Jurisprudentiedatabank
Leitsatz:
Zur Beweisführung eines angeblichen Schadens an einem stilliegenden Schiff und seinem Wohnungsinventar im Falle einer leichten Berührung durch ein anderes Schiff während eines Ankermanövers.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 27. März 1979
104 Z -7/79
(Rheinschiffahrtsgericht St. Goar)
Zum Tatbestand:
Am Abend des 14. 8. 1975 wollte das vom Beklagten zu 2 geführte MS H der Beklagten zu 1 in der Nähe des rechtsrheinisch bei Oberwesel vor Anker gegangenen MTS B der Klägerin ebenfalls ankern. Dabei berührte MS H mit seinem runden Heck den Bug des Schiffes der Klägerin. Die Klägerin verlangt Schadensersatz von ca. 3500,- DM, weil der Bug ihres Schiffes eingedrückt und in der vorderen Wohnung Porzellan und Glas zerstört sowie Expertenkosten entstanden seien. Die Beklagten behaupten, daß es sich nur um eine leichte Berührung mit der Folge einer leichten Schleifspur, aber ohne Schäden am Schiff und Inventar gehandelt habe. Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Klage bis auf einen Betrag von 143,82 DM abgewiesen. Die Berufungskammer hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen und die Klage auf Berufung der Beklagten auch bezüglich des zunächst zuerkannten Betrages abgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
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Die Zeugenaussagen sind nicht einheitlich. Der Kapitän des Schiffes der Klägerin, der Zeuge P., hat bei seiner Vernehmung durch die Wasserschutzpolizei am Tage des umstrittenen Ereignisses erklärt, an Bergeplatte und Gangbord seines Schiffes seien dabei Schäden entstanden. Er wisse nicht, ob auch der Kimmgang beschädigt worden sei. Diese Aussage hat er bei seiner Vernehmung im vorliegenden Rechtsstreit am 20. 4. 1977 wiederholt, aber hinzugefügt, die beschädigte Stelle habe unter der Namensschrift seines Schiffes gelegen. Davon habe er sich mit Hilfe einer Taschenlampe überzeugt. Die Richtigkeit dieser Bekundung ist deshalb zweifelhaft, weil die Fotos das Schiff der Klägerin nach dem umstrittenen Ereignis auf der Werft zeigen, unter der Namensschrift keine Beschädigung erkennen lassen, sondern nur eine Beule an anderer Stelle des Bugs. Nach der weiteren Aussage des Zeugen P. hatte das Schiff der Klägerin bereits vor dem 14. 8. 1975 mehrere Beulen. Unter diesen Umständen kann die Aussage P. auch bei isolierter Betrachtung nicht zu der sicheren Feststellung führen, das Schiff der Klägerin sei am 14. 8. 1975 durch dasjenige der Beklagten beschädigt worden. Auch die Aussage des Zeugen St., des Steuermannes des Schiffes der Klägerin, erlaubt eine solche Feststellung nicht (wird ausgeführt):
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Die vom Rheinschiffahrtsgericht durchgeführte weitere Beweisaufnahme hat das Bild noch mehr zu Ungunsten der Klägerin verändert. Zunächst haben die sachverständigen Zeugen S. und K. eine Reihe von Feststellungen dargelegt, die sie bei der Besichtigung des Schiffes der Klägerin auf der Werft getroffen haben. Sie sprechen dafür, daß es bei dem umstrittenen Ereignis nicht beschädigt worden ist. Die dabei angeblich entstandene Beule war nämlich an der Außenfläche überstrichen. Im Inneren war an der gleichen Stelle Farbe abgesprungen. Die deshalb sichtbaren Eisenteile waren bereits gedunkelt und mit Rostpickeln übersät.
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Abgerundet wird das für die Klägerin ungünstige Bild der Beweisaufnahme durch das vom Rheinschiffahrtsgericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen W.
a) Eine Beschädigung an der von der Klägerin behaupteten Stelle ist mit der Abladung beider Schiffe unvereinbar. Das Schiff der Beklagten lag so tief im Wasser, daß die höchste Stelle seines Achterstevens unterhalb der von der Klägerin vorgetragenen Schadensstelle an ihrem Schiff lag. Zur Begründung hat der Sachverständige auf die Darlegungen der Beklagten BI. 48 und BI. 65-68 verwiesen, die er nach Einsicht in die Generalpläne beider Schiffe (B1.59 und 62 d. A.) für zutreffend hält. Diese Ansicht hat er durch die Schaubilder BI. 87/88 verdeutlicht, die übereinandergelegt zeigen, daß die von der Klägerin behauptete Schadenstelle höher liegt als die höchstmögliche Anstoßstelle.
b) Die Art der von der Klägerin behaupteten Schadensstelle und fehlende Schäden am Schiff der Beklagten sind mit jeder denkbaren Art der Berührung der Schiffe der Parteien unvereinbar. Die Schadensstelle ist eine kurze, scharfe, senkrechte Beule in der 20 mm starken Bergeplatte. Wäre das Schiff der Beklagten mit seinem Heck senkrecht gegen dasjenige der Klägerin gestoßen, so hätte dies zwar die Folge dieses Zusammenstoßes sein können. In diesem Falle wäre aber auch das Heck des Schiffes der Beklagten beschädigt worden, da es nicht so stark gebaut war wie der sehr starke Bug des TMS B. Einen Zusammenstoß in der bisher geschilderten Art hält der Sachverständige aber für nicht wahrscheinlich. Nach seiner aus den Zeugenaussagen geschöpften Ansicht ist die Berührung der Schiffe so verlaufen, daß dasjenige der Beklagten mit seinem fast noch geraden Achterschiff gegen den Bug des TMS B geklatscht ist. Wenn damit Schäden verbunden gewesen wären, so hätten sie nur eine längere, waagerechte Einbeulung zur Folge haben können, nicht aber die vorgezeigte scharfe, senkrechte, kurze Beule.
c) Die in den Akten liegenden Fotos zeigen nach der Ansicht des Sachverständigen typische Altschäden, deren Entstehung zur Zeit der Fotoaufnahmen am 26. 8. 75 längere Zeit zurücklag. Er meint deshalb, daß die Feststellungen der Zeugen P. und K. über das Alter der ihnen vorgelegten Schadensstelle richtig seien.
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Insgesamt gesehen hat also die Klägerin den von ihr behaupteten Schaden ihres Schiffes zumindest nicht bewiesen. Das Ergebnis der Beweisaufnahme erlaubt sogar die Feststellung, ein solcher Schaden sei nicht eingetreten. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Im einzelnen: Eingangs ist festzustellen, daß eine Berührung, die zu keinen Schäden an den beteiligten Schiffen geführt hat, trotzdem bewegliches Inventar - etwa Glas und Porzellan - zerstört haben kann. Der Klägerin ist es aber nicht gelungen, einen solchen Inventarschaden zu beweisen.
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Der Bericht der Wasserschutzpolizei vom 2. 11. 75 in den Strafakten erwähnt zwar Schäden am Küchengeschirr, an der Innenbeleuchtung und an zwei Kofferradios. Aus ihm geht aber auch hervor, daß dies nicht aufgrund von Wahrnehmungen der Polizeibeamten, sondern entsprechend den Erklärungen des Schiffsführers P. des TMS B geschieht. Dieser Zeuge hat bei seiner Vernehmung durch die Wasserschutzpolizei am 14. 8. 1975 solche Schäden behauptet. Auf diese Aussage hat er sich bei seiner Vernehmung im vorliegenden Rechtsstreit bezogen, ohne allerdings Inventarschäden ausdrücklich zu erwähnen. Trotz dieser Aussagen hat die Klägerin in ihrer Schadensaufstellung im vorliegenden Rechtsstreit nur Schäden an Porzellan und Glas aufgenommen, solche an der Beleuchtung und an Kofferradios aber nicht. Sie will an die Beleuchtungsschäden nicht gedacht haben, während diejenigen an den Radios nicht geltend gemacht worden sein sollen, weil die Geräte Mitgliedern der Schiffsbesatzung gehörten, die aus den Diensten der Klägerin ausgeschieden sind. Das ist eine denkbare Erklärung der Unterlassung. Denkbar ist aber auch, daß die Klägerin die Angaben des eigenen Schiffsführers nicht für zuverlässig hielt und sie deshalb nicht in vollem Umfang zur Grundlage ihrer Schadensberechnung machte. Jedenfalls rechtfertigt der dargelegte Sachverhalt Zweifel an der Richtigkeit derAussage P. Sie werden noch größer, wenn man die Aussagen anderer Zeugen würdigt. So hat der Matrose B. bei seiner Vernehmung durch die Wasserschutzpolizei am 14. 8. 1975 nur Schäden am Küchengeschirr erwähnt. Der Steuermann S. hat bei seiner Anhörung am gleichen Tage von Schäden am Inventar überhaupt nicht gesprochen. Beide Zeugen befanden sich bei der Berührung der Schiffe in den vorderen Wohnungen des TMS B, so daß ihnen Beschädigungen des Inventars, die u. a. zum Ausfall der Beleuchtung geführt haben sollen, besonders hätten auffallen müssen.
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Im Zusammenhang gewertet rechtfertigt die Beweisaufnahme Zweifel an der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin über Inventarschäden aus Anlaß des Ereignisses vom 14. 8. 1975. Sie werden besonders stark, wenn man berücksichtigt, daß sich die Behauptungen über Schäden am Schiff als sehr unzuverlässig erwiesen haben. Die Feststellung, Inventarschäden seien bewiesen, ist deshalb nicht möglich.
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