Jurisprudentiedatabank
Urteil des Amtsgerichts – Rheinschiffahrtsgericht St.Goar
vom 11. Februar 2005
4 C 1/02.BSchRh
Tatbestand:
Die Klägerin ist Eigentümerin der bei Oberwesel am Rhein entlang führenden Bundesstraße 9 einschließlich der dort die Bundeswasserstraße begrenzenden Ufermauer. Die Beklagte zu 2. ist Eigentümerin von TMS G, das am 19. Mai 1999 von dem Beklagten zu 1. auf dem Rhein zu Tal geführt, wurde. Infolge Unaufmerksamkeit des Beklagten zu 1. verlor dieser die Kontrolle über das Schiff, so dass dieses innerhalb der Gemarkung Oberwesel bei Stationskilometer 6,255 in das Ufer lief und die Mauer sowie den angrenzenden Gehweg auf einer Länge von 15 m beschädigte.
Die Klägerin hat die ihr daraus resultierenden Schadensersatzansprüche mit einem an die Beklagte zu 2. unter der Adresse Buithenkwartier p.a. Martinusstrat 14, D 3433 cg Nieuwegein angemeldet. Unter Bezug auf dieses Schreiben meldete sich das Havariekommissariat G und teilte mit, es sei beauftragt, die Schadensstelle zu besichtigen und bat um Einsicht in die bislang eingeholten Reparaturangebote. Gleichzeitig bat man, eine Fa. OHF Hafen- und Flußbau GmbH ebenfalls an der Ausschreibung zu beteiligen. Das zuständige Straßenverkehrsamt der Klägerin antwortete mit Schreiben vom 19. März 2001 und teilte mit, die Firma OHF habe eine Beteiligung an der Ausschreibung abgelehnt und man beabsichtige, nach Ablauf der Zuschlagsfrist am 17. April 2001 den Geringstbietenden mit den Reparaturarbeiten zu beauftragen. Mit Schreiben vom 21. März 2001 teilte das Havariekommissariat mit, man sei nicht mehr für die Beklagte tätig und die Beklagte lehnte mit am 2. Mai 2001 bei der Klägerin eingegangenem Schreiben die Regulierung ab, da die Ersatzansprüche der Klägerin verjährt seien.
Die Klägerin hat mit am 14. Februar 2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz gegen die Beklagten zu 2. als Schiffseigentümerin und gegen den Beklagten zu 1. als Schiffsführer Klage auf Zahlung von 43.812,94 Euro erhoben und gleichzeitig die Feststellung begehrt, die Beklagten seien auch verpflichtet, den über den bezifferten Leistungsanspruch hinausgehenden Schaden zu ersetzen. Die Klage konnte der Beklagten zu 2. unter der Adresse, mit der die Ansprüche am 8. Dezember 1999 gegen sie geltend gemacht worden waren, nicht zugestellt werden. Dies hat das Gericht der Klägerin mit Schreiben vom 31. März 2003 mitgeteilt. Die gegen den Beklagten zu 1. gerichtete Klage hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. November 2003 zurückgenommen, nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass gegen den Beklagten zu 1. die Ansprüche vorgerichtlich nicht geltend gemacht worden waren. Nach Mitteilung der Anschrift der Beklagten zu 2. mit Schriftsatz vom 18. Mai 2004 wurde dieser die Klage am B. Oktober 2004 zugestellt.
Die Beklagte hält die Einrede der Verjährung aufrecht und beanstandet die Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Schadens.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 37.138,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 31. Oktober 2001 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen des Sachvortrages der Parteien im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet. Die Beklagte hat dem zweifellos dem Grunde nach berechtigten Anspruch mit Erfolg die Einrede der Verjährung entgegengesetzt.
Allerdings ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von der einjährigen Verjährungsfrist des § 117 Abs. 1 BSchG, sondern von der zweijährigen Verjährungsfrist des § 118 Abs. 1 BSchG auszugehen. Demnach verjähren Ansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen mit Ablauf von 2 Jahren seit dem Ereignis, das mit dem 19. Mai 1999 anzunehmen ist. Gemäß § 92 Abs. 2 BSchG finden die für den Schiffszusammenstoß geltenden Schriften auch dann Anwendung, wenn infolge Missachtung einer Verordnung anderweit Schaden verursacht wird, worunter auch Feinschädigung und die Anfahrung von Hafen- und Uferanlagen aller Art zu zählen sind (vgl. Vortisch-Bemm RNr. 7 zu § 92 BSchG). Dies gilt auch für die Regelung der Verjährung, so dass der Eintritt der Verjährung frühestens mit dem 20. Mai 2001 angenommen werden kann (vgl. Berufungsausschuss der Moselkommission in ZfB 1994, Heft 24 S. 23 im Anschluss an BGHZ Bd. 81-S.370).
Letztlich unentschieden bleiben kann der Streit der Parteien, ob der Lauf der Verjährung gemäß § 852 Abs. 2 BGB infolge der Verhandlungen der Parteien für die Zeit vom 30. Dezember 1999
(Schreiben Gielisch) bis zum 2. Mai 2001 (Eingang der Ablehnung der Beklagten zu 2.) gehemmt war. Dafür spricht, dass der Begriff der Verhandlungen im § 852 Abs. 2 BGB nach der Rechtsprechung weit, auszulegen ist und die Feststellung der Schadenshöhe, zu der die Firma Gielisch beauftragt war, als "Verhandlung" über die Höhe des der Klägerin berechtigter Weise zustehenden Schadensersatzanspruches angesehen werden kann.
Gleichwohl ist der Anspruch verjährt.
Eine Unterbrechung der Verjährung infolge Klageerhebung (§ 209 Abs. 1 BGB) ist vorliegend nämlich erst mit der Zustellung der Klage an die Beklagte zu 2. am B. Oktober 2004 anzunehmen.
Allerdings tritt die Verjährungsunterbrechung gemäß § 270 Abs. 3 ZPO bereits mit der Einreichung der Klage ein, wenn die Zustellung der Klage "demnächst" erfolgt.. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass eine Partei meist keinen Einfluss auf gerichtsinterne Abläufe hat. Eine Verzögerung in der Zustellung ist aber dann zu berücksichtigen, wenn er auf ein Verschulden der Partei, zu deren Gunsten § 270 Abs. 3 ZPO wirkt, zurückgeführt werden muss. Dies war hier der Fall: Die Klägerin hatte zunächst dem Gericht eine unzutreffende Anschrift der Beklagten zu 2. mitgeteilt, so dass eine Zustellung der Klage nicht hat erfolgen können. Es liegt aber in der Verantwortung einer Partei, dem Gericht eine zutreffende Anschrift anzugeben (vgl. BGH in FamRZ 1988 S. 1155). Darüber hinaus hat die Klägerin nach dem schriftlich erteilten Hinweis des Gerichtes, die Klage habe der Beklagten zu 2. nicht zugestellt werden können, da deren Anschrift nicht mehr zutreffend sei, länger als 1 Jahr benötigt, die richtige Anschrift der Beklagten zu 2. zu ermitteln. Dies obgleich die Anschrift durch eine einfache Anfrage bei der zuständigen Handelskammer der Region Zwolle hätte erfragt werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Gemäss § 709 ZPO war das Urteil wegen der der Beklagten zu 2. entstandenen Kosten gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Streitwert: Für die Zeit bis 24. Juni 2003 45.812,94 Euro, für die Zeit danach 37.138,41 Euro.