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234 Z - 14/89 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Datum uitspraak: 13.11.1989
Kenmerk: 234 Z - 14/89
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Afdeling: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsatz:

Im Erkenntnisverfahren nicht diskutierte Fragen zur Umrechnung von Fremdwährungsschulden bleiben dem Vollstreckungsverfahren überlassen. Es besteht daher auch kein Formmangel, wenn im Klageantrag kein Umrechnungskurs genannt wird.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 13. November 1989

234 Z - 14/89

(Rheinschiffahrtsgericht Mannheim)

Zum Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin — zumindest Ausrüsterin — des Koppelverbandes, bestehend aus dem MTS „J 1" und dem TSL „J 2", der auf dem Rhein zu Berg fuhr. Das ebenfalls zu Berg fahrende MS „K" fuhr in das Achterschiff des MTS „J 1" und beschädigte es. Streitig ist, wer Eigentümer und Ausrüster des MS „K" ist und welchen Betrag es zu vergüten hat. Die Beklagten haben vorgetragen, der Beklagte zu 2 sei Eigentümer und verantwortlicher Schiffsführer gewesen.
Die Klägerin macht folgenden Schaden geltend:
— Kaskoschaden laut kontradiktorischer Taxe                                             32106,— hfl.
— Nutzungsverlust von 7647,07 hfl pro Tag für die Dauer von 24 Tagen 183 529,68 hfl
                                                                                                                   ____________
                                                                                                                   215 635,68 hfl
— Expertisekosten                                                                                         1490,— DM


Der Kaskoschaden und die Expertisekosten seien bereits bezahlt worden. Hingegen sei die Schadensposition des Nutzungsverlustes nur in Höhe von 47 426,40 DM anerkannt und bezahlt worden.

Die Klägerin hat beantragt:

„die Beklagten gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, und zwar den Beklagten zu 1) außer dinglich mit dem MS „K" im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes auch persönlich haftend an die Klägerin 215 635,68 hfl — evtl. den entsprechenden Betrag in Deutscher Mark nach dem am Zahlungstage gültigen Kurs — +1490,— DM, beide Beträge nebst 4 % Zinsen seit dem 15. April 1987 zu zahlen abzüglich eines am 18. Mai 1987 gezahlten Betrages von 77 203,62 DM."

Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Antrag der Klägerin nicht die erforderliche Bestimmtheit aufweise. Da ein Umrechnungskurs für den anzurechnenden DM- Betrag im Klagebegehren nicht angegeben sei, bleibe unklar, welchen Restbetrag in niederländischen Gulden die Klägerin noch ersetzt haben wolle. Ein derart unbestimmter Antrag sei unzulässig. Die Klage sei auch aus einem weiteren Grund unbegründet: Die Klägerin habe in ihrer Klage den behaupteten Schaden aus Nutzungsverlust als Fremdwährungsanspruch in niederländischen Gulden geltend gemacht. Nach Rechtsprechung und herrschender Lehre handele es sich bei Schadensersatzansprüchen aber nicht um Fremdwährungsansprüche, sondern um Ansprüche, die nur in inländischer Währung, somit in Deutscher Mark, entstehen und eingeklagt werden könnten.

Die Berufungskammer hat das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Rheinschiffahrtsgericht zurückverwiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Der Vorinstanz ist an sich beizupflichten, daß Geldforderungen in einem Klagantrag zu beziffern sind. Eine derartige Bezifferung ist jedoch im vorliegenden Fall durchaus vorgenommen worden: Im Klagantrag wird eine genau bezifferte Forderung in niederländischen Gulden geltend gemacht, und es wird die Berücksichtigung einer erfolgten und genau bezifferten Teilzahlung in Deutscher Mark verlangt. Das Rheinschiffahrtsgericht meint nun allerdings, es gehe nicht an, in einem Gerichtsurteil eine Urteilssumme in niederländischen Gulden mit Anrechnung einer Teilzahlung in Deutscher Mark festzulegen, wenn der Umrechnungskurs für die Teilzahlung nicht genau angegeben sei. Die Vorinstanz ist der Meinung, ein solches Urteil verstoße gegen das Gebot, daß „die Grenzen der Rechtskraft" klar zu erkennen seien und daß „in der Zwangsvollstreckung der zu vollstreckende Betrag klar" sein müsse. Diese Überlegungen leuchten nicht ein. Bei der urteilsmäßigen Festsetzung von Fremdwährungsschulden verbleiben nämlich in fast allen Fällen gewisse Unklarheiten. So ist es nach deutscher Lehre und Praxis nicht einmal nötig, die Ersetzungsbefugnis (d. h. die Befugnis des Schuldners, die Fremdwährungsschuld in Heimwährung zu bezahlen) im Erkenntnisverfahren zu prüfen. Anderes gilt nur, wenn diese Frage von den Parteien zu einem Streitpunkt im Prozeß gemacht worden ist (vgl. Staudinger — Karsten Schmidt, 12. Auflage, Anmerkung 108 zu § 244 BGB). Aber auch bei der Erwähnung dieser Befugnis im Urteil können Unklarheiten weiterbestehen, die den Zeitpunkt (Fälligkeit?, Zahlung?), den Ort (Wohnsitz des Schuldners?, des Gläubigers?) oder die Berechnungsart (welchen Kurs?) der Umrechnung betreffen können. Solche Fragen dürfen und sollen — soweit sie von den Parteien im Prozeß nicht diskutiert werden — im Urteil offenbleiben. „De minimis non curat praetor". Es geht daher auch nicht an, der Klagpartei einen Formmangel anzulasten, wenn sie in ihrem Antrag die Ersetzungsbefugnis für eine bereits geleistete Teilzahlung anerkennt, ohne den hierfür maßgeblichen Kurs anzugeben und wenn diese Frage von der Gegenpartei im Verfahren überhaupt nicht diskutiert wird. Allfällige später auftauchende Fragen zur Umrechnung können und sollen dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleiben, das — jedenfalls in Deutschland — hierfür ein geeignetes Verfahren zur Verfügung stellt (Stein-Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Auflage, 1986, Rdnr. 162 vor § 704).  Auch der Eventualbegründung des Rheinschiffahrtsgerichts kann nicht gefolgt werden. Dabei kann zur Zeit noch offengelassen werden, ob die von der Vorinstanz als herrschend bezeichnete Meinung richtig ist, wonach Schadenersatzforderungen stets als Heimwährungsansprüche zu behandeln sind (in Rheinschiffahrtssachen kann diese Meinung jedenfalls nicht als die übliche bezeichnet werden; vgl. zum Beispiel das Urteil der Berufungskammer in der Sache 160 Z-3/84 vom 22. März 1984. . .) Denn selbst unter der Annahme eines Heimwährungsanspruches hätte von der Vorinstanz berücksichtigt werden müssen, daß das Klagbegehren auf „ . . evtl. den entsprechenden Betrag in Deutscher Mark . ." gerichtet ist. Das Rheinschiffahrtsgericht hatte keinen Grund, diesen Eventualantrag einfach unberücksichtigt zu lassen, auch wenn der Rechtsvertreter der Berufungsklägerin in der Berufungsbegründung die Meinung vertritt, es habe damit lediglich auf die Möglichkeit des Schuldners, gemäß § 244 BGB in Deutscher Mark zu bezahlen, hingewiesen werden sollen. Die Gerichte haben sich bei der Auslegung derartiger Klagbegehren großzügig zu verhalten, wie dies auch der bisherigen deutschen Praxis entspricht (vgl. Staudinger — Karsten Schmidt, Anmerkung 106 zu § 244 BGB).
Die Obigen Überlegungen führen zur grundsätzlichen Gutheißung der Berufung. Das Rheinschiffahrtsgericht hat zu Unrecht die Klage aus rein formellen Gründen abgewiesen; die zwischen den Parteien bestehenden Streitfragen sind vielmehr materiell zu prüfen. Da sich die Vorinstanz mit diesen Fragen noch gar nicht befaßt hat, rechtfertigt es sich, in Ausübung der in Artikel 24 Abs. 3 der Verfahrensordnung vorgesehenen Wahlmöglichkeit die Sache ohne materielles Urteil der Berufungskammer an die Vorinstanz zur Beurteilung zurückzuverweisen."

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1991 - Nr.1/2 (Sammlung Seite 1307); ZfB 1991, 1307