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Leitsätze:
1) Im Interesse eines beschleunigten Verfahrens sehen Art. 36 Abs. 1 MA und Art. 37 Abs. 3 MA eine schriftliche Replik auf die schriftliche Berufungserwiderung nicht vor. Zu dem Vorbringen der Gegenpartei kann in der mündlichen Verhandlung Stellung genommen werden.
2) Ein schuldhafter Verstoß gegen § 6.20 Nr. 1 RheinSchPVO, wonach die Geschwindigkeit so einzurichten ist, daß Wellenschlag und Sogwirkung, die Schäden an stilliegenden Fahrzeugen verursachen können, vermieden werden, liegt z.B. vor, wenn ein Schiff mit einem Seitenabstand von erheblich weniger als 20 m und mit einer Geschwindigkeit von 11,5 bis 12,5 km/h über Grund an einem Stillieger vorbeifährt, weil es dann einen starken Sog auf ihn ausübt und von ihm Wasser wegzieht, was auf steinigem Untergrund Schäden an der Schraube zumal dann verursachen kann, wenn niedriger Wasserstand herrscht.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 23. Januar 1997
351 Z - 7/96
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts St. Goar vom 28.06.1995 - 4 C 20/94 Bsch Rh -)
Tatbestand:
Die Klägerin ist Versicherer des FGS G (38,60 m lang; 8,60 m breit). Dieses Schiff hat am 21.08.1993 gegen 11.45 Uhr linksrheinisch an einem Steiger der Verbandsgemeinde Bad Breisig gelegen, um Fahrgäste aufzunehmen. Zur gleichen Zeit kam das dem Beklagten gehörende und von ihm geführte MS A (85 m lang; 10 m breit; 1.410 t; 1.100 PS) unbeladen linksrheinisch zu Berg. Dieses Schiff überholte den rechtsrheinisch zu Berg fahrenden Schubverband P, der aus dem gleichnamigen Schubboot und vier Schubleichtern bestand. Den Bergfahrern kam das 1.696 t große TMS C entgegen, das gemäß den ihm gegebenen Weisungen zwischen dem Schubverband und MS A hindurchfuhr. MS A selbst passierte das - Kopf zu Berg liegende - FGS G an dessen Backbordseite. Unmittelbar danach kippte der Steiger, an dem FGS G befestigt war, bergwärts um. Dabei stürzten einige Fahrgäste von dem Steiger ins Wasser und wurden teilweise verletzt.
Die Klägerin behauptet, dass MS A mit überhöhter Geschwindigkeit und zu geringem Seitenabstand an FGS G vorbeigefahren sei. Dadurch sei ein erheblicher Sog und starker Wellenschlag entstanden. Um dem zu begegnen, habe der Schiffsführer des FGS G die Steuerbordmaschine zur Rückwärtsfahrt eingekuppelt. Bei dem Manöver und infolge niedrigen Wasserstands sei die Steuerbordschraube des Fahrzeugs auf Grund geraten und beschädigt worden. Den Schaden, den sie auf 7.325 DM beziffert, verlangt sie von dem Beklagten ersetzt. Ferner fordert sie von dem Beklagten einen weiteren Betrag von 5.465,35 DM; dieser Betrag entspricht 93,51 % der von ihr insgesamt in Höhe von 5.844,67 DM aufgewendeten Verklarungskosten.
Die Klägerin hat beantragt,
1) den Beklagten sowohl dinglich mit MS A, als auch persönlich im Rahmen von § 114 BinSchG haftend zur Zahlung von 7.325 DM nebst 4% Zinsen hieraus seit 1.1.1994 zu verurteilen,
2) den Beklagten sowohl dinglich mit MS A, als auch persönlich im Rahmen des § 114 BinSchG haftend weiter zur Zahlung von 5.465,35 DM nebst 4% Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.
Der Beklagte hält beide Ansprüche für unbegründet. Nach seinem Vortrag hat er die Steigeranlage mit mäßiger Geschwindigkeit und in ausreichendem Abstand passiert. Der Steiger sei allein deshalb umgekippt, weil er nicht solide konstruiert und sachgerecht verankert gewesen sei. Was den behaupteten Schraubenschaden einschließlich des verlangten Nutzungsausfalls angehe, so bestreite er beide dem Grunde und der Höhe nach. Unbegründet sei auch der Anspruch auf Ersatz von Verklarungskosten.
Das Rheinschifffahrtsgericht hat den Klageantrag 1) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Klageantrag 2) in vollem Umfang stattgegeben. Hierzu hat es näher ausgeführt:
1) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Beklagte mit seinem MS A zu nahe und zu schnell an FGS G vorbeigefahren sei (Verstoß gegen § 6.20 Abs. 1 und gegen § 6.09 Abs. 1 RheinSchPV) und dadurch die Grundberührung der Steuerbordschraube des Stilliegers sowie deren Beschädigung verschuldet habe. Hingegen könne nicht festgestellt werden, dass die Grundberührung erst durch das Kippen des Steigers verursacht worden sei. Zwar sei richtig, dass die Landeeinrichtung, an der FGS G festgemacht hatte (und sich im Verklarungsverfahren ergeben habe), zu schwach dimensioniert gewesen sei und die Art der Befestigung der Rückhalteseile das Kippen des Steigers begünstigt habe. Jedoch habe die mangelnde Stabilität des Steigers keinen Einfluss auf die Beschädigung der Steuerbordschraube des Stilliegers, die schon vor dem Kippen des Steigers erfolgt sei, gehabt. Überdies sei zu Gunsten des FGS G zu berücksichtigen : Die Anlegestelle sei für Schiffe bis zu einer Länge von 46 m amtlich zugelassen, FGS G aber nur 38,60 m lang gewesen; auch sei nicht zu ersehen, dass die mangelnde Stabilität des Steigers schon einmal zuvor zutage getreten oder der Führung dieses Schiffes bekannt gewesen sei; ferner könne nicht angenommen werden, dass das Anlegen des Schiffes an dem Steiger am Unfalltag wegen des herrschenden niedrigen Wasserstands bedenklich gewesen wäre.
2) Im Gegensatz zu dem Schraubenschaden, dessen Höhe noch teilweise aufzuklären sei, sei der Klageantrag 2) schon jetzt in voller Höhe begründet. Zwar würden die Kosten des Verklarungsverfahrens als Kosten des Rechtsstreits gelten. Dies gelte jedoch nur insoweit, als das Verklarungsverfahren durch den Schaden, der im späteren Rechtsstreit geltend gemacht werde, veranlasst worden sei. Im vorliegenden Fall seien im Verklarungsverfahren
nicht nur die an FGS G entstandenen Schäden aufgeklärt worden, sondern auch die Umstände, die zu dem an dem Steiger entstandenen Schaden sowie zu den Personenschäden geführt hätten. Die dem Antragsteller des Verklarungsverfahrens, dem Schiffsführer des FGS G entstanden Verklarungskosten seien demgemäß nur zu 6,49% durch den Gegenstand dieses Rechtsstreits veranlasst worden, so dass die übrigen Kosten als Schadensersatzanspruch gegen denjenigen geltend gemacht werden könnten, der den Schadensfall als Ursache des Verklarungsverfahrens veranlasst habe. Dies sei der Beklagte.
Der Beklagte beantragt mit seiner Berufung, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung kann keinen Erfolg haben.
1. Der Beklagte (Berufungskläger) hat mit Schriftsatz vom 06.11.1995 auf die Berufungserwiderung der Klägerin (Berufungsbeklagte) vom 27.09.1995 repliziert. Nach seiner Ansicht ist eine solche Replik zulässig. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Revidierte Rheinschifffahrtsakte (MA) im Interesse eines beschleunigten Verfahrens (Art. 36 Abs. 1 MA) eine schriftliche Replik auf die schriftliche Berufungserwiderung nicht kennt (Art. 37 Abs. 3 MA). Infolgedessen hat die Berufungskammer bereits in ihrem Urteil vom 15.09.1975, Az. 35 Z-8/75, ZfB 1976, 155, 256 - Schip en Schade 1976/83 Gefo-Köln en Gefo-Tank 5, ausgeführt, dass die Revidierte Rheinschifffahrtsakte keinen zweifachen Schriftwechsel im Berufungsverfahren vorsieht, und die Replik der (dortigen) Berufungsklägerin auf die Berufungsantwort der (dortigen) Berufungsbeklagten als unzulässig zurückgewiesen, « wobei es aber beiden Parteien unbenommen bleibt, in der mündlichen Verhandlung Stellung zu dem Vorbringen der Gegenpartei zu nehmen ». Dazu hatte auch hier der Beklagte in der Berufungsverhandlung Gelegenheit.
2. Nach § 6.09 Nr . 1 RheinSchPV ist das Überholen nur gestattet, nachdem sich der Überholende vergewissert hat, dass dieses Manöver ohne Gefahr ausgeführt werden kann. Entgegen der Ansicht des Rheinschifffahrtsgerichts hat der Beklagte diese Vorschrift nicht verletzt. Die Vorschrift betrifft nicht die Vorbeifahrt eines Schiffes an einem Stillieger (was hier der Fall gewesen ist), sondern die Vorbeifahrt eines Schiffes an einem vorausfahrenden Fahrzeug.
3. Nach § 6.20 Nr. 1 RheinSchPV müssen Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit so einrichten, dass Wellenschlag und Sogwirkungen, die Schäden an stilliegenden oder in Fahrt befindlichen Fahrzeugen oder Schwimmkörpern oder an Anlagen verursachen können, vermieden werden. Sie müssen ihre Geschwindigkeit rechtzeitig vermindern, jedoch nicht unter das Maß, das zu ihrer sicheren Steuerung notwendig ist, und zwar nach lit. b) in der Nähe von Fahrzeugen, die am Ufer oder an Landebrücken festgemacht sind oder die laden oder löschen. Gegen diese Vorschrift hat der Beklagte verstoßen, wie das Rheinschifffahrtsgericht zutreffend angenommen hat.
a) Allerdings hat er im Verklarungsverfahren angegeben, FGS G in einem Abstand von etwa 20 bis 25 m von Schiffsaußenkante zu Schiffsaußenkante passiert zu haben. Die Angabe erscheint nur wenig glaubhaft, nachdem der Beklagte noch am Unfalltag bei seiner Vernehmung durch die Wasserschutzpolizei erklärt hat, bei der Überholung des Schubverbandes einen Abstand von ca. 25 m zum linken Ufer eingehalten zu haben, wo FGS G an einem Steiger gelegen habe, auf das er wegen des Überholmanövers nicht so sehr geachtet habe; bei einer Breite des FGS G von 8,6 m und einer Länge des Steigers von ca. 15 m folgt daraus, dass sein Abstand zu dem Stillieger ganz erheblich unter 20 bis 25 m gelegen haben muß.
Das wird außerdem bestätigt von dem Schiffsführer des FGS G (Seitenabstand etwa 10 bis 12 m) sowie den am Unfall unbeteiligten Zeugen Steuermann Kerkhof von TMS C (Seitenabstand etwa 10 m) und dem Musiker Kuchenbecker (Seitenabstand etwa 15 m). Danach ist davon auszugehen, dass der Beklagte mit einem ungewöhnlich knappen Seitenabstand an FGS G vorbeigefahren ist.
b) Der Beklagte hat den Stillieger außerdem mit stark überhöhter Geschwindigkeit passiert. Es mag sein, dass er - nach seinen Angaben - nicht mit voller Geschwindigkeit gefahren ist. Immerhin ist er nach seiner Aussage gegenüber der Wasserschutzpolizei mit 1650 von 1900 möglichen Umdrehungen seiner 1.100 PS starken Maschine gefahren mit einer von ihm im Verklarungsverfahren angegebenen Geschwindigkeit von 11,5 bis 12,5 km/h über Grund. Anhaltspunkte dafür, dass er diese Geschwindigkeit bei der Annäherung an den Stillieger vermindert hat, sind nicht ersichtlich. Soweit die Berufung des Beklagten zu dessen Entlastung auf die Angabe des Schiffsführers Z vom Schubverband P im Verklarungsverfahren hinweist, MS A sei ganz normal gefahren, habe keine Walze hinter sich her gezogen und den Schubverband nicht beeinträchtigt, so steht dem die Erklärung Z vor der Wasserschutzpolizei entgegen, er habe von dem Unfall nichts gesehen und nichts gehört, dieser sei ihm nur vom Hörensagen erinnerlich. Überdies werden die Geschwindigkeitsangaben Z durch weitere Zeugenaussagen widerlegt. So hat der Schiffsführer K (TMS C) gegenüber der Wasserschutzpolizei erklärt, MS A sei ziemlich hart gefahren und habe dementsprechend Wellen gemacht; entsprechend hat die Ehefrau K, die am Steuer des Talfahrers gestanden hat, gegenüber der Wasserschutzpolizei bemerkt, MS A sei sehr schnell gefahren, für sie bestehe kein Zweifel, dass das MS A den Schiffsunfall verursacht habe; auch mehrere Landzeugen, welche die Vorbeifahrt des MS A an FGS G von einer unmittelbar an der Anlegestelle befindlichen Terrasse aus beobachtet haben, haben gegenüber der Wasserschutzpolizei von einer hohen Fahrgeschwindigkeit zu Berg (Zeuge W), von einer zügigen Fahrt (Zeuge S) bzw. von ziemlich hoher Fahrgeschwindigkeit (Zeugin Si) gesprochen. Dass den letztgenannten Zeugen, wie die Berufung des Beklagten meint, « jegliche Kompetenz zur nautischen Einschätzung der Situation » fehlen soll, ist nicht substantiiert vorgetragen; davon abgesehen, handelt es sich bei dem Zeugen W um einen Schiffsbauer und bei dem Zeugen S um einen Schiffsspediteur. Insgesamt bestätigt damit das Beweisergebnis die Unfalldarstellung des Schiffsführers M von MS G in seinem Bericht vom 23.08.1993 an die Wasserschutzpolizei sowie im Verklarungsverfahren, dass MS A sehr schnell - Bart an der Schnauze, sehr starke Welle am Achterschiff - gefahren ist. Dass hierzu keine Notwendigkeit - ebenso wie zu dem knappen Seitenabstand zu FGS G - bestanden und die Möglichkeit zu einem nautisch einwandfreien Verhalten des Beklagten bestanden hat, bestätigt letztlich auch dessen Äußerung in einem Ferngespräch am 25.08.1993 mit der Wasserschutzpolizei, dass es nicht zu dem Unfall gekommen wäre, « wenn er die Leute auf dem Steiger gesehen hätte », was offenbar deshalb nicht der Fall gewesen war, weil er sich « um das Überholmanöver kümmern musste und nicht so sehr auf das FGS achtete ». Überdies hätte der Beklagte beim Passieren des FGS G auch deshalb besonders vorsichtig sein müssen, weil der Wasserstand des Rheins am Unfalltag, insbesondere im Bereich der Anlegestelle, sehr niedrig und darauf von der durchgehenden Schifffahrt besonders Rücksicht zu nehmen war. An einem schuldhaften Verstoß des Beklagten gegen § 6.20 Nr. 1 RheinSchPV kann deshalb kein Zweifel bestehen.
4. Der Beklagte ist wegen dieses Verstoßes allerdings nur dann der Klägerin zum Ersatz des mit der Klage geltend gemachten Schraubenschadens (Klageantrag 1) verpflichtet, wenn der Schaden durch sein schuldhaftes Verhalten verursacht worden ist. Das zieht die Berufung des Beklagten gegenüber den Ausführungen des Rheinschifffahrtsgerichts zu Unrecht in Zweifel.
Zutreffend ist das Rheinschifffahrtsgericht davon ausgegangen, dass ein Fahrzeug, das in der vorstehend beschriebenen Weise an einem Stillieger vorbeifährt, einen starken Sog auf diesen ausübt und von ihm Wasser wegzieht. Schon deshalb liegt es nahe, dass FGS G mit der Steuerbordschraube auf den steinigen Untergrund geriet, zumal niedriger Wasserstand herrschte. Das bestätigt die Unfallschilderung von Schiffsführer M (FGS G) eindeutig. Danach hat er dem Wellenschlag des MS A mit einem Rückwärtsmanöver der Steuerbordmaschine begegnen wollen, wobei die Schraube aufgesessen sei oder Grundberührung gehabt habe, was er daraus entnommen hat, dass die Steuerbordmaschine « nicht richtig kam, was sonst nicht der Fall ist », außerdem am Achterschiff Dreck hochgewirbelt wurde und sich um das Schiff ein « Lehmmeer » zeigte. Hinzu kommt, dass nach der nicht widerlegten Angabe von Schiffsführer M unter dem Kiel seines Fahrzeugs nur etwa 50 cm Wasser sich befunden hat, so dass dieses beim Absacken in das von MS A ausgelöste Wellental zweifellos auf Grund geraten und die näher zum Land befindliche Steuerbordschraube beschädigt werden konnte. Dafür, dass das erst, wie die Berufung des Beklagten vorbringt, infolge des Zusammenbrechens des Steigers geschehen sei, gibt es keine Anhaltspunkte.
5. Nach dem im Verklarungsverfahren vom Gericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen Kratzenberg ist davon auszugehen, dass die von FGS G benutzte Anlegestelle der Verbandsgemeinde Bad Breisig falsch konstruiert und mangelhaft befestigt war. Infolgedessen ist es zum Kippen des Steigers im Zusammenhang mit der Vorbeifahrt des MS A gekommen. Das ist, wie oben bereits ausgeführt, jedoch erst nach der Grundberührung der Steuerbordschraube des FGS G geschehen. Demnach scheidet das Kippen des Steigers als Ursache für den von der Klägerin geltend gemachten Schraubenschaden aus. Deshalb braucht für die Entscheidung über den Klageantrag 1) nicht auf die ausführlichen Darlegungen der Berufung des Beklagten zu den technischen Gründen für das Kippen des Steigers eingegangen zu werden.
Nun meint die Berufung des Beklagten allerdings weiter, den Schiffsführer des FGS G treffe jedenfalls ein Mitverschulden an dem Schraubenschaden seines Schiffes, weil er bei dem niedrigen Wasserstand am Unfalltag an der vorgenannten Anlegestelle angelegt hat. Dem ist jedoch entgegenzuhalten: Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Schiffsführer des FGS G Kenntnis von den Mängeln der von ihm seit Jahren mit Genehmigung der Verbandsgemeinde Bad Breisig benutzten Anlegestelle gehabt hat und sie deshalb hätte meiden müssen oder diese Mängel jedenfalls hätte kennen müssen. Bekannt war ihm lediglich, dass das Benutzen der Anlegestelle bei kleinem Wasser problematisch sein konnte. Dem begegnete er mit sorgfältiger Beobachtung der durchgehenden Schifffahrt bei laufenden Maschinen, um jeweils sofort reagieren zu können. Dabei durfte er davon ausgehen, dass die Führer der vorbeifahrenden Fahrzeuge die Vorschrift des § 6.20 Nr. 1 RheinSchPV befolgten, also die Geschwindigkeit rechtzeitig verminderten und eine ausreichende Entfernung zu dem Stillieger einhielten.
6. Dem Schiffsführer/Schiffseigner des FGS G sind in dem von ihm beantragten Verklarungsverfahren Anwalts- und Gerichtskosten von 5.844,67 DM entstanden. Hiervon verlangt die Klägerin aus übergegangenem Recht 5.465,35 DM (das sind 93,51%) mit ihrem Klageantrag 2) von dem Beklagten ersetzt, der ebenfalls Beteiligter des Verklarungsverfahrens gewesen ist. Den Prozentsatz von 93,51% hat sie aus dem Verhältnis des von dem Verklarungsgericht auf 112.825 DM festgesetzten Werts des « Streitgegenstandes » zu dem Unfallschaden des FGS G von 7.325 DM entnommen. Sie ist der Ansicht, dass von den Verklarungskosten wegen des Unterschieds des von dem Verklarungsgericht festgesetzten Werts und dem Schadensbetrag auf Seiten des FGS G nur 6,49% als Prozesskosten des vorliegenden Rechtsstreits behandelt werden können und als solche im Kostenfestsetzungverfahren festzustellen sind, wogegen ihr für die weiteren 93,51% ein separater (materiellrechtlicher) Schadensersatzanspruch zustehe. Dem ist mit dem Rheinschifffahrtsgericht und entgegen den Ausführungen der Berufung des Beklagten zuzustimmen. Das Verklarungsverfahren hatte sich neben dem Unfallverlauf auch mit den Beschädigungen an der Landeanlage, den Personenschäden und etwaigen Fahrzeugschäden zu befassen. Von diesen war allerdings nur der Schraubenschaden des FGS G Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, so dass, was die Verklarungskosten des Schiffsführers von FGS G angeht, nur deren hierauf entfallender Teil von 6,49% zu den Prozesskosten gerechnet werden kann. Indessen betreffen die weiteren Kosten von 93,51% Schäden, für die im Hinblick auf mögliche und zu erwartende Rechtsstreitigkeiten aus der Sicht des Schiffsführers des FGS G eine dringende Notwendigkeit vorlag, sich auch insoweit an dem Verklarungsverfahren zu beteiligen, weshalb auch eine Haftung des an dem Schiffsunfall schuldigen Beklagten für die daraus entstandenen weiteren Verklarungskosten zu bejahen ist.
7. Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
a) Die Berufung des Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil des Rheinschifffahrtsgerichts St. Goar vom 28. Juni 1995 wird zurückgewiesen.
b) Zur weiteren Verhandlung über die Höhe des Klageantrags 1), zu dem das Rheinschifffahrtsgericht nur ein Grundurteil erlassen hat, wird die Sache an dieses zurückverwiesen.
c) Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Deren Festsetzung gemäß Art. 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht St. Goar.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1997 - Nr.14 (Sammlung Seite 1646f.); ZfB 1997, 1646 f.