Jurisprudentiedatabank
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 20. März 1989
222 B - 1/89
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts St. Goar vom 18. Dezember 1987 - 109 Js 30152/87-4 OW BSchRh -)
Entscheidungsgründe:
I. In der anstehenden Bussgeldsache haben sich die Rechtsanwälte B und W mit Schriftsatz vom 2.2.1987 zu Verteidigern des Betroffenen bestellt. Die ihnen erteilte Vollmacht ermächtigte die Anwälte u.a. Rechtsmittel einzulegen sowie Zustellungen aller Art entgegenzunehmen.
Gegen das vorstehend in Bezug genommene, am 18.12.1987 verkündete und ihnen am 5.2.1988 zugestellte Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts St. Goar haben die Verteidiger des Betroffenen mit dem am 4.3.1988 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 3.3.1988 Berufung eingelegt und um Weiterleitung der Berufung an die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt in Strassburg gebeten.
In einem weiteren Schriftsatz vom 5.4.1988, der am 6.4.1988 beim Rheinschiffahrtsgericht St. Goar eingegangen ist, haben die Verteidiger des Betroffenen die Auffassung vertreten, dass eine Begründung ihrer Berufung nicht erforderlich sei und um einen entsprechenden Hinweis gebeten, wenn das Gericht diese Auffassung nicht teilen sollte. Zugleich haben die Verteidiger des Betroffenen unter Hinweis darauf, dass der die Sache allein bearbeitende Rechtsanwalt B sich in Urlaub befinde, vorsorglich darum gebeten, eine etwaige Berufungsbegründungsfrist um einen Monat zu verlängern. Diese Anträge sind vom Rheinschiffahrtsgericht nicht beschieden worden.
II. Es kann dahinstehen, ob die Berufung von den Verteidigern fristgerecht eingelegt worden ist, denn jedenfalls ist die Berufung wegen Missachtung der Formvorschrift des Artikels 37 Absatz 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte unzulässig.
1. Entgegen dieser Vorschrift ist die Berufung nämlich nicht begründet worden, weil die Verteidiger des Betroffenen, wie ihr Schriftsatz vom 5.4.1988 erkennen lässt, ungeachtet der unmissverständlichen Regelung in Artikel 37 Absatz 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte allem Anschein nach verkannt haben, dass die Einreichung einer schriftlichen Berufungsbegründung innerhalb von 30 Tagen nach erfolgter Anmeldung der Berufung im Verfahren vor der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt zwingend vorgeschrieben ist und damit eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Berufung darstellt.
2. Beachtliche Entschuldigungsgründe für die Verletzung der Formvor¬schrift des Artikels 37 Absatz 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte sind nicht ersichtlich.
a) Die Missachtung der vorgenannten Formvorschrift ist nicht deshalb entschuldigt, weil das Rheinschiffahrtsgericht St. Goar die im Schriftsatz der Verteidiger des Betroffenen vom 5.4.1988 geäusserte Bitte um einen Hinweis auf ein eventuell gegebenes Erfordernis einer schriftlichen Berufungsbegründung unbeantwortet gelassen hat, denn dieser Umstand wäre allenfalls relevant gewesen, wenn das Rheinschiffahrtsgericht - indem es der Bitte der Verteidiger des Betroffenen nicht entsprach – dazu beigetragen hätte, dass die fristgerechte Einreichung einer schriftlichen Berufungsbegründung unterblieben ist.
Das aber ist vorliegend nicht der Fall, denn im Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes der Verteidiger des Betroffenen vom 5.4.1988, nämlich am 6.4.1988, war die Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen, die Behebung des Formmangels mithin nicht mehr möglich.
Nachdem die Berufung der Verteidiger des Betroffenen am 4.3.1988 bei Gericht eingegnangen war, war die 30tägige Frist des Artikels 37 Absatz 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte für die Begründung der Berufung nämlich spätestens am 5.3.1988, dem Dienstag nach Ostern abgelaufen (Artikel 30 der Verfahrensordnung der Berufungskammer i.V. mit § 46 Absatz 1 OWiG, §§ 42, 43 Absatz 2 StPO).
Auch ein umgehender Hinweis des Gerichts auf das Erfordernis einer schriftlichen Berufungsbegründung, auf den die Verteidiger des Betroffenen sich möglicherweise verlassen haben, hätte sie demnach nicht mehr in die Lage versetzt, die Formvorschrift des Artikels 37 Absatz 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte zu erfüllen.
b) Ob die von den Verteidigern des Betroffenen in ihrem Schriftsatz vom 5.4.1988 weiterhin vorsorglich beantragte - in Artikel 37 Absatz 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte nicht vorgesehene - Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist möglich gewesen wäre, kann dahinstehen, denn jedenfalls kam eine Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist schon deshalb nicht in Betracht, weil diese - wie oben ausgeführt - im Zeitpunkt des Eingangs des Verlängerungsantrages bei Gericht bereits abgelaufen war.
c) Schliesslich wird die Verabsäumung der fristgerechten Einreichung einer schriftlichen Berufungsbegründung auch nicht dadurch entschuldigt, dass der die vorliegende Bussgeldsache allein bearbeitende Rechtsanwalt B sich in der gesamten hier relevanten Zeit möglicherweise in Urlaub befunden haben kann. Dass die Wahrung von Rechtsmittelfristen innerhalb einer Anwaltssozietät auch für den Fall des Urlaubs eines der Sozien sichergestellt werden muss, bedarf keiner weiteren Erörterung.
3. Sind die Formvorschriften des Artikels 37 Absatz 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte demnach verletzt, ohne dass der Formmangel entschuldigt werden kann, so war die Berufung gemäss Artikel 37 Absatz 4 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte für nicht angebracht zu erachten.
Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil desRheinschiffahrtsgerichts St. Goar vom 18.12.1987 (109 Js 30152/87 - 4 OW BSchRh) wird für nicht angebracht erachtet.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens, die gemäss Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte vom Rheinschiffahrtsgericht St. Goar festgesetzt werden, fallen dem Betroffenen zur Last.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1990 - Nr.5 (Sammlung Seite 1299); ZfB 1990, 1299