Jurisprudentiedatabank
Leitsatz:
In welchem Umfang sind in einem Prozeß die Kosten des vorangegangenen Verklarungsverfahrens erstattungsfähig?
Beschluß des Rheinschiffahrtsobergerichts Karlsruhe
vom 22. November 1965
3 W 5/65
(Rheinschifffahrtsgericht Mannheim)
Zum Tatbestand:
Zwischen einem Schiff der Klägerin und einem Schiff der Beklagten war es zu einem Zusammenstoß gekommen, in dessen Folge das Schiff der Beklagten mit weiteren Schiffen kollidierte. Die Klägerin wurde rechtskräftig mit ihrer Klage auf Zahlung von 1 189,50 DM kostenpflichtig abgewiesen. Bei der Festsetzung der von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Verfahrenskosten hat der Urkundsbeamte auch die in dem vorangegangenen Verklarungsverfahren entstandenen Kosten nach Maßgabe des weit höheren Geschäftswertes im Verklarungsverfahren von insgesamt 33 592,80 DM (Kollisionsschäden der verschiedenen Schiffe) als erstattungsfähig anerkannt. Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wurde der Kostenfestsetzungsbeschluß zum Teil abgeändert.
Aus den Gründen:
Das Verklarungsverfahren stellt sachlich nichts anderes dar als ein Beweissicherungsverfahren i. S. d. §§ 485 ff. ZPO mit bestimmten, sich aus den §§ 11-13 BSchG ergebenden Besonderheiten.
Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Auffassung gehören die Kosten eines Beweissicherungsverfahrens zu den Prozeßkosten (BGHZ 20, 4, 15; OLG Hamm KostRsp. ZPO § 91 Abs. 1 Nr. 44; OLG Celle KostRsp. ZPO § 91 Abs. 1 Nr. 172; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 28. Aufl. § 91 Anm. 5 Stichwort: Beweissicherungsverfahren und Übersicht vor § 485 Anm. 2; Willenbücher, Kostenfestsetzungsverfahren, 16. Aufl. S. 185). Der Senat schlieft sich dieser Auffassung aufgrund der Erwägung an, daß das Beweissicherungsverfahren seinem Wesen nach eine vorweggenommene Beweisaufnahme ist. Hieraus ergibt sich aber die Einschränkung, dag die Kosten eines Beweissicherungsverfahrens nur dann zu den Kosten eines Rechtsstreits gehören können, wenn das Ergebnis des Beweissicherungsverfahrens in diesem Rechtsstreit verwertet worden ist und die Prozeßparteien Beteiligte des Beweissicherungsverfahrens waren.
Im Streitfall war die Klägerin nicht an dem Verklarungsverfahren beteiligt.
Sie hat jedoch, wie die Beklagte unbestritten vorträgt, von dem Schiffsführer des ihr gehörenden MTS verlangt, die Durchführung des Verklarungsverfahrens zu beantragen. Diesem Verlangen ist der Schiffsführer entsprechend der ihm gern. § 11 Abs. 1 Satz 1 BSchG obliegenden Verpflichtung nachgekommen, wobei er gegen die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der ihm durch das Verklarungsverfahren entstandenen Kosten hat (§ 14 Satz 2 BSchG). Im Hinblick auf diese Besonderheit des Verklarungsverfahrens, die dem Schiffseigner zwar kein eigenes Antragsrecht, jedoch die Befugnis einräumt, von dem Schiffsführer die Stellung des Antrags auf Durchführung eines Verklarungsverfahrens mit der Folge zu verlangen, daß die dem Schiffsführer entstehenden Aufwendungen letztlich den Schiffseigner treffen, erscheint es sinnvoll, den Schiffseigner, der von der erwähnten Befugnis Gebrauch macht, im Kostenfestsetzungsverfahren eines zwischen ihm und einzelnen oder sämtlichen Beteiligten des Verklarungsverfahrens geführten Rechtsstreits wie einen Beteiligten des Verklarungsverfahrens zu behandeln.
Entgegen der Auffassung des Rheinschiffahrtsgerichts kann die Beklagte aber nur einen Teil ihrer Verklarungskosten von der Klägerin erstattet verlangen.
Die Berücksichtigung sämtlicher Unfallschäden bei der Festsetzung des Geschäftswerts des Verklarungsverfahrens verdeutlicht, daß die in diesem Verfahren durchgeführte Beweisaufnahme nicht nur mit Blick auf den Unfallschaden der Klägerin und dessen Verursachung erfolgt ist, sondern auch der Klärung der Schäden der weiter durch den Unfall betroffenen Schiffseigner sowie deren Verursachung gedient hat. Hieraus ergibt sich aber, daß die Tätigkeit des von der Beklagten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Verklarungsverfahren beauftragten Rechtsanwalts auch die letzterwähnten Fragen umfaßt hat und nicht auf die Vorbereitung der Verteidigung dei Beklagten gegenüber etwaigen Schadensersatzansprüchen der Klägerin beschränkt war. Demgemäß können die der Beklagten durch diese Beauftragung entstandenen Kosten auch nicht in vollem Umfang zu den notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gegenüber dem Schadensersatzbegehren der Klägerin gehören. Vielmehr kommen insoweit nur die aus dem Wert des Schadensersatzanspruchs der Klägerin zu berechnenden Rechtsanwaltgebühren in Betracht (ebenso für das Beweissicherungsverfahren: Willenbücher aaO und OLG Naumburg, Zeitschrift des Deutschen Zivilprozeßrechts Bd. 19 S. 292, das weiter zutreffend darauf hinweist, daß bei der Berechnung der Prozeßkosten eine vorweggenommene Beweisaufnahme streitwertmäßig nicht anders als eine innerhalb des Rechtsstreits durchgeführte Beweisaufnahme behandelt werden kann.)"