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3 U 93/89 - Oberlandesgericht (Rheinschiffahrtsobergericht)
Datum uitspraak: 31.10.1989
Kenmerk: 3 U 93/89
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Oberlandesgericht Köln
Afdeling: Rheinschiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Unterlassene Peilungen oder Warnungen vor Untiefen stellen keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar, wenn die Untiefen unerwartet aufgetreten sind.

Urteil des Oberlandesgerichts (Rheinschiffahrtsobergerichts) Köln

vom 31.10. 1989

3 U 93/89

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

Zum Tatbestand:

Das MTS der Klägerin ist auf einer Untiefe Im Bereich des Hafens der Beklagten festgefahren, als zu derselben Zeit in der Nähe von einem Schubverband Turnversuche durchgeführt wurden. Die Klägerin hat eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten geltend gemacht.
Das Rheinschiffahrtsgericht hatte der Klage stattgegeben. Vom Berufungsgericht wurde die Klage abgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„.... Entgegen der Auffassung des Rheinschiffahrtsgerichts kann der Beklagten eine schuldhafte Verletzung ihrer° Verkehrssicherungspflichten nicht angelastet werden, so daß ein Ersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen der Schäden aus der Grundberührung von MTS J’ ausscheidet.
Die Beklagte ist der ihr als Betreiberin des Hafens W’ obliegenden Verkehrssicherungspflicht insoweit nachgekommen, als sie die Solltiefe im Hafenbereich durch regelmäßige Peilungen seitens der Wasser- und Schiffahrtsdirektion hat überprüfen lassen. Dabei ist die gleiche Solltiefe gewährleistet worden wie sie auch für die offizielle Fahrtrinne gilt.... 

Es finden sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die Untiefe, auf der sich MTS J’ festgefahren hat, bei den Peilungen durch die Wasser- und Schiffahrtsdirektion übersehen worden ist oder daß die Peilungen etwa generell in zu weiten zeitlichen Abständen erfolgt wären. Die Untiefe ist vielmehr infolge der Turnversuche entstanden, die der an der ,H-Insel’ festliegende Verband unternommen hatte und auch noch während der Einfahrt von MTS ,J’ in den Hafen unternahm. Die Untiefe war denn auch bei der Peilung am darauffolgenden Montag - die Festfahrung erfolgte am Samstag, dem 2. 3. 1985, - nicht mehr vorhanden.
Unter den gegebenen Umständen ergab sich aber auch keine Verpflichtung der Beklagten, MTS „J“ wegen der Turnversuche besonders zu warnen oder während der Dauer der Turnversuche ständige Peilungen durchzuführen. Der Ausspruch einer Warnung erübrigte sich schon deshalb, weil der Schiffsführer von MTS ,J’ die Turnversuche in ihrer vollen Intensität beobachtet hat. Das ergibt sich aus dessen Bekundung, er habe bei der Einfahrt gesehen, wie etwas weiter raus ein Schiff am Rumwühlen war’. Zwar hat der Zeuge dann auf die Nachfrage, was er denn unter Rumwühlen’ verstehe, dieses ebenso anschauliche wie eindeutige Bild in sein Gegenteil zu verkehren versucht; diese Erklärungsversuche sind aber derart abwegig, daß sich jede Widerlegung erübrigt.
Für die Beklagte bestand nach dem damaligen Erkenntnisstand auch kein Anlaß, das Entstehen einer Untiefe im Hafenbereich ernsthaft in Betracht zu ziehen. Sowohl nach der Bekundung des Hafenmeisters wie auch des Schiffsführers von MTS ,J’ lag der Verband weit oberhalb bzw. weit draußen’, so daß keiner der Beteiligten auf die Idee gekommen ist, die bei den Manövern an sich zu erwartenden Sandausschüttungen könnten sich bis in den Hafenbereich selbst erstrecken. Dementsprechend hat der Schiffsführer auch davon abgesehen, besonders langsam zu fahren und vom Schiff selbst aus Peilungen vorzunehmen, was für ihn sicher insbesondere auch im Hinblick auf die eigene besonders tiefe Abladung selbstverständlich gewesen wäre, wenn er in die Nähe des turnenden Verbandes geraten wäre.
Für die Beklagte andererseits stellte sich die Situation keineswegs als gefährlich oder auch nur ungewöhnlich dar, da Festfahrungen und damit Turnversuche im Bereich der vorgelagerten ,H-Insel’ häufig sind, Grundberührungen von Schiffen im Hafen selbst aber, wie der Zeuge H’ bekundet hat, noch nie vorgekommen sind.

Unter diesen Umständen würde es eine Überspannung der Anforderungen an die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht bedeuten, wollte man aus dem damals möglichen Kenntnisstand der Beklagten heraus gleichwohl die Vornahme prophylaktischer Peilungen im Hafenbereich während der jeweiligen Dauer von Turnversuchen festliegender Schiffe verlangen . . . "

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1991 - Nr.22 (Sammlung Seite 1348); ZfB 1991, 1348