Jurisprudentiedatabank
Leitsätze:
1) Der Gegenstandswert für Eröffnung und Durchführung des Verteilungsverfahrens richtet sich nach dem Gesamtbetrag der erhobenen Ansprüche, wenn dieser niedriger als die festgesetzte Haftungssumme ist, anderenfalls nach der Höhe der festgesetzten Haftungssumme.
2) Dieser Gegenstandswert ist auch für die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers (Schuldners) maßgeblich. Für die Rechtsanwaltsvergütung der Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers ist der Nennbetrag der angemeldeten Forderung gegebenenfalls zuzüglich Nebenansprüche maßgeblich.
Beschluss des Schiffahrtsobergerichtes
vom 01. Oktober 2007
Aktenzeichen 22 W 3/07 BSch
(Schiffahrtsgericht Mainz, Aktenzeichen 77 H 68/06 BSchRh)
Tatbestand:
Die Schuldnerin hat einen Antrag auf Einleitung eines Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung beim Amtsgericht - Schifffahrtsgericht Mainz gestellt. Nachdem dieses mit Beschluss vom 29. Juni 2007 den Antrag zurückwies, setzte es mit Beschluss vom 16. August 2007 den Gegenstandswert bezüglich des Gesamtverfahrens auf 443.436,44 EUR, bezüglich der am Verteilungsverfahren beteiligten Gläubiger wie folgt fest: Antragsgegnerin Ziffer 1 266.751,28 EUR, Antragsgegnerin Ziffer 2 166.187,50 EUR. Hiergegen wenden sich die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin Ziffer 2 mit der »sofortigen« Beschwerde und beantragen, den angefochtenen Beschluss dahin abbzuändern, dass ein Streitwert für das Verfahren in Höhe von 900.000,00 EUR festgesetzt werde. Sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegnerinnen Ziffer 1 und 3 sind dem entgegengetreten ...
Entscheidungsgründe:
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin Ziffer 2 ist gemäß § 32 Abs. 2 RVG, § 68 Abs. 1 GKG zulässig (eine Beschwerde der Antragsgegnerin selbst wäre unzulässig, da ein höherer Streitwert erstrebt wird). Die Streitwertbeschwerde hat auch vorläufig Erfolg, da der vom Schifffahrtsgericht festgesetzte Streitwert zwar aus seiner Sicht folgerichtig bemessen wurde, jedoch im Hinblick auf die Aufhebung der zugrundeliegenden Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung eines Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahrens keinen Bestand haben kann. Bei der neuen Entscheidung ist zu beachten, dass es ein Verbot der Reformatio in peius bei der Streitwertbeschwerde nicht gibt (allgemeine Meinung, vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 68 Rn. 19; OLGR Karlsruhe 2005, 353). Gemäß § 59 GKG richten sich die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung und für die Durchführung des Verteilungsverfahrens nach dem Betrag der festgesetzten Haftungssumme. Ist diese höher als der Gesamtbetrag der Ansprüche, für deren Gläubiger das Recht auf Teilnahme an dem Verteilungsverfahren festgestellt wird, richten sich die Gebühren nach dem Gesamtbetrag der Ansprüche. Im vorliegenden Fall ist die Haftungssumme noch nicht festgesetzt worden. Dies wird im Hinblick auf die Entscheidung des Schifffahrtsobergerichts über die Beschwerde der Antragstellerin gegen den das Verteilungsverfahren ablehnenden Beschluss des Schifffahrtsgerichts Mainz (vom 1.10.2007 - 22 W 1/07 BSch -) noch zu geschehen haben. Für die Höhe der Gerichtsgebühren gelten KV 2410 bis 2441. Für die Rechtsanwaltsvergütung ist hinsichtlich des Gegenstandswertes im Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung § 29 RVG maßgeblich. Danach gilt § 28 RVG entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Wertes der Insolvenzmasse die festgesetzte Haftungssumme tritt. Für die Rechtsanwaltsgebühren ist danach bei der Vertretung des Schuldners die Haftungssumme, höchstens der Betrag sämtlicher Forderungen maßgeblich. Bei der Vertretung eines Gläubigers richtet sich der Gegenstandswert nach dem Nennbetrag der Forderung zzgl. der Nebenansprüche bis zum Tag vor der Eröffnung des Verteilungsverfahrens (vgl. Gerold/Schmidt! von Eicken/Madert RVG, 17. Aufl., § 29 m.w.N.). Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2008 - Nr.8 (Sammlung Seite 1989); ZfB 2008, 1989