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Leitsatz:
Die Berufung in Rheinschiffahrtssachen an die Berufungskammer der Rheinzentralkommission ist zulässig, auch wenn die vom Gericht erster Instanz verhängte Geldbuße, z. B.,10,- DM, die in Art.37 MA festgesetzte Mindestsumme (50 Goldfr.), nicht erreicht. Ein Betroffener kann Zuwiderhandlungen gegen Polizeivorschriften nicht mit der Begründung rechtfertigen, die Vorschrift sei nicht zweckmäßig oder überflüssig.
Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 18. April 1985
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts St. Goar vom 1. Februar 1984 - 109 Js (a) 59659/82 - 4/OW BSch Rh -)
Tatbestand:
Der Betroffene ist verantwortlicher Schiffsführer des Motortankschiffs "V" (Heimatort Hamburg). Bei einer Kontrolle durch die Wassserschutzpolizei in St. Goar am 2. Juli 1982 wurde festgestellt, dass der Betroffene das Schifferdienstbuch eines seiner Matrosen nicht innerhalb der Jahresfrist einem Wasser- und Schiffahrtsamt zur Überprüfung vorelegt hatte. Die Überprüfung des Schifferdienstbuches hätte bereits bis zum 1.1.1982 erfolgt sein müssen. Am 12.7.1982 wurde gegen den Betroffenen von der Bussgeldbehörde bei der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Südwest eine Geldbusse von DM 20,- verhängt. Gegen den Bussgeldbescheid legte der Betroffene Einspruch ein. In der Hauptverhandlung vor dem Rheinschiffahrtsgericht St. Goar am 1.2.1984 verurteilte das Rheinschiffahrtsgericht den Betroffenen wegen Zuwiderhandlung gegen § 8 Abs. 1 Buchst, d) des Gesetzes über Schifferdienstbücher zu einer Geldbusse von DM 10,-. Zugleich wurden ihm die Auslagen des Verfahrens auferlegt.
Gegen dieses Urteil legte der Betroffene Berufung an die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt ein, wobei er zur Begründung der Berufung ausführte, dass bei einem Matrosen, der bereits 44 Jahre alt und viele Jahre bei der Reederei sei, diese Dienstbücher nicht mehr zu einem Patenterwerb benötigt würden und somit eine Überprüfung der Dienstbücher überflüssig sei.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Betroffenen an die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt, die form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurde, ist zulässig, auch wenn die vom Gericht erster Instanz verhängte Geldbusse nicht die in Artikel 37 der Mannheimer Akte festgesetzte Mindestsumme erreicht.
Wie die Berufungskammer in ihrem Urteil vom 18.3.1971 - 8 S -1/71 - ausgeführt hat, kann in Strafverfahren und damit auch in den gleichgelagerten Bussgeldsachen, in denen es keine mit den Parteianträgen im Zivilprozess vergleichbaren Anträge gibt, nicht etwa auf den Antrag der Staatsanwaltschaft, eine bestimmte Geldbusse auszusprechen, abgestellt werden. Dieser Antrag des Staatsanwalts stellt nach dem Prozessrecht nur eine gutachtliche Äusserung zur Bussgeldhöhe dar, die den Richter nicht bindet und von ihm - im Gegensatz zu dem Klagantrag im Zivilprozess - überschritten werden kann. Als massgebender Antrag im Sinne des Art. 37 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte kann deshalb nur der Antrag des Staatsanwalts als solcher in Frage kommen, mit dem er vom Gericht die Festsetzung einer Geldbusse gegen den Betroffenen wegen einer bestimmten von ihm bezeichneten Tat begehrt. Da es aber im freien Ermessen des Gerichts liegt, in welcher Höhe es innerhalb des gesetzlichen Rahmens die Busse festsetzt, muss für die Bestimmung der Berufungssumme im Sinne des Artikels 37 der Mannheimer Akte auf die obere Grenze des gesetzlichen Bussgeldrahmens abgestellt werden. Da die bei Zuwiderhandlungen gegen schiffahrtspolizeiliche Vorschriften und damit auch auf den vorliegenden Fall anzuwendende Bestimmung im Höchstmass eine die Mindestsumme des Artikels 37 übersteigende Geldbusse zulässt, ist die in dieser Vorschrift verlangte Berufungssumme als gegeben anzusehen.
II.
Da der Betroffene einräumt, dass er das Schifferdienstbuch eines seiner Matrosen nicht innerhalb Jahresfrist einem Wasser- und Schiffahrtsamt zur Überprüfung vorgelegt hat, ist die Voraussetzung des § 8 des Gesetzes über Schifferdientsbücher erfüllt. Die vom Rheinschiffahrtsgericht St. Goar ausgesprochene Geldbusse ist deshalb zu Recht ergangen. Die vom Betroffenen angeführten Gründe können nicht zu seiner Freisprechung führen, da es nicht bei ihm liegt, die Zweckmässigkeit einer geltenden Gesetzesvorschrift in Zweifel zu ziehen und sich nach eigenem Gutdünken über sie hinwegzusetzen.
Den Belangen des Betroffenen ist durch die geringfügige Höhe der Geldbusse von dem erstinstanzlichen Gericht ausreichend Rechnung getragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte.
Es wird deshalb für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts St. Goar vom 1.2.1984 (AZ 109 Js (a) 59659/82-4 OW BSch Rh) wird zurückgewiesen und das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts St. Goar vom 1.2.1984 bestätigt.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens, die gem. Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte vom Rheinschiffahrtsgericht St. Goar festzulegen sind, fallen dem Betroffenen zur Last.