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194 B - 2/87 - Berufungskammer der Zentralkommission (-)
Datum uitspraak: 06.05.1987
Kenmerk: 194 B - 2/87
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Afdeling: -

Leitsatz:

Rheinschiffahrtsgerichte sind berechtigt, im Rahmen des Art. 32 der Mannheimer Akte Geldbußen nach Maßgabe der Vorschriften ihres Staates zu verhängen.
Die Abschöpfung der Tatvorteile im Sinne der deutschen Vorschrift des § 17 Abs. 4 OWi-Gesetzes ist nur deshalb nicht zulässig, weil eine übereinstimmende und nach gleichen Kriterien erfolgende Ahndung nach den getroffenen Feststellungen nicht in allen Bereichen der deutschen Rheinschiffahrt gewährleistet ist.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für
die Rheinschiffahrt

am 6. Mai 1987

194 B - 2/87

(Rheinschiffahrtsgericht Kehl)

Zum Tatbestand:

Bei einer Kontrolle der Wasserschutzpolizei wurde festgestellt, daß auf dem MS „M" an beiden Schiffsseiten die Tiefgangsanzeiger fehlten und die amtliche Schiffsnummer nicht angebracht war sowie schon etwa 6 Monate lang der lt. Schiffsattest vorgeschriebene Schiffsjunge fehlte. Das Rheinschiffahrtsgericht hatte daher gegen den niederländischen Schiffsführer eine Geldbuße von 1600,— DM festgesetzt. Davon entfiel auf den Unterbemannungstatbestand ein Betrag von 1500,— DM, durch den der auf etwa 14750,—DM geschätzte wirtschaftliche Vorteil zum Teil abgeschöpft werden sollte. Der Betroffene legte Berufung ein, die er nur auf die zwecks Abschöpfung festgesetzte Geldbuße von 1500,— DM bezog.
Die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt hat die Geldbuße auf 100,— DM ermäßigt.

Aus den Entscheidungsgründen:
„...
1) Artikel 32 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte, in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 17. Oktober 1979, bestimmt, daß Zuwiderhandlungen gegen die von den Uferregierungen für den Rhein gemeinsam erlassenen schiffahrtspolizeilichen Vorschriften mit Geldbußen geahndet werden, deren Mindestbetrag dem Wert von drei und deren Höchstbetrag dem Wert von 2500 Sonderziehungsrechten des internationalen Währungsfonds überprüft, die in die Landeswährung des Staates umgerechnet werden, dessen Verwaltung die Strafe verhängt oder dessen Gericht angerufen wird. Regeln für die Einordnung der im konkreten Fall festzusetzenden Buße in dem abgestecken Rahmen enthält die revidierte Rheinschiffahrtsakte nicht. Die mit Bußgeldsachen befaßten Rheinschiffahrtsgerichte der Uferstaaten sind also durch die genannte Akte nicht gehindert, bei der Festlegung einer Buße im erwähnten Rahmen diejenigen Regeln zu befolgen, welche die Gesetze ihres Staates enthalten, oder die durch die Strafbemessungspraxis der Gerichte des Staates festgelegt sind. Im vorliegenden Falle durfte also das Rheinschiffahrtsgericht Kehl den § 17 Abs. 4 des deutschen OWi-Gesetzes anwenden, der die Abschöpfung des Vorteils aus der Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften über die Besatzungsstärke vorsieht, wie das Rheinschiffahrtsgericht richtig dargelegt hat. Die Ansicht der Berufungsbegründung, § 17 Abs. 4 OWi-Gesetzes sei mit Artikel 32 der revidierten Rheinschiffahrtsakte unvereinbar, hält die Berufungskammer deshalb für unrichtig.
2) Die in Ziffer 1 dargelegten Erwägungen hat die Berufungskammer bereits ihrer Entscheidung in der Sache (193 B — 15/ 86)') zugrundegelegt. Dort ist aber weiter ausgeführt worden, die Abschöpfung der Tatvorteile bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten sei nur möglich, wenn zumindest in dem Lande, das diesen Grundsatz anwende, in allen Bereichen des Rheins übereinstimmend gehandelt werde. Diese Einschätzung des Abschöpfungsgrundsatzes sei geboten, um sicherzustellen, daß die gleiche Ordnungswiderigkeit ohne Rücksicht auf den Ort ihrer Ahndung nach den gleichen Kriterien behandelt werde. Nur so werde die Einheitlichkeit des Bußgeldrahmens der revidierten Rheinschiffahrtsakte bei der Behandlung konkreter Verstöße gewahrt. In der Entscheidung hat die Berufungskammer festgestellt, daß die gleiche Anwendung des Abschöpfungsgrundsatzes in allen Bereichen des Rheins in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit nicht gewährleistet ist. Die Schwankungen in der Ahndung von Verstößen gegen die Bemannungsvorschriften reichen von gebührenpflichtigen Verwarnungen in Höhe von 20 DM, wobei natürlich der Abschöpfungsgrundsatz nicht angewandt worden sein kann, bis zu Bußen von 1500 DM bei einschließlicher Anwendung dieses Grundsatzes im vorliegenden Fall. Nur wegen dieser Uneinheitlichkeit ist die Abschöpfung von Tatvorteilen bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zur Zeit nicht möglich.
3) Bei der Bemessung des Bußgeldes für die Fahrt mit unvollständiger Besatzung ist zu beachten, daß ein Verstoß des Betroffenen gegen Bemannungsvorschriften nur für die Reise feststeht, auf der er aufgefallen ist. Bemannungsvorschriften bestehen z. B. in den Niederlanden nur für Fahrten auf dem sog. konventionellen Rhein, nicht aber für die zahlreichen anderen Binnengewässer. Der Betroffene ist Niederländer. Er hat unwiderlegt erklärt, nur gelegentlich den Rhein zu befahren. Selbst wenn er also auch — wie feststeht — seit April 1984 ohne Schiffsjungen fährt, so kann nur vermutet, aber nicht sicher festgestellt werden, daß er bis heute außer der hier in Betracht kommenden weitere Rheinreisen ausgeführt hat. Die für die Fahrt mit unterbemanntem Schiff zu verhängende Geldbuße darf also nur einen einmaligen Verstoß betreffen und den Abschöpfungsgrundsatz nicht enthalten. Dann muß es aber bei der Geldbuße von 100,— DM bleiben, die das Rheinschiffahrtsgericht ohne Anwendung dieses Grundsatzes verhängt hat.... "
1) Anm.: Redaktion s. ZfB 1987, 4/17 (Gewinnabschöpfung)

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1989 - Nr.2 (Sammlung Seite 1249); ZfB 1989, 1249