommen wird;
- laut Vertrag müsse sie das Fahrzeug außer im Fall der gesetzlich vorgesehene Haftungsbefreiung in gutem Zustand zurückgeben:
- die Reedereitrage die Verantwortung für den Brand, der während dem Laden ausbrach. Sie sei für die Ladevorgänge und folglich für das Verschließen der Tankdeckel, das nicht zu den nautischen Aufgaben des Schiffsführers gehöre, verantwortlich;
- Der Umschlag von Flüssigkeiten von einem Fahrzeug in ein anderes stelle einen Unternehmensvertrag dar, mit dem sich das abgebende Fahrzeug verpflichtet, seine Ladung in das aufnehmende Fahrzeug umzuschlagen. Unabhängig von dem Vertrag vom 17.11.69 trage die REEDEREI die Verantwortung für den Schaden der während dem Umschlag unter ihrer Führung entsteht.
- die REEDEREI sei verantwortlich, weil sie beim Umschlag zwei Fehler begangen habe:
a) der Umschlag sei ohne besondere Genehmigung und an einer Stelle am Kai erfolgt, die hierzu nicht eingerichtet gewesen sei (Rn 10 506 der Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein und Artikel 36 Polizeiverordnung des Strassburger Hafens vom 15.11.60)
b) der Umschlag sei nach Sonnenuntergang ohne die in dem vorgenannten Artikel 36 vorgeschriebene Genehmigung fortgesetzt worden.
Die Beklagten-Berufungsbeklagten haben am 19.01.76 einen Schriftsatz. überreicht, in dem sie feststellten, dass die Zentralkommission sich über alle Einzelheiten dieser Sache für ausreichend informiert halten könne und sich veranlasst sehen werde, das erstinstanzliche Urteil zu bestätigen, nachdem sie festgestellt habe.
1) dass die REEDEREI aufgrund des Vertrags nicht dazu verpflichtet gewesen sei, die "MJ" zurückzugeben!
2) dass der Brand lediglich die "MJ" zerstört habe, auf der er nach einer Explosion ausgebrochen sei|
3) dass der Brand nur deshalb entstehen könnte, weil die Mannlöcher der Tanks entgegen den elementarsten Vorsichtsmaß-nahmen sowie der formellen Regelung offengeblieben seien.
Entscheidungsgründe:
1. Die von den Klägerinnen am 26.ll.75 der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt eingelegte Berufung ist ordnungsgemäß und entspricht den Vorschriften der Mannheimer Akte.
2. Es ist praktisch unmöglich, mit absoluter Sicherheit die genaue Ursache des Brandes auszumachen.
Fest steht dagegen, dass dieser Brand keine solchen katastrophalen Ausmaß erreicht hätte, wenn auf der MJ die Bestimmungen von Artikel 80 der Internationalen Vorschriften in der Anlage des Den Haager Abkommens vom 1.2.39 beachtet worden wären. Entgegen diesen Vorschriften sind beim Umschlag sämtliche Tanks. ein Mannloch und zwei Lüftungsöffnungen pro Tank offengeblieben.
Die Verfasser der Vorschriften waren sich über die ständige Brandgefahr im Klaren. Sie wollten die Folgen einschränken, so dass die Unkenntnis dieser Vorschriften die Haftung für den auftretenden Schaden bewirkt.
Selbst wenn ein Fall höherer Gewalt zum Brand geführt hätte, so bestünde diese Haftung insoweit als der Schaden die Folge des außergewöhnlichen Ausmaßes des Brandes ist, das nie erreicht worden wäre, wären die Vorschriften eingehalten worden.
In diesem Fall ist das rasche Umsichgreifen des Feuers darauf zurückzuführen, dass die Mannlöcher offengeblieben waren. Für den Schaden haftet somit derjenige, der mit dem Verschließen beauftragt war.
3. Die Klägerinnen-Berufungsklägerinnen behaupten, die REEDEREI sei aufgrund der Übereinkunft vom 17.11.69 verpflichtet gewesen, die "MJ" in gutem Zustand zurückzugeben.
Das Bestehen einer derartigen Verpflichtung setzt voraus, dass der Betroffene die Unterhaltspflicht: für die Sache hat. Er kann nämlich nicht eine Sache zurückgeben, für die er nicht unterhaltspflichtig ist.
Aus der genannten Übereinkunft geht hervor, dass die REEDEREI nur für den gewerblichen Einsatz des Schiffes in ihrer Eigenschaft als Konsignatar und Handelsagent verantwortlich war. Sie handelte für Rechnung des Eigners, der die Gewinne und Verluste gleichermaßen trug, während der Handelsagent nur Anspruch auf eine Provision hatte.
Anderseits bestimmt die Übereinkunft, dass die UN die Reederei-, Betriebs-, Kaskoversicherungskosten, die Hafen- und Kanalgebühren, die Kosten für Abschlepp- und Lotsendienste trägt, und das Schiff unter französischer Flagge weiter verkehrt.
Die Forderung, dass die REEDEREI das Material als guter Familienvater einzusetzen hat, bedeutet, dass sie alles Erforderliche tun muss, um der MJ regelmäßig normale Beförderungen zu sichern und zwar zum Vorteil der Vertragsschließenden Partei UN.
Gewiss, die REEDEREI war verpflichtet, den Besatzungen direkt alle Anweisungen für das Laden, Löschen usw. zu erteilen, um so eine optimale Ausnützung des Materials zu erzielen. Sie musste hierbei aber nach Möglichkeit den Besonderheiten dieses Materials Rechnung tragen. Daraus ergibt sich, dass die Klägerinnen Berufungsklägerinnen theoretisch das Recht hatten, die Zurverfügungstellung des Materials zu verweigern, wenn ihr Handelsagent diese Einschränkung nicht berücksichtigen sollte.
Nach der Übereinkunft trugen die Klägerinnen-Berufungsklägerinnen das Risiko für das Material, und die Beklagten- Berufungsbeklagten hatten lediglich die Aufgabe, einen normalen Einsatz dieses Materials zu sichern.
Für die Beklagten-Berufungsbeklagten bestand also nicht die Pflicht, das Fahrzeug in gutem Zustand zurückzugeben, so dass die auf eine vertragliche Haftung wegen Nichterfüllung gestützte Klage nicht zulässig sein kann.
Selbst wenn man zugibt, dass wie die Klägerinnen-Berufungsklägerinnen: behaupten, Schiffsführer G von V aufgrund eines Unternehmensvertrags für den Umschlag verantwortlich war, was fraglich ist,
so ist doch sicher, dass ihn keine Schuld für das Fehlverhalten des Schiffsführers und der Besatzung der MJ beim technischen Einsatz dieses Fahrzeugs trifft.
Dieser Schiffsführer muss, wenn er. sich mit dem Umschlag einverstanden erklärt, dem umschlagenden Schiff ein hierfür geeignetes Fahrzeug in normalem Zustand zur Verfügung stellen.
Nach keinem Gesetz und auch nicht nach dem Geist der Übereinkunft ist der Agent, der sich für den gewerblichen Einsatz verpflichtet, für die technische Qualität oder die Unvorsichtigkeit des Personals verantwortlich, das er nicht selbst eingestellt hat und das sich an Bord des ihm zur Verfügung gestellten Schiffes befindet.
Die eigentliche Ursache des Schadens kann zwar nicht mit Sicherheit festgelegt werden, doch das Ausmaß des Unfalls ist ganz offensichtlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Tanks während des Umschlags offengeblieben sind. Die Berufungskammer vertritt daher die Ansicht, dass es nicht sachdienlich ist, dem in der öffentlichen Verhandlung eingereichten Antrag der Beklagten-Berufungskläger auf Vorlage eines Gutachtens stattzugeben, in dem die Folgen des Nichtverschließens der Tankdeckel während des Umschlags genauestens bestimmt werden sollten. Der Schiffsführer der "MJ" und folglich die Beklagten-Berufungskläger sind für die Folgen dieses Verschuldens verantwortlich.
5. Unbestreitbar ist, dass der Umschlag unter Verletzung der Vorschriften der Rn. 10 506 der Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein und § 36 der Polizeiverordnung des Strassburger Hafens vom 15.11.1960 erfolgt ist.
Von der zuständigen Behörde wurde weder die Sondergenehmigung für eine besonders eingerichtete Kaianlage noch für die Fortsetzung des Umschlags nach Sonnenuntergang eingeholt.
Dieses doppelte Verschulden hat nur theoretischen Charakter. Es ist sicher, dass der Unfall sich ebenso ereignet hätte, wenn die REEDEREI die erforderlichen Genehmigungen erhalten hätte.
Es ist vorstellbar, dass sie diese Genehmigung in Anbetracht der Gefahr, die der Umschlag an einer solchen Stelle und zu einem solchen Augenblick darstellte, nicht erhalten hätte. Die These der Klägerinnen-Berufungsklägerinnen ist, dass die REEDEREI gerade dadurch einen Fehler begangen hat, dass sie die "MJ" dazu zwang, unter diesen Umständen am Umschlag teilzunehmen.
Dieser Vorwurf ist unbegründet, denn die "MJ" hat dieses Risiko in Kauf genommen, obwohl ihr Schiffsführer die Möglichkeit hatte, einen Umschlag entgegen den Polizeiverordnungen zu verweigern.
Somit ist nicht bewiesen, dass die Beklagten-Berufungsbeklagten einen Fehler begangen haben, der zu dem von der Klägerimnen-Berufungsklägerinnen erlittenen Schaden geführt hat, so dass der Vorderrichter die Klage der Klägerinnen-Berufungsklägerinnen zu Recht zurückgewiesen und die Berufung für unbegründet erklärt hat.
Es wird für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerinnen-Berufungsklägerinnen gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 5.11.75 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts vom 5.11.75 wird bestätigt.
Die Kosten für das Berufungsverfahren tragen die Klägerinnen-Berufungsklägerinnen.
Die Feststellung der Berufungskosten erfolgt gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte durch das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg.