Jurisprudentiedatabank
Leitsätze:
1) § 6.29 Ziffer 5 lit. b BinSchStrO ermächtigt die zuständige Bundesbehörde Schiffseignern oder Ausrüstern eines Containerschiffes für eine bestimmte Dauer und eine Mehrzahl von namentlich benannten Containerschiffen für jede ihrer Fahrten ein Vorschleusungsrecht vor der sonstigen Binnenschifffahrt auf dem Neckar einzuräumen.
2) § 6.29 Nr. 5 b BinSchStrO ist eine zulässige Generalklausel, die gemäß Wortlaut, Zweck, Sinnzusammenhang und gegebenenfalls Vorgeschichte auslegbar ist, und erlaubt auch Eingriffe in die nach Artikel 10 I GG geschützte Berufsfreiheit.
3) Weder der Wortlaut, noch die systematische Auslegung zwingen zu einer Auslegung dieser Vorschrift dahingehend, dass das Vorschleusungsrecht nur für eine jede Einzelfahrt eines einzelnen Schiffes gewährt werden darf. Es ist zulässig, die mit Vorschleusungsrecht ausgestatteten Schiffe nach der Art der transportierten Ladung (vorliegend Container) zu bestimmen.
4) Das mit der einschlägigen Regelung verfolgte Ziel, den Binnenschiffsverkehr im allgemeinen deutschen Interesse zu fördern und aus verkehrspolitischen und ökologischen Gründen den Verkehr von den Straßen und Schienen auf die Wasserstraße zu bringen, ist legitim. Das Vorschleusungsrecht verletzt die sonstige Schifffahrt nicht unzumutbar in ihren subjektiven Rechten, insbesondere nicht in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit.
Urteil des Verwaltungsgerichtes Mainz
vom 16. Oktober 2013
Az.: 3 K 1164/12 MZ
nicht rechtskräftig
Anmerkung der Redaktion:
Insbesondere auf Wasserstraßen mit vielen Schleusen wie dem Neckar, der Mosel oder dem Main ist es für die Reisezeiten der Schifffahrt von entscheidender Bedeutung, wie schnell an den Schleusen geschleust werden kann. Dabei genießen bestimmte Schiffe ein Vorschleusungsrecht, so zum Beispiel die Fahrgastschifffahrt nach § 6.29 Ziffer 5 fit a BinSchStrO. Dies wird unter anderem damit begründet, dass Fahrgastschifffahrt unattraktiv und damit unlukrativ werden könnte, müssten die Fahrgastschiffe unter Umständen längere Zeit auf eine Schleusung warten, weil die in der Regel etwas langsamere gewerbliche Schifffahrt schon auf den Warteplätzen liegt. Im vorliegenden Fall hat dieses Recht, das an sich nur der Fahrgastschifffahrt zusteht, eine Reederei für sich in Anspruch genommen, die Containerverkehr auf dem Neckar betreibt. Von der seinerzeit zuständigen Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest hat diese Reederei für insgesamt fünf konkret benannte Containerschiffe ein generelles, zeitlich befristetes, aber nicht auf einzelne Fahrten beschränktes Vorschleusungsrecht erhalten. Gegen diesen Verwaltungsakt hat sich ein Schiffseigner gewandt, der Massengüter, wie Kohle oder Kies, Sand, Salz, Metallerze und Schrott, mit Trockengüterschiffen, auf dem Neckar transportiert.
Das Verwaltungsgericht hat (zunächst in erster Instanz - das Urteil ist mit der Berufung angegriffen worden) das Vorschleusungsrecht für die Containerschiffe bestätigt und dazu umfangreiche Ausführungen gemacht. Neben den juristisch dogmatischen Erwägungen, wie das Vorliegen einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage sowie einer ermessensfreien Ermessensausübung, hat sich das Verwaltungsgericht inhaltlich mit den Argumenten auseinandergesetzt, die die Bevorzugung der Containerschifffahrt gegenüber der Trockengüterschifffahrt aus Sicht der Bundesbehörde und der Schiffseigner der privilegieren Containerschiffe rechtfertigen.
Im Rahmen der im Verwaltungsprozess nur beschränkt möglichen gerichtlichen Überprüfung der Ermessensausübung hat das Gericht festgestellt, dass vorliegend die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit der Trockengüterschifffahrt nicht verletzt ist, wenn die Containerschifffahrt ein Vorschleusungsrecht erhält. Es wurde unter anderem darauf abgestellt, dass anders als bei Massengütern die in der Regel hochwertigeren Güter im Containerschifftransport eine unterschiedliche Behandlung der Schiffe rechtfertigen. Bei hochwertigen Gütern im Containertransport sei das Konkurrenzverhältnis insbesondere zur Schiene deutlich ausgeprägter als bei der Trockengüterschifffahrt. Die Containerschifffahrt sei mit dem Transport von hochwertigen Gütern stärker auf einen schnellen und vor allem zeitlich kalkulierbaren Transport angewiesen, um konkurrenzfähig zu sein. Genau dieses Ziel habe der Gesetzgeber aber mit der grundsätzlichen Möglichkeit, Vorsch/eusungsrechte einzuräumen, Rechnung getragen.
Obwohl der Wortlaut der Vorschrift§ 6.29 Ziffer 5 lit. b durchaus die Auslegung zugelassen hätte, dass es sich nur um die Ermächtigung zur Ausnahmegenehmigung in Einzelfällen handelt, hat das Verwaltungsgericht mit ausführlicher Begründung es für zulässig gehalten, das generelle, zeitlich befristete und auf verschiedene Schiffe im Dauerbetrieb erstreckte Vorsch/eusungsrechte erteilt werden.
Rechtsanwalt Dr. Martin Fischer, Frankfurt am Main
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Das der Beigeladenen mit Bescheid vom 4. Juli 2012 erteilte Vorschleusungsrecht für Containerschifffahrten (mit bestimmten Fahrzeugen) auf dem Neckar in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl.§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es beruht auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage (1.) und beeinträchtigt die Kläger nicht unzumutbar in ihren Rechten (2.).
(1.) Das mit Bescheid vom 4. Juli 2012 zugunsten der Beigeladenen eingeräumte, auf bestimmte Containerschiffe und einen vorgelegten Fahrplan bezogene Vorrecht auf Schleusung für den Neckar hat eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 6.29 Nr. 5 b der Binnenschifffahrtsstraßenordnung (BinSchStrO) in der seit dem 1. Februar 2012 geltenden Fassung (BGBI. 1. S. 2).
Nach dieser Vorschrift kann auf Verlangen mit Vorrang vor anderen im Einzelnen näher charakterisierten Fahrzeugen ein Fahrzeug mit der Erlaubnis der zuständigen Behörde geschleust werden. Ausgehend von der im Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt (Binnenschifffahrtsaufgabengesetz, in der Fassung vom 7. August 2013 BGBI. I. S. 3154) normierten Aufgabe des Bundes für die Förderung der Binnenflotte und des Binnenschiffsverkehrs im allgemeinen deutschen Interesse (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Binnenschifffahrtsaufgabengesetz) und der (Art. 80 Abs. 1 GG genügenden) Ermächtigung des zuständigen Bundesministers, Rechtsverordnungen im Rahmen dieser Aufgabe über das Verhalten im Verkehr zu erlassen (vgl.§ 3 Abs. 1 NL 1 Binnenschifffahrtsaufgabengesetz) stellt sich die Regelung in § 6.29 NL 5 b BinSchStrO über die Reihenfolge von Schleusungen aufgrund einer Erlaubnis der zuständigen Behörde als eine ausreichende Rechtsgrundlage von erforderlicher Bestimmtheit dar. Der eindeutige, wenn auch nicht im Einzelnen die zur Vorschleusung geeigneten Fahrzeuge und die Gründe für ein Vorrangrecht regelnde Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage wird begrenzt durch die Rechtsverordnungsermächtigung einerseits und die Aufgabenbeschreibung im übergeordneten Bundesgesetz andererseits. Solche nach den allgemeinen Grundsätzen gemäß Wortlaut, Zweck, Sinnzusammenhang und ggfls. Vorqeschichte auslegbaren Regelungen im Sinne einer Generalklausel sind grundsätzlich anerkannt, sie erlauben auch - wie hier - Eingriffe in die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 131,130 [145]; 82, 209 [224 f.]; 54, 224 [234 f.]). Zwar lässt Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG Eingriffe in die Berufsfreiheit nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung zu, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Dabei muss der Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Entscheidungen treffen, soweit sie gesetzlicher Regelung zugänglich sind. Dies bedeutet indes nicht, dass sich die erforderlichen Vorgaben ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben müssen. Es genügt - auch auf der Ebene einer Rechtsverordnung-, dass sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln Generalklauseln erschließen lassen. Eine vollständige Aufführung berufsbezogener Rechte bzw. Vorrechte auf normativer Ebene ist nicht möglich und auch nicht nötig, wenn sich -wie hier- ihre Grenze aus der zugewiesenen Aufgabe und der darauf bezogenen Verordnungsermächtigung leicht ergibt ...
(2.) Durch das den Containerschiffen der Beigeladenen auf der Grundlage von § 6.29 Nr. 5 b BinSchStrO eingeräumte Vorschleusungsrecht werden die Kläger auch nicht unzumutbar in ihren subjektiven Rechten verletzt.
a) Sie können sich hierzu nicht auf den für Bundeswasserstraßen geltenden Gemeingebrauch im Sinne von§ 6 Bundeswasserstraßensesetz (WaStrG) in der Fassung vom 31. Mai 2013 (BGBl. I. S. 1388) berufen. Aus den §§ 5, 6 WaStrG ergibt sich, dass die Benutzung einer Wasserstraße zur Schifffahrt nicht Ausfluss des Gemeingebrauchs ist. Das Gesetz differenziert zwischen dem Gemeingebrauch einerseits und der Benutzung der Gewässer zur Schifffahrt andererseits. Die Ausübung der Schifffahrt ist keine Inanspruchnahme eines Gewässers auf Grund des Gemeingebrauchs, sondern eine andere zulässige Benutzung bestimmter Gewässer im Rahmen der Vorschriften des Schifffahrtsrechts und weiterer Vorschriften des WaStrG (vgl. BVerwG, Urteil vom 4.7.1969 - VII C. 26/65 -, BVerwGE 32, 299 und juris, Rn. 32; Albrecht Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 6.Aufl. 2009, S. 178 f.). Danach können die Kläger dem der Beigeladenen eingeräumten Vorschleusungsrecht nicht ein im wasserstraßenrechtlichen Gemeingebrauch wurzelndes subjektives Recht entgegensetzen.
b) Die Kläger werden durch die angefochtene Vorschleusungserlaubnis und die damit für sie einhergehenden wirtschaftlichen Belastungen nicht in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit verletzt ...
aa) Das (allgemeine) Ziel, den Verkehr von den Straßen und den Schienen - aus insbesondere verkehrspolitischen und ökologischen Gründen - auf die Wasserstraßen zu verlagern, verfolgt die Beklagte (mitgetragen 10m Land Baden Württemberg) durch die (konkrete) Förderung der Containerschifffahrt auf dem Neckar mittels der Einräumung von Schleusungsvorrang für diese an den 27 Schleusen der Bundeswasserstraße (vgl. Bl. 238 Band 2 der Akte Vorschleusungsrecht Neckar; BI. 225 Band 2 der Akte Vorschleusungsrecht Neckar - Beschwerde Gewerbe). Diese Zielsetzung legitimiert den damit für die übrige Gütermotorschifffahrt, die regelmäßig Massengüter ohne Container transportiert, verbundenen wirtschaftlichen Eingriff in deren Berufsfreiheit. Die Beklagte stützt sich auf vernünftige Gründe des Allgemeinwohls, wenn sie zur Verwirklichung des Ziels einer Verschiebung der Verkehrswegenutzung zu Gunsten der Wasserstraßen insbesondere die Vorschleusung der Containerschiffe (auf dem Neckar) für geeignet erachtet.
Die Bevorrechtigung der Containerschifffahrt auf dem Neckar zur Umsetzung des Ziels der Veränderung der Verkehrswegeausnutzung wird durch eine Gesamtebetrachtung der maßgeblichen Verhältnisse legitimiert. Zentraler Gesichtspunkt ist hierbei, dass die (schon zuvor regelmäßig in einem Linienverkehr den Neckar befahrenden) Containerschiffe regelmäßig Schiffabfahrtszeiten in den ARA-Häfen zu beachten haben, denn die von ihnen beförderten Container werden in der Regel nach Übersee verschifft. Damit sind sie (auch um unnötige Zwischenlagerungen mit finanziellen Aufwendungen in den Seehäfen so gering wie möglich zu halten) auch auf der Wasserstraße auf verlässliche Fahrtzeiten angewiesen, die bei Fahrten auf dem Neckar angesichts der dort befindlichen 27 Schleusen und der dadurch bedingten Wartezeiten jedoch nur schwer kalkulierbar sind. Die Verlader der Container vertrauen auf eine zeitliche (und damit wirtschaftliche) Planbarkeit des Transports, die nicht der bei einem Transport auf der Straße und der Bahn hinterherhinken darf, sondern sicher gewährleistet werden muss, wenn ein Anreiz für das Umsteigen auf den Wasserweg erreicht werden soll. Wird zusätzlich in den Blick genommen, dass aufgrund der flexiblen und normierten Form die Container relativ unproblematisch zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln umgeladen werden können, so unterstützt dies eine Bevorrechtigung des Containertransports auf dem Wasserweg. Darüber hinaus ist weiter zu berücksichtigen, dass die von der Gütermotorschifffahrt ansonsten beförderten (in der Regel losen) Massengüter (wie etwa Kohle, Baustoffe, Schrott, große Maschinenteile) ohnehin - wegen der Effektivität der Transportform insgesamt - überwiegend auf dem Wasserweg befördert werden. Vor diesem Hintergrund also gerade dem Containertransport durch eine bevorzugte Schleusung einen Anreiz zum Umstieg auf den Transport auf der Wasserstraße Neckar zu bieten, ist von dem im Bereich des wirtschaftlichen Eingriffs besonders hervorzuhebenden Beurteilungs- und Handlungsspielraum der Beklagten gedeckt (vgl. BVerfGE 39, 210 [225 f.]) ...
bb) Zur Verfolgung des legitimen Gemeinwohlziels kann die Gewährung eines Vorschleusungsrechts zu Gunsten von Containerschiffen auch als erforderlich angesehen werden ...
Hiernach durfte die Beklagte die Einräumung eines Vorschleusungsrechts für Containerschiffe der Beigeladenen für erforderlich halten. Damit der Containerverkehr vermehrt auf den Transportweg Wasserstraße umsteigt, ist es sachgerecht und zielführend, seine Bedürfnisse - hier die zeitliche Planbarkeit der Reisezeit zur Erreichung der an den internationalen Seeverkehr angebundenen Häfen in einem wirtschaftlich angemessenen Aufwand - als Anreiz aufzugreifen und zum Abgrenzungskriterium für die Einräumung eines Vorrangs bei der Schleusungsreihenfolge zu machen. Dass diese Maßnahme eindeutig zweckuntauglich ist, weil ein anderes gleichwirksames Mittel mit geringeren Folgen für die Belasteten besteht, kann unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger nicht festgestellt werden. Soweit sie geltend machen, dass der Wechsel der Betriebsform der Containerschiffe der Beigeladenen von A auf Bein Vorschleusungsrecht entbehrlich mache und der übrigen Gütermotorschifffahrt damit jegliche Beeinträchtigung erspart bliebe, können sie nicht auf ein gleichwirksames Mittel zur Erreichung des Ziels, mehr (Container)Verkehr auf die Wasserstraße zu bringen, verweisen. Die Beklagte und die Beigeladenen haben dargestellt, dass der Wechsel der Betriebsform von A (Fahrt eines Schiffes bis zu 16 Stunden) zu B zwar keine Ruhezeiten des Schiffes erfordert, weil das jeweilige Schiff dann bis zu 24 Stunden gefahren werden kann (vgl. etwa §§ 23.05, 23.06 der Rheinschiffsuntersuchungsordnung der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, Ausgabe 2011), gleichwohl bei durchgehender Fahrt die Unsicherheit der zeitlichen Planbarkeit grundsätzlich bestehen bleibt. Bei einer langen (reinen) Fahrtzeit von 22 bis 24 Stunden zwischen Stuttgart bis Mannheim, wie sie auch die Kläger bestätigt haben, und 27 Schleusen auf dem Neckar, ist es nachvollziehbar, dass das Problem der zeitlichen Kalkulierbarkeit unabhängig von der Betriebsform dem Grunde nach erhalten bleibt. Bei einem 24-Stunden-Betrieb der Schiffe würde zwar ein Zeitverlust durch Ruhezeiten entfallen, aber die zeitliche Unberechenbarkeit hinsichtlich der notwendigen Wartezeiten an den zahlreichen Schleusen - das entscheidende Kriterium für den Anreiz gegenüber den Containerschiffen, die Wasserstraße Neckar zu nutzen - würde weiter bestehen, mag sie auch durchaus durch ein längere Betriebszeit abgemildert werden können. Hinzu kommt ein weiterer Gesichtspunkt: Es steht grundsätzlich im wirtschaftlichen Ermessen der jeweiligen Schifffahrtsgesellschaft, in welcher Betriebsform sie ihre Fahrzeuge auf den Wasserstraßen verkehren lässt. Will die Beklagte ihr Ziel erreichen, vermehrt Verkehre für die Wasserstraßen zu gewinnen, liegt es aus ihrer Sicht - wenn sie keinen gänzlichen Systemwechsel anstrebt - nahe, grundsätzlich auf die Verhältnisse der zu »gewinnenden« Transportart einzugehen und sorgfältig zu sein beim Eingriff in andere bzw. weitere »Stellschrauben« im Wirtschaftssystem der Containerschifffahrt. Nicht nur der Umstand, dass die Beigeladenen (auf der Grundlage des von ihr vorgelegten Fahrplans) durchschnittlich (nur) fünf Fahrten je Woche mit Containerschiffen auf dem Neckar durchführt (vgl. dazu auch die statistisch erfasste Anzahl der Schleusungen von Containerschiffen der Beigeladenen an der Schleuse Untertürkheim im Jahr 2011, BI. 199 Band 2 der Akte Vorschleusungsrecht Neckar - Beschwerde Gewerbe), zeigt, dass eine genaue zeitliche und wirtschaftliche Kalkulation der Fahrten erforderlich ist, die ebenso wie die Zielverwirklichung gefährdet wäre, wenn der Containerschifffahrt eine bestimmte Betriebsform (mit voraussichtlich höheren Kosten) abverlangt würde. Hat also der Staat auch das wirtschaftliche Ermessen der Unternehmer bei seiner Zielverwirklichung in den Blick zu nehmen, kann nicht angenommen werden, dass mit dem Betriebsformwechsel ein eindeutig gleichwirksames, die Berufsfreiheit weniger einschränkendes Mittel als der Schleusungsvorrang gegeben ist.
Dass wegen der Termingebundenheit der Fahrt mit beladenen Containern die Erstreckung des Vorschleusungsrechts auch für Fahrten mit leeren Containern erforderlich ist, folgt aus den vorstehenden Ausführungen zur Geeignetheit der Maßnahme ...
c) Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht festzustellen. Die vorstehenden Ausführungen zeigen einerseits die unterschiedlichen Verhältnisse im Massengüter- und Containerverkehr, die eine differenzierende Betrachtung und ein abweichendes Anreizsystem zulassen, Zugleich. besteht ein legitimer Zweck, der auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten einen Schleusungsvorrang rechtfertigt.
d) Ebenso wenig wird die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG verletzt. Die Beeinträchtigung von bloßen Chancen und Verdienstmöglichkeiten ist durch dieses Grundrecht nicht geschützt (BVerfGE 39; 210 [237]) ...
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2014 - Nr. 7 (Sammlung Seite 2298); ZfB 2014, 2298 f.