Jurisprudentiedatabank
Leitsatz:
Zur Bedeutung der Intelligenz und der biblischen Vermehrungskraft von Ratten für die Obhutshaftung des Frachtführers
Urteil des Schiffahrtsgericht Würzburg
vom 10. Oktober 2007
Aktenzeichen 12 C 894/06 BSch
(rechtskräftig)
Zum Tatbestand:
Die Klägerin ist Transportversicherer einer Ladung Weizen, die der Beklagte von Ochsenfurt nach Antwerpen transportiert hat. Die Reise dauerte vom 14. bis 18. März 2005, während drei Übernachtungen lag das Schiff an Liegeplätzen mit Verbindung zum Land. Bei Ankunft am Bestimmungsort war die Ladung durch Rattenkot verunreinigt. Durch einen Sachverständigen wurde am Löschort eine lebende Ratte an Bord entdeckt, der die in Laderaum Nr. 1 festgestellten Kotreste zugeordnet werden konnten.
Die Klägerin behauptet, die Ratte sei während der nächtlichen Aufenthalte auf das Schiff gelangt und habe die Ladung verunreinigt. Die Silos am Ladeort seien rattenfrei. Die Beklagte trägt vor, auch angesichts der gleichsam biblischen Vermehrungskraft von Ratten sei es ausgeschlossen, dass die Verunreinigung durch einen oder andere Nager in der Kürze der Fahrt verursacht worden sein könnten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet, weil die Klägerin ein Verschulden der Beklagten nicht nachgewiesen hat.
Es kann dahinstehen, ob die Konnossementsbedingungen der Beklagten wirksam geworden sind. Jedenfalls setzt ein wie immer gearteter Anspruch voraus, dass die Klägerin den Beweis führt, dass der geltend gemachte Schaden mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein wie immer geartetes Verhalten der Beklagten oder deren Erfüllungsgehilfen zurückzuführen ist. Indiz für die Richtigkeit des Vortrags der Klage ist, dass die fehlenden Dichtungen der Ladeluken zum Laderaum Ratten Einlass gewähren konnten.
Dagegen spricht aber, dass eine Ratte in der kurzen Zeit der Fahrt nach Auffassung des Gerichtes die imposanten Kotspuren kaum verursachen konnte. Die gefundenen Mengen setzen ja auch voraus, dass eine entsprechende Nahrungsaufnahme stattgefunden hat. Auch der angesprochene märchenhafte Geschlechtstrieb der Ratte konnte in der kurzen Zeit nicht zu der notwendigen Vermehrung der Art mit der für die Aufnahme fester Nahrung notwendigen Entwicklung führen.
Eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Version der Klägerseite besteht gleichwohl.
Dieser Wahrscheinlichkeit gegenüber steht aber in gleichem Maße die Möglichkeit, dass die oder der Nager bereits bei Übernahme des Transportguts in Ochsenfurt in die Ladung gelangt sind. Die Klägerin hat zwar behauptet das Silogelände sei rattenfrei. Hier fehlt dem Gericht schon deshalb der Glaube, weil, dies hat schon der Biologieunterricht in mehreren Stufen gezeigt, Ratten vermutlich auch noch auf der Erde sind, wenn die Menschheit bereits ausgestorben ist. Die Ratte ist bekanntlich ein ausgesprochen intelligentes Lebewesen, soweit es um das Überleben geht.
So hat der von der Klägerin benannte Zeuge, Silomeister beim Versender, auch in erfreulicher Offenheit eingeräumt, dass der oder die Nager durchaus bereits bei der Verladestation in den Laderaum befördert worden sein könnten.
Damit ist der gem. § 286 ZPO zu verlangende Beweis für die schuldhafte Vertragsverletzung nicht geführt. Die Klage war mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2008 - Nr.1/2 (Sammlung Seite 1968); ZfB 2008, 1968