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Leitsatz:
Die etwaige Berechtigung, für das Liegen von Schiffen am Rheinufer Hafengeld zu verlangen, ist nach Art. 3 und 27 der Mannheimer Akte auf solche Anlagen beschränkt, die tatsächlich als Hafen oder Landungsplatz betrieben werden und nicht nur der durchgehenden Schiffahrt als Liegeplatz dienen. Es genügt nicht, dass ein Gebiet ursprünglich als Hafen betrieben worden ist oder neuerdings als Reserve und Ausweichgelände vorbehalten wird.
Oberlandesgericht
Urteil
vom 29. Mai 1973
Zum Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Hafengeld, weil sich verschiedene ihm gehörende Schiffe an dem linksrheinischen Kölner Rheinkai zwischen Rkein-km 683,63 und 685,86 als Stillieger einige Zeit aufgehalten haben.
Die Parteien streiten um die Frage, ob das oben genannte Ufer als Hafenanlage angesehen werden kann und ob die Hafengelderhebung zulässig ist oder gegen die Bestimmungen der Mannheimer Akte verstößt.
Die früheren Urteile des Rheinschiffahrtsgerichts und Rheinschiffahrtsobergerichts, durch welche der Beklagte antragsgemäß verurteilt worden war, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 9. Dezember 1971 - II ZR 60/69 - aufgehoben (Das Urteil ist bereits in ZfB 1972 S. 143 - Sammlung S. 441 - veröffentlicht).
Der BGH hat die Auffassung vertreten, dass Hafengeld nur erhoben werden darf, wenn die Anlagen tatsächlich als Hafen oder Landungsplatz betrieben werden und nicht nur der durchgehenden Schiffahrt als Liegeplatz dienen. Wegen des insoweit noch nicht hinreichend geklärten Sachverhalts hat der BGH den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das sich daraufhin erneut mit der Sache befassen mußte. Mit dem nunmehr rechtskräftigen Urteil wurde die Klage endgültig abgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klägerin stützt die Berechtigung zur Erhebung der Hafengebühren auf die Verordnungen vom 28. Dezember 1961 bzw. vom 24. August 1964. Nach dem Wortlaut der §§ 1, Ziff. 5 dieser beiden Verordnungen steht der Klägerin das Recht zu, in dem hier maßgeblichen Strombereich Hafenabgaben zu erheben. Indes kann die Klägerin sich auf den Wortlaut der beiden Verordnungen nicht stützen. Die Auslegung der beiden Verordnungen ergibt nämlich zunächst, dass sie lediglich gebührenrechtliche Bestimmungen für die öffentlichen Rheinhäfen in Nordrhein-Westfalen enthalten, ohne jedoch selbst den Umfang dieser Häfen, in dem die Gebühren erhoben werden können, festlegen zu wollen. Für diese Auslegung der beiden Verordnungen spricht nicht nur, was bereits der Bundesgerichtshof in seiner Revisionsentscheidung aufgezeigt hat, die in beiden Verordnungen angegebene Ermächtigungsgrundlage des § 2 des Übergangsgesetzes über Preisbildung und Preisüberwachung (Preisgesetz) vom 10. 4. 1948 - WiGBI. 1948, 27 -, sondern vor allem auch die Entstehungsgeschichte der beiden Verordnungen vom 28. 12. 1961 und 24. B. 1964. Beide Verordnungen sind vom Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen erlassen worden. Dieser hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er, der Verordnungsgeber, seinerzeit mit beiden Verordnungen lediglich die Tarife für die Hafenabgaben festsetzen, nicht aber den Umfang der Häfen festlegen wollte.
Es ist kein Gesichtspunkt erkennbar, warum heute der Regelungsumfang der beiden Verordnungen abweicht von den damaligen Absichten des Verordnungsgebers und der durch die Ermächtigungsgrundlage gekennzeichneten Zielrichtung interpretiert werden sollte.
Eine vom Wortlaut der beiden Verordnungen abweichende Interpretation desjenigen Bereichs, in dem Hafengebühren erhoben werden können, verbietet sich auch nicht deshalb, weil an anderer Stelle die Hafenbereiche rechtsverbindlich auch für die Fragen der Hafengebührenerhebung geregelt wären. Der diesbezügliche Hinweis der Klägerin auf die Kölner Hafenverordnung vom 16. 6. 1966 geht fehl.
Insbesondere regelt die Verordnung nicht die hier rechtserhebliche Frage, ob es sich bei den in ihr bezeichneten Gebieten um Häfen handelt, für die nach Art. 27 MA Hafenabgaben erhoben werden können.
Ob in der Verordnung 1966 das hier strittige Gebiet am Oberländer Ufer zurecht den Verhaltensregeln der Kölner Hafenverordnung unterstellt wurde, kann hier unerörtert bleiben, da in diesem Verfahren nur der Frage nachzugehen ist, ob es sich bei diesem Gebiet um einen Hafen oder Landeplatz handelt, der als solcher auch tatsächlich betrieben wird und für dessen Benutzung nach Art. 27 MA Hafengebühren erhoben werden können. Für diese entscheidende Frage des tatsächlichen Betriebes als Hafen- oder Landeplatz liefert die Kölner Hafenverordnung auch keine „Tatbestandswirkung", wie es im jetzigen Vortrag der Klägerin heißt. Für welche Häfen und Landungsplätze nach Art. 27 MA Hafengebühren erhoben werden können, richtet sich eben nicht danach, ob in innerstaatlichen Normen mit einer ganz anderen Zielsetzung (als die der Regelung von Hafengebühren) ein Gebiet als Hafen bezeichnet wird.
Die demnach zulässige Interpretation der Hafenbereiche, für die nach den beiden Verordnungen vom 28. 12. 1961 und 24. B. 1964 Hafengebühren erhoben werden konnten bzw. können, ergibt unter Berücksichtigung der Vorschriften der Art. 3 und 27 MA, dass für den hier fraglichen Bereich zwischen Stromkilometer 683,63 und 685,86 Hafengebühren nicht erhoben werden können.
Wie der Bundesgerichtshof im Revisionsurteil ausgeführt hat - und dementsprechend vom Senat nach § 565 Abs. 2 ZPO seiner Entscheidung zugrundezulegen ist - ist die Berechtigung, Hafengeld zu fordern, nach Art. 3 und 27 MA auf diejenigen Anlagen beschränkt, die tatsächlich als Hafen oder Landungsplatz betrieben werden und nicht nur der durchgehenden Schiffahrt als Liegeplatz dienen.
Der linksrheinische Bereich zwischen Stromkilometer 683,63 und 685,86 wird tatsächlich nicht als Hafen oder Landungsplatz betrieben. Dies ergibt sich bereits aus dem Zugeständnis der Klägerin in dem Schriftsatz vom 12. April 1973, „dass in dem hier infrage stehenden Hafenteil seit längerem kein eigentlicher Güterumschlag mehr stattgefunden hat".
Zwar hat die Klägerin in ihrem Vortrag all den tatsächlichen Umständen - teilweise mit Beweisantritten - widersprochen, die nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs darauf hindeuten könnten, dass ein Hafen dort nicht betrieben werde.
Auf diese Dinge kommt es aber nicht an, da sie nur Hinweise darauf gewesen wären, dass ein Hafen am Oberländer Ufer nicht betrieben wird. Auch ohne diese Hinweise steht der eigentlich zur Entscheidung stehende Umstand, dass ein Hafen dort nicht betrieben wird, fest. Dies ergibt sich nicht nur aus dem vorzitierten Eingeständnis der Klägerin sondern auch aus ihrem weiteren Vortrag, mit dem sie eine tatsächliche Nutzung als Hafen dartun will.
Dafür hat die Klägerin lediglich vortragen können, das Bootshaus 1. und die BP-Bunkerstation befänden sich dort. Beides rechtfertigt nicht den Schluß, daß dort ein Hafen bestehen würde. Ein Hafen wird nur dort tatsächlich betrieben, wo ein Güterumschlag stattfindet. Ein Bootshaus führt zu keinem Güterumschlag. Für die BP-Bunkerstation gilt nichts anderes. Sie gilt nicht dem Güterumschlag, sondern der Aufnahme von Betriebsmitteln. Bunkerstationen befinden sich vielfach an Anliegeplätzen, ohne dass dadurch alle diese zu Häfen würden.
Weitere Tatsachen, die auf eine Benutzung als Hafen schließen ließen, hat die Klägerin nicht vorgetragen, insbesondere hat sie die ungekündigte, von der Hafenverwaltung zu erstellende „Bestandsanalyse" nicht vorgelegt.
Der gesamte übrige Vortrag der Klägerin besagt für die entscheidende Frage, ob ein Hafen, betrieben wird, nichts. Es handelt sich insoweit insgesamt um Ausführungen, denen gegenüber der vom Bundesgerichtshof getroffenen Entscheidung keine Bedeutung zukommt.
Das gilt zunächst für die Ausführungen, wonach die Klägerin das Oberländer Ufer mit erheblichem Geld als ein zum Hafen taugliches Gebiet aufrechterhalten müsse. Das gilt aber auch für die jüngsten Ausführungen der Klägerin, sie müsse mit zukünftigen Entwicklungen rechnen und müsse sich deshalb eine „an sich" als Hafen ausgebaute Wasser- und Uferfläche als eine Art Reserve und Ausweichgelände vorbehalten. Der Bundesgerichtshof hat unmißverständlich das Recht von Abgabenerhebung davon abhängig gemacht, ob in dem fraglichen Gebiet tatsächlich ein Hafen betrieben wird. Dazu genügt es nicht, dass ein Gebiet einmal als Hafen betrieben wurde, nun aber nur noch als eine Art Reserve und Ausweichgelände vorbehalten wird. Diese Auffassung widerspricht der vom Bundesgerichtshof als notwendig herausgestellten engen Auslegung von Art. 27 MA.