Jurisprudentiedatabank
Berufungskammer
Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
530 Z - 2/23
Urteil
vom 09.Mai 2023
auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim
vom 13. Juni 2022
Az: 31 C 3/21 RHSch
In dem Rechtsstreit
(...)
Es wird Bezug genommen auf:
1. das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 13. Juni 2022, das dem Kläger am 5. Juli 2022 und dem Beklagten am 28. Juni 2022 zugestellt worden ist;
2. die Berufungsschrift des Beklagten vom 25. Juli 2022, eingegangen bei Gericht am 26. Juli 2022;
3. die Berufungsbegründungsschrift des Beklagten vom 22. August 2022, eingegangen bei Gericht am selben Tag;
4. die Berufungserwiderungsschrift des Klägers vom 31. August 2022, eingegangen bei Gericht am 1. September 2022;
5. die Akten 31 C 3/21 RHSch des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim;
6. die Ermittlungsakte 404 Js 36723/19 der Staatsanwaltschaft Mannheim.
Die genannten Akten haben der Berufungskammer vorgelegen.
TATBESTAND
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz aus einem Schiffsunfall in Anspruch, der sich am 24. August 2019 gegen 18:50 Uhr auf dem Rhein bei Rheinkilometer 405 ereignet hat.
Der Kläger befuhr am 24. August 2019 mit seinem GFK-Sportboot Rinker 230 Festiva mit dem Kennzeichen MA-CK 4 den Rhein zu Berg. Mit an Bord war der Zeuge Weisbrod. Bei Rheinkilometer 405 trat ein Motorschaden auf. Das Boot trieb manövrierunfähig in Richtung linksrheinisches Ufer auf eine Buhne zu. Die Zeugen Patricia und Thomas Stanzl, die mit ihrem Sportboot KN-34348 aus dem Angelhofer Altrhein kommend zu Berg fuhren, kamen zu Hilfe, um den Havaristen zu Tal in den nahen Angelhofer Altrhein zu schleppen. Dazu wurde vom Heck des Boots der Zeugen Stanzl zum Bug des Boots des Klägers eine Schleppleine angebracht. Währenddessen näherte sich der Beklagte in der Bergfahrt linksrheinisch am Tonnenstrich mit seinem Schleppboot „Rysum“, einem Stahl-Verdränger (12,5 m lang, 3,6 m breit, Verdrängung 20 t), mit direktem Kurs auf die beiden Sportboote. Der Beklagte gab mindestens zweimal Schallsignale in einer Entfernung von mindestens 200 m ab und behielt den Kurs auf die beiden Sportboote bei. Deren Besatzungen versuchten durch Winken und Schreien auf die Kollisionsgefahr aufmerksam zu machen. Knapp vor dem Boot der Zeugen Stanzl drehte der Beklagte zur Strommitte hin ab. Dabei kam es zu einer Kollision mit der Steuerbordseite des Boots des Klägers. Der hierbei verursachte Schaden ist noch nicht behoben. Den defekten Motor hat der Kläger alsbald nach dem Unfall auf eigene Kosten für knapp 10.000 Euro instand setzen lassen.
Mit der Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Ersatz der Reparaturkosten, die er gestützt auf ein Angebot der Yachtservice Burkard GbR mit 4.247 Euro netto beziffert, zuzüglich 20 Euro Auslagenpauschale und auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch. Ferner begehrt er die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für weitere materielle Schäden, insbesondere für die Umsatzsteuer nach Durchführung der Reparatur.
Der Kläger hat vorgetragen:
Der Beklagte habe genau erkannt, dass er, der Kläger, sich in einer manövrierunfähigen Situation befunden habe. Auf dem Boot der Eheleute Stanzl seien mehrfach Hupsignale gegeben worden. Zudem sei der Beklagte durch heftiges Winken auf die Gefahrensituation aufmerksam gemacht worden.
Der Kläger hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.267 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21. August 2020 zu zahlen;
- festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche weiteren materiellen Schäden aus dem Bootsunfall vom 24. August 2019 auf dem Rhein zu ersetzen, insbesondere die gesetzliche Umsatzsteuer nach Durchführung der Reparaturmaßnahme;
- den Beklagten zu verurteilen, ihn im Hinblick auf eine vorgerichtliche Rechtsanwaltsvergütung der Rechtsanwälte Dr. Schell und Kollegen in Höhe von 504,54 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit freizustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen:
Er habe nicht erkannt und nicht erkennen können, dass das Boot des Klägers manövrierunfähig gewesen sei. Schallzeichen seien nicht gegeben, die rote Flagge – unstreitig – nicht geschwenkt und Funkwarnungen über Kanal 10 – unstreitig – nicht gegeben worden. Er habe angenommen, die Sportboote hielten sich bereit, um Wasserskifahrer zu ziehen. Er habe beabsichtigt, zwischen den Sportbooten und dem linksrheinischen Ufer durchzufahren, wofür ausreichend Platz gewesen sei. Vorsichtshalber habe er mehrfach, - unstreitig - mindestens zweimal, Achtung-Schallsignale – einen langen Ton von vier Sekunden Dauer – abgegeben. Erst kurz vor Erreichen der Sportboote habe er eine gespannte Leine wahrgenommen und vermutet, es handele sich um einen Wasserskifahrer unmittelbar vor dem Start. Erst jetzt habe er sich einer Gefahrensituation gegenüber gesehen und umgehend einen Kurswechsel nach Backbord eingeleitet, um eine Gefährdung des vermeintlichen Wasserskifahrers auszuschließen.
Das Rheinschifffahrtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen, durch Beiziehung der Ermittlungsakte 404 Js 36723/19 der Staatsanwaltschaft Mannheim und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Mit Urteil vom 13. Juni 2022 hat es der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben, den Beklagten zur Zahlung von 3.846 Euro sowie zur Freistellung des Klägers von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 425,46 Euro, jeweils nebst Zinsen, verurteilt und die Ersatzpflicht des Beklagten für weitere Schäden aus dem Bootsunfall vom 24. August 2019 festgestellt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.
Zur Begründung dieser Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Beklagte hafte als Schiffsführer des Schleppboots „Rysum“ dem Kläger gemäß § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1.04 RheinSchPV auf Schadensersatz. Nach § 1.04 RheinSchPV habe der Schiffsführer alle Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, welche die allgemeine Sorgfaltspflicht und die Übung der Schifffahrt geböten, um insbesondere die Gefährdung von Menschenleben und die Beschädigung anderer Fahrzeuge zu vermeiden. Diese allgemeine Sorgfaltspflicht habe der Beklagte verletzt, indem er ohne Not direkt auf den Schleppverband, bestehende aus dem Boot der Eheleute Stanzl und dem Boot des Klägers, zugefahren sei und erst im letzten Augenblick abgedreht habe. Diese Überzeugung habe das Gericht aus der Vernehmung der Zeugen Stanzl, Weisbrod, Heinz und Ohler gewonnen, die glaubhaft und übereinstimmend bekundet hätten, dass der Beklagte schnurstracks auf die beiden Sportboote zugehalten habe. Die Aussagen der Zeugen Julius v. Waldstein, Salm und Weber, die sich auf dem Boot des Beklagten aufgehalten hätten, seien dazu unergiebig.
Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Beklagte keinen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten habe, der nur gewährleistet gewesen wäre, wenn der Beklagte von vornherein für eine Begegnung Steuerbord an Steuerbord Kurs nach Backbord gelegt hätte. Der Abstand zum linksrheinischen Ufer sei von allen Zeugen als zumindest nahe bezeichnet worden.
Der Beklagte habe schuldhaft, nämlich fahrlässig gehandelt. Er hätte erkennen können und müssen, dass der Kurs in direkter Linie in Richtung des Schleppverbands keinen ausreichenden Sicherheitsabstand gewährleistet habe. Das gelte auch für den Fall, dass für den Beklagten nicht erkennbar gewesen wäre, dass ein manövrierunfähiges Boot sich im Schlepp eines zu Hilfe geeilten Boots befunden habe. Der Beklagte habe selbst geschildert, dass er zwei Boote bewegungslos im Wasser gesehen und vermutet habe, es handele sich um Wasserski- oder Wakeboardfahrer. Bei dieser Annahme wäre es folgerichtig gewesen, nicht direkt auf das „Päckchen“ zuzusteuern, sondern einen Sicherheitsabstand in Richtung Strommitte zu wählen.
Ein schadensursächliches Mitverschulden des Klägers an dem Unfall könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht angenommen werden. Eine Sprechfunkanlage, die für eine Warnmeldung hätte genutzt werden können, sei auf dem Boot des Klägers nicht vorhanden gewesen und für Kleinfahrzeuge nicht vorgeschrieben (§ 4.05 Nr. 4 RheinSchPV). Eine rote Flagge sei zwar unstreitig nicht gezeigt worden. Die Bootsinsassen des Schleppverbands hätten aber mit Handzeichen und Armbewegungen, die für eine normale Begegnungssituation ungewöhnlich seien, versucht, auf die Situation aufmerksam zu machen. Nach § 3.18 RheinSchPV sei die Manövrierunfähigkeit durch das Schwenken der roten Flagge oder das vorgeschriebene Schallzeichen zu signalisieren. Nach den Aussagen der Zeugen Stanzl und Weisbrod seien von dem Zeugen Stanzl mehrfach Schallzeichen – vier kurze Töne – gegeben worden. Andere Zeugen hätten dies zwar nicht bestätigt. Angesichts der unterschiedlichen Angaben sei dem Beklagten aber der Beweis nicht gelungen, dass keine Schallzeichen gegeben worden seien. Eine mögliche Pflichtverletzung des Klägers insoweit sei für den Unfall jedenfalls nicht kausal geworden, weil der Beklagte auch dann einen ausreichenden Sicherheitsabstand hätte einhalten müssen, wenn er die Manövrierunfähigkeit nicht erkannt habe, sondern es sich aus seiner Sicht um Boote in Vorbereitung auf Wasserski- oder Wakeboardfahrten gehandelt habe.
Der Beklagte sei danach zur Erstattung der zur Behebung des Kollisionsschadens erforderlichen Reparaturkosten in der von dem Sachverständigen ermittelten Höhe von 3.826 Euro netto (und nicht wie vom Kläger verlangt 4.247 Euro netto) verpflichtet.
Ein wirtschaftlicher Totalschaden liege nicht vor. Die Bruttoreparaturkosten in Höhe von 4.552,94 Euro seien nicht höher als der Wiederbeschaffungswert des Boots mit beschädigtem Motor. Letzterer sei für den Vergleich ebenso wie die Reparaturkosten brutto anzusetzen und liege wegen der Händlerspanne von in der Regel etwa 15 % bis 25 % über dem Zeitwert, der nach dem Sachverständigengutachten 3.400 Euro netto betrage. Danach ergebe sich ein Bruttowiederbeschaffungswert zwischen 4.652,90 Euro und 5.057,50 Euro.
Der Motorschaden, der erst unmittelbar vor der Kollision aufgetreten und von dem Kläger durch eine aufwendige Reparatur vollständig beseitigt worden sei, könne dem Beklagten nicht als wirtschaftlicher Totalschaden mit der Folge zugutekommen, dass der Schadensersatz wegen der Beschädigung des Rumpfs auf den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts des Boots beschränkt sei. Bei Booten sei es anders als bei Straßenkraftfahrzeugen nicht ungewöhnlich, dass Motorschäden repariert würden, auch wenn die Reparaturkosten höher seien als der Wiederbeschaffungswert des Boots. Zudem bestehe zwischen dem Motorschaden und dem Rumpfschaden kein innerer untrennbarer Zusammenhang; beide Schäden könnten für sich betrachtet werden.
Der zu ersetzende Schaden umfasse auch die Unkostenpauschale von 20 Euro und die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 425,64 Euro. Der Feststellungsantrag sei ebenfalls begründet, weil die Reparatur noch nicht ausgeführt und die Umsatzsteuer noch nicht angefallen sei.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte, soweit der Klage stattgegeben wurde, form- und fristgerecht Berufung mit dem Antrag auf Entscheidung durch die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt eingelegt und das Rechtsmittel form- und fristgerecht begründet.
Er macht unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:
Das Rheinschifffahrtsgericht habe keine hinreichenden Feststellungen getroffen, um beurteilen zu können, ob er, der Beklagte, gegen § 1.04 RheinSchPV verstoßen habe. Das Fehlen eines ausreichenden Sicherheitsabstands werde ohne konkrete festgestellte Tatsachen in den Raum gestellt. Dem Urteil sei nicht zu entnehmen, welcher Sicherheitsabstand nach Meinung des Rheinschifffahrtsgerichts einzuhalten gewesen wäre und wie groß dieser nach Auffassung des Rheinschifffahrtsgerichts tatsächlich gewesen sei. Ebensowenig reflektiere das Rheinschifffahrtsgericht, auf welchen Kenntnisstand zu welchem Zeitpunkt abzustellen sei. Er habe geltend gemacht, dass er die auf dem Rhein dümpelnden Boote nicht als manövrierunfähig erkannt habe, sondern von Wasserskisport-Aktivitäten ausgegangen sei. Aus dem Urteil ergebe sich nicht, ab welchem Zeitpunkt er diesen Irrtum hätte bemerken müssen. Damit könne auch nicht beurteilt werden, ab welchem Zeitpunkt nach Auffassung des Rheinschifffahrtsgerichts der Kurs hätte geändert werden müssen.
Das Rheinschifffahrtsgericht ignoriere auch den Umstand, dass die Backbord/Backbord-Begegnung auf diesem Rheinabschnitt die übliche Begegnung darstelle; eine Abweichung hiervon bedürfe einer besonderen Begründung. Ebenso blende das Rheinschifffahrtsgericht den Umstand aus, dass er den beabsichtigten Kurs nicht bis zum Schluss gefahren sei, sondern beim Anblick der gespannten Leine eine Ausweichbewegung nach Backbord unternommen habe. Die Auffassung, die Backbord/Backbord-Begegnung sei nicht gefahrlos möglich gewesen, sei somit reine Spekulation, denn diesen Kurs sei er aus besagtem Grund nicht weitergefahren. Aus dem Urteil ergebe sich auch nicht, wie sich ohne die Ausweichbewegung die weitere Fahrt entwickelt hätte. Das Urteil enthalte keine Feststellungen zum Abstand der beiden Sportboote zum geografisch linken Ufer.
Es treffe auch nicht zu, dass er auf direktem Weg auf das „Päckchen“ zugesteuert hätte. Er sei bereits lange vor der Kollision den für die Bergfahrt im dortigen Bereich üblichen Kurs linksrheinisch am Tonnenstrich entlang gefahren, das talfahrende Päckchen sei nach linksrheinisch in den Weg der Bergfahrt verfallen.
Das Rheinschifffahrtsgericht habe ein Mitverschulden des Klägers an dem Unfall zu Unrecht verneint. Seine Auffassung, die Manövrierunfähigkeit sei durch Schallzeichen signalisiert worden, das Schwenken der roten Flagge daher entbehrlich gewesen, verkenne, dass Schallzeichen im Sinne von § 3.18 RheinSchPV nur solche seien, die von einem Typhon abgegeben würden; eine Sportboothupe sei dafür ungeeignet. Armbewegungen, wie sie das Rheinschifffahrtsgericht für ausreichend halte, seien in § 3.18 RheinSchPV nicht vorgesehen und generell nicht geeignet, eine Gefahr unmissverständlich anzuzeigen. Das Rheinschifffahrtsgericht habe zu Unrecht auch unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger trotz des Maschinenausfalls und einer damit begründeten Notlage keinen Anker gesetzt habe. Durch Ankern wäre verhindert worden, dass das Päckchen mit 6 bis 7 km/h zu Tal getrieben sei, wodurch die Annäherungsgeschwindigkeit (halbiert) und die Reaktionszeit verdoppelt worden wären. Schließlich habe das Rheinschifffahrtsgericht nicht berücksichtigt, dass auf dem Boot des Klägers keine Fender ausgebracht gewesen seien. Es sei mehr als naheliegend, dass durch solche Stoßschutzeinrichtungen der vom Kläger behauptete Kollisionsschaden gänzlich vermieden worden wäre (Beweis: Sachverständigengutachten).
Durch den Eintritt des Motorschadens habe das Boot des Klägers schon vor der Kollision einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten. Angesichts des von dem Sachverständige mit 3.400 Euro veranschlagten Zeitwerts des Boots mit beschädigtem Motor und der Reparaturkosten für den Motor in Höhe von 8.591,39 Euro netto bzw. 9.966,01 Euro brutto stelle sich nicht einmal die Frage nach der 130 %-Grenze. Durch die anschließende Kollision, die den schon vorhandenen Schaden noch vergrößert habe, habe aus dem Totalschaden nicht wieder ein Reparaturfall werden können. Grundlage der Schadensberechnung sei daher der Zeitwert vor der Kollision (3.400 Euro) abzüglich des Restwerts, der nicht festgestellt sei.
Die Erwägungen, mit denen das Rheinschifffahrtsgericht einen Totalschaden verneinen wolle, seien nicht tragfähig. Es gehe nicht darum, ob der Motorschaden ihm, dem Beklagten, „nicht zugutekommen“ dürfe, sondern um die Frage, welchen Schaden er verursacht habe. Wer eine beschädigte Sache weiter beschädige, verursache nun einmal einen geringeren Schaden als derjenige, der eine unbeschädigte Sache beschädige. Altschäden seien deshalb selbstverständlich bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung des Rheinschifffahrtsgerichts existiere auch kein besonderes Schadensrecht für Motorboote. Motorschaden und Kollisionsschaden verursachten zusammen Reparaturkosten in Höhe von (9.966,01 Euro + 4.552,94 Euro =) 14.518,95 Euro. Das so vollständig instandgesetzte Boot habe nach den Feststellungen des Sachverständigen einen Wert von 7.200 Euro, also nicht einmal die Hälfte der Reparaturkosten. Dies sei völlig unwirtschaftlich und bedeute schadensrechtlich, dass ein Totalschaden vorliege.
Es fehle auch an einer tragfähigen Grundlage für die Herleitung eines Wiederbeschaffungswerts in Höhe von 4.552,94 Euro aus dem von dem Sachverständigen ermittelten Zeitwert in Höhe von 3.400 Euro. Die von Rheinschifffahrtsgericht angenommene Händlerspanne von 15 % bis 25 % setze voraus, dass es einen Händlermarkt gebe. Gebrauchte Boote mit defektem Motor würden aber im Handel nicht angeboten.
Ausgehend von dem Zeitwert von 3.400 Euro wäre selbst dann ein Totalschaden gegeben, wenn das Boot nicht ohnehin schon vor dem Unfall einen Totalschaden erlitten hätte. Denn dann würden allein die Reparaturkosten für den Kollisionsschaden die 130 %-Grenze übersteigen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 13. Juni 2022 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Berufung ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Das Rheinschifffahrtsgericht hat der Klage in dem zuerkannten Umfang zu Recht stattgegeben.
I. Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1.04 RheinSchPV zum Ersatz des an dem Boot des Klägers entstandenen Kollisionsschadens verpflichtet. Er hat die Kollision durch schuldhafte, zumindest fahrlässige Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht nach § 1.04 RheinSchPV verursacht.
Nach dieser Bestimmung hat der Schiffsführer alle Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, welche die allgemeine Sorgfaltspflicht und die Übung der Schifffahrt gebieten, um insbesondere die Gefährdung von Menschenleben und die Beschädigung anderer Fahrzeuge zu vermeiden. Derartige Vorsichtsmaßnahmen hat der Beklagte bei der Annäherung an die beiden in Ufernähe verharrenden Sportboote unstreitig nicht ergriffen, sondern im Gegenteil mit unverändertem Kurs und unverminderter Geschwindigkeit direkt auf die von ihm als „Päckchen“ wahrgenommenen Boote zugehalten und ein Ausweichmanöver nach Backbord erst so spät eingeleitet, dass eine berührungsfreie Vorbeifahrt an dem Boot des Klägers nicht mehr gelang.
Für diese Beurteilung macht es keinen Unterschied, ob der Beklagte erkannt hat oder erkennen konnte, dass das Boot des Klägers manövrierunfähig war. Denn der Beklagte hätte auch dann die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen treffen müssen, wenn, wie er annahm, die Besatzungen der beiden Sportboote mit Vorbereitungen für Wasserski- oder Wakeboardfahrten beschäftigt gewesen wären. Die damit verbundene Gefahr, Menschen im Wasser zu verletzen, hätte es um so mehr geboten, den Kurs rechtzeitig und in ausreichender Entfernung von den Booten zur Strommitte hin zu ändern, um diese in sicherem Abstand zu passieren.
Die von dem Beklagten nach seiner Darstellung beabsichtigte Durchfahrt zwischen den beiden Sportbooten und dem linksrheinischen Ufer bot keine Gewähr für eine gefahrlose Begegnung. Beide Sportboote befanden sich nahe am Ufer. Das Boot des Klägers war nach den Angaben des Zeugen Weisbrod, der sich auf dem Boot des Klägers aufhielt, schon relativ weit in die Buhnen abgetrieben und drohte auf eine Buhne aufzulaufen, bevor es mittels einer Schleppleine mit dem Boot der Zeugen Stanzl verbunden wurde. Nach der Aussage des Zeugen Ohler war der Schleppverband, bestehend aus dem Boot der Eheleute Stanzl und dem Boot des Klägers, 10 bis 15 m von den Buhnen entfernt. Das deckt sich mit der Aussage der Zeugin Stanzl im Ermittlungsverfahren, ihr Boot sei bei der Befestigung der Schleppleine dicht am Ufer gewesen, „jedenfalls unter 10 m.“ Auch der Zeuge Julius von Waldstein, der sich an Bord des Schleppboots „Rysum“ aufhielt, hat angegeben, dass er zwei Boote auf der rechten Seite relativ nah zum Ufer wahrgenommen habe.
Nach den Aussagen der Zeugen Thomas und Patricia Stanzl und des Zeugen Weisbrod hielt der Beklagte bei der Annäherung an die Boote auch nicht auf den Zwischenraum zwischen dem Boot der Zeugen Stanzl und dem Ufer/den Buhnen, sondern direkt auf den Bug des Boots der Zeugen Stanzl zu. Nach der Aussage der Zeugin Stanzl wäre es zu einem Frontalzusammenstoß gekommen, wenn ihr Ehemann nicht in letzter Sekunde bei einer Entfernung zu dem Boot des Beklagten von vier Metern nach links in Richtung Buhne ausgewichen wäre. Nach der Aussage des Zeugen Thomas Stanzl kam das von ihm gesteuerte Boot, mit dem er Kurs Richtung Ufer anhielt, um eine Frontalkollision zu vermeiden, in einem Abstand von ca. 1,50 m an dem zu Berg fahrenden Schlepper gerade noch vorbei. Auch der Kläger hat bei seiner Anhörung durch das Rheinschifffahrtsgericht angegeben, dass das Boot des Beklagten direkt auf das Boot der Eheleute Stanzl zugekommen sei und es zu einer Frontalkollision gekommen wäre, wenn der Zeuge Stanzl nicht nach Backbord abgedreht hätte. Diese Fahrweise des Beklagten war jedenfalls für eine gefahrlose Begegnung gänzlich ungeeignet und mit den Sorgfaltsanforderungen des § 1.04 RheinSchPV nicht zu vereinbaren.
Der Beklagte hat schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig gehandelt. Er hat bei seiner Anhörung durch das Rheinschifffahrtsgericht angegeben, dass er die beiden Sportboote schon aus großer Entfernung („sehr weit weg“) bewegungslos im Wasser gesehen und vermutet habe, dass es sich um Wakeboarder oder Wasserskifahrer handele. In dieser Situation gebot es – für den Beklagten klar erkennbar - die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, den Kurs so zu wählen und die Boote in einem so großen Abstand zu passieren, dass für die beiden Sportboote und die vermuteten Wassersportler keine Gefahr drohte. Diese Sorgfaltspflicht hat der Beklagte verletzt, indem er unter Beibehaltung seines Kurses am Tonnenstrich entlang mit unverminderter Geschwindigkeit direkt auf die beiden Sportboote zuhielt und erst ganz knapp vor dem Boot der Zeugen Stanzl einen Haken nach Backbord schlug. Dass der Beklagte bei der Annäherung an die beiden Sportboote den schifffahrtsüblichen Kurs steuerte und zwei oder drei Mal ein Achtung-Schallsignal abgab, vermag ihn nicht zu entlasten. Denn er hielt auch dann noch Kurs direkt auf die beiden Sportboote, nachdem er wahrgenommen hatte, dass diese die Schallsignale nicht zum Anlass nahmen, den Weg für die von ihm beabsichtigte Durchfahrt frei zu machen.
II. Ein schadensursächliches Mitverschulden des Klägers an der Kollision hat das Rheinschifffahrtsgericht zu Recht verneint.
Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger während der Annäherung des Beklagten die Manövrierunfähigkeit seines Boots durch Schwenken der roten Flagge hätte signalisieren müssen, wie der Beklagte geltend macht, oder ob dafür die Abgabe der in § 3.18 RheinSchPV alternativ vorgesehenen Schallzeichen ausreichten, deren Abgabe die Zeugen Thomas Stanzl und Weisbrod bestätigt haben. Unerheblich ist auch, ob der Kläger und die Zeugen Stanzl und Weisbrod durch Hand- und Armbewegungen erkennbar auf die Manövrierunfähigkeit und die drohende Kollisionsgefahr hingewiesen haben. Denn der Beklagte durfte auch dann nicht so wie geschehen mit unverminderter Geschwindigkeit bis dicht vor den Bug des Boots der Zeugen Stanzl direkt auf die beiden Sportboote zufahren, wenn er nicht erkannte und nicht erkennen konnte, dass das Boot des Klägers manövrierunfähig war.
Ein schadensursächliches Mitverschulden trifft den Kläger auch nicht deswegen, weil er keinen Anker gesetzt und – nach der Behauptung des Beklagten – keine Fender ausgebracht hatte. Der Beklagte macht nicht geltend, dass ihm zur Vermeidung der Kollision keine ausreichende Reaktionszeit zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger musste auch nicht damit rechnen und demgemäß Vorsorge dafür treffen, dass es bei dem Ausweichmanöver des Beklagten zu einer Kollision mit dem Boot des Beklagten kommen würde.
III. Das Rheinschifffahrtsgericht hat den von dem Beklagten geschuldeten Schadensersatz zu Recht nach den notwendigen Kosten für die Reparatur des Rumpfschadens bemessen, die der Sachverständige Dipl.-Ing. Bierwagen mit 3.826 Euro netto (4.552,94 Euro brutto) ermittelt hat (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB). Der Kläger hat Anspruch auf den Herstellungs-(Reparatur-)Aufwand und nicht nur auf den geringeren Wiederbeschaffungsaufwand (Widerbeschaffungswert abzüglich Restwert). Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass an dem Boot des Klägers schon vor der Kollision mit dem Eintritt des Motorschadens ein wirtschaftlicher Totalschaden deswegen entstanden sei, weil die Kosten der Motorinstandsetzung (9.966,01 Euro) den Zeitwert des Boots mit defektem Motor (3.400 Euro) um nahezu das Doppelte überstiegen.
Der – juristisch untechnische – Begriff des wirtschaftlichen Totalschadens bezeichnet die Situation, dass der Geschädigte gegenüber dem Ersatzpflichtigen Reparaturkosten geltend macht, die gemessen am Wiederbeschaffungswert der beschädigten Sache unverhältnismäßig sind. Sedes materiae ist § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Bestimmung, die auch gegenüber dem Anspruch des Geschädigten auf Geldersatz (§ 249 Abs. 2 BGB) gilt (BGH NJW 1975, 640, 641), räumt dem Ersatzpflichtigen eine Ersetzungsbefugnis für den Fall ein, dass die Herstellung (= Reparatur) nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist: Er darf dann die Erstattung der Herstellungs- (Reparatur-)kosten durch eine Entschädigung in Geld (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) ersetzen (BGH NJW 2009, 1066 Rn. 14; st. Rspr.).
§ 251 Abs. 2 Satz 1 BGB ist eine besondere Ausprägung von Treu und Glauben und begrenzt die Ersatzpflicht unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit für den Ersatzpflichtigen (BGH NJW 2016, 1589 Rn. 11; st. Rspr.). Die Zumutbarkeitsgrenze ist durch eine Güter- und Interessenabwägung zu ermitteln, bei der auch andere Umstände als das reine Wertverhältnis zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2016, 1589 Rn. 11; st. Rspr.). Weder Treu und Glauben noch die Güter- und Interessenabwägung sprechen dafür, in die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze für den Beklagten im Hinblick auf die Kosten der Reparatur des von ihm verursachten Rumpfschadens die Kosten der Motorreparatur einzubeziehen, die allein der Kläger getragen hat.
Richtig ist, dass das Boot des Klägers bei Eintritt des Rumpfschadens einen – zu diesem Zeitpunkt noch unreparierten – Vorschaden in Gestalt des Motorschadens aufwies. Das führt jedoch entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dazu, dass die Kosten der Motorinstandsetzung in die Abwägung nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB einzubeziehen wären. Der bei der Beschädigung des Boots durch den Beklagten bestehende Vorschaden hat lediglich dazu geführt, dass der von dem Sachverständigen ermittelte Wert des Boots sich von zuvor 7.200 Euro auf 3.400 Euro vermindert hatte.
Bei der Unfallbeschädigung eines Kraftfahrzeugs ist die Grenze der Unverhältnismäßigkeit im Sinne von § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (und der Instanzgerichte in Deutschland) erst dann erreicht, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs um mehr als 30 % übersteigen (BGH NJW 1992, 302). Grund für die Einführung dieser den Wiederbeschaffungswert übersteigenden Opfergrenze ist die Anerkennung eines besonderen Integritäts- oder Erhaltungsinteresses des Fahrzeugeigentümers: Ihm soll es möglich sein, das ihm vertraute Fahrzeug reparieren zu lassen, anstatt schon bei geringfügig über dem Wiederbeschaffungswert liegenden Reparaturkosten zur Ersatzbeschaffung auf dem Gebrauchtwagenmarkt gezwungen zu sein. Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass es sich zwar sowohl bei der Reparatur des beschädigten Fahrzeugs als auch bei einer statt dessen vorgenommenen Ersatzbeschaffung um Formen der Naturalrestitution handelt, dass aber die Reparatur des dem Geschädigten vertrauten Fahrzeugs sein Integritätsinteresse regelmäßig in stärkerem Maße zu befriedigen vermag als eine Ersatzbeschaffung (BGH NJW 1999, 500, 501). Der dem Geschädigten zugebilligten „Integritätsspitze” von 30 % liegen wirtschaftliche Erwägungen zugrunde. So weiß der Eigentümer eines privaten Fahrzeugs, wie dieses ein- und weitergefahren, gewartet und sonst behandelt worden ist, ob und welche Mängel dabei aufgetreten sind und auf welche Weise sie behoben wurden. Demgegenüber sind dem Käufer eines Gebrauchtwagens diese Umstände, die dem Fahrzeug ein individuelles Gepräge geben, zumeist unbekannt (BGH NJW 1999, 500, 501).
Dies ist nach Auffassung der Berufungskammer bei privat genutzten Sportmotorbooten nicht anders. Wegen des viel engeren Marktes für vergleichbare gebrauchte Boote dürfte das Integritätsinteresse des Geschädigten eher noch stärker ins Gewicht fallen als bei einem geschädigten Gebrauchtwageneigentümer. Gerichte in Deutschland haben die 130 %-Rechtsprechung auch schon auf andere als privat genutzte Personenkraftwagen angewendet (BGH NJW 2011, 1435: Motorrad; BGH NJW 1999, 500: gewerblich genutzte Fahrzeuge, Taxi; OLG Celle NJW-RR 2010, 600: Sattelauflieger; OLG München BeckRS 2018, 30653: Fahrrad). Auch der Beklagte geht in der Berufungsbegründung von der Maßgeblichkeit der 130 %-Grenze aus.
Zu vergleichen sind nach dieser Rechtsprechung die Bruttobeträge einerseits der Reparaturkosten und andererseits des Wiederbeschaffungswerts zuzüglich 30 % ohne Abzug eines Restwerts (BGH NJW 1992, 302, 304).
Der Sachverständige Dipl.-Ing. Bierwagen hat sich zur Angabe des Wiederbeschaffungswerts außerstande gesehen, weil ein Wiederbeschaffungswert eines beschädigten Boots nicht zu ermitteln sei. Die Berufungskammer hält es allerdings für unbedenklich, den Wiederbeschaffungswert für die im Hinblick auf § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB anzustellende Vergleichsberechnung auf der Basis des von dem Sachverständigen angegebenen Zeitwerts von 3.400 Euro zu schätzen (§ 287 ZPO). Dabei kann offen bleiben, ob der Betrag von 3.400 Euro für diese Vergleichsberechnung um eine (fiktive) Händlerspanne zu erhöhen ist. Selbst wenn der Netto-Wiederbeschaffungswert mit (nur) 3.400 Euro angenommen wird, übersteigen die von dem Sachverständigen ermittelten Kosten der Reparatur des Rumpfschadens die 130 %-Grenze nicht. Denn bei dem anzustellenden Vergleich sind Reparaturkosten und Wiederbeschaffungswert jeweils mit dem Bruttobetrag anzusetzen (BGH NJW 2009, 1340).
Auf den vorliegenden Fall angewandt ergibt sich danach folgende Vergleichsrechnung:
Reparaturkosten brutto laut Sachverständigengutachten 4.552,94 Euro
Wiederbeschaffungswert brutto (= Zeitwert 3.400 Euro plus 19 % MWSt.) 4.046 Euro
Zuschlag 30 % von 4.046 Euro 1.213,80 Euro
130 %-Grenze mithin (4.046 + 1.213,80 Euro) 5.259,80 Euro
Die Brutto-Reparaturkosten erreichen somit nicht die Opfergrenze nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Voraussetzung der 130 %-Rechtsprechung ist, dass der Geschädigte die Reparatur tatsächlich fachgerecht und in einem Umfang ausführen lässt, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Schadensschätzung gemacht hat (BGH NJW 2005, 1108, 1110). Das ist hier zwar noch nicht geschehen. Der Geschädigte kann aber auf der Grundlage des Gutachtens abrechnen, wenn er die Reparatur wegen fehlender Eigenmittel lediglich vorläufig zurückgestellt hat (OLG München NJW-RR 1999, 909). Davon ist hier auszugehen. Weitere Voraussetzung ist, dass der Geschädigte das reparierte Fahrzeug im Regelfall nach der Reparatur mindestens sechs Monate weiterbenutzt (BGH NJW 2008, 2183). Die Voraussetzungen hierfür – und damit für den Ausgleich des Rumpfschadens auf Reparaturkostenbasis – hat der Kläger durch die Instandsetzung der Antriebsmaschine seines Boots geschaffen. Die Berufungskammer sieht es auch als sicher an, dass der Kläger das Boot nach der Reparatur des Rumpfschadens weiter nutzen wird, nachdem er für die Instandsetzung des Motors knapp 10.000 Euro investiert hat.
IV. Das Rheinschifffahrtsgericht hat der Zahlungsklage in Höhe der von dem Sachverständigen ermittelten Netto-Reparaturkosten zuzüglich Auslagenpauschale und vorgerichtlichen Anwaltskosten somit zu Recht stattgegeben. Auch die Feststellungsklage ist begründet, weil der Beklagte dem Kläger nach fachgerechter Durchführung der Reparatur auch die Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten zu erstatten hat (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Entscheidung über die Nebenforderungen (Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) hat der Beklagte mit der Berufung nicht angegriffen.
Bei dieser Sachlage muss es bei dem angefochtenen Urteil sein Bewenden haben.
Aus den dargelegten Gründen wird daher für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts – Rheinschifffahrtsgerichts – Mannheim vom 13. Juni 2022 – 31 C 3/21 RHSch – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.