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53 Z - 12/76 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Datum uitspraak: 03.06.1976
Kenmerk: 53 Z - 12/76
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Afdeling: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

Urteil

vom 3. Juni 1976

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 24. April 1975 - C 24/73 RhSch - )


Zum Tatbestand:

Der Klägerin gehört MS "D", das 59,60 m lang, 7,07 m breit, 389 t gross und 500 PS stark ist. Die Beklagten Ziffer 1 sind Eigentümer, jedenfalls Ausrüster des MS "M". Dieses Schiff ist 67,12 m lang, 8,20 m breit, 928 PS stark. Es wurde am Unfallstage von dem Beklagten Ziffer 2 verantwortlich geführt. Am 16.3.1972 gegen 21.00 Uhr fuhr bei Dunkelheit aber klarer Sicht MS "D" aus dem Main in den Rhein, um seine Fahrt zu Tal fortzusetzen. Im Bereich der Rhein/Mainmündung kam es zur Kollision mit dem auf dem Rhein zu Tal gekommenen MS "M", das nach Steuerbord aufdrehte, um den Main bergwärts zu befahren.
Die Klägerin hat behauptet, bei der Ausfahrt aus dem Main habe MS "D" das Funkellicht des unterhalb der Mainmündung rechtsrheinisch verharrenden MS "A" erwidert. Zu Tal fahrend habe MS "D" dieses Schiff dann in einem seitlichen Abstand von ca. 20 m passiert. Zu diesem Zeitpunkt habe MS "M" auf dem Rhein in einem seitlichen Abstand von mehr als 100 m das MS "D" überholt. Auf eine höhenmässige Entfernung von noch nicht ganz zwei Schiffslängen habe MS "M" plötzlich nach Steuerbord aufgedreht. Da dies nicht mehr gut habe gehen können, habe MS "D" sofort mit der Maschine vollan zurückgeschlagen und den Buganker gesetzt. Dennoch sei MS "M" mit seinem Vordersteven dem MS "D" in Höhe des letzten Laderaumes in die Backbordseite gefahren. Dabei habe MS "D" einen Schaden, den die Klägerin mit DM 8.447.- beziffert,erlitten. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte Ziffer 2 die Kollision verschuldet habe und macht den ihr erwachsenen Schaden geltend.

Die Klägerin hat vor dem Rheinschiffahrtsgericht Mannheim beantragt:

"die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie DM 8.447.- nebst 8 %  Zinsen seit dem l.6.1972 zu bezahlen, die Beklagten Ziffer 1 sowohl dinglich mit dem MS "M" wie auch persönlich im Rahmen des Par. 114 BSchG haftend."
 
Die Beklagten haben beantragt:

" die Klage abzuweisen ".

Sie haben behauptet, das mit 340 t Kies zu Tal, kommende MS "M" habe, da es in den Main einzufahren beabsichtigte, akustisches Signal zum Aufdrehen gegeben und in Höhe von Rheinkilometer 497.0 mit dem Drehen nach Steuerbord begonnen. Gleichzeitig habe es das Blinklicht in Tätigkeit gesetzt. Zu dieser Zeit sei MS "D" noch im Main gefahren. Sein Abstand zu MS "M", als letzteres das Aufdrehmanöver beendet habe, habe noch etwa 200 m betragen. Auch MS "D" habe das Blinklicht gezeigt. Dann aber habe MS "D" Steuerbardkurs gehalten, um MS "M" an Backbord zu passieren. Dadurch sei es zur Kollision gekommen.
Das Gericht erster Instanz hat auf Antrag der Klägerin die Zeugen R. und AN. (Schiffsführer bezw. Matrose des MS "D"), S. und W. (Schiffsführer bezw. Matrose des MS "A") und auf Antrag der Beklagten Frau SW. vom MS "M" gehört. Die Strafverfügungsakten des Amtsgerichts Mainz 19 Cs (P) 316/72 gegen R.SW. waren Gegenstand der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung.
Sodann ist das folgende Urteil gefällt worden.
Die Klage ist dem Grunde nach zu 3/4 gerechtfertigt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim ausgeführt:

1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme treffe den Beklagten Ziffer 2 ein Verschulden an dem Unfall. Fahrzeuge dürften nach Par. 6.13 Nr.l RhSchPVO nur wenden, wenn sie sich vergewissert hatten, dass unter anderem der übrige Verkehr dies ohne Gefahr zulasse und andere Fahrzeuge nicht gezwungen würden, unvermittelt ihren Kurs oder ihre Geschwindigkeit zu ändern. Die gleiche Vorschrift bestimme in Nr.2 sinngemäss, dass die Absicht zu wenden rechtzeitig durch das dafür vorgesehene Signal anzukündigen sei, wenn durch das beabsichtigte Manöver andere Fahrzeuge gezwungen würden, von ihrem Kurs abzuweichen oder ihre Geschwindigkeit zu ändern. Dem entspreche die Nr. 3 der gleichen Vorschrift, wonach die anderen Fahrzeuge, insbesondere Fahrzeugen gegenüber, die zu Berg wenden (aufdrehen) wollen, dazu beitragen müssten, dass dieses Manöver innerhalb angemessener Zeit ausgeführt werden könne. Durch das Manöver des MS "M"  habe das MS "D" nach den Bekundungen aller Zeugen entweder seinen Kurs oder seine Geschwindigkeit wechseln müssen. Die Zeugen Schiffsführer R. und Matrose A. (beide MS "D" hätten ausgesagt dass MS "M" so kurz vor ihnen drehte, dass der Schiffsführer die Maschine sofort auf zurück setzte und der Matrose A. nach vorn eilte, um den Anker fallen zu lassen. Dass MS "M" dicht vor dem Kopf des MS "D" aufdrehte, sei auch von dem an dem Unfall nicht Beteiligten Zeugen Schiffsführer S. (MS "A") in seiner polizeilichen Vernehmung bestätigt worden. Der Zeuge habe hierzu angegeben, dass er bei seiner polizeilichen Vernehmung das Geschehen noch besser in Erinnerung gehabt habe, als bei seiner gerichtlichen Vernehmung. Auch der Matrose W. (MS "A") habe nach seiner Bekundung schon als MS "M " zum Aufdrehen ansetzte, befürchtet, dass es zur Havarie komme. Selbst die Zeugin SW. ,(MS "M") habe eine Kursänderung von MS "D" erwartet,
wenn sie angegeben habe,angenommen zu haben, dass dieses Schiff sie Steuerbord über Steuerbord passiere, weil sie dem rechtsrheinischen Ufer immer näher gekommen seien. Offensichtlich sei die Zeugin also davon ausgegangen, dass MS "D" seinen Kurs nach Backbord ändern werde. Zwar habe MS "M" entgegen der Wahrnehmung der Besatzung des MS "D" (Zeugen Schiffsführer R., Matrose A.) ein Aufdrehsignal gegeben. Es könne dahingestellt bleiben, ob dieses Signal rechtzeitig gewesen sei, denn durch das Aufdrehmanöver des MS "M" sei MS "D" nicht nur gezwungen worden von seinem Kurs abzuweichen oder seine Geschwindigkeit zu ändern, sondern Kurs und Geschwindigkeit unvermittelt zu ändern. Es sei nicht damit getan, dass das aufdrehende Schiff ein Aufdrehsignal gebe. Ein Aufdrehmanöver sei, gerade wenn auch noch Fahrt und Kurs anderer Fahrzeuge beeinträchtigt würden und deren Änderung erwartet werde, mit gesteigerten Gefahren verbunden. Dies erst recht, wenn es wie hier bei Dunkelheit  ausgeführt werde, in welcher die Änderung des Kurses eines Schiffes oft erst am Licht der Positionslampe erkennbar werde. Die gesteigerte Gefahr erfordere, dass die Verkehrslage unmittelbar vor der Durchführung des Manövers sorgfältig überprüft und Kurs und Geschwindigkeit anderer Schiffe zu dem beabsichtigten eigenen Manöver in Bezug gesetzt würden (vgl. Bemm- Kortendick Rheinschiffahrtpolizeiverordnung 1970 Seite 327). Diesem Erfordernis sei der Beklagte Ziffer 2 nicht in genügendem Masse nachgekommen und habe dadurch gegen Par. 6.13 Nr 1 RhSchPVO verstossen. Hinzu komme, dass MS "M" trotz vorhandenen Bugstrahlruders zuviel Raum für das Aufdrehmanöver beansprucht habe, wenn es bei 450 m Rheinbreite von der Rheinmitte aus aufdrehend bei der Kollision etwa 50 m vom rechtsrheinischen Ufer noch fast Querlage gehabt habe. Es habe damit eine unzulässige Querfahrt ausgeführt (vgl. Bemm-Kortendich a.a.O. Seite 331 Anm. 8 zu Par 6.13.) Der Beklagte Ziffer 2 hafte demgemäss nach Par. 823 No. 1 RhSchPVO, Par. 840 BGB gesamtschuldnerisch für den entstandenen Schaden zusammen mit den Beklagten Ziffer 1, die nach den Paragrafen 3, 4, 92, 11,4 BSchG, 735 ff. HGB als Gesamtschuldner für den Schaden einzutreten hätten.

2. Dem Schiffsführer des MS "D" sei aber auch eigenes Verschulden an dem Unfall zuzurechnen. Auf MS "D" sei das Aufdrehsignal des  MS "M" nicht gehört worden. Es hätten sich dort Schiffsführer und Matrose im Steuerhaus befunden.
Bei der Ausfahrt aus einem Nebenfluss könne es immer notwendig werden, Signale anderer Schiffe aufzunehmen und sich danach, zu richten. Es müsse daher gewährleistet sein, dass diese Signale wahrgenommen wurden. Dies sei erfahrungsgemäss nicht der  Fall, wenn sich die Besatzung im Steuerhaus aufhalte, wo die Signale oft von dem Geräusch der eigenen Maschine übertönt würden, Es sei daher erforderlich, bei der Ausfahrt einen Horchposten aufzustellen. Dies sei auf MS "D" versäumt worden, damit sei schuldhaft gegen Par. 1.09 Nr. 3 RhSchPVO verstossen worden. Nach dem Beweis des ersten Anscheins habe dieser Verstoss zur Kollision beigetragen. Dass der Verstoss nicht kausal gewesen sei , habe die Klägerin nicht nachgewiesen. Im Gegenteil sei durch die Bekundung des Zeugen Matrosen A., MS "M" habe kein Signal gegeben, so dass man auf MS "D" angenommen habe, es fahre auf dem Rhein weiter, nicht auszuschliessen, dass MS "D" sich anders verhalten hätte, wenn das Aufdrehsignal des MS "M" dort wahrgenommen worden wäre.

3. Bei der Abwägung des Verschuldens sah das Schiffahrtsgericht das Verschulden des MS "M" als erheblich schwerwiegender an. Dieses Schiff habe aktiv die Kollision herbeigeführt, während auf MS "D" lediglich ein Signal nicht wahrgenommen worden, im übrigen MS "D" aber ordnungsgemäss aus dem Main ausgefahren sei. Das Gericht hielt daher eine Quotelung der Schuld zu 3/4 zu Lasten der Beklagten und zu 1/4 zu Lasten der Schiffsführüng des MS "D" für gerechtfertigt. Da der Rechtsstreit dem Grunde nach zur Entscheidung reif war, die Parteien sich aber auch über die Höhe des Schadens streiten, hat das Schiffahrtsgericht gemäss Par. 304 ZPO durch Zwischenurteil entschieden. Die Klägerin hat Berufung eingelegt und die Entscheidung der Berufungskammer der Zentralkommission verlangt. Die Beklagten haben Anschlussberufung eingelegt. Beide Parteien wiederholen ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszuge und nehmen zu den Ausführungen des Rheinschiffahrtsgerichts Stellung.
Es beantragen:

Die Klägerin,

das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts dahin abzuändern, dass die Klage dem Grunde nach in vollem Umfange für gerechtfertigt erklärt wird und die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagten,

die Berufung zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung hin, das ergangene Urteil dahin abzuändern, dass die Klage dem Grunde nach zu ein halb gerechtfertigt sei.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Berufung ist formell nicht zu beanstanden. Das angefochtene Urteil ist nicht zugestellt worden, denn ein Nachweis der Zustellung befindet sich nicht bei den Akten. Die Parteien tragen auch keine Urteilszustellung vor. Die Berufungsfrist von 30 Tagen "nach der in Gemässheit der Landesgesetze erfolgten Insinuation (Zustellung) des Urteils" (so Art. 37 Abs. 2 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte) ist also nicht in Lauf gesetzt worden. Gegen das nicht zugestellte Urteil vom 24. April 1975 konnte deshalb noch am 23. Oktober 1975 Berufung eingelegt werden, wie es geschehen ist. Eine besondere Frist zur Begründung der Berufung ist nicht in Anspruch genommen worden, denn die Berufung und ihre Begründung sind im gleichen Schriftsatz enthalten. Die Berufung ist auch erfolgreich, denn das Rheinschiffahrtsgericht hat zu Unrecht 1/4 der Unfallfolgen der Klägerin angelastet. Diese Feststellung gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass das MS "M" ein Aufdrehsignal gegeben hat, welches auf dem MS "Maria Sophia 226" deshalb nicht gehört wurde, weil dort ausserhalb des Steuerhauses kein Horchposten aufgestellt war. In diesem Falle hat zwar die Führung von "D" gegen § l.09 Nr.3 RSchPVO verstossen, es spricht aber nichts dafür, dass dies von Einfluss auf die Havarie geworden ist. Konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Einfluss nennt auch das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichtes nicht. Es meint aber, ein Beweis des ersten Anscheines spreche dafür, dass die Besatzung von "D" sich anders verhalten hätte, wenn man dort das Signal von "M" gehört hätte. Von einem Beweis des ersten Anscheins kann nur dann gesprochen werden, wenn ein feststehender Sachverhalt unter normalen Umständen nur bestimmte Schlüsse entweder auf seine Ursache oder auf seine Folgen zulässt, während andere Schlussfolgerungen nur unter aussergewöhnlichen Umständen möglich erscheinen. In einem solchen Falle muss diejenige Partei, die sich auf solche aussergewöhnlichen Umstände beruft, diese darlegen und - falls sie bestritten werden - beweisen. Misslüngen diese Darlegung oder dieser Beweis, so ist von einem normalen Geschehensablauf auszugehen. Einen solchen gibt es aber im vorliegenden Falle nicht. Der Grundsatz, dass Schiffssignale von den Besatzungen anderer Schiffe, an welche sie gerichtet sind, auch befolgt werden, wenn sie gehört werden, gilt nämlich nur mit der wesentlichen Einschränkung, dass eine solche Befolgung noch möglich ist. Im vorliegenden Falle war sie nicht mehr möglich, wie die Aussagen der vom Rheinschiffahrtsgericht gehörten Zeugen S. und W. zeigen. Bei ihnen handelt es sich um den Schiffsführer und den Matrosen des MS "A", das zur Unfallzeit in der Nähe der Mainmündung auf dem Rhein still lag. Beide Zeugen haben das Aufdrehsignal von "M" gehört. Aus ihren Aussagen ergibt sich aber auch, dass es ganz kurz vor dem Beginn des damit angekündigten Manövers gegeben worden ist. Der Schiffsführer S. hat das so formuliert: "MS "M" gab das Aufdrehsignal, als es noch in der Eisenbahnbrücke oberhalb der Mainmündung gefahren ist,.. Als ich das Aufdrehsignal hörte, sagte ich noch zu meiner Besatzung: "Der dreht dem "D" aber kurz vor den Kopf". Der Matrose W. hat zu dem gleichen Thema erklärt:   "Ein auf dem Rhein zu Tal kommender Kiesmotor hatte kurz Signal gegeben und dann sofort nach Steuerbord aufgedreht. Dieser Kiesmotor war, als er Signal gab, etwa in der Mitte des Rheins, etwa 500 m oberhalb von uns. Dieser Kiesmotor kam mit grosser Geschwindigkeit an, holte nach dem Aufdrehsignal etwas nach Backbord aus und drehte dann sofort auf." Beide Aussagen sind eindeutig. Sie zeigen, dass Ankündigungssignal und angekündigtes Manöver sich im kurzen Abstand folgten. Auch wenn man also auf dem MS "D" das Ankündigungssignal gehört hätte,  hätte die Reaktion keine andere sein können als die erfolgte. Sie bestand nach der richtigen Feststellung des Rheinschiffahrtsgerichtes darin, dass Kurs und Geschwindigkeit von "D" unvermittelt verändert wurden; sie konnte die Havarie aber nicht abwenden. Nur die gleiche Reaktion hätte erfolgen können, wenn man auf "D" das Aufdrehsignal von "M" gehört hätte. Eine die Havarie vermeidende Massnahme war aus Zeitmangel nicht möglich. Damit steht fest, dass der Unfall allein auf dem Aufdrehmanöver von "M"  beruht, das,  wie das Rheinschiffahrtsgericht richtig festgestellt hat, rechtswidrig und schuldhaft ausgeführt worden ist. Die Folgen der Havarie gehen mithin im vollen Umfange zu Lasten der Beklagten. Bedenken gegen die Richtigkeit der Aussagen der Zeugen S. und W., auf denen die getroffenen Feststellungen beruhen, bestehen nicht. Die Zeugen sind am Ausgange des Rechtsstreites nicht interessiert. Die Ereignisse spielten sich unmittelbar vor ihren Augen ab, sodass Beobachtungsfehler schwer vorstellbar sind. Die Zeugen waren auch sachkundige Beobachter. Wenn auch ihre Vernehmungen 2 beziefw. 3 Jahre nach dem Unfall erfolgt sind, so schliesst das eine objektiv richtige Aussage nicht aus. Die Zeugen haben zugestanden, dass ihre Erinnerung nicht mehr in allen Punkten exakt sei. Diese Einschränkung betrifft aber nicht die in der Berufungsinstanz bedeutsamen Teile ihrer Aussagen. Ausserdem hat der Zeuge S. bei seiner Vernehmung durch die Wasserschutzpolizei im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall eine Aussage gemacht, die derjenigen vor dem Gericht im wesentlichen entspricht. Die Anschlussberufung weist die Berufungskammer als unzulässig zurück. Es wird zwar grundsätzlich anerkannt, dass auch in Rheinschiffahrtssachen ein solches Rechtsmittel vor der Berufungskammer eingelegt werden kann. Diese Einlegung muss aber mit Rücksicht auf Artikel 37 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte spätestens und gleichzeitig mit der Beantwortung der Berufung erfolgen. Im vorliegenden Falle ist dies aber nicht geschehen, denn die Ankündigung einer eventuellen Anschlussberufung in der Berufungserwiderung ist noch keine Einlegung der Anschlussberufung.
Es wird deshalb für Recht erkannt:

1. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen,

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 24. April 1975 dahin abgeändert, dass die Klage dem Grunde nach im vollen Umfange für gerechtfertigt erklärt wird.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

4. Die Festsetzung der Kosten unter Berücksichtigung des Artikels 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim. 

Der Stellvertretende Gerichtskanzler:                                   Der Vorsitzende: Bour                                                                                       L.Specht