Jurisprudentiedatabank
Urteil des Berufungsausschusses Moselkommission Trier
- Berufungsinstanz Moselschiffahrt -
vom 08.07.2013
Gründe:
I.
Durch Urteil vom 18.07.2013 verhängte das Moselschifffahrtsgericht St. Goar gegen den Betroffenen wegen Zuwiderhandlung gegen § 8.01 a Moselschifffahrtspolizeiverordnung (MoselSchPV) in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 3 Nr. 25 der Einführungsverordnung zur Moselschifffahrtspolizeiverordnung in Verbindung
mit § 7 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt eine Geldbuße in Höhe von 100,00 €. Dem lag zugrunde, dass der Betroffene als Führer des Wassermotorrads mit dem Kennzeichen XX am 26.05.2012 gegen 14.20 Uhr die Mosel bei Stromkilometer 10,2 (Ortslage Winningen) zu Tal mit einer Geschwindigkeit von 47 km/h (netto) und damit 17 km/h zu schnell befahren hat, obwohl Gegenverkehr herrschte und somit nur eine Geschwindigkeit von 30 km/h erlaubt war (Zuwiderhandlung gegen den § 8.01 a der Moselschifffahrtspolizeiverordnung in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 3 Nr. 25 der Einführungsverordnung zur Moselschifffahrtspolizeiverordnung). Der Betroffene hat die Korrektheit der mit dem Lasermessgerät RIEGL FG 21-PS durchgeführten Geschwindigkeitsmessung bestritten. Den Tatvorwurf hat das Moselschifffahrtsgericht nach Beweisaufnahme aber für erwiesen erachtet. Die Messung sei unter Beachtung der vorgeschriebenen Handhabung korrekt mit einem geeichten Gerät durch geschultes Personal durchgeführt worden, wie die Zeugenvernehmung der Polizeibeamten ergeben habe. Anhaltspunkte für eine Fehlmessung seien nicht gegeben. In der Hauptverhandlung hatte der Betroffene die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Wesentlichen dazu beantragt, ob das Messgerät geeignet sei, die Geschwindigkeit eines Jetski korrekt zu messen, und ob ein Wandern des Messstrahls auszuschließen sei. Hierzu hat das Gericht keine weitere Beweiserhebung veranlasst.
Das Urteil wurde dem Betroffenen und seinem Verteidiger am 26.07.2013 zugestellt. Der Betroffene hat am 25.07.2013 zunächst beantragt, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil zuzulassen, und dies am 26.08.2013 durch seinen Verteidiger begründet. Am 26.08.2013 hat der Betroffene gegen das Urteil ferner Berufung eingelegt mit dem ausdrücklichen Bemerken, dass eine Entscheidung der Moselkommission beantragt wird. Die Berufung hat er am 24.09.2013 begründet. Auf Anfrage, welches der beiden Rechtsmittel durchgeführt werden soll, hat der Betroffene durch seinen Verteidiger die Wahl dahin ausgeübt, dass die Berufung zur Moselkommission durchgeführt werden soll.
Mit seiner Berufung beantragt der Betroffene,
das angefochtene Urteil aufzuheben und ihn freizusprechen,
hilfsweise die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zu verweisen.
Zur Begründung, mit der er auch an seine Rechtsbeschwerde anknüpft, macht
er im Wesentlichen geltend:
Die Verurteilung sei zu Unrecht erfolgt. Gerügt werde die Verletzung formellen Rechts. Das Moselschifffahrtsgericht habe den in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht beschieden, nämlich dass die Messung nicht die tatsächliche Geschwindigkeit wiedergebe, sondern eine erheblich niedrigere nicht ausgeschlossen sei. Dies deshalb, weil aufgrund der Bauart und der Nutzung des Wassermotorrads ein Wandern des Messstrahls, auch aufgrund der schlechten Reflexionseigenschaften erfolge („Porscheeffekt“), und des Weiteren das Messgerät in Art und Weise der Verwendung (Messung von Wasserfahrzeugen, hier Wassermotorrädern) nicht vom Hersteller vorgesehen sei und es sich nicht um ein eindeutiges, technisch sicheres Messverfahren handele. Durch das Springen des Wassermotorrads im Wasser, das stärker und in kürzeren Intervallen als bei einem Motorboot erfolge, fehle es an einer geraden Reflektionsfläche, so dass es zu Messfehlern durch Wandern des Laserstrahls komme. Diese Fragen habe das Moselschifffahrtsgericht fehlerhaft nicht aufgeklärt. Gerügt werde ferner die Verletzung sachlichen Rechts, insbesondere dass das Gericht im Rahmen der Schuld und Vorsatzerwägungen pauschaliert über den behaupteten Verstoß des Betroffenen richte und überhöhte Anforderungen an ihn als Bootsführer stelle.
Die Staatsanwaltschaft hatte Gelegenheit zur Äußerung.
II.
Die Berufung des Betroffenen ist zulässig. Nach Art. 34 Abs. 3 des Moselvertrages (im Folgenden MV) in Verbindung mit Art. 37 Abs. 2, 3 der revidierten Rheinschifffahrtsakte (Mannheimer Akte, im Folgenden MA) ist die Berufung 30 Tage nach Zustellung des Urteils bei dem Gericht, was entschieden hat, einzulegen und innerhalb von 30 Tagen nach Einlegung der Berufung zu begründen. Mit der Berufungseinlegung ist ausdrücklich zu bemerken, dass eine Entscheidung der Moselkommission verlangt wird.
Die Berufung des Betroffenen ist form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist nach Zustellung des Urteils am 26.07.2013 mit der ausdrücklichen Bemerkung, dass eine Entscheidung der Moselkommission begehrt werde, fristgerecht am 26.08.2013 eingegangen. Bei taggenauer Berechnung – der Tag der Zustellung wird nach § 42 StPO (Strafprozessordnung) nicht mitgerechnet – fiel der 30. Tag zwar auf den 25.08.2013. Da dieser Tag aber ein Sonntag war, endete nach § 43 Abs. 2 StPO die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags, wie bereits im Vermerk der Staatsanwaltschaft vom 25.11.2013 zutreffend festgehalten (Bl. 131 d. A.). Die Begründung ist ebenfalls fristgerecht eingegangen.
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass der Betroffene zeitlich vor der Berufung mit der Rechtsbeschwerde das nationale Obergericht angerufen hat. Das Wahlrecht des Betroffenen nach Art. 37 Abs. 2 MA geht nicht dadurch verloren, dass er zunächst den nationalen Rechtsweg beschreitet. Dies hat die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt bereits mit Urteil vom 16.04.2010 (455 B-1/10) klargestellt. Dem schließt sich der Berufungsausschuss der Moselkommission an.
Allerdings können beide Rechtsmittel grundsätzlich nicht parallel und unabhängig voneinander verfolgt werden. Sie stehen in einem Alternativverhältnis zueinander. Ob in einem solchen Fall entsprechend § 335 Abs. 3 der deutschen Strafprozessordnung der Berufung der Vorrang einzuräumen ist, bedarf keiner Erörterung. Der Betroffene hat sein Wahlrecht zwischen beiden Rechtsmitteln dahin ausgeübt, dass er sich für das Rechtsmittel der Berufung zur Moselkommission entschieden hat, wie im Vermerk der Staatsanwaltschaft vom 25.11.2013 (Bl. 131 d. A.) festgehalten und vom Betroffenen schriftsätzlich am 10.11.2014 bestätigt worden ist. Dies ist als Rücknahme der Rechtsbeschwerde zu werten, so dass lediglich das (umfassendere) Rechtsmittel der Berufung zur Entscheidung ansteht.
In der Sache hat das Rechtsmittel des Betroffenen jedoch keinen Erfolg. Das Moselschifffahrtsgericht ist rechtsfehlerfrei zum Ergebnis gelangt, dass der dem Betroffenen zur Last gelegte Geschwindigkeitsverstoß nachgewiesen ist. Die vom Betroffenen mit seiner Berufung vorgebrachten Einwände vermögen die getroffenen Feststellungen nicht zu entkräften und geben auch keinen Anlass zu ergänzenden Beweiserhebungen. Der Sachverhalt ist nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme hinreichend geklärt. Zur Erforschung der Wahrheit sind weitere Beweiserhebungen nicht erforderlich (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Das Moselschifffahrtsgericht hat die zutreffenden Erwägungen in seinem Urteil, auf das Bezug genommen wird, dargestellt. Mit dem Moselschifffahrtsgericht ist der Berufungsausschuss der Überzeugung, dass die Geschwindigkeitsmessung ein zutreffendes Ergebnis geliefert hat. Zusammenfassend sei hervorgehoben:
Gemäß § 8.01 a MoselSchPV beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der vom Betroffenen befahrenen Moselstrecke 30 km/h. Die für Kleinfahrzeuge geltende Ausnahme von dieser Beschränkung nach § 8.01 a Satz 2 lit. a) MoselSchPV, nämlich solange die in Fahrtrichtung einsehbare Wasserfläche frei
von anderen Benutzern der Wasserstraße ist, kam nicht zum Tragen, da die Wasserfläche nicht von anderen Benutzern frei war. Dies steht nach dem erstinstanzlichen Beweisergebnis fest und wird vom Betroffenen auch nicht in Zweifel gezogen. Nach dem Messergebnis hat der Betroffene als Fahrer des Jetski mit einer Geschwindigkeit von 47 km/h netto (gemessene 51 km/h abzüglich Toleranzwerte von 4 km/h) den zulässigen Wert um 17 km/h überschritten. Die dem zugrunde liegende Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasermessgerät RIEGL FG 21-PS erfüllt die Voraussetzungen eines amtlich anerkannten, standardisierten Messverfahrens. In einem solchen Fall ist der Tatrichter nur dann gehalten, die Zuverlässigkeit von Messungen, die mit einem anerkannten und weitgehend standardisierten Verfahren genommen worden sind, zu überprüfen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler bestehen (u.a. BGH Beschluss vom 30.10.1997 – 4 StR 24/97 -, BGHSt 43, 277 ff.; OLG Köln, Beschluss vom 20.02.2013 – III 1 RBs 45/13 -); bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion oder unsachgemäße Bedienung kann von einem hinreichend verlässlichen Beweis für eine Geschwindigkeitsüberschreitung bestimmten Umfangs ausgegangen werden (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss vom 04.12.2013 – 10 S 1162/13 -, NZV 2014, 188).
Das eingesetzte Lasergeschwindigkeitsmessgerät RIEGL FG 21-PS, das dem Berufungsausschuss in seiner Anwendungsart bekannt ist, dient der Messung der Geschwindigkeit von Wasserfahrzeugen, also der Verkehrsüberwachung auf Schifffahrtsstraßen und Gewässern, und ist als solches von der Physikalisch- Technischen Bundesanstalt für einen Geschwindigkeitsbereich von 0 bis 99 km/h geprüft und zugelassen worden (Zulassungszeichen 18.WF 99.02). Mit der Zulassung wird bestätigt, dass bei vorgegebener, in der Gebrauchsanweisung beschriebener Handhabung zuverlässige Messergebnisse unter Berücksichtigung bestimmter Fehlergrenzen, um die der gemessene Wert zu korrigieren ist, erzielt werden. Mit diesem Zulassungsverfahren steht die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Geräts zur Messung der Geschwindigkeit von Wasserfahrzeugen fest. Da auch Wassermotorräder, ein Kleinfahrzeug im Sinne des Schifffahrtsrechts (Verordnung über das Fahren von Wassermotorrädern auf Binnenschifffahrtsstraßen - Wassermotorräder-Verordnung), zu den Wasserfahrzeugen gehören, ist das Messgerät RIEGL FG 21-PS auch zur Messung deren Geschwindigkeit von der sachverständigen Physikalisch- Technischen Bundesanstalt als geeignet zugelassen. Von daher ist die vom Betroffenen formulierte Beweisfrage bereits beantwortet, nämlich dass das Gerät RIEGL FG 21-PS generell geeignet ist, die Geschwindigkeit von Wassermotorrädern korrekt zu messen. Konkrete Anhaltspunkte, diese Fragestellung nochmals aufzugreifen, sind nicht ersichtlich und sind nicht vorgetragen.
Es fehlt auch an Anzeichen, dass beim konkreten Einsatz des Geräts Fehler gemacht wurden. Das Messgerät war zum Tatzeitpunkt bis zum 31.12.2012 geeicht (Eichschein Bl. 47 f. GA), das vorgeschriebene Testverfahren einschließlich Aligntest wurde vor Beginn der Messung eingehalten (Messprotokoll vom 25.05.2012, BL. 10 GA), das Gerät wurde von geschultem Messpersonal bedient, eine Zuordnung der Messung zu einem anderen Wasserfahrzeug als dem des Betroffenen ist auszuschließen. Die Vorgehensweise und die erfolgreiche Durchführung des protokollierten Testverfahrens sowie die Umstände der Messung haben die Polizeibeamten XX und YY in ihren Zeugenaussagen in erster Instanz erläutert. Abweichungen von der vorgeschriebenen Verfahrensweise oder eine fehlerhafte Handhabung sind hiernach nicht ersichtlich und werden vom Betroffenen auch nicht dargelegt. Gestützt wird eine schnelle Fahrweise des Betroffenen letztlich auch durch die Videoaufzeichnung.
Soweit der Betroffene die Zuverlässigkeit der Messung anzweifelt, weil aufgrund der Bewegungen des Jetski (Springen im Wasser in kurzen Intervallen) und der schlechten Reflektionseigenschaften ein Wandern des Laserstrahls zu Messfehlern führe (sog. „Porscheeffekt“), muss dem nicht näher nachgegangen werden. Mit der Zulassung des Geräts steht fest, dass dieses zur Geschwindigkeitsmessung von Wasserfahrzeugen geeignet ist, Wassermotorräder und sonstige Kleinfahrzeuge sind in der Zulassung nicht ausgenommen. Ein Lasermessgerät, so auch das Messgerät RIEGL FG 21-PS misst die Geschwindigkeit als Änderung der Entfernung mit der Zeit, also bezogen auf den Stand des Messgeräts in horizontaler Bewegungsrichtung. Ein Geschwindigkeitswert wird bei RIEGL FG 21-PS nur bei erfolgreicher Reflektion und Messung mit einem Wert angezeigt. Der Laserimpuls muss demnach hier eine zur Messung geeignete Fläche getroffen haben, so dass keine schlechte Reflektionseigenschaft vorgelegen haben kann. Dass der konkret ermittelte Messwert hier durch ein Wandern des Laserstrahls - wie mit dem sog. Porscheeffekt angesprochen, bedingt aufgrund der Karosserieform durch fehlende gerade Reflektionsflächen bei flach gehaltenen Profil (nämlich ein nahezu horizontales Fahrzeugteil wie zum Beispiel eine Motorhaube) - verfälscht worden sein könnte, ist mit der allgemeinen Fragestellung des Beweisantrags nicht hinreichend konkret dargetan. Wie das Messprotokoll ausweist, ist das Fahrzeug in der Annäherung – auf das Messgerät zufahrend - in Talfahrt bei einer Entfernung von ca. 298 Metern gemessen worden. Dass beim Anvisieren hier ein Abgleiten des Laserstrahls über eine Fläche realistisch in Betracht kommen kann, ist nicht nachvollziehbar, auch ist nicht erläutert, inwieweit der Polizeibeamte XX falsch anvisiert haben könnte, wozu sich in seiner Aussage kein Anhaltspunkt findet. Die Beweisfrage zieht in ihrer allgemeinen Fragestellung letztlich die grundsätzliche Eignung des Geräts für die Geschwindigkeitsmessung von Wassermotorrädern in Zweifel, zu deren erneuter Überprüfung der Berufungsausschuss aufgrund der erfolgten Prüfung und Zulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt aber keinen Anlass sieht.
Unter Würdigung aller Umstände hat der Berufungsausschuss keine Zweifel, dass dem Betroffenen der Geschwindigkeitsverstoß zu recht angelastet wird. Soweit der Betroffene im Übrigen die Verletzung sachlichen Rechts rügt, sind die Ausführungen des Moselschifffahrtsgerichts nicht zu beanstanden. Auch die Höhe des Bußgeldes begegnet zur Ahndung der Zuwiderhandlung keinen Bedenken.
Da der Betroffene und der Vertreter der Staatsanwaltschaft auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichtet haben und auch der Berufungsausschuss keine mündliche Verhandlung für notwendig hält, ergeht die Entscheidung im schriftlichen Verfahren.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf §§ 46 OWiG, 473 Abs. 1 StPO, Artikel 34 des Moselvertrages in Verbindung mit Artikel 39 der revidierten Rheinschifffahrtsakte.
Aus den dargelegten Gründen wird
für Recht erkannt:
Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Moselschifffahrtsgerichts St. Goar vom 18. Juli 2013 – 4 OWi 2040 Js 68632/12 BSchMo Amtsgericht St. Goar – wird als unbegründet verworfen.
Das Berufungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Im Übrigen trägt der Betroffene die Auslagen des Berufungsverfahrens und die ihm insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Der Vorsitzende
Gerichtskanzlerin