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Leitsatz:
Hat ein Bergfahrer die gemäß § 6.32 Ziff. 5 RheinSchPVO a.F. (§ 6.32 Ziff. 4 n.F.) gebotenen Durchsagen über Kanal 10 gemacht und damit seiner Kursweisungspflicht entsprochen, bedarf es eine sachlich nicht zu beanstandende Kursweisung zu ihrer Wirksamkeit nicht der Bestätigung durch den Talfahrer.
Urteil des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts) Köln
vom 6.10.1995
- 3 -1/95Bsch-8 -
(Schiffahrtsgericht St. Goar)
Zum Sachverhalt:
Der Angeklagte fuhr mit seinem Schiff auf dem Rhein mit Radar zu Tal. Ein zu Berg fahrender Koppelverband forderte die Talfahrt über Sprechfunk zur Begegnung Backbord an Backbord auf. Der Angeklagte beantwortete weder den Ruf noch reagierte er. Auch eine direkte Ansprache seitens des Koppelverbandes blieb erfolglos. Der Angeklagte, der angeblich den Koppelverband rechtsrheinisch wähnte, setzte seine Fahrt auf der linken Rheinseite fort, so daß sein Schiff schließlich mit dem Koppelverband bei Rhein-km 562,620 Kopf auf Kopf zusammenstieß. Die Drähte, mit denen der Verband gekoppelt war, brachen. Der mit Gasöl beladene Leichter lief steuerlos in die Steine des linken Rheinufers und schlug unterhalb der Wasserlinie leck. Es traten ca. 7.000 1 Gasöl aus.
Das Schiffahrtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Gefährdung des Schiffsverkehrs und tateinheitlich begangener fahrlässiger Gewässerverunreinigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Berufung des Angeklagten wurde als unbegründet verworfen.
Aus den Gründen:
"Der Angeklagte muß sich vorwerfen lassen, daß er das Radarbild falsch ausgewertet und infolge grober Unaufmerksamkeit die Kursweisung des Bergfahrers zur Begegnung Backbord/Backbord nicht beachtet hat. An der Verbindlichkeit der Kursweisung besteht kein Zweifel. Der Zeuge F hat die gemäß § 6.32 Ziffer 5 RheinSchPV gebotenen Durchsagen über Kanal 10 gemacht und damit seiner Kursweisungspflicht als Bergfahrer entsprochen. Entgegen der Auffassung der Verteidigung bedarf es zu ihrer Wirksamkeit nicht der Bestätigung durch den Talfahrer. Die Kursweisung war auch sachlich nicht zu beanstanden, weil der Koppelverband linksrheinisch zu Berg fuhr und dem Angeklagten als Talfahrer rechtsrheinisch hinreichender Raum für die Begegnung blieb. Der Angeklagte konnte auch nicht annehmen, der Koppelverband werde im Bereich der Unfallstelle den Übergang von linksrheinisch nach rechtsrheinisch vornehmen, so daß die Begegnung Steuerbord/Steuerbord zu erfolgen hätte. Dies scheidet bereits deshalb aus, weil der Angeklagte den Koppelverband infolge fehlerhafter Auswertung des Radarbilds auf der rechten Rheinseite wähnte. Im übrigen befindet sich der übliche Übergang der Bergfahrt von linksrheinisch nach rechtsrheinisch nicht im Bereich der Unfallstelle, sondern unterhalb des Kesterter Grundes am Kesterter Leyen bei Rheinkilometer 564.
Der Angeklagte ist desweiteren schuldhaft den ihm obliegenden Pflichten gemäß § 6.32 Ziffer 4 a und b und Ziffer 5 Satz 3 RheinSchPV nicht nachgekommen, das Dreitonzeichen nach § 4.06 Nr. 1 c zu geben, seine Geschwindigkeit zu vermindern und Bug und Tal anzuhalten oder aufzudrehen sowie über Sprechfunk Fahrzeugart, Namen, Fahrtrichtung und Standort zu nennen und den ihm gewiesenen Weg zu bestätigen oder mitzuteilen, nach welcher Seite er ausweichen wollte. Nach alledem hat sich der Angeklagte der fahrlässigen Gefährdung des Schiffsverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Verunreinigung eines Gewässers schuldig gemacht.....“
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1996 - Nr.5 (Sammlung Seite 1588), ZfB 1996, 1588