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5 C 22/04 BSch - Amtsgericht (Schiffahrtsgericht)
Datum uitspraak: 14.03.2005
Kenmerk: 5 C 22/04 BSch
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Amtsgericht Duisburg-Ruhrort
Afdeling: Schiffahrtsgericht

Leitsätze:

1) Mangelhaft verpackte, mit Konservierungsöl behandelte Stahlcoils sind gefährliches Gut im Sinne des § 410 HGB, da austretendes Konservierungsöl den Laderaum verunreinigen kann. Für Schäden durch auslaufendes Öl haftet der Absender verschuldensunabhängig jedenfalls dann, wenn er den Frachtführer nicht auf die Gefahr und notwendige Vorsichtsmaßnahmen schriftlich hingewiesen hat.
2) Ein Mitverschulden des Frachtführers nach § 414 II HGB kommt insoweit nur in Betracht, falls der Frachtführer ein evidentes Fehlverhalten des Absenders erkennt und diesen nicht auf seinen Fehler hinweist, um ihm Gelegenheit zu weiteren Weisungen zu geben. Der Frachtführer ist nicht verpflichtet, die Verpackung des Gutes zu überprüfen.

Entscheidungsgründe:


Die Klage ist in dem zuerkannten Umfang begründet, im übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. §§ 414 Abs. 1 Nr. 3, 410 HGB einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihr entstanden ist, weil während des Transports Öl aus den Coils ausgelaufen ist und die Strau verschmutzt hat.
Gem. § 410 Abs. 1 HGB hat für den Fall, dass gefährliches Gut befördert werden soll, der Absender dem Frachtführer rechtzeitig in Textform die genaue Ar t der Gefahr und, soweit erforderlich, die zu ergreifenden Vorsichtsmaßnahmen mitzuteilen. Dieser Hinweispflicht hat die Beklagte nicht entsprochen.
Die Pflicht bestand, denn gefährliche Güter im Sinne des § 410 HGB sind nicht nur die in den einschlägigen Gefahrgutgesetzen und -verordnungen genannten Güter, sondern alle Güter, die aus beförderungsspezifischer Sicht als gefährlich anzusehen sind, das heißt alle Güter, die im Rahmen einer normalen Beförderung eine unmittelbare Gefahr u. a. für das Transportmittel darstellen, mit der ein ordentlicher Frachtführer üblicherweise nicht zu rechnen braucht (vgl. Koller, Transportrecht, 5. Autl., § 410 HGB, Rdn 2 mit weiteren Nachweisen).
Die Informationspflicht gem. § 410 HGB entfällt nur, soweit dem Frachtführer die genaue Art der Gefahr und die zu ergreifenden Vorsichtsmaßnahmen rechtzeitig bekannt waren. In diesen Fällen besteht keinerlei Interesse an einer Aufklärung. Die Beweislast insofern trägt der Absender (vgl. Koller, a. a. O., Rdn 9).
Vorliegend handelte es sich bei den Coils um gefährliches Ladungsgut in diesem Sinne. Denn beim Transport von Coils muss der Schiffsführer normalerweise nicht mit auslaufendem Öl rechnen. Der Vortrag der Streithelferin der Beklagten, jeder Binnenschiffer müsse wissen, dass aus derartigen verpackten Coils Öl austreten könne, ist unsubstantiiert, nicht unter Beweis gestellt und wird auch von der Beklagten nicht geteilt. Unerheblich ist, ob die Beklagte wissen konnte und musste, dass von den Coils eine Gefahr ausging, denn die Haftung des Absenders aus § 414 Abs. 1 ist verschuldensunabhängig.
Ein Mitverschulden gem. §§ 414 Abs. 2 HGB, 254 BGB ist der Klägerin nicht anzulasten. Als mitwirkende Verursachung muss sich der Frachtführer grundsätzlich nicht entgegen halten lassen, falls er nicht geprüft hat, ob das Gut vom Absender beförderungssicher verpackt worden ist, denn den Frachtführer trifft mangels besonderer Vereinbarung keine Prüfungspflicht. Der Frachtführer muss sich im Rahmen des § 414 Abs. 2 HGB nur zurechnen, lassen, falls er den Absender trotz Kenntnis oder Evidenz des Absenderfehlverhaltens nicht aufgeklärt hat, um ihm Gelegenheit zu Weisungen und/oder Vorsorgemaßnahmen zu geben. Die Beweislast insofern trägt der Absender (vgl. Koller, § 414 HGB, Rdn 19 mit weiteren Nachweisen). Eine solche Kenntnis der Klägerin oder eine Evidenz haben die Beklagte und auch deren Streithelferin nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Vortrag der Streithelferin, jeder Binnenschiffer müsse wissen, dass aus verpackten Stahlrollen Öl austreten könne, ist eine schlichte, nicht näher konkretisierte Behauptung. Der weitere Vortrag der Streithelferin, der Schiffer müsse es sich selbst zurechnen lassen, wenn er bei Übernahme der Ladung diese nicht kontrolliert, ist unerheblich, denn – wie ausgeführt – den Frachtführer trifft keine Prüfungspflicht. Schon deshalb konnte auch eine Beweisaufnahme durch Ortsbesichtigung, ob verpackte Coils in Walsum Ölspuren aufweisen, unterbleiben. Zudem ließe eine solche zukünftige Ortsbesichtigung keine zuverlässigen Schlüsse auf den Zustand am 23.09.2003 zu, als die Klägerin die hier fraglichen Coils übernahm. Schließlich wäre dieser Vortrag der Streithelferin gem. §§ 276, 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen, weil er nach Ablauf der gesetzten Klageerwiderungsfrist erfolgt ist und eine Berücksichtigung insbesondere des erst im Termin am 21.02.2005 erfolgten Beweisantritts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, die Streithelferin die Verspätung ihres Vortrages nicht entschuldigt hat.
Dabei richtet sich die RechtsteIlung der Streithelferin nach der Stellung der Hauptpartei, also der Beklagten. Die Rechtstellung der Streithelferin richtet sich nach den Grundsätzen der Nebenintervention gem. den §§ 66 ff. ZPO (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 22, Aufl, § 74 Rdn 4).
Nach § 67 ZPO muss der Nebenintervenient den Rechtsstreit in der Lage aufnehmen, in der er sich zum Zeitpunkt seines Beitritts befindet, das heißt, er muss den Ablauf einer Frist hinnehmen, bei der Möglichkeit der Zurückweisung verspäteten Vorbringens ist auf die Hauptpartei abzustellen (vgl. Zöller, § 67 ZPO, Rdn 4; Baumbach/Hartmann, Kommentar zur ZPO, 61, Aufl., § 67, Rdn 5).
Hierauf wurden die Parteien und auch die Streithelferin bereits mit Beschluss vom 30.12.04 hingewiesen.
Ein Vortrag zur Entschuldigung der Verspätung erfolgte hierauf nicht.
In der Höhe sind die von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen nicht bestritten. Zutreffend weist die Beklagte allerdings hin, dass die Klägerin Mehrwertsteuer aus den Rechnungen der Anlagen K 3 und K 4 von insgesamt 130,42 € nicht verlangen kann. Der Vortrag der Beklagten, die Klägerin sei vorsteuerabzugsberechtigt, wurde nicht bestritten.
Hieraus errechnet sich der zuerkannte Anspruch in Höhe von 1.363,58 €. Hinsichtlich der verlangten Mehrwertsteuer war die Klage abzuweisen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2009 - Nr.03 (Sammlung Seite 2012 f.); ZfB 2009, 2012 f.