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12 U 244/03 - Kammergericht (Schiffahrtsobergericht)
Datum uitspraak: 06.01.2005
Kenmerk: 12 U 244/03
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Kammergericht Berlin
Afdeling: Schiffahrtsobergericht

Leitsätze:

1) Der Verkehrssicherungspflichtige ist grundsätzlich nicht gehalten, eine zur
Sperrung einer wenig und nahezu ausschließlich von Anwohnern als
Freizeitschiffern befahrenen Wasserstraße (kleinerer Kanal, Höchstgeschwindigkeit 5 km/h) angebrachte reflektierende Tafel „rot-weiß-rot" gemäß Anlage 7 Abschnitt LA. 1 zur BinSchStrO oder die Gefahrenstelle selbst zu beleuchten.
2) Der Schiffsführer ist verpflichtet, solche Vorkehrungen zu treffen, die es ihm ermöglichen, trotz Dunkelheit sowohl Schifffahrtszeichen als auch Gefahrenstellen so rechtzeitig zu erkennen,, dass er noch rechtzeitig angemessen reagieren kan.

In dem Rechtsstreit [...] hat der 12. Zivilsenat. des Kammergerichts als Schifffahrtsobergericht für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das am 1. September 2003 verkündete Urteil der Abteilung 236 des Amtsgerichts Charlottenburg als Schifffahrtsgericht
- 236 C 6/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

l.
Die am 29. September 2003 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat mit einem am 4. Dezember 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 1. September 2003 verkündete und am 5. September 2003 zugestellte Urteil der Abteilung 236 des Amtsgerichts Charlottenburg als Schifffahrtsgericht, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger u. a. vor:
Das Amtsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob die Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt worden sei, dass das Gerüst, also das Hindernis selbst, nicht beleuchtet oder auf andere Weise gesichert worden sei. Das Amtsgericht habe nicht zwischen Sperrung und Hindernis differenziert, es habe den Umfang der Verkehrssicherungspflicht des Beklagten zu eng gefasst.
Selbst wenn man unterstelle, die Sperrung der Brücke sei ausreichend kenntlich gemacht worden, so habe der Beklagte mit den Maßnahmen, die er vorgenommen habe, seiner

Verkehrssicherungspflicht nicht genügt. Denn der Beklagte habe das im Wasser stehende Gerüst nicht beleuchtet, den Schiffsverkehr vor ihm aber auch auf andere Weise nicht geschützt.

Auf das Gerüst sei das Amtsgericht nicht eingegangen. Es habe vielmehr nur geprüft, ob die „sich aus der Brückensperrung ergebende Verkehrssicherungspflicht" verletzt worden sei oder nicht. Von der Brückensperrung selbst sei aber keine Gefahr ausgegangen. Gefährlich sei allein das Gerüst gewesen, das als Hindernis unbeleuchtet und unsichtbar mitten im Wasser gestanden habe.

Der Beklagte habe die Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt, dass er das Gerüst nicht ausreichend gesichert habe. Die Verkehrsicherungspflicht auf Wasserstraßen gehe dahin, dass im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren das Fahrwasser für die zugelassene Schifffahrt stets in der erforderlichen Tiefe und Breite sowie frei von natürlichen oder künstlichen Hindernissen zu halten und auch ausreichend zu kennzeichnen sei. Statt einer Kennzeichnung des Hindernisses genüge auch die persönliche Unterweisung der Schiffsführung. Wenn der Verkehrssicherungspflichtige selbst Schifffahrtshindernisse schafft, dann müsse er das Hindernis wieder beseitigen und bis dahin deutlich kennzeichnen oder abschirmen.

Der Beklagte sei deshalb verpflichtet gewesen, das Gerüst eindeutig und unmissverständlich als Gefahrenstelle zu kennzeichnen. Daran ändere auch die Sperrung der Brücke nichts. Es habe nicht fern gelegen, dass das Sperrschild nachts übersehen werde, sei es auch nur, weil der Schiffsführer in dem Augenblick, als er die Brücke passieren wollte, an die Sperrung nicht gedacht habe. Die Pflicht, Gefahren von Dritten abzuwehren, trafen den Verkehrssicherungspflichtigen auch dann, wenn sie bei nicht ganz fern liegender bestimmungswidriger Benutzung drohten.

Selbst wenn das Sperrschild deutlich zu sehen gewesen wäre, sei der Beklagte verpflichtet gewesen, das Hindernis selbst zu beleuchten, weil die Sperrung selbst nicht auf das
Hindernis hingedeutet habe. Denn die Sperrung hätte auch aus anderen Gründen erfolgen können, etwa zum Lärmschutz der Nachbarn, oder zum Schütz vor Gefahren, die von der Baustelle selbst ausgehen, etwa zum Schutz vor herabfallenden Baumaterialien oder Bauteilen. Selbst wenn der Kläger bewusst die gesperrte Brückendurchfahrt befahren hätte, so hätte der Beklagte mit der Sperrung und deren Bekanntgabe allein nicht seiner Verkehrssicherungspflicht Genüge getan. Zwar besteht keine Verkehrssicherungspflicht gegenüber Personen, die sich unbefugt in einen Gefahrenbereich begeben. Diese Einschränkung gelte allerdings dann nicht, wenn erfahrungsgemäß mit einem Fehlverhalten Dritter zu rechnen sei.

Auch die Textschilder und die amtliche Bekanntmachung hätten nur auf die Baustelle hingewiesen, nicht aber darauf, dass sich unter der Brücke ein Hindernis befand. Die Schilder sowie die amtliche Bekanntmachung seien viel zu undifferenziert, als dass sie genügt hätten, um auf die konkreten Gefahren aufmerksam zu machen.

Auch gehe das Amtsgericht zu Unrecht davon aus, dass die Sperrschilder nicht hätten beleuchtet werden müssen. Der Kläger habe vorgetragen und dargelegt, dass auch die Sperrschilder nicht sichtbar waren, der Kläger somit keine Kenntnis von der Sperrung haben konnte und auch nicht gehabt habe.

Eine Sperrung durch Zeichen A. 1 nach Anlage 7 der BinSchStrO genüge alleine nur dann, wenn die Gefahrenstelle vorschriftsmäßig für die Durchfahrt gesperrt und auch erkennbar nicht gefahrlos zu passieren sei.

Im Übrigen sei dem Kläger kein Mitverschulden. vorzuwerfen, weil er die Schädigung nicht habe vorhersehen können. Der Kläger habe nicht schuldhaft gehandelt.

Das Amtsgericht sei außerdem zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Schilder ohne Beleuchtung sichtbar gewesen seien.
Auch wenn die Schilder reflektierend ausgestaltet gewesen seien, so habe das Gericht nicht ohne Beweisaufnahme davon ausgehen dürfen, dass der Kläger mit ordnungsgemäßer Beleuchtung und bei der von dem Amtsgericht geforderten angemessenen Geschwindigkeit den Inhalt der Schilder hätte erfassen können. Das Urteil basiere insoweit nur auf der durch nichts bekräftigten Vermutung des Gerichts, die Schilder wären in diesem Falle sichtbar gewesen.


Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1.. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine vierteljährliche vorauszahlbare monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 250 € jeweils im Voraus zum 1. Januar, zum 1. April, zum1. Juli und zum 1. Oktober eines jeden Jahres zu zahlen;

3. den Beklagten zu verurteilen an den Kläger 166.967,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine vierteljährliche vorauszahlbare monatliche Rente in Höhe von 3.926,26 € jeweils im Voraus zum 1. Januar, zum 1. April, zum1. Juli und zum 1. Oktober eines jeden Jahres bis zum 31. Dezember 2020 zu zahlen;

5. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren Schäden, die ihm in Zukunft aus dem Unfall auf dem Kanal V in Berlin-Köpenick am 20. September 1999 entstehen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung, die er für zutreffend erachtet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Die gegen den Kläger gerichtete Bußgeldsache der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen, und Verkehr Xil F 2 - 6/99 sowie die Akten 206 C 119/03 Amtgericht Charlottenburg = 12 U 211/03 Kammergericht haben zur Information vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass dem Beklagten eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht vorzuwerfen ist (1.). Selbst wenn dem Beklagten entgegen der Ansicht des Amtsgerichts eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen sein sollte, wäre die Klage gleichwohl abzuweisen, weil diese Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht kausal für den Schaden des Klägers war (2.) und im Übrigen auch das ganz erhebliche Mitverschulden (§ 254 BGB) des Klägers zu seiner alleinigen Haftung führen würde (3.).

Es kann vorliegend offen bleiben, ob es sich bei der Verkehrssicherung auf dem Kanal V für den Beklagten um eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verpflichtung handelt (vgl. hierzu Schenke, Probleme der Unterhalts- und Verkehrssicherungspflicht auf öffentlichen Wasserstraßen, VersR 2001, 533). Denn der Beklagte, haftet dem Kläger weder aus Art 34 GG, 839 BGB noch aus §§ 823 Absatz 1 BGB auf Schadensersatz.

Im Einzelnen:

1. Mit zutreffender Begründung geht das Amtsgericht davon aus, dass dem Beklagten eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht vorzuwerfen ist.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Verkehrssicherungspflicht auf dem Kanal V grundsätzlich dem Beklagten obliegt. Entgegen den Ausführungen des Beklagten ist die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht nicht auf die Streitverkündete übertragen worden. Wie das Amtsgericht in dem Rechtsstreit zwischen dem Krankenversicherer des Klägers und. dem Beklagten (Amtsgericht Charlottenburg -206 C 119/03-) zutreffend ausführt, ergibt sich dies eindeutig aus dem Vertrag des Beklagten mit der Streitverkündeten, insbesondere aus der zu diesem Vertrag gehörenden Baubeschreibung vom 4. September 1999. Dort ist zwar im Einzelnen die Übernahme der Verkehrssicherungspflicht für den Straßenverkehr geregelt, für den Schiffsverkehr heißt es dagegen unter 3.1.3 der Baubeschreibung „entfällt". Danach war der Streitverkündete die Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf den Schiffsverkehr gerade nicht übertragen worden.

Die mithin dem Beklagten obliegende Verkehrssicherung umfasst die Verpflichtung, im Bereich von Baustellen in zumutbarer Weise die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz der Verkehrsteilnehmer zu treffen; denn durch solche Baustellen werden aufgrund der Verkehrsbeschränkungen in der Regel Gefahrenquellen geschaffen. Eine solche Gefahrenquelle bildete das im Bereich der R-Brücke aufgebaute Baugerüst jedenfalls bei Dunkelheit, weil der grau/schwarze Farbton des Gerüstes dann keine sichtbaren Konturen mehr aufwies.

Eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist nicht erreichbar. Daher muss nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadensereignisses Vorsorge getroffen werden. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um die Gefahr von Dritten abzuwenden (BGH, NJW-RR 2003, 1459), d.h. die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs (BGH NJW 1985, 1076) im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßem oder bei nicht ganz fern liegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (BGH NJW 1978, 1629). Der Dritte ist vor Gefahren zu schützen die er selbst bei Anwendung der von ihm in der konkreten Situation zu erwartenden Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann (Hamm, VersR,2003, 605).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze geht das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung mit zutreffender Begründung, die in Bezug genommen wird, davon aus, dass die Maßnahmen des Beklagten zur Erfüllung der konkreten Verkehrssicherungspflichten ausreichten.

2. Selbst wenn man aber meinen würde, entgegen der Ansicht des Amtsgerichts reichten das Anbringen des Sperrschildes an, der Brücke und des Hinweisschildes am Kanaleingang zur Gefahrenabwehr nicht aus und man zugunsten des Klägers unterstellt, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, das Gerüst zusätzlich ausreichend erkennbar zu machen, so würde. dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

a) Seiner Verpflichtung, das Gerüst auch bei Nacht ausreichend erkennbar zu machen, hätte der Beklagte nämlich durch das Anbringen einer (weiteren) reflektierenden Tafel „rot-weiß-rot" gemäß Anlage 7 Abschnitt I.A.1 zur BinSchStrO in ca. 1 Meter Höhe über der Wasserfläche 'in der Brückendurchfahrt direkt an dem Gerüst nachkommen können. Durch eine solche Tafel wäre der Schiffsverkehr in ausreichender Weise auf das Vorhandensein einer Gefahrenquelle im Bereich der Brückendurchfahrt hingewiesen worden.

b) Entgegen der Ansicht des Klägers war der Beklagte dagegen nicht verpflichtet, dass Gerüst oder die Schilder bei Dunkelheit zu beleuchten.

Art und Umfang von Verkehrssicherungspflichten lassen sich nicht abstrakt bestimmen (vgl. die oben dargestellten Grundsätze). Sie richten sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Die Verkehrssicherungspflichten sind erfüllt, wenn die Gefahren gebannt werden, die nach den zeitlichen und örtlichen Verhältnissen sowie nach Art des üblichen Publikumsverkehrs allgemein erwartet werden dürfen. Dabei sind die. Anforderungen nicht zu überspannen. Denn es ist nicht Sinn von Verkehrssicherungspflichten, Verkehrsteilnehmer vor allen denkbaren Gefahren zu schützen (OLG Celle, VersR 1997, 251). Allein daraus, dass die Beschaffenheit des Verkehrsweges einen Unfall unter Umständen mit verursacht hat; kann eine Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht hergeleitet werden (vgl. RSOG Karlsruhe, VersR 1996, 129; 1999, 212; Wussow/Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl. (2002), Kap. 20 TZ 11). Der Sicherungspflichtige kann sich grundsätzlich auf den sorgfältigen aufmerksamen Benutzer von Anlagen einstellen (RSOG Karlsruhe, ZfB 1993, 1426; OLGR 2003, 287). Er kann davon ausgehen, der Benutzer werde die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachten und sich auf die normalerweise aus dem Betrieb der Anlage ergebenden Risiken einstellen (RSOG Karlsruhe, a.a.O.).

c) Geht man davon aus, dass der Beklagte damit rechnen musste, dass Schiffsführer möglicherweise das von ihm angeordnete Verbot, unter der Brücke hindurchzufahren, missachten würden, so musste er aber nicht damit rechnen und sich deshalb auch nicht darauf einstellen, dass Schiffsführer unter der Brücke hindurchfahren wollen, obwohl es so dunkel ist, dass ein 1,05 m hohes und 1,55 m breites, reflektierendes Verbotsschild nicht sichtbar ist. Vielmehr durfte der verkehrssicherungspflichtige Beklagte darauf vertrauen, dass Schiffsführer ihre Fahrt bei derartiger Dunkelheit entweder beenden oder sich auf die Dunkelheit einstellen und ihre Geschwindigkeit so vermindern, dass sie Schifffahrtzeichen wahrnehmen können; ggf. - wenn die eigenen Positionslichter hierzu nicht ausreichen - unter Zuhilfenahme einer Taschenlampe oder eines Handscheinwerfers (vgl. zur erforderlichen Beleuchtung des ' vom Kläger geführten Kleinfahrzeuges § 3.13 1. a-f BinSchStrO).

aa) Entgegen der Ansicht des Klägers besteht keine ausdrückliche Verpflichtung, Gefahrenstellen auf Schifffahrtskanälen bei Nacht zu beleuchten. Eine solche Verpflichtung folgt insbesondere nicht aus § 1 Abs.2 Nr. 1 LSchVO, § 5.02 Nr. 2 BinSchStrO,und Anlage 8 Nr. IV. Aus diesen Regelungen folgt nur, dass ein Verbot der Durchfahrt entweder durch eine Tafel oder durch rote Lichter, oder durch rote Flaggen angeordnet werden kann. Eine Pflicht, hierzu nachts rote Lichter verwenden zu müssen, folgt hieraus aber nicht.
bb) Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass es in Berlin üblich sei, auf allen Schifffahrtskanälen sämtliche Gefahrenstellen zu beleuchten. Derartiges kann auch nicht festgestellt werden. Vielmehr ist dem substantiierten Vortrag des Beklagten auf Seite 6 seines Schriftsatzes vom 16: April 2003 sowie dem Vermerk auf den Seiten 23 ff der beigezogenen Bußgeldsache XII F 2 6/99 zu entnehmen, dass dies in Berlin jedenfalls auf kleineren Kanälen und Nebenarmen wie dem Kanal V des Gebietes Neu-Venedig gerade nicht üblich ist. Vielmehr werden in Berlin Hindernisse regelmäßig nur dann durch Leuchtfeuer oder Anstrahlung visuell bezeichnet, wenn sie an Hauptschifffahrtswegen liegen und für, die auch nachts oder bei schlechten Sichtverhältnissen verkehrende Berufsschifffahrt eine Gefahr darstellen. Bei dem Kanal V handelt es sich aber nicht um einen Hauptschifffahrtsweg sondern um - wie der Kläger selbst auf Seite 5 der Berufungsbegründung vorträgt einen schwach frequentierten, fast ausschließlich von Anwohnern als Freizeitschiffern befahrenen, kleinen Nebenarm der Müggelspree, auf dem durch Schilder eine Höchstgeschwindigkeit von 5 km/h angeordnet ist. Ebenso wie auf anderen untergeordneten Schifffahrtswegen in Berlin werden auf dem Kanal V Schifffahrtszeichen generell nicht beleuchtet. Ebenso werden auf diesen Schifffahrtwegen mögliche Gefahrenstellen (z. B im Wasser stehende Pfähle aus Holz oder Stahl, Poller) grundsätzlich nicht beleuchtet. Hierauf können und müssen sich Schiffsführer einstellen. Sie müssen Vorkehrungen treffen, die es ihnen ermöglichen, trotz der Dunkelheit sowohl Schifffahrtszeichen als auch Gefahrenstellen so rechtzeitig zu erkennen, dass sie noch rechtzeitig und angemessen reagieren können. Sind sie hierzu nicht in der Lage, müssen sie ihre Fahrt sofort beenden. Sie können und dürfen nicht darauf Vertrauen, dass Gefahrenstellen nachts beleuchtet oder durch rote Lichter gekennzeichnet sind.

Dem Beklagten kann deshalb möglicherweise allenfalls vorgeworfen werden, dass er es unterlassen hat, an dem Gerüst selbst als der Gefahrenstelle eine (weitere) reflektierende Tafel „rot-weiß-rot" gemäß Anlage 7 Abschnitt I.A.1 zur BinSchStrO anzubringen.

d) Trotz Verletzung einer solchen Verkehrssicherungspflicht würde der Beklagte nicht für die dem Kläger bei dem tragischen Unfall entstandenen Schäden haften. Das Unterlassen
des Beklagten war für den Unfall nämlich nicht kausal, denn es steht nicht fest, dass der Unfall, bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten mit Sicherheit nicht eingetreten wäre (§ 286 ZPO).

Bei schuldhaften Verstößen gegen Verkehrssicherungspflichten haftet der Pflichtige für die hierdurch verursachten Schäden (vgl. Senat, VersR 2002, 859; BGHZ 37, 69; OLG Karlsruhe, ZfB 1995 (Nr. 5),.39; Rn. 15; OLG Nürnberg, Urt. vom 3. Juni 1976 -- 8 U 233/74 --)..
Sofern es sich bei dem Verstoß um ein schuldhaftes Unterlassen handelt, ist der Schaden dem Unterlassenden nur zuzurechnen, wenn dieser bei pflichtgemäßem Verhalten mit Sicherheit nicht eingetreten wäre. Die bloße Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts genügt nicht (Senat, a.a.O.; BGHZ 64, 46 (51); BGH, NJW 1984, 432 (434); Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., Vorbem v § 249, Rn. 84).

Es kann dahinstehen, ob vorliegend bei der Kausalitätsfeststellung die Anwendung der Grundsätze über den Beweis des Ersten Anscheins geboten ist (vgl. hierzu BGH, NJW 1994, 945; Palandt/Heinrichs, a.a.O. Rdnr. 167; zu den Grenzen: BGH, NJW 1984, 432), ein solcher Anscheinsbeweis wäre nämlich durch vom Kläger selbst vorgetragene Tatsachen entkräftet.

Der Kläger hat in beiden Instanzen wiederholt behauptet, er habe in Folge der Dunkelheit weder das an der R-Brücke angebrachte, 1,05 m hohe und 1,55 m breite, reflektierende Verbotsschild noch das Gerüst sehen können. So hat er auf Seite 4 seines erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 28. Juli 2003 ausgeführt, selbst unter Berücksichtigung des Mondlichtes und der Straßenbeleuchtung wäre ein Topplicht nicht ausreichend gewesen, um Sperrschild und Gerüst wahrzunehmen. Auf den Seiten 5 und 7 seines Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 4. Dezember 2003 trägt der Kläger vor, Sperrschild und Gerüst seien nur tagsüber sichtbar gewesen, nachts dagegen nicht.
Zwar hat der Kläger in erster Instanz auch vorgetragen, dass an der Brücke angebrachte Sperrschild sei durch das Gerüst verdeckt gewesen. Diese Behauptung, die der Kläger in seiner Berufungsbegründungsschrift selbst relativiert hat (verdeckt von Gerüststangen, wenn auch nicht vollständig.") widerspricht aber evident den auf dem als Anlage 5 von dem Beklagten eingereichten Photo erkennbaren örtlichen Gegebenheiten. Hiernach wurde das Sperrschild nicht, auch nicht teilweise, von dem Gerüst verdeckt. Allenfalls ragten zwei senkrechte und eine waagrechte Gerüststange bis vor das untere Drittel des Sperrschildes. Das Gerüst war mithin nicht ursächlich für die fehlende Wahrnehmung des Schildes durch den Kläger, diese beruhte damit nach Darstellung des Klägers allein auf der vom Kläger selbst behaupteten „absoluten" Dunkelheit.

Wenn aber der Kläger, wie er selbst vorträgt, wegen der Dunkelheit weder dass an. der Brücke angebrachte Verbotsschild noch das Gerüst wahrnehmen konnte, dann hätte er auch ein an dem Gerüst selbst, etwa 1 m über der Wasserfläche, angebrachtes Schild nicht wahrgenommen. Die Lichtverhältnisse im Bereich der Brückendurchfahrt waren nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls nicht besser als im Bereich des Brückenbogens. Mangels konkreter Wahrnehmbarkeit eines am Gerüst angebrachten Schildes durch den Kläger zur Unfallzeit kann aber das Fehlen des Schildes weder für den Unfall noch für die dem Kläger entstandenen Schäden ursächlich sein. Der Unfall beruht vielmehr auf dem leichtfertigen Fehlverhalten des Klägers. Er befuhr mit seinem Schlauchboot den Kanal V, obwohl er nach seinem eigenen Vorbringen seine Umgebung infolge der Dunkelheit nicht wahrnehmen konnte, ohne sich durch geeignete Lichtquellen eine hinreichende Orientierung zu verschaffen.

3. Selbst wenn man aber die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden bejahen wollte, würde der Beklagte für diesen Schaden nicht haften, denn er ist ganz überwiegend vom Kläger selbst schuldhaft verursacht worden.(§ 254 Absatz 1 BGB).

Bei der Festlegung der Mitverschuldensquote ist in erster Linie auf das Maß der beiderseitigen Schadensverursachung und in zweiter Linie auf das Maß des beiderseitigen
Verschuldens abzustellen (vgl. BGH, NJW-RR 2000,272; BGH, WM 1997,1250,1252; BGH, VersR 1998, 474, 475). Es kommt danach für die Haftungsverteilung wesentlich darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Eintritt des Schadens in erheblich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat.

Schadensursächlich war vorliegend ganz überwiegend das leichtfertige Verhalten des Klägers. Der Kläger hätte den Unfall bei zumutbarer eigener Vorsorge vermeiden können. Das Verhalten des Klägers beinhaltet eine Verletzung der elementaren Eigensorgfalt und ein ganz ungewöhnliches Maß an Sorglosigkeit und Leichtfertigkeit. Er hat, dies ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag sowie aus dem unstreitigen Unfallhergang, keine Vorkehrungen getroffen, die es ihm ermöglicht hätten, trotz der Dunkelheit sowohl Schifffahrtszeichen als auch Gefahrenstellen so rechtzeitig zu erkennen, dass er noch rechtzeitig und angemessen hätte reagieren können. Sofern er nicht in der Lage gewesen sein sollte, solche Vorkehrungen zu treffen, hätte er seine Fahrt sofort beenden müssen. Er hat mithin die nautische Sorgfalt außer Acht gelassen, nach der, die Geschwindigkeit eines Fahrzeuges den Sichtverhältnissen anzupassen und die Fahrt ggf. zu beenden ist. Zugleich hat er gegen § 1.04 lit. A BinSchStrO verstoßen, denn er hat als Schiffsführer nicht alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die nach der allgemeinen Sorgfaltspflicht und der Übung der Schifffahrt geboten waren, um. die Gefährdung von Menschenleben zu vermeiden. Der Kläger war als Schiffsführer zudem verpflichtet, sich laufend und genau über den Inhalt von Hinweisen, Bekanntmachungen oder Anordnungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung für die Fahrt auf der von ihm zu befahrenden Schifffahrtsstrasse zu unterrichten und sie sorgsam zu beachten (vgl. BGH, VersR 1989, 271).

Der Kläger konnte und durfte nicht darauf vertrauen, dass Gefahrenstellen auf dem
Kanalsystem des Wassersportgeländes Neu-Venedig nachts beleuchtet oder durch rote
Lichter gekennzeichnet sind. Dem Kläger, der unstreitig zur Unfallzeit auf einem nur etwa
500 Meter von der Unfallstelle entfernt liegenden Grundstück mit Wasseranschluss
wohnte, müssen die Örtlichkeiten bekannt gewesen sein,
insbesondere müssen ihm die nächtlichen Sichtverhältnisse auf dem Kanalsystem des Wassersportgeländes Neu-Venedig bekannt gewesen sein. Wenn er dieses Kanalsystem gleichwohl bei Dunkelheit befährt, so nimmt er leichtfertig in Kauf, dass er die im Kanalbereich angebrachten Schifffahrtszeichen nicht zur Kenntnis nehmen kann. Es kann hierbei dahinstehen, ob der Kläger wofür vieles spricht - die Fahrt im Zustand der Fahruntüchtigkeit und ohne die vorgeschriebene Fahrtlichter unternommen und hierbei die im Kanalsystem vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 5 km/h überschritten hat: jedenfalls war seine Geschwindigkeit den Sichtverhältnissen nicht angepasst oder er war überaus unaufmerksam und sorglos, also sorgfaltswidrig.

Gegenüber dieser ganz erheblichen schuldhaften Mitverursachung des Schadens durch den Kläger fällt eine etwaige schuldhafte Mitverursachung des Schadens durch Mitarbeiter des Beklagten nicht ins Gewicht. Der Beklagte ist in ganz erheblichem Umfang seiner Verkehrssicherungspflicht nachgekommen. So hat er die Brückendurchfahrt durch Anbringung des hierfür vorgesehenen amtlichen Schifffahrtszeichens für die gesamte Schifffahrt gesperrt und zusätzlich durch ein am Kanalufer angebrachtes Hinweisschild auf diese Sperrung hingewiesen. Beide Schilder sind, wie sich aus der Anlage 5 zur Klageerwiderung eindrucksvoll ergibt, bei Tag nicht zu übersehen. Darüber hinaus machte der Beklagte, wie sich aus Anlage 2 ergibt, die Sperrung amtlich durch Bekanntmachung vom 20. Juli 1999 - also etwa 2 Monate vor dem Unfall am 20. September 1999 - bekannt. Die fehlende Kennzeichnung des Gerüstes durch ein (zusätzliches) Schild war mithin - wenn überhaupt - nur in geringem Umfang schadensursächlich und rechtfertigt gegenüber dem Beklagten allenfalls den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit.

Insgesamt überwiegt die schuldhafte Verursachung durch den Kläger selbst so stark, dass eine eventuelle leicht fahrlässige Mitursächlichkeit des Unterlassens der Mitarbeiter des Beklagten nicht ins Gewicht fällt und deshalb völlig zurücktritt.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§.543 Absatz 1 Nr.1, Absatz .2 ZPO n. F.).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711.