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3 U 134/17 BSch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Datum uitspraak: 26.06.2018
Kenmerk: 3 U 134/17 BSch
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Oberlandesgericht Köln
Afdeling: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Ein Versicherungsmakler, der berechtigt ist, Versicherungsverträge abzuschließen und im Rahmen der Schadenabwicklung tätig zu werden, ist ohne ausdrückliche Vollmacht nicht befugt, über Regressforderungen des Versicherers gegen den Schädiger zu verfügen, insbesondere diese abzutreten. Dies gilt nach deutschem Recht. Behauptet die beweisbelastete Partei, dass dies nach dem für den Versicherungsvertrag geltenden Recht, zum Beispiel dem Recht der Niederlande, anders ist, so trägt er dafür die Darlegungslast.

Urteil des Schiffahrtsobergerichtes Köln

vom 26. Juni 2018

Az.: 3 U 134/17 BSch

(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort, Az.: 5 C 3/15 BSch)

Vorbemerkung der Redaktion:

Die vorliegende Entscheidung betrifft Schadenersatzforderungen eines Schiffers aus Beschädigung des Schiffes durch Löscharbeiten. Interessant ist diese Entscheidung aber vor allem wegen ihrer Ausführungen zur Aktivlegitimation im Zusammenhang mit dem Forderungsübergang auf den Versicherer nach Versicherungsrecht.

Der Versicherungsnehmer K. hatte im eigenen Namen versicherte Schäden, nämlich Kaskoschaden und versicherter Nutzungsverlust (loss of hire) eingeklagt, für die er vom Versicherer entschädigt worden war. Daneben hat der Versicherungsnehmer K. nicht versicherte Schäden wegen Nutzungsverlust und Franchise eingeklagt. (Die loss of hire Versicherung deckt in der Regel Nutzungsverlust nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag.)

Die Haftpflicht der Beklagten H. war von den Gerichten beider Instanzen bejaht worden. Problematisch war allerdings die Frage, ob der Versicherungsnehmer und Kläger K. zum Zeitpunkt der Klage aktivlegitimiert in voller Höhe war, so dass die Klage die Verjährung gehemmt hat. Dies haben das Gericht erster Instanz und zweiter Instanz mit übereinstimmender Begründung verneint.

Durch die Entschädigung des Versicherungsnehmers ist kraft cessio legis der Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger auf den Versicherer übergegangen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Versicherungsnehmer in Höhe der regulierten Schäden nicht mehr selbst aktivlegitimiert. Im vorliegenden Fall nun war vorgetragen worden, dass der Versicherungsmakler, der grundsätzlich für den Versicherer zeichnungsbefugt war, in eigenem Namen eine Rückabtretung der versicherten Ansprüche an den Versicherungsnehmer vorgenommen und unterzeichnet hatte. Eine Abtretungserklärung ausgestellt auf und unterzeichnet durch den Versicherer konnte nicht vorgelegt werden. Der Versicherer hatte die Rückabtretung nachträglich genehmigt, dies allerdings zu einem Zeitpunkt, in dem die Verjährung bereits eingetreten war.

Im internationalen Versicherungsmarkt sind häufig Versicherungsmakler mit sehr weitgehenden Vollmachten tätig, bis hin zum Assecuradeur hanseatischen Typs in Hamburg und Bremen. Diese Makler haben sehr häufig weitgehende Vollmachten und können häufig im Namen der Versicherer wirksame Versicherungsverträge mit dem Versicherungsnehmer abschließen. Jedenfalls nach deutschem Recht sind Forderungsübergang und Prozessstandschaft in gewillkürter oder gesetzlicher Form klar geregelt. Nach dem Recht Großbritanniens gibt es hier versicherungsrechtlich erhebliche Abweichungen der Gestalt, dass der Versicherungsnehmer auch nach Regulierung befugt bleibt, im eigenen Namen Regress zu nehmen.

Im vorliegenden Fall haben die Gerichte erster und zweiter Instanz dogmatisch sauber überprüft und festgestellt, dass eine wirksame Rückabtretung nicht vorliegt. Der zeichnungsberechtigte Versicherungsmakler ist nicht automatisch berechtigt, im eigenen Namen über Forderungen des Versicherers zu verfügen, insbesondere diese abzutreten. Wenn und soweit gegebenenfalls der Versicherungsvertrag und damit auch das Recht des Forderungsübergangs einem ausländischen Rechtssystem unterliegt, dann trifft die klagende Partei gegebenenfalls eine substantiierte Darlegungslast über die Rechtslage im Ausland.

Wegen der kurzen schifffahrtsrechtlichen Verjährung ist es deshalb notwendig, auch bei der Formulierung von Verjährungsverzichten genau darauf zu achten, wer konkret im Zeitpunkt dieser Erklärung Forderungsinhaber ist. Dieser muss als Partei in der Verjährungsverzichtserklärung erkennbar eingeschlossen sein, am besten durch namentliche Benennung. Insbesondere bei den Versicherungspolicen, die das Risiko auf zahlreiche Versicherer verteilen, kann dies im Einzelfall eine sehr aufwendige Tätigkeit für den Rechtsanwalt sein, der einen derartigen Prozess vorbereitet. Auch hier ist immer genau darauf zu achten, dass tatsächlich der Versicherer selbst und nicht etwa ein zeichnungsberechtigter Versicherungsmakler in der Abtretungsurkunde benannt wird.

Rechtsanwalt Dr. Martin Fischer, Frankfurt am Main

Aus den Gründen:

Die Klägerin, die Eignerin des Motorschiffs „Vios« ist, verlangt von der Beklagten, in deren Auftrag sie 3.082 t Salz von Rotterdam nach Antwerpen und Gent transportiert hat (die Beklagte selbst hat den Transportauftrag von der Streithelferin zu 1. erhalten), Schadensersatz i.H.v. 46590,00 € wegen der Beschädigung des Steuerhauses bei Löscharbeiten – durchgeführt von der Streithelferin zu 2. – im Hafen von Antwerpen am 09.08.2011, ferner begehrt sie Nutzungsausfall i.H.v. 16.242,36 €.

Mit Urteil vom 26.09.2017 ... hat das Schifffahrtsgericht der Klage ... in Bezug auf den Kaskoschaden lediglich in Höhe von 2.500,00 € nebst Zinsen stattgegeben; ferner hat es der Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Nutzungsentschädigung nebst Zinsen zugesprochen. Hinsichtlich des weitergehenden Betra- ges von 44.090,00 € ist es von einer Verjährung der Forderung ausgegangen und hat die Klage angesichts der von Beklagtenseite erhobenen Verjährungseinrede insoweit abgewiesen ...

Die Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Versicherungsmakler G vom 1.0.10.2011 stehe dem gesetzlichen Forderungsübergang auf die Versicherung nicht entgegen. Zum einen sei in der Vereinbarung nicht von einem Ausschluss des gesetzlichen Anspruchsübergangs, sondern ausdrücklich von einer Übertragung der Ansprüche von der Versiche- rung auf die Klägerin die Rede; zum anderen habe diese Vereinbarung seinerzeit noch keine Wirkung entfaltet, da der Versicherungsmakler mit der Klägerin mangels diesbezüglicher Bevollmächtigung durch die Versicherung keinen wirksamen Abtretungsvertrag über die Rückabtretung der künftigen Ansprüche habe schließen können ...

Aus der Police Nr. 215 ... vom 16.10.2008 ergebe sich eine Vollmacht der G nicht, hier werde der Makler lediglich ermächtigt, Versicherungen hinsichtlich von Schiffen abzuschließen. Aus dem Versicherungsvertrag, den der Makler sodann mit der Klägerin am 29.10.2010 abgeschlossen habe und der Bezug nehme auf die Police Nr. 217 ... sowie auf den Inland Hull Pool 2010, ergebe sich ebenfalls keine Bevollmächtigung zum Abschluss von Abtretungsverträgen der hier vorliegenden Art. Inhaberin der Forderung sei die Klägerin damit erst wieder dadurch geworden, dass der führende Versicherer am 01.04.2016 die Vereinbarung vom 10.10.2011 nachträglich genehmigt habe ...

Zwischenzeitlich aber sei die Schadensersatzforderung in Bezug auf den Kaskoschaden, soweit sie infolge Zahlung zunächst auf die Versicherung übergegangen sei, verjährt ...

Die am 01.04.2016 erfolgte nachträgliche Genehmigung der Rückabtretung der kraft Gesetzes auf die Versicherung übergegangenen Ansprüche habe nicht zu einer rückwirkenden Beseitigung der Verjährung der Kasko-Schadensersatzforderung i.H.v. 44.090,00 € geführt, denn der Genehmigung komme lediglich im Verhältnis der Versicherung zur Klägerin Rückwirkung zu, nicht aber im Verhältnis zur Beklagten ...

Unverjährt sei im Zeitpunkt der Klageerhebung damit nur die Forderung i.H.v. 2.500,00 € gewesen. Insoweit habe die Beklagte auf die Einrede der Verjährung bis zum 13.02.2015 verzichtet, die Klageschrift sei am 12.02.2015 eingegangen und demnächst zugestellt worden.

Neben dem Kaskoschaden könne die Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB Nutzungsausfall i.H.v. 1.353,53 €/Tag für den Zeitraum vom 19.11.2012 bis zum 30.11.2012, also insgesamt für zwölf Tage, verlangen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Reparatur nicht »bei Gelegenheit« hätte ausgeführt werden können und auch nicht bei Gelegenheit einer anderen Reparatur ausgeführt worden sei ...

Weder die Berufung der Klägerin noch die Anschlussberufung der Beklagten haben Erfolg. Das Urteil des Schifffahrtsgerichts erweist sich in jeder Hinsicht als zutreffend. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst uneingeschränkt auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug.

Im Hinblick auf die Berufung der Klägerin sind lediglich folgende ergänzenden Darlegungen angezeigt:

Soweit die Klägerin meint, das Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die G zum Abschluss der Vereinbarung vom 10.10.2011 nicht bevollmächtigt gewesen sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Wie die Klägerin in rechtlicher Hinsicht zutreffend ausführt, kann sich eine Vertretungsmacht der G lediglich aus dem Gesetz oder aus einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung ergeben (für eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten).

Dass das niederländische Recht der G kraft Gesetzes eine Vertretungsmacht zum Abschluss des hier in Rede stehenden Vertrages einräumt, wird von Seiten der Klägerin nicht substantiiert vorgetragen ...

Selbst wenn man unterstellt, dass die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Versicherungsvertreters im deutschen und niederländischen Recht gleich ausgestaltet ist, wäre die G kraft Gesetzes nicht zum Abschluss der Vereinbarung berechtigt gewesen. Die in den §§ 69 ff. WG geregelte Vertretungsbefugnis des Versicherungsvertreters umfasst nämlich bereits nicht die Vertretung des Versicherers im Rahmen der Regulierung eines Versicherungsfalls (vgl. nur KG Berlin, RuS 2017, 347, m.w.N.); erst recht erfasst sie nicht den Abschluss einer Abtretungsvereinbarung, durch welche eine dem Versicherer nach Zahlung gesetzlich zustehende Forderung gegen den Schädiger an den Geschädigten abgetreten wird.

Den erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen lässt sich auch nicht entnehmen, dass die G rechtsgeschäftlich zum Abschluss des hier in Rede stehenden Abtretungsvertrages bevollmächtigt worden ist, wie das Schifffahrtsgericht im Einzelnen zutreffend dargelegt hat. Insbesondere lässt sich der Tatsache, dass die G berechtigt war, Versicherungsverträge abzuschließen und im Rahmen der Schadensabwicklung tätig zu werden, nicht entnehmen, dass sie auch bevollmächtigt war, nach Zahlung seitens der Versicherung über einen infolge der Zahlung auf die Versicherung übergegangen Anspruch gegen den Schädiger zu verfügen, d.h. diesen an den Geschädigten abzutreten. Insoweit handelt es sich ersichtlich nicht mehr um eine Maßnahme der Schadensabwicklung, zumal mit der Abtretung die Gefahr einhergeht, dass der Versicherungsnehmer eine vom Schädiger erhaltene Zahlung nicht an den Versicherer weiterleitet. Diese Gefahr besteht gerade in Fällen, in denen – wie vorliegend – der Geschädigte nach dem Inhalt der Vereinbarung Zahlung an sich selbst verlangen kann und nicht darauf verwiesen wird, Zahlung an die Versicherung zu begehren ...

Angesichts des fehlenden Vortrags zu einer Bevollmächtigung bedarf die Frage, ob die führende Versicherung überhaupt berechtigt gewesen wäre, im Verhältnis zu den Mitversicherern eine Vollmacht zu erteilen, die auch den Abschluss einer Abtretungsvereinbarung ermöglichte, keiner Vertiefung.

Da der von Seiten der Beklagten erklärte Verjährungsverzicht stets nur für den Fall erklärt worden ist, dass die Klägerin (noch) forderungsberechtigt ist, eine solche Forderungsberechtigung jedoch nach Übergang des Anspruchs infolge Zahlung durch die Versicherung – jedenfalls zunächst – nicht mehr bestand (vgl. diesbezüglich die oben wiederge- gebenen Ausführungen in der ange- fochtenen Entscheidung, denen die Berufung nicht näher entgegengetreten ist und die vor diesem Hintergrund keiner Ergänzung durch den Senat bedürfen), ist das Schifffahrtsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Forderung in Bezug auf den Kaskoschaden bis auf den Betrag der Selbstbeteiligung verjährt ist. Darauf, ob die Forderung infolge der später erteilten Genehmigung seitens des führenden Versicherers mit Rückwirkung wieder der Klägerin zustand, kommt es insoweit nicht an, wie die Kammer ebenfalls zutreffend ausgeführt hat.

Keiner Erörterung bedarf vor diesem Hintergrund auch, ob – wie die Beklagte meint – im Hinblick darauf, dass die Klägerin bei Klageerhebung die Abtretung hinsichtlich der Forderung in Höhe von 44.090,00 € nicht offengelegt hat, von Verjährung auch auszugehen wäre, wenn man von einer Bevollmächtigung der G zum Abschluss der Vereinbarung vom 10.10.2011 ausgehen würde ...

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2013 - Nr.10 (Sammlung Seite 2556 f.); ZfB 2018, 2556 f.