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Leitsätze:
1) Bei der Beförderung eigener Ware durch fremde Schiffe ist der Abzug von Provision und Reedereientgelt vom Frachtentgelt unzulässig. Diese für die Binnenschifffahrt verbindliche Regelung muss allen Auftraggebern zur Beförderung eigener Ware (Produzenten und Händler) und auch den Frachtführern der beauftragten Fremdschiffe bekannt sein.
2) Wer, um sich Geschäfte nicht entgehen zu lassen, die Augen verschließt, obwohl er allen Anlass hätte, genau hinzusehen, verletzt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße.
Urteil des Landgerichts Duisburg
vom 7. November 1974
Zum Tatbestand:
Die Beklagte betreibt Schifffahrt in W. und Baustoffhandel mit Lager in P. Der persönlich haftende Gesellschafter und gleichzeitige Geschäftsführer H. ist Eigner eines Motorgüterschiffes, das ebenso wie 2 Partikulierschiffe laufend - im Bedarfsfall auch nebst anderem Fremdraum - zwischen W. und P. Transporte für die Beklagte durchführt.
Die Klägerin, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion, verlangt gemäß § 31 Abs. 3 BiSchVerkG Zahlung der den Frachtführern der Partikulierschiffe in Abweichung von den Vorschriften des FTB berechneten Provisionen und Redeereientgelte von je 5 %, und zwar insgesamt etwa 3375,- DM Die Beklagte habe nicht nur grob fahrlässig, sondern planvoll und vorsätzlich das Tarifgefüge verletzt. Ihr sei, zuletzt durch einen nochmaligen, in der Fachpresse und Rundschreiben veröffentlichten Hinweis des Bundesverkehrsministeriums auf die schon früher geltende Regelung genau bekannt gewesen, dass bei Beförderungen eigener Ware mit fremden Schiffen deren Frachtführern seitens des Wareneigentümers und Transportauftraggebers keine Provision vom festgesetzten Frachtentgelt abgezogen werden dürfe. Die Absicht der Verschleierung ergebe sich auch daraus, dass sich die Beklagte geweigert habe, den Frachtführern der Fremdschiffe den Endfrachtzahler zu nennen. Übrigens waren letztere nicht bereit, die zu Unrecht einbehaltenen Beträge von der Beklagten zurückzufordern (!).
Die Beklagte bestreitet, von der Regelung Kenntnis gehabt zu haben. Sie habe die Abrechnung in der nun beanstandeten Art seit Jahren gehandhabt. Die nach ihrer Ansicht unvollständige Regelung des bisherigen FTB gehe nicht zu ihren Lasten. Die Schutzfunktion des "FTB, dass 90 % auf jeden Fall beim Frachtführer verbleiben müssten, sei nicht verletzt.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben (rechtskräftig).
Aus den Entscheidungsgründen:
Der objektive Tatbestand ist erfüllt; denn die Beklagte hat unberechtigt, d. h. abweichend von Vorschriften des Tarifes Provision und Reedereientgelt von den Frachtführern einbehalten, obwohl es sich um eigene Ware handelte, die transportiert wurde.
dass es sich um eigene Ware handelte, bekunden übereinstimmend und glaubhaft die beiden Zeugen B. und B., die am 9. Juli 1973 die Prüfung bei der Beklagten durchgeführt haben. Sie haben bekundet, dass sich dies aus den Wareneinkaufsrechnungen und Abrechnungen mit Unterfrachtführern einwandfrei ergeben habe.
Auch die subjektive Voraussetzung für einen Anspruch aus § 31 Abs. 3 BiSchVG ist gegeben. Beide Vertragsparteien haben nämlich zumindest grob fahrlässig gehandelt.
Die Beklagte hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 BGB) in besonderem Maße außer acht gelassen, da sie, wenn sie nur die von ihr bezogene Deutsche-Verkehrs-Zeitung mit dem darin veröffentlichten Erlass des Bundesministers für Verkehr gelesen hätte, hätte wissen müssen, dass die Bestimmungen der FTB, die für sich allein gesehen freilich keine eindeutige Regelung des Falles enthalten, im Sinne des ministeriellen Erlasses zu interpretieren waren.
Dasselbe gilt auch für die Frachtführer, die sich im übrigen auch nicht darauf berufen, dass sie die einschlägigen Tarifbestimmungen nicht gekannt hätten, sondern nur darauf, dass sie nicht hätten wissen können, ob es sich um die provisions- und reedereientgeltfreie Beförderung eigener Güter gehandelt habe. Dieser Einwand greift gegenüber dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht durch. Wer, um sich Geschäfte nicht entgehen zu lassen, die Augen verschließt, obwohl er allen Anlass hätte, genau hinzusehen, verletzt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße. dass die Frachtführer allen Anlass gehabt hätten, sich nicht nur auf die Angaben der Beklagten zu verlassen, sondern selbst nachzuprüfen, ob es sich um eigene Ware der Beklagten oder um fremde Güter handelte, ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte sich trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Frachtführer geweigert hat, den Endfrachtzahler zu nennen. Hinzu kommt, dass den Frachtführern sich nach der Art der Transporte regelrecht aufdrängen musste, dass es sich uni eigene Ware der Beklagten handelte. Bei den beförderten Gütern handelte es sich nämlich um Bimsbaustoffe, die im Betrieb der Beklagten in W. gewonnen wurden und mit den Schiffen zum Baustofflager der Beklagten in P. gebracht wurden.