Jurisprudentiedatabank
Leitsatz:
Ein Küstenschiffer ist dann nicht zur Eintragung in das Handelsregister gemäß § 1 Abs. 2 Ziffer 5 HGB verpflichtet, wenn er seine kaufmännischen und anderen unternehmerischen Funktionen nicht selbst ausübt, sondern diese Aufgabe einer Schiffahrtsgesellschaft überlässt, die das Schiff zur laufenden Beschäftigung gechartert hat.
Beschluß
des Amtsgerichts Brake
vom 28. Juni 1971
Sachverhalt:
Das Registergericht hatte auf Anregung der Industrie- und Handelskammer den Betriebsinhaber unter Androhung einer Ordnungsstrafe zur Eintragung seines Unternehmens in das Handelsregister angehalten. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde zurückgewiesen und gleichzeitig eine Ordnungsstrafe von 100,- festgesetzt.
Aufgrund der vom Betriebsinhaber eingelegten Erinnerung hat das Amtsgericht eine Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages eingeholt. In der gutachtlichen Äußerung ist vergleichsweise auf die rechtlichen Verhältnisse in der Binnenschiffahrt, und zwar auf die in Schifferbetriebsverbänden zusammengeschlossenen Privatschiffer (Partikuliere) Bezug genommen worden, für die keine Handelsregisterpflicht bestehe, soweit der Verband gemäß § 18 BSchVerkG zugunsten der ihm angeschlossenen Schiffseigner die reglementierende Tätigkeit ausübe und es bei den Mitgliedern deshalb an der vollkaufmännischen Art des Geschäftsbetriebes fehle. Im Prinzip träfen diese Gesichtspunkte für die Unternehmen der Küstenschifffahrt im allgemeinen nicht zu, da es hier an der Verlagerung wichtiger unternehmerischer Funktionen an einen Verband fehle. Im vorliegenden Falle sei das einzige betriebene Küstenmotorschiff jedoch seit 5 Jahren ständig an eine Schifffahrtsgesellschaft verchartert worden. Dieses Unternehmen tätige auch alle Verfrachtungsabschlüsse. In dem Gutachten wird dazu ausgeführt: „Damit ist u. E. das Bedürfnis kaufmännischer Einrichtungen trotz der geschilderten grundsätzlichen Verschiedenheit zwischen Binnenschiff- und Küstenschiff- und Kleinschiffern in diesem Fall, die Richtigkeit der Angaben unterstellt, ebenso zu beurteilen wie - auf gesetzlicher Grundlage - bei den Unternehmen der Klein-Binnenschifffahrt. Wir kommen daher zu dem Ergebnis, daß aus diesem besonderen Grunde eine Eintragung im Handelsregister nicht notwendig ist."
Das Amtsgericht hat sich dieser Stellungnahme angeschlossen und daher den angefochtenen Beschluß auf die Erinnerung des Betriebsinhabers antragsgemäß aufgehoben.
Aus den Gründen:
Grundsätzlich gelten zwar die Geschäfte der Frachtschiffahrt als Handelsgewerbe (§ 1 II 5 HGB) und der Betreibende ist Kaufmann (§ 1 1 HGB), der verpflichtet ist, sich im Handelsregister eintragen zu lassen (§ 29 HGB). Ausgenommen von der Eintragungspflicht sind aber die Kleingewerbe, deren Betrieb nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 4 HGB).
Obwohl die von der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer Oldenburg aufgrund des Beurteilungsbogens gemachten Angaben (4 Arbeitnehmer, 170 000,- bis 177 000,- DM Umsatz, 100000,- DM Kredit) als Indizien für die Erforderlichkeit kaufmännischer Einrichtungen sprechen, ist das Gericht in Übereinstimmung mit der überzeugenden Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages zu dem Ergebnis gelangt, daß in diesem Fall eine Eintragung im Handelsregister nicht notwendig ist, weil der Betriebsinhaber seine kaufmännischen Funktionen nicht selber ausübt. Sein Betrieb ist als kleingewerblicher anzusehen, weil das einzig betriebene Küstenmotorschiff Z seit etwa fünf Jahren ständig verchartert ist und der Charterer alle Verfrachtungsabschlüsse tätigt sowie auch die laufenden Geschäfte des Schifffahrtsbetriebes erledigt."