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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt
vom 26. Oktober 2007
434 Z - 6/07
Tatbestand:
Die Beklagte zu 1. war Eignerin oder Ausrüsterin des TMS „A“, auf dem es in der Nacht vom 6. auf den 7.5.1999 während eines Beladevorgangs in Dormagen zu einer folgenschweren Explosion kam. Der Beklagte zu 2. war damals der verantwortliche Schiffsführer des TMS „A“.
Die Klägerin ist Kaskoversicherer des TMS „L“, das hinter dem TMS „A“ lag und durch die Explosion schwer beschädigt wurde. Sie hat den Schaden in Höhe von knapp 2,5 Millionen DM reguliert und die Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit auf Ersatz dieser Summe in Anspruch genommen.
Beide Parteien haben der Betreiberin der Verladeanlage, der damals als „E“ GmbH firmierenden „I“ GmbH, den Streit verkündet. Hintergrund war die Behauptung der Beklagten, die Brand- und Explosionsursache sei von der Tankerbrücke der Streitverkündeten ausgegangen. Diese ist daraufhin dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten.
Das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort hat der Klage durch Grundurteil vom 7.7.2005 stattgegeben.
Die Beklagten haben gegen das ihnen am 14.7.2005 zugestellte Urteil am Montag, dem 15.8.2005, Berufung mit dem Antrag auf Entscheidung der Berufungskammer der Zentral-kommission für die Rheinschifffahrt eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift vom 14.9.2005 ist am 15.9.2005 beim Gericht erster Instanz eingegangen. Vorgeheftet ist dem Schriftsatz in der Gerichtsakte eine Telefaxkopie des ersten Blatts der 51 Seiten umfassenden Begründungsschrift, das nach dem Aufdruck des Faxgeräts am 14.9.2005 um 16.37 Uhr oder 16.40 Uhr gesendet wurde, aber gleichfalls den gerichtlichen Eingangsstempel vom 15.9.2005 trägt.
Die Klägerin und ihre Streithelferin haben auf die Berufung erwidert und jeweils den Antrag angekündigt, die Berufung zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 16.3.2006 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Berufung zurückgenommen und mitgeteilt, die Klägerin und die Beklagten hätten sich außergerichtlich dahin verglichen, dass die Beklagten an die Klägerin zur Abgeltung aller Forderungen einen Betrag von 1 Million € zahlen und dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden.
Die Streithelferin hat daraufhin beantragt, den Beklagten als Gesamtschuldnern die ihr, der Streithelferin, entstandenen Kosten aufzuerlegen. Zur Begründung macht sie geltend, die Berufungsbegründung der Beklagten sei nicht fristgerecht bei Gericht eingegangen, so dass die Berufung als unzulässig zu verwerfen gewesen wäre und die Beklagten folglich die Kosten des Rechtsstreits einschließlich ihrer, der Streithelferin, Kosten zu tragen hätten, wenn sie sich nicht außergerichtlich mit der Klägerin verglichen und die Berufung zurückgenommen hätten. Die Beklagten hätten sie, die Streithelferin, „sowohl in die Verklarung als auch in den vorliegenden Rechtsstreit hineingezogen und über sieben Jahre hinweg mit den schwerwiegendsten Vorwürfen angeblicher Sicherheitsmängel ihrer Tankerbrücke überzogen und (könnten) sich jetzt nicht sang- und klanglos aus dem Rechtsstreit verabschieden und sie auf ihren Kosten von über 40.000 € sitzen lassen.“
Die Beklagten sind dem Antrag entgegengetreten.
Entscheidungsgründe:
I.
Der Antrag ist unbegründet. Die Beklagten sind nicht verpflichtet, der Streithelferin der Kläge-rin deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Nach der hier maßgeblichen Vorschrift des § 101 Abs. 1 der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) sind die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten dem Gegner der Haupt-partei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.
Danach steht der Streithelferin der Klägerin ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht zu, weil auch die Klägerin selbst aufgrund der vergleichsweise vereinbarten Kostenaufhebung von den Beklagten nicht die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten verlangen kann, diese vielmehr selbst zu tragen hat (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3.4.2003 - V ZB 44/02, BGHZ 154, 351; Beschluss vom 14.7.2003 - II ZB 15/02, NJW 2003, 3354; Beschluss vom 10.3.2005 - VII ZB 32/04, NJW-RR 2005, 1159). Ein Kostenerstattungsanspruch stünde der Streithelferin der Klägerin im Übrigen auch dann nicht zu, wenn der Rechtsstreit nicht durch außergerichtlichen Vergleich beigelegt, sondern in der Berufungsinstanz fortgeführt und der Klage bei Kostenaufhebung zur Hälfte stattgegeben worden wäre.
Das ist entgegen der Auffassung der Streithelferin auch nicht deswegen anders, weil die Beklagten ihre Berufung möglicherweise nicht fristgerecht begründet haben und das Rechtsmittel deshalb unzulässig gewesen sein könnte. Nach der Rücknahme der Berufung kommt diesem Umstand keine Bedeutung mehr zu. Die Wirksamkeit der Zurücknahme der Berufung setzt nicht voraus, dass die Berufung zulässig war. Eine bereits zurückgenommene Berufung kann auch nicht mehr mit der von der Streithelferin erstrebten Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO verworfen werden. Es bedarf deshalb keiner Klärung der Frage, ob die Beklagten nur das erste Blatt der Berufungsbegründungsschrift oder den gesamten Schriftsatz per Telefax an das Rheinschifffahrtsgericht übermittelt haben und ob das Telefax am 14.9.2005 (so der Sendevermerk) oder erst am 15.9.2005 (so der Eingangsstempel) bei Gericht eingegangen ist.
Unerheblich ist schließlich der von der Streithelferin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hervorgehobene Umstand, dass die Streithelferin – anders als in dem vom Bundesgerichtshof am 3.4.2003 entschiedenen Fall – erst nachträglich von dem Abschluss des Vergleichs Kenntnis erlangt hat und daher keine Gelegenheit hatte, ihr Kosteninteresse durch eine etwaige Beteiligung an dem Vergleich zu wahren. Die als Grundlage eines Kostenerstattungsanspruchs allein in Betracht kommende Vorschrift des § 101 Abs. 1 ZPO stellt allein auf die Kostentragungspflicht der Hauptparteien ab und lässt für die Berücksichtigung sonstiger Umstände keinen Raum.
II.
Aus den dargelegten Gründen wird deshalb für Recht erkannt:
Der Antrag der Streithelferin des Klägers, den Beklagten als Gesamtschuldnern die der Streithelferin entstandenen Kosten aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.