Jurisprudentiedatabank
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 27. Oktober 2008
445 P - 4/08
(ergangen auf Berufung gegen ein Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Straßburg vom 26. März 2007 1 E 07/308)
I. Sachverhalt und erstinstanzliches Verfahren
Am 4. September 2005 gegen 11 Uhr machte sich H. „K“ , Dienst habender Mitarbeiter von EDF auf den Schleusen Straßburg-Neuhof, daran, die Schiffe in der Bergfahrt zu schleusen.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in der Schleuse an der Spitze das Motorschiff “S“, backbords festgemacht, und das TMS „C“ unter Führung von H. „R“, steuerbords festgemacht. Im Gefolge der “S“ waren vier Freizeitschiffe in Warteposition.
Hinter der « C » hatten an dem einzigen freigelassenen Poller die mit Außenbordmotor ausgerüsteten Freizeitschiffe “SP“ unter Führung von H. „W“ und „SH“ unter Führung von H. „F“ aneinander gekuppelt festgemacht.
Die « “S“ » verließ als erste die Schleuse, gefolgt von den Freizeitschiffen, die in ihrem Kielwasser gelegen hatten, und alles ging für sie normal vonstatten.
„R“ gab also Gas, um seinerseits auszufahren. Durch dieses Manöver entstanden Wellen, durch die „F“ und „W“ gezwungen wurden, die Taue loszulassen, die sie um den Poller gelegt hatten und die sie mit den Enden in der Hand hielten. Ihre Schiffe wurden sodann gegen das untere Schleusentor geworfen, was bei der « SP » zu Schrammen und einer Verbeulung des Hilfsmotorgehäuses führte. Zudem erklären „W“ und seine Frau, sie hätten blaue Flecken davon getragen und seien durch den Schreck traumatisiert. Der Schleusenmitarbeiter „K“ informierte über Funk „R“ von dem Zwischenfall. Dieser entschuldigte sich dafür, setzte seine Fahrt aber fort.
Die beiden Freizeitschiffer erstatteten Anzeige bei der Rhein-Wasserschutzpolizei in Straßburg, „F“ am 7. September 2005 und „W“ am 2. Oktober 2005, zwar ohne Schadensersatz zu fordern, aber mit der Absicht, dass ein ihrer Ansicht nach für einen professionellen Schiffer verantwortungsloses und unzulässiges Verhalten bestraft werden sollte.
„R“ konnte am 6. Januar 2006 von der Gendarmerie Vogelgrun (Haut-Rhin) bei der Durchfahrt an der dortigen Schleuse vernommen werden und wurde darüber informiert, dass gegen ihn Anzeige erstattet wurde.
Er behauptete, normal beschleunigt zu haben, und sagte, der Schleusenwärter habe ihm zu keinem Zeitpunkt befohlen zu halten. Er unterstrich im Übrigen die späten Anzeigen und die unbestimmte Ursache der Beschädigungen.
„R“ wurde vor das Rheinschifffahrtsgericht Straßburg geladen, weil er am 4. September 2005 in Straßburg gefahren ist, ohne die Regeln der allgemeinen Sorgfaltspflicht einzuhalten, Verstoß der 5. Klasse nach Artikel 1.04 der Rheinschiffspolizeiverordnung (RheinSchPV) und geahndet nach Artikel 32 Mannheimer Akte.
In der Verhandlung am 26. März 2007 war „R“ nicht anwesend, ließ sich jedoch von RA R, zugelassener Rechtsanwalt in Straßburg, vertreten.
Er machte folgende Gründe geltend:
- Die Untersuchung der Gendarmerie ist ungültig, denn er wurde vernommen, ohne dass man ihn darüber belehrt habe, dass er von seinem Schweigerecht Gebrauch machen könne, oder das Recht habe, einen Rechtsanwalt zu verlangen, und man habe ihn nicht davon informiert, dass eine strafrechtliche Anklage gegen ihn vorliege und ihm ein Verstoß gegen Artikel 1.04 RheinSchPV vorgeworfen werde. Er fügt hinzu, er habe das Protokoll nicht unterschrieben und weder davon noch von den Anzeigen eine Kopie erhalten. Zudem hätten in dem Protokoll vom 6. Januar 2006 laut Artikel 499 Strafprozessordnung die gestellten Fragen aufgeführt werden müssen.
- Die Vorladung ist nichtig, denn sie enthält nicht den Tatbestand der Verfolgung und auch nicht den französischen Text der Ahndungsmaßnahme.
- Das Dekret vom 5. Mai, in dem die RheinSchPV veröffentlicht wurde, ist rechtswidrig, denn es wurde nicht durch den Verkehrsminister gegen gezeichnet. Die RheinSchPV stellt ein Abkommen zur Regelung internationaler Verhältnisse dar und seine Ratifizierung oder Annahme hätte dem entsprechend gemäß Artikel 53 der Verfassung vom 4. Oktober 1958 durch ein Gesetz genehmigt werden müssen.
- Es gibt keinen Verordnungstext, der einen Verstoß 5.Klasse gegen die RheinSchPV kennt. Somit stellen die ihm vorgeworfenen Tatbestände keine strafbare Handlung dar.
- Da die polizeiliche Ermittlung und die Vorladung vor Gericht ungültig sind, ist die Strafverfolgung erledigt, da innerhalb von weniger als 12 Monaten keine rechtsrelevante strafbare Handlung begangen wurde.
- In der Sache bestritt „R“ jedweden Verstoß gegen Artikel 1.04 RheinSchPV. Er behauptete, normal angefahren zu sein und dass es seines Erachtens Sache der Freizeitschiffer gewesen wäre, ihr Schiff gut zu vertäuen und ausreichend Abstand von der « C » zu halten. Im Übrigen transportierte letztere ein entzündbares Gut, so dass der Schleusenwärter den Freizeitschiffen die Einfahrt in dieselbe Kammer hätte verwehren müssen.
Aus allen diesen Gründen beantragte „R“, außer Verfolgung gesetzt zu werden.
Das Gericht hat in seinem Urteil vom 26. März 2007 die Einreden auf Nichtigkeit abgelehnt, den Geladenen der ihm angelasteten Tatbestände für schuldig erklärt und zu einem Bußgeld von 300 Euro verurteilt.
Das Gericht bezog sich bei dieser Entscheidung darauf, dass „R“ sich habe frei äußern können, dass es im positiven Recht keinen Passus gibt, demzufolge der Person, die im Rahmen einer polizeilichen Ermittlung gehört wird, gesagt werden muss, dass sie schweigen und sich von einem Rechtsanwalt unterstützen lassen darf, dass er die Aussage auf Deutsch machen durfte, der offiziellen Sprache in der Rheinschifffahrt, die er beherrscht und dass er anschließend die Aufzeichnungen unterschrieben habe.
Dass die angelasteten Tatbestände durch die Zeugenaussagen festgestellt wurden und sehr wohl dem vorgeworfenen Verstoß entsprechen.
„R“ hat mit seiner Erklärung, die am 19. April 2007 bei der Kanzlei des Rheinschifffahrtsgerichts Straßburg eingegangen ist, gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und angegeben, er werde mit dieser Berufung vor die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt gehen.
Diese Berufung ist in der Form ordnungsgemäß und zulässig.
Von der Staatsanwaltschaft wurde keine Anschlussberufung eingelegt.
II - Standpunkt des Geladenen und der Staatsanwaltschaft
In seine Begründungsschrift der Berufung vom 15. Mai 2007 nimmt „R“ seine in erster Instanz vorgetragenen Gründe und Argumente wieder auf. Er macht vorhergehende Einreden geltend, beruft sich auf die Verjährung der öffentlichen Anklage und bestreitet, einen Verstoß begangen zu haben.
A) Voruntersuchung
1) Nach Auffassung des Geladenen sind einige Vorgänge in der polizeilichen Beweisaufnahme ungültig. Im Gegensatz zu den Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention wurde ihm nicht mitgeteilt, dass bereits eine strafrechtliche Anklage wegen Nichteinhaltung des Artikels 1.04 RheinSchPV gegen ihn vorlag.
Er wurde nicht auf sein Schweigerecht hingewiesen und nicht von einem Rechtsanwalt unterstützt. Er hat das Protokoll nicht unterzeichnet und keine Kopien der Anzeigenprotokolle der beiden Freizeitschiffer erhalten.
2) Die Vorladung vor Gericht ist nichtig, weil sie Art und Grund der Anklage nicht im Einzelnen aufführt und keinen französischen Gesetzestext angibt, in dem der ihm vorgeworfene Verstoß der Klasse 5 festgesetzt ist.
3) Es ist von einem Verstoß gegen Artikel 1.04 RheinSchPV die Rede. Diese Vorschrift kann jedoch keine Anwendung finden. Da es sich hierbei um eine internationale Verpflichtung handelt, unterliegt seine Inkraftsetzung in Frankreich auf Grund von Artikel 3, Dekret vom 14. März 1953, der Veröffentlichung im Journal Officiel de la Republique (fr. Staatsanzeiger). Das Dekret vom 5. Mai 1995, in dem die RheinSchPV veröffentlicht wurde, wurde in der Tat im Staatsanzeiger vom 6. Mai 1995 veröffentlicht. Dieses Dekret ist rechtswidrig, denn es wurde vom Präsidenten der Republik, dem Premierminister und dem Außenminister unterzeichnet, hätte aber auch vom Verkehrsminister unterzeichnet werden müssen. Da es sich um einen Vertrag oder ein Abkommen zur Regelung internationaler Angelegenheiten handelt, hätte es zu seiner Ratifizierung oder Annahme eines Parlamentsgesetzes bedurft.
4) Da es keine französische Vorschrift gibt, in der ein Versstoß 5. Klasse gegen die RheinSchiffsPV vorgesehen ist, und letztere nicht ordnungsgemäß in kraft gesetzt worden ist, entbehrt die rechtliche Verfolgung der gesetzlichen Grundlagen, weswegen die Gendaarmerie keinerlei Befugnis zur Ermittlung und das Strafgericht keinerlei Zuständigkeit zur Ahndung hatten.
5) Da sie Voruntersuchung und die Vorladung ungültig sind, ist das Erlöschen der öffentlichen Anklage festzustellen, da seit weniger als 12 Monaten keine rechtswirksame Strafverfolgungsmaßnahme erfolgt ist.
B) Die Anklage ist dem Sachverhalt nach nicht begründet
Ein dem Führer der MS „C“ anzulastendes Fehlverhalten ist nicht erwiesen. Das Anfahren erfolgte normal ohne übermäßige Beschleunigung. Es wäre Sache der Freizeitschiffer gewesen, für die Stabilität ihrer Schiffe zu sorgen, indem sie ausreichend Abstand gehalten und sich ordentlich vertäut hätten. Im Übrigen hätte der Schleusenwärter sie nicht in dieselbe Schleuse wie die „C“ mit ihrer entzündbaren Ladung einfahren lassen dürfen.
In seinen Anträgen vom 29. April 2008 billigt der Staatsanwalt die Ablehnung der Nichtigkeitseinrede aus den vom Schifffahrtsgericht dargelegten Gründen. Er führt an, dass, da die Gendarmen „R“ nicht in Gewahrsam genommen haben, die Anwesenheit eines Rechtsanwalts nicht obligatorisch war, und fügt hinzu, dass die Tatbestände, die dem Betreffenden vorgeworfen wurden, ihm genannt worden sind, da er sich zu ihnen geäußert hat und sie übrigens bestens kannte.
Demzufolge beantragt der Staatsanwalt die Bestätigung des angefochtenen Urteils.
III - Würdigung
A) Einreden von „R“
1) Vorschriftsmäßigkeit der Voruntersuchung
Wie von der Staatsanwaltschaft festgestellt, haben die Gendarmen der Wasserschutzpolizei „R“ nicht in Gewahrsam genommen, sondern haben eine einfache Vernehmung gemäß Artikel 75 Strafprozessordnung durchgeführt, die nicht vorschreibt, dass die verhörte Person darauf hingewiesen werden muss, dass sie die Aussage verweigern oder einen Rechtsanwalt verlangen kann. Die Vernehmung, in der Art, wie sie die Gendarmen durchgeführt haben, verstößt in keiner Weise gegen Artikel 6 der EMRK, denn in diesem Stadium des Verfahrens wurde H. „R“ lediglich als Zeuge befragt und nicht als Beklagter und zwar in der ihm geläufigen deutschen Sprache.
Die ihm vorgeworfenen Tatbestände wurden dem Betroffenen notwendigerweise mitgeteilt, da sie Gegenstand der Vernehmung waren und er sich zu ihnen geäußert hat. Er gab zu, über die Erstattung der Anzeigen informiert worden zu sein. Im Übrigen wurde ihm seine Aussage auf Deutsch übersetzt, eine Sprache, die er beherrscht, und er hat die Aufzeichnung der Aussagen unterschrieben. Die Gendarmen haben nach Maßgabe des Artikel 78 der vorgenannten Prozessordnung die Anzeigen und die Aussagen zu Protokoll genommen, waren aber nicht gehalten, in diesem Stadium des Verfahrens dem Betroffenen Durchschriften dieser Protokolle auszuhändigen. Es muss hinzugefügt werden, dass die Bestimmung in Artikel 429, Abs. 2 derselben Prozessordnung, demzufolge das Vernehmungsprotokoll die gestellten Fragen enthalten muss, nicht für die Ungültigkeit herangezogen werden kann (Kassationshof – Strafkammer 21.9.2005 – Strafprozessordnung, Dalloz 2007, Art. 429, Abs. 2, Anmerkung Nr. 3). Somit ergibt sich, dass die Voruntersuchung den Vorschriften entspricht.
2) Ordnungsmäßigkeit der Vorladung
„R“ wurde vor Gericht geladen, weil er am 4. September 2005 in Straßburg auf dem Rhein folgende Übertretung begangen hatte: „Fahren ohne Einhaltung der Bestimmungen über die allgemeine Sorgfaltspflicht: Verstoß der Klasse 5 nach Artikel 1.04 RheinSchPV, zu ahnden gemäß Artikel 32 Mannheimer Akte“.
„R“ konnte sich hinsichtlich der Übertretung, auf Grund derer er geladen war, nicht täuschen, da Ort und Datum angegeben waren und er zu dem Sachverhalt befragt worden war.
Die Vorschriften, nach denen er zu bestrafen ist, d.h., Artikel 1.04 RheinSchPV und Artikel 32 Mannheimer Akte, waren ebenfalls aufgeführt. Da es sich um einen Verstoß gegen die RheinSchPV handelt, die am 1. Dezember 1993 durch Beschluss der Zentralkommission verabschiedet wurde, die für Frankreich kraft Artikel 46 der Mannheimer Akte, in der veränderten Form der Straßburger Konvention vom 20. November 1963 bindend ist, wird dieser Verstoß nicht mit einer innerstaatlichen Strafe geahndet sondern mit derjenigen des oben genannten Artikels 32. Somit enthält die Vorladung die sachlichen und rechtlichen Angaben zu diesem Verstoß und ist ordnungsgemäß.
3) Rechtmäßigkeit des Dekrets über die Veröffentlichung der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung (RheinSchPV)
Mit dem Dekret vom 5. März 1995 wurde die Veröffentlichung der am 1. Dezember 1993 in Straßburg verabschiedeten RheinSchPV im Anzeiger der Französischen Republik angeordnet. Dieses Dekret wurde am 6. Mai 1995 veröffentlicht. Der Berufungskläger weist darauf hin, dass dieses Dekret vom Präsidenten der Republik, dem Premierminister und dem Außenminister unterzeichnet wurde, aber auch vom Verkehrsminister hätte gegengezeichnet werden müssen.
Laut Artikel 1 des Dekrets über die Ratifizierung und Veröffentlichung von durch Frankreich unterzeichneten internationalen Verpflichtungen vom 14. März 1953 ist allein der Außenminister für die Ratifizierung und Veröffentlichung von internationalen Übereinkommen, Abkommen, Protokollen und Verordnungen zuständig, bei denen Frankreich Unterzeichner ist und an die Frankreich gebunden ist. Die Unterschrift eines anderen Ministers, hier die des Verkehrsministers, war also nicht erforderlich.
Der Berufungskläger fügt hinzu, dass die RheinSchPV einen Vertrag oder ein Abkommen zur Regelung internationaler Angelegenheiten darstellt und seine Ratifizierung oder Genehmigung dementsprechend und kraft Artikel 53 der Verfassung vom 4. Oktober 1953 eines Gesetzes bedurft hätte. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die RheinSchPV am 1. Dezember 1993 einstimmig von der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt angenommen wurde. Nach dem Wortlaut des Artikels 46 der Mannheimer Akte vom 18. Oktober 1868, in der geänderten Form der Straßburger Konvention vom 20. November 1963 sind einstimmig angenommene Beschlüsse bindend, es sei denn, einer der Vertragsstaaten hätte innerhalb einer Frist von einem Monat die Zentralkommission wissen lassen, dass er seine Zustimmung verweigert oder erst nach Billigung durch seine gesetzgebenden Organe geben kann. Dieses Straßburger Abkommen ist in Frankreich ordnungsgemäß ratifiziert und veröffentlicht worden. Die Veröffentlichung der RheinSchPV stellt lediglich dessen Vollzug dar und brauchte also nicht noch einmal vom Parlament gebilligt zu werden. Kraft des Artikels 55 der Verfassung verleiht diese Veröffentlichung dem Vertrag oder Abkommen volle Rechtskraft in Frankreich. Diese Bestimmung findet auf Handlungen und Entscheidungen der internationalen Organisationen Anwendung, die sich Frankreich verpflichtet hat zu respektieren.
4) Fehlen eines Straftatbestandes im französischen Recht im Falle eines Verstoßes gegen die RheinSchPV
In Artikel 32 der Mannheimer Akte in der revidierten Form der Straßburger Konvention vom 20. November 1963 heißt es: « Verstöße gegen die Schifffahrtspolizeivorschriften, die von den Regierungen der Uferstaaten übereinstimmend für den Rhein aufgestellt wurden, werden mit einem Bußgeld von mindestens 3 bis höchstens 2500 Sonderziehungseinheiten auf den internationalen Währungsfonds, umgerechnet in die nationale Währung des Staates, dem das angerufene Gericht angehört, bestraft. ».
Aus diesem Text und aus dem oben zitierten Artikel 46 geht hervor, dass die Uferstaaten ihre Sanktionsbefugnis bei Zuwiderhandlungen, die sie gemeinsam festgesetzt haben, abgegeben haben, was der Fall ist bei den von der RheinSchPV, insbesondere unter Artikel 1.04 festgelegten Verstößen. Der französische Gesetzgeber hatte also nicht mit der Einführung nationaler Ahndungsmaßnahmen für im Vertrag definierte Verstöße in der Rheinschifffahrt zu intervenieren.
5) Verjährung
Da die Voruntersuchung und die Ladung vor das Schifffahrtsgericht rechtmäßig sind, bewirken sie eine Unterbrechung der Verjährung, die somit nicht erreicht wurde. Daraus ist zu folgern, dass die von „R“ erhobenen Einsprüche nicht begründet sind und abgewiesen werden müssen.
B) Begründetheit der Anklage
Aus den Zeugenaussagen von „W“ und „F“ geht hervor, dass der Schiffsführer der „S“ zwar die Schleusenkammer verlassen hat, ohne eine Behinderung zu erzeugen, „R“, der Führer der TMS "C" hingegen voll Gas gegeben hat und dadurch anormale Wellen erzeugt hat, durch die ihre Schiffe gegen das untere Tor geschleudert wurden. Diese Umstände werden durch den Schleusenwärter „K“ bestätigt, der „R“ umgehend davon unterrichtet hat. Dieser hat sich per Funk entschuldigt, hielt es aber nicht für angebracht anzuhalten. Die von „R“ behauptete so genannte Unvorsichtigkeit des Schleusenwärters, die darin bestanden haben soll, zwei Freizeitschiffe hinter einem Schiff mit entzündbarer Ladung in die Schleusenkammer einfahren zu lassen, hat überhaupt nichts mit dem rüden Anfahren zu tun, das man ihm anlastet und kann nicht zu seiner Entlastung heran gezogen werden.
Somit ist der Geladene klar der allgemeinen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen, und hat gegen die Vorschrift von Artikel 1.04 RheinSchPV verstoßen, was nach Artikel 32 der Revidierten Mannheimer Akte geahndet wird. Die von dem erstinstanzlichen Richter ausgesprochene Strafe ist dieser Verfehlung angemessen.
Aus diesen Gründen
Erklärt die Berufungskammer:
Die von „R“ eingelegt Berufung ist zulässig aber nicht begründet und wird abgewiesen.
Das angefochtene Urteil wird bestätigt.
Die Kosten werden durch das Rheinschifffahrtsgericht Straßburg gemäß Artikel 39 Revidierte Mannheimer Akte festgelegt.