Jurisprudentiedatabank
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt
vom 22. März 1984
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 12. Juli 1983 -OWi 101-5/83 RhSch-)
Tatbestand:
Am 9.Juli 1982 befand sich der Betroffene mit dem ihm gehörenden Sportmotorboot "B", das von ihm auch geführt wurde, auf dem Rhein in der Ortslage Brühl auf der Bergfahrt in Richtung Kehl. Kurz unterhalb Rhein-km 410 überholte der Betroffene mit seinem Motorboot das gleichfalls zu Berg fahrende beladene MTS "R 51" (HO.: Duisburg) in einem Seitenabstand von 10-15 m auf dessen Backbordseite. Während der Überholung näherte sich etwa auf dem gleichen Kurs, den das überholende Motorboot "B" einhielt, talwärts das Polizeistreifenboot 3. Der Betroffene behielt seinen Überholungskurs bei und passierte, nachdem er die Bugwelle des MTS "R 51" durchfahren hatte, das Polizeistreifenboot, das inzwischen abgestoppt hatte, auf dessen Backbordseite, also in der Lücke, die zwischen dem Polizei-Streifenboot und dem Kurs des MTS "R 51" verblieb.
Nach vorausgegangenem. Bußgeldbescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd-West in Mainz vom 17.8.1982, mit dem der Betroffene mit einer Geldbuße von DM 200,— belegt wurde und gegen den er durch seine Verteidiger Einspruch einlegen ließ, verurteilte das Rheinschifffahrtsgericht Mannheim nach durchgeführter Hauptverhandlung den Betroffenen mit Urteil vom 12.7.1983 wegen eines Verstoßes gegen § 6.02 Nr. 1 RhSchPolVO zu einer Geldbuße von DM 150,— . Seine Verurteilung begründete das Rheinschifffahrtsgericht damit, dass der Betroffene sein Überholmanöver auf seinem ursprünglichen Kurs fortgesetzt habe, obwohl ihm das Polizeistreifenboot auf diesem Kurs entgegengekommen sei und er ausreichend Zeit gehabt hätte, sein Überholmanöver entweder abzubrechen oder seinen Kurs soweit nach backbord zu ändern, dass für das ankommende Polizeiboot hinreichend Raum zur Fortsetzung seines eingeschlagenen Kurses zur Verfügung gestanden hätte.
Gegen dieses Urteil haben die Verteidiger des Betroffenen Berufung eingelegt und die Entscheidung der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt verlangt. Zur Begründung ihrer Berufung bringen sie vor:
Der Betroffene habe erstmals auf einen Abstand von 200 bis 300 m oberhalb des MTS "R 51" das Polizeiboot, und zwar noch in Querfahrt befindlich, wahrgenommen. Da es sich in diesem Zeitpunkt schon mittschiffs des zu überholenden Tankschiffes befunden habe, sei ihm ein Abbrechen des Überholmanövers nicht mehr möglich gewesen, andererseits habe er auch nicht den Kurs des Polizeibootes kreuzen wollen, um nach rechtsrheinisch auszubrechen. Es sei ihm so nur die Möglichkeit verblieben, durch die Lücke zwischen dem Polizeiboot einerseits und der Kurslinie des Bergfahrers andererseits hindurchzufahren.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Betroffenen an die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt ist form- und fristgerecht erhoben und auch begründet worden. Sie ist somit zulässig.
II.
Nach den eigenen Erklärungen des Betroffenen in der Hauptverhandlung vor dem Rheinschifffahrtsgericht befand sich das zu Tal kommende Wasserschutzpolizeiboot mindestens 200 bis 300 m oberhalb des MTS "R 51", als der Betroffene es wahrnahm. Zu dieser Zeit ist er, wie er selbst angibt, etwa mittschiffs des Tankschiffes gefahren und hatte zu diesem einen Seitenabstand von 10 bis 15 m. Wenn der Betroffene auch erklärte, dass das Polizeiboot in diesem Zeitpunkt noch querliegend talwärts gewendet habe, so kann doch bei der großen Manövrierfähigkeit des Polizeibootes davon ausgegangen werden, dass dieses bereits bei einem Abstand von 200 m zu dem Motorboot des Betroffenen sein Wendemanöver beendet und seinen endgültigen Kurs auf das Motorboot des Betroffenen eingenommen hatte.
Da das Polizeiboot ausweislich des bei den Akten befindlichen Schiffsattestes vom 14.5.1979 eine Größe von 18 tons hat und ihm somit gem. §§ 1.01 Buchst. i, 6.02 Abs. i Rheinschifffahrtspolizeiverordnung ein Kursvorrecht gegenüber dem Kleinfahrzeug des Betroffenen zukam, wäre dieser verpflichtet gewesen, den Kurs des Polizeibootes freizumachen und nach rechtsrheinisch, wo genügend Raum zur Verfügung stand, abzudrehen. Keinesfalls durfte er den von ihm gewählten Weg in den knappen Zwischenraum von etwa 20 m zwischen Polizeiboot und Kurslinie des Motortankschiffes hineinfahren, zumal er dort noch die Turbulenzen der Bugwelle des Bergfahrers zu überwinden hatte. Durch den von dem Betroffenen eingeschlagenen Kurs wurde zumindest das Polizeiboot in seiner Fahrweise behindert und zum Abstoppen gezwungen. Der Betroffene hat somit fahrlässig gegen die Bestimmungen des § 6.02 Abs. 1 RhSchPolVO verstoßen, da er mit dem von ihm geführten Kleinfahrzeug der Großschifffahrt nicht den für ihr Manövrieren notwendigen Raum gelassen hat. Der Verstoß gegen die genannte Bestimmung der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung stellt gem. Artikel 5 Abs. 2 Nr. 35 a der Einführungsverordnung zur RhSchPolVO eine Ordnungswidrigkeit dar, die nach § 7 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt zu ahnden war. Die von dem Rheinschifffahrtsgericht verhängte Geldbuße von DM 150,--erschien der Berufungskammer für tat- und schuldangemessen. Es war deshalb mit Kostenfolge aus § 46 des Deutschen Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten i.Verb. mit § 465 StPO für Recht zu erkennen:
1) Die Berufung des Betroffenen wird zurückgewiesen und das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 12.7.1983 bestätigt.
2) Die Kosten des Berufungsverfahrens, die gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte vom Rheinschifffahrtsgericht Mannheim festzusetzen sind, fallen dem Betroffenen zur Last.
Der Stellvertretende Gerichtskanzler: Der Vorsitzende:
(gez.) A. BOUR (gez.) MISCHLICH