Jurisprudentiedatabank

4 A 131/85 - Oberverwaltungsgericht (-)
Datum uitspraak: 09.12.1985
Kenmerk: 4 A 131/85
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Oberverwaltungsgericht Münster
Afdeling: -

Leitsatz:

Zur Rechtswirksamkeit einer Frachtenprüfungsanordnung der WSD gemäß § 31a Abs. 2 Nr.1 BinSchVerkG. Wenn auch Verkehrsleistungen im Rahmen des Werkverkehrs eines Händlers mit dessen Schiffen keiner Frachtenprüfungskontrolle unterliegen, sind Prüfungsmaßnahmen gegenüber solchen Unternehmen gerechtfertigt, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass sie Umgehungsgeschäfte im Sinne des § 42a BinSchVerkG betreiben, die zwar keine Abreden über Verkehrsleistungen enthalten, aber im wirtschaftlichen Ergebnis einer solchen Vereinbarung entsprechen. Erst die Einsicht in die Geschäftsunterlagen der unter dem Verdacht des Scheingeschäfts stehenden Unternehmen kann der Prüfungsbehörde Gewissheit über die tatsächlichen Funktionen der zum Schein tätigen Firma verschaffen.

Oberverwaltungsgericht Münster

Urteil

vom 9. Dezember 1985

(Rechtskräftig, weil Beschwerde der Klägerin gegen Nichtzulassung der Revision durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 1986 - BVerwG 7 B 22.86 - verworfen)

Zum Tatbestand:

Die Klägerin betreibt Handel mit Lava-Baustoffen. Von der WSD Münster (Vertreterin der Beklagten) sollte am 17.08. 1982 nach telefonischer Voranmeldung bei der Klägerin und der am selben Ort ansässigen Firma N. eine Frachtenprüfung durchgeführt werden. Nachdem der Geschäftsführer beider Firmen, Herr G., die Vornahme der Prüfung sofort abgelehnt hatte, legte die Klägerin am 7.2.1983 auch schriftlich gegen die Frachtenprüfungsanordnung vom 17.8. 1982 Widerspruch ein. Zur Begründung ihrer Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des von der Beklagten erteilten, ablehnenden Widerspruchsbescheides machte die Klägerin geltend, dass nach §31 a Abs. 2 Nr. 1 BinSchVerkG nur die an einem Frachtvertrag beteiligten Firmen überprüft werden könnten. Die Klägerin verkaufe ihre Produkte free an board an Baustoffhändler, während die Firma N. die Ware frei vor Ufer beziehe. Der bloße Verdacht einer Beteiligung an Transporten berechtige nicht zur Anordnung einer Frachtenprüfung, die auch nur der Beschaffung von Tatsachen zwecks Ermittlung angeblicher Frachtverstöße und einer diesbezüglichen rechtswidrigen Ausforschung diene. Die Beklagte trägt vor, die Klägerin benutze nicht ein typisches Transportunternehmen, sondern schalte Baustoffhändler ein, welche die Ware von der Klägerin kauften, sie mit eigenen Schiffen zum Abnehmer (Firma N.) transportierten und sie am Ziel dann an letztere verkauften. Dieses Verhalten der Klägerin und der mit ihr nahezu personenidentischen Firma N. erfülle den Umgehungstatbestand des § 42a BinSchVerkG. Der völlig unnötige Verkauf an Baustoffhändler habe nur den Zweck, die Ware zu Werkverkehrsbedingungen, also ohne Festfrachtbindung, befördern und die Festfrachten umgehen zu können. Die Prüfung sei schon berechtigt, wenn ein begründeter Verdacht bezüglich des Umgehungstatbestandes bestehe.

Nach Abweisung der Klage durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. 12.1984 hat die Klägerin im Berufungsverfahren weiterhin geltend gemacht, dass die Firma N. durch Beschluss ihrer Gesellschafterversammlung vom 26.4.1985 aufgelöst und die Prüfungsanordnung schon deshalb aufhebungsreif sei. Außerdem sei das Festfrachtsystem der Binnenschifffahrt aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht mehr aufrechtzuerhalten und das Bedürfnis, die Bundesbahn im Güterverkehr vor der Konkurrenz anderer Verkehrsträger zu schützen, weggefallen. Der Klägerin sei es erlaubt, ihre Abnehmer nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszusuchen, die ihrerseits die Ware nach dem Transport an andere - möglicherweise an die Klägerin selbst - weiterverkaufen dürften. Die Beklagte wiederholt ihr früheres Vorbringen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom Bundesverwaltungsgericht verworfen.

Aus den Gründen des OVG-Urteils:

I.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist die für das Begehren der Klägerin statthafte Klageart. Die Anordnung der Frachtenprüfung vom 17. August 1982 hat sich durch Zeitablauf erledigt. Wollte die Beklagte auch weiterhin eine Frachtenprüfung bei der Klägerin durchführen, so müsse sie erneut einen Prüfungstag bestimmen. Die Klägerin hat jedoch aus Gründen der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Intersse an der Feststellung, dass die Prüfungsanordnung vom 17. August 1982 rechtswidrig war. Im Hinblick auf den hier in Frage stehenden Sachverhalt ist zwischen den Parteien streitig, ob die Klägerin der Prüfungspflicht nach §31a Abs. 2Nr. 2 BSchVG unterliegt. Die Beklagte will auch in künftigen Fällen an ihrer von der Klägerin bestrittenen Rechtsauffassung festhalten. Vergleichbare Fälle, in denen die Anwendung der erwähnten Vorschrift auf die Klägerin streitig werden könnte, sind auch in Zukunft denkbar. Zwar befindet sich die Firma, deren Geschäftsbeziehungen zur Klägerin zu der Prüfungsanordnung Anlass gegeben hat, seit dem Auflösungsbeschluss ihrer Gesellschafterversammlung in Liquidation (§§ 60 Nr. 2, 69 GmbHG). Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin auch künftig noch mit der Firma Geschäftsbeziehungen der bisherigen Art aufnimmt, wenn nämlich etwa die Auflösung durch erneuten Gesellschafterbeschluss wieder rückgängig gemacht werden sollte und die Gesellschaft dann wieder werbend tätig werden könnte. Im übrigen hat die Klägerin ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass die eingeschalteten Baustoffhändler in ähnlicher Weise wie mit der Firma gegebenenfalls auch mit anderen Abnehmerfirmen oder mit der Klägerin selbst in Geschäftsbeziehung treten könnten.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Anordnung einer Frachtenprüfung bei der Klägerin vom 17. August 1982 sowie der dazu ergangene Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 1983 waren rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 S. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Die Frachtenprüfungsandordnung stützt sich auf § 31 a Abs. 2 Nr. 1 BSchVG. Gegen die Gültigkeit dieser Vorschrift bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

a) Die §§ 21 ff. BSchVG bilden die Grundlage für das Festfrachtensystem im Binnenschiffsverkehrsrecht. Dieses sogenannte Frachtenbildungsverfahren ist neben der Verteilung von Fracht- und Schleppgut (§§1-10 BSchVG) ein wesentlicher Bestandteil der staatlichen Lenkungsmaßnahmen innerhalb der Binnenschifffahrt.

Vgl. Vortisch/Zschucke, Binnenschifffahrts- und Flößereirecht, 3. Aufl. 1964, Anm. 1 a zu § 21 BSchVG.

Die Festpreisregelung nach dem BSchVG berührt sowohl die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Vertragsfreiheit als auch die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Die Beteiligten eines Vertrages über Verkehrsleistungen der Schifffahrt sind in ihrer Vertragsgestaltung insoweit gebunden, als sie die hierfür festgesetzten Entgelte zu berücksichtigen und zu einem Bestandteil ihres Vertrages zu machen haben. Darin liegt zugleich eine Regelung der Berufsausübung, denn jedenfalls im Bereich der gewerblichen Berufe ist die Preisgestaltung üblicherweise ein Ausdruck ihrer Wirtschaftsführung. Weder Art. 2 Abs. 1 noch Art. 12 Abs. 1 GG werden jedoch durch die in § 21 BSchVG enthaltene Regelung verletzt.
Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit, in deren Schutzbereich auch die Vertragsfreiheit fällt, nur innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung. Zur verfassungsmäßigen Ordnung zählen wirtschaftslenkende Gesetze jedenfalls dann, wenn die von ihnen ausgehenden Beschränkungen des Wirtschaftslebens zum Nutzen des Gemeinwohls geboten sind.

Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12. November 1958 - 2 BvL 4, 26, 40/56,1, 7/57, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 8, 274 (328).

Im gleichen Umfang ist auch, das Recht auf freie Berufsausübung einschränkbar. Soweit mit solchen Einschränkungen nicht zugleich auch das Recht auf freie Berufswahl berührt ist, genügt zu ihrer verfas-sungsrechtlichen Legitimation jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls.

Ständige Rechtsprechung. Vgl. u. a. BVerfG, Urteil vom 11. Juli 1958, 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377 (405); BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1978 - 1 BvL 13/76, BVerfGE 47, 109 (116).
...
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Festfrachtensystems nach dem BSchVG nicht aufgrund neuerer Entwicklungen in der wirtschaftlichen Situation und organisatorischen Struktur der Deutschen Bundesbahn entfallen. Die Klägerin irrt, wenn sie annimmt, dass es sich bei den Gemeinwohlzielen, die mit dem BSchVG verfolgt werden, um den Schutz der Deutschen Bundesbahn vor einer existenzgefährdenden Konkurrenz anderer Beförderungsträger handelt. Schutzobjekt der preisrechtlichen Regelung des BSchVG ist vielmehr gerade die Binnenschifffahrt selbst.

Die Festpreisregelung des § 21 BSchVG geht zurück auf die sogenannte Notlagegesetzgebung auf dem Gebiete der Binnenschifffahrt aus den Jahren 1931 und 1933. Sie umfasste die „Anpassungsverord¬nung" des Reichspräsidenten vom 23. Dezember 1931 (RGBI. 1 S.779) und das Gesetz zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschifffahrt vom 16. Juni 1933 (RGBI. II S.317). Die Gründe, die damals den Übergang vom Markt- zum Festpreis notwendig machten, wurden auch nach dem Kriege als fortbestehend betrachtet und führten zum Erlass des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr vom 1. Oktober 1953 (BGBI. 1 S. 1453). Seine Festpreisregelung wurde vor allem mit dem Konkurrenzdruck der Eisenbahnen und dem durch Überkapazitäten bedingten inneren Wettbewerb im Bereich der Binnenschifffahrt begründet, die beide zu einem existenzgefährdenden Preisverfall geführt hätten.

Vgl. näher Kählitz, Das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr, 1953, Anm. V zu § 21; Vortisch/Zschucke, aaO., BSchVG, Einleitung, S.527 f.

Auch im weiteren Verlauf der Gesetzgebung blieb die Absicht, die Binnenschifffahrt als Beförderungsträger zu erhalten, das Regelungsmotiv des Gesetzgebers.

...
Als eine „notwendige Maßnahme" zur Behebung der Schwierigkeiten der Binnenschifffahrt wurde dabei im Rahmen des bestehenden Festfrachtensystems eine Umstellung des Frachtenbildungsverfahrens zur „Bildung marktgerechter Beförderungsentgelte durch gleichberechtigte Einschaltung der Unternehmer und der Verlader in Frachtenausschüssen" verlangt und beschlossen.

BTag-Drs. V/2494, S.XIV, sowie S. 34.
...
Der Schutz der reibungslosen Verkehrsbedienung der Wirtschaft durch ein breites, auf Schiene, Straße und Wasser sich erstreckendes Beförderungsangebot ist ein legitimes Interesse des Gemeinwohls. Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Deutsche Bundesbahn mehrfach zum Ausdruck gebracht.

BVerfG, Urteil vom 22. Mai 1963 - 1 BvR 78/56, BVerfGE 16, 147 (168 ff.); BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 1975 - 1 BvL 35/70, 1 13v13 307/71, 61, 255/73 und 195/75, BVerfGE 40,196, (218 ff.).

Gleiches gilt insoweit auch für den Binnenschiffsverkehr. Weiterhin ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass es sich bei dem hier betroffenen Wirtschaftsbereich um ein überwiegend mittelständisches Gewerbe handelt, an dessen Fortbestand ebenfalls ein öffentliches Interesse besteht.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1961 - 1 BvL 44/55, BVerfGE 13, 97 (III f.).

Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Umstände, die eine Preisregelung im Bereich der Binnenschifffahrt sinnvoll erscheinen ließen, seitdem gewandelt hätten. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 22. Oktober 1980, 2 BvR 1172,1238/791/, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1981, 1087, indem es die Verfassungsmäßigkeit der Entgeltfestsetzung unter dem Gesichtspunkt prüfte, ob den Frachtenausschüssen hiermit unzulässigerweise Rechtsetzungsbefugnisse eingeräumt wären, keinen Anlass gesehen, die Prüfung auch auf die Vereinbarkeit der Regelung mit den Artikeln 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG auszudehnen. Schließlich hat auch die Klägerin insoweit keine Argumente vorzutragen vermocht.

b) Weiterhin unterliegt § 31 Abs. 2 Nr. 1 BSchVG auch nicht wegen der hierin den Betroffenen auferlegten Mitwirkungspflichten verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem vom Verwaltungsgericht zutreffend herangezogenen Beschluss vom 22. Oktober 1980 1981, S. 1087 (1088) festgestellt, dass die vom Gesetzgeber eröffnete Möglichkeit der Einsichtnahme in die Bücher und Geschäftspapiere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Sie ist ein objektiv taugliches Mittel, um die Einhaltung der festgesetzten Entgelte zu überwachen.

2. Die Ermächtigung in § 31a Abs. 2 Nr. 1 BSchVG rechtfertigt schließlich auch tatbestandlich das Vorgehen der Überprüfungsbehörde der Beklagten.

a) Ihrem Wortlaut nach unterliegen allerdings nur solche Firmen der Prüfungspflicht, die am Abschluss eines Vertrages über Verkehrsleistungen der Schifffahrt im Sinne des § 21 BSchVG beteiligt sind. Verkehrsleistungen im Rahmen des Werkverkehrs (§ 5 Abs. 1 BSchVG), die vom Händler selbst ohne Einschaltung fremder Transprotunternehmen durchgeführt werden, unterliegen keiner Kontrolle. Sie werden vom Zweck der Prüfungsbestimmung, die Einhaltung der tariflichen Frachtsätze im Binnenschiffsverkehr zu gewährleisten, nicht erfasst. Hieraus lässt sich indes nicht folgern, dass Prüfungsmaßnahmen nur gegenüber solchen Unternehmen zulässig wären, die anerkanntermaßen Verträge über Verkehrsleistungen im Sinne des § 21 BSchVG abschließen. E genügt vielmehr auch ein begründeter Verdacht, dass Unternehmen unter Ausnutzung der Vertragsfreiheit Umgehungsgeschäfte abschließen, die der äußeren Form nach zwar keine Abrede über Verkehrsleistungen enthalten, die aber der Sache nach auf einen wirtschaftlichen Erfolg abzielen, der einer Vereinbaung über Verkehrsleistungen entspricht. Zweck des Prüfungsverfahrens nach § 31 a BSchVG ist nicht allein die Kontrolle darüber, dass bei Verkehrsleistungsverträgen die tariflichen Entgelte für Frachten nicht unterschritten werden. Zur Aufgabe der Überprüfungsbehörden gehört es vielmehr auch, darauf zu achten, dass der Tarifzwang für Verträge über Verkehrsleistungen nicht durch Umgehungsgeschäfte unterlaufen wird. § 42 a BSchVG bestimmt in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass die Verpflichtungen, die sich für die Vertragsparteien von Verträgen über Verkehrsleistungen ergeben, nicht deshalb entfallen, weil Vertragsgestaltungen gewählt werden, die zu der Umgehung der Bestimmungen des Gesetzes die¬nen. Diese Regelung wäre wirkungslos, wenn die Prüfungspflicht nur bei denjenigen Unternehmen bestünde, die erwiesenermaßen Umgehungsgeschäfte abschließen. Denn es wird sich in aller Regel gerade erst mit Hilfe einer Betriebsprüfung feststellen lassen, ob ihr Geschäftsgebaren als ein Versuch zu werten ist, das Festfrachtensystem des BSchVG zu umgehen.

Das Ziel der Regelung des § 42 a BSchVG lässt sich wirksam nur dann erreichen, wenn die Überprüfungsbehörden auch schon dem begründeten Verdacht nachgehen dürfen, dass es im Einzelfall zu Umgehungsversuchen gekommen sei. Das hat zur Folge, dass Unternehmen auch dann in den Kreis der nach § 31 a BSchVG Prüfungspflichtigen einbezogen werden dürfen, wenn ihre Beteiligung an Verträgen über Verkehrsleistungen oder an entsprechenden Umgehungsgeschäften noch nicht feststeht, aber insoweit ein hinreichend begründeter Verdacht ihrer Beteiligung daran besteht. Die Betriebsprüfung hat in solchen Fällen notwendigerweise zunächst einmal die Funktion, festzustellen, ob das betreffende Unternehmen wegen tatsächlich vorgenommener Umgehungsgeschäfte der Tarifpflicht unterfällt. Erst in zweiter Linie kommt es dann zu der Prüfung, wieweit die Vereinbarungen bei den Umgehungsgeschäften von den festgesetzten Entgelten für Verkehrsleistungen abweichen.

b) Die Prüfungsanordnung ist auch insofern rechtmäßig, als tatsächlich ausreichende objektive Anhaltspunkte für den Verdacht vorlagen, dass es sich bei dem Geschäftsgebaren der Klägerin, soweit es die Geschäftsbeziehungen zwischen ihr, den Baustoffhändlern und der Firma betraf, um Umgehungsgeschäfte im Sinne des § 42 a BSchVG handelte.

Ein Umgehungsgeschäft liegt dann vor, wenn die Rechtsfolgen, die gesetzliche Vorschriften einem bestimmten Verhalten beilegen, dadurch vermieden werden sollen, dass zur Erreichung des wirtschaftlichen Erfolges nicht der den Umständen nach gewöhnliche und zweckmäßige Weg, sondern unter Ausnutzung der Vertragsfreiheit ein anderer, den wirtschaftlichen Folgen ferner liegender und daher ungewöhnlicher Weg eingeschlagen wird, der an den vom Gesetz angeordneten Folgen vorbeiführen soll. Diese Begriffsbestimmung, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor allem zu § 5 GüKG entwickelt wurde,

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13. März 1981 - 1 ZR 15/ 79, Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR) 1981, S 907 lässt sich auf die gleichgelagerten Fälle des § 42 a BSchVG übertragen.

Nach dem Sachstand, von dem der Beklagte ausgehen konnte und der im übrigen zwischen den Parteien auch unstreitig ist, ist der Verdacht nicht unbegründet, dass die Klägerin in der hier fraglichen Zeit zur Prüfungsanordnung Umgehungsgeschäfte in dem eben bezeichneten Sinn abgeschlossen hat.

Ein solcher Verdacht rechtfertigt sich allerdings nicht schon durch den Umstand, dass die Klägerin für den Transport ihrer Produkte zum Abnehmer nicht ein Transportunternehmen, sondern Baustoffhändler eingeschaltet hat, welche die Ware von der Klägerin kauften, sie mit eigenen Schiffen zu Abnehmern transportierten und sie am Ziel dann an die Abnehmer verkauften. Bei dieser Form des Güterumschlages kann durchaus ein mit wirklichem Werkverkehr verbundener Zwischenhandel vorliegen. Es kann sich andererseits aber auch um ein Umgehungsgeschäft handeln, bei dem die Baustoffhändler nur dem äußeren Schein nach als Zwischenhändler mit eigenem Werkverkehr auftreten, während sie nach dem verfolgten wirtschaftlichen Zweck nur die Funktion von Transportunternehmern wahrnehmen, die dem Festfrachtensystem des § 21 BSchVG unterliegen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der Verdacht eines Umgehungsgeschäftes daraus, dass objektive Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die von der Klägerin eingeschalteten Baustoffhändler gerade nicht die Funktion von Zwischenhändlern mit eigenem Werkverkehr erfüllten, sondern als Transportunternehmer eingesetzt wurden, die für andere - hier die Klägerin und die Firma - Ware beförderten.

Die Tätigkeit eines selbst transportierenden Zwischenhändlers unterscheidet sich von derjenigen des für andere transportierenden Beförderungsunternehmens vor allem dadurch, dass der Zwischenhändler eine eigene Handelstätigkeit entfaltet. Diese Handelstätigkeit steht im Vordergrund seines Wirtschaftens, während die im Werkverkehr durchgeführten Transporte im Verhältnis hierzu nur Mittel zur Verwirklichung des eigentlichen wirtschaftlichen Zweckes sind. Eine eigene Handelstätigkeit setzt aber ein selbständiges und innerhalb üblicher Geschäftsbeziehungen auch unabhängiges Verhalten des Händlers gegenüber seinem Lieferanten voraus. Diese Unabhängigkeit drückt sich vor allem darin aus, dass der Zwischenhändler grundsätzlich frei darüber zu befinden hat, an wen er die erworbene Ware weiterveräußert und welche Preise er von seinen Abnehmern verlangt. Seine Preiskalkulation berücksichtigt die Kosten des Transports als Betriebskosten; sein Gewinn ergibt sich dagegen vornehmlich aus der von ihm bestimmten Handelsspanne beim Weiterverkauf. Das Trans-portunternehmen ist demgegenüber hinsichtlich des Beförderungszeiles an die Weisungen seines Auftraggebers gebunden. Der Empfänger der Ware wird vom Auftraggeber bestimmt und ist zugleich dessen Abnehmer. Das Entgelt für den Transportunternehmer ist nicht ein vom Empfänger zu entrichtender Weiterverkaufspreis, sondern es wird am Wert der Beförderungsleistung bemessen und geht zu Lasten des Auftraggebers.

Der Beförderungsunternehmer tritt nur scheinbar in der Rolle des Zwischenhändlers auf, wenn er nur äußerlich mit dem Anlieferer und dem Abnehmer Verträge schließt, wie sie bei Zwischenhandelsgeschäften üblich sind, während es den Beteiligten wirtschaftlich in Wahrheit allein um die Güterbeförderung geht.

BGH, Urteil vom 13. März 1981, aaO., S. 908

Das ist dann der Fall, wenn der Anlieferer selbst den Abnehmer und die näheren Umstände der Beförderung bestimmt und wenn auf der anderen Seite das befördernde Unternehmen seine eigene Preiskalkulation statt auf den Warenwert auf den Wert der Beförderungsleistung gründet.

Der Verdacht, dass es auch vorliegend allen Beteiligten nur um die Beförderung der Produkte der Klägerin ging, gründete sich für die Beklagte zu Recht auf die hier erkennbaren besonderen Umstände. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bestand jedenfalls in dem damaligen Zeitpunkt eine enge räumliche und personelle Beziehung zwischen der Klägerin und der Firma, die es rechtfertigte, sie als Schwesterfirmen anzusehen. Beide Firmen hatten ihren Sitz am selben Ort; in beiden Firmen war Herr G. Geschäftsführer. Die Waren wurden in den hier fraglichen Fällen von der Klägerin unter Einschaltung von Baustoffhändlern an die Firma N. geliefert; dabei stand offenbar der Abnehmer auch im Verhältnis der Klägerin zu den Baustoffhändlern von vornherein fest. Dies legt den Schluss nahe, dass es den Baustoffhändlern, was die Weiterveräußerung der Ware betrifft, an der für einen selbständigen Zwischenhandel vorauszusetzenden Unabhängigkeit von Einflussnahme der Klägerin fehlte und dass das wahre wirtschaftliche Interesse der Beteiligten sich insoweit auf die Beförderungsleistung beschränkte.

Bei all dem konnte es sich allerdings nur um einen Verdacht handeln. Erst eine Einsicht in die Geschäftsunterlagen der Klägerin und der Firma N. konnte der Prüfungsbehörde der Beklagten Gewissheit darüber verschaffen, welche Funktion die Baustoffhändler bei dem Warenumschlag hatten und ob darum ihre Einschaltung als Zwischenhändler nur als ein Umgehungsgeschäft zu werten war, das dazu dienen sollte, die tariflichen Beschränkungen für Güterbeförderung durch Transportunternehmen zu unterlaufen. Die Prüfungsanordnung der Beklagten war darum zur Klärung dieses Verdachts im Sinne der §§ 31 a Abs. 2 Nr. 1, 42 a BSchVG geboten.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht zuzulassen, da die dort genannten Voraussetzungen nicht vorliegen."

Aus Gründen des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts:

Die Beschwerde, mit der die Klägerin die Zulassung der Revision erstrebt, ist unzulässig. Die Begründung der Beschwerde genügt nicht den Anforderungen des § 132 Abs. 3 Satz 3 VwGO, wonach die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die hier allein geltend gemacht wird, dargelegt werden muss. Die Beschwerde beschränkt sich darauf, auf angebliche Widersprüche innerhalb der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, die übrigens ersichtlich nicht vorliegen, hinzuweisen; inwiefern damit eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verbunden sein soll, wird überdies nicht dargelegt. Dasselbe gilt für die angeblichen Widersprüche zwischen dem angefochtenen Urteil und einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle; insoweit fehlt es bereits an einer konkreten Darlegung der angeblichen Widersprüche, geschweige denn an einer Darlegung der damit angeblich verbundenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.