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Leitsatz:
Zur Gültigkeit haftungsbeschränkender Bestimmungen in den allgemeinen Benutzungsbedingungen für einen kommunalen Hafenbetrieb.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 25. Oktober 1966
VI ZR 282/64
(Landgericht Krefeld/Oberlandesgericht Düsseldorf)
Zum Tatbestand:
Die Klägerin führte mit ihren Lastkraftwagen Transportaufträge für die Krefelder Spedition KG. durch. Die Fahrzeuge wurden im städtischen Rheinhafen, einem rechtlich unselbständigen Betrieb der beklagten Stadt, beladen. Nachdem kleinere, durch den Hafenkran verursachte Schäden an den Lkw der Klägerin von der Beklagten des öfteren ersetzt worden waren, traten am 3. Mai 1960 und am 10. März 1961 größere Schäden ein, weil im ersten Fall der Greifer des Kranes durchschlug und im zweiten Fall der Greifer verkantete und ins Pendeln geriet und in beiden Fällen die Aufsteckbretter beschädigt wurden.
Die Klägerin verlangt Schadensersatz, weil im ersten Fall die Bremsbacken abgenutzt oder nicht nachgestellt gewesen seien bzw. der Kranführer zu schwach geladen und nicht rechtzeitig abgebremst habe, im zweiten Fall der Greifer durch den Kranführer unsach¬gemäf5 entleert worden sei.
Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab, da ihr gemäF3 § 16a ihrer allgemeinen Hafenbenutzungsbedingungen kein Verschulden durch mangelhafte Unterhaltung der Hafeneinrichtungen und kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden des städtischen Personals nachgewiesen werden könne.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage dem Grunde nach stattgegeben.
Auf die Revision wurde das vorinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Berufungsgericht hat als erwiesen angesehen, daF3 sowohl am 3. Mai 1960 als auch am 10. März 1961 der Kranführer den Schaden in Ausführung der ihm anvertrauten Verrichtungen durch fehlerhafte Bedienung des Kranes verursacht hat.
Die Schadenshaftung der Beklagten gegenüber der Klägerin ist nach Ansicht des Berufungsgerichtes bei dieser Sachlage auch aufgrund des Umladevertrages begründet, den die Krefelder Spedition KG. unstreitig mit der Hafenverwaltung geschlossen hat; die Klägerin sei mit ihren Fahrzeugen in die Schutzwirkung dieses Vertrages einbezogen gewesen; auf der Grundlage dieses Vertrages sei ihr gegen die Beklagte daher gleichfalls ein Anspruch auf Ersatz des ihr durch das schuldhafte Fehlverhalten der Kranführer entstandenen Schadens erwachsen.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Beurteilung die Grundsätze des allgemeinen bürgerlichen Rechts zugrunde gelegt werden müssen. Handelt es sich bei dem Hafen der beklagten Stadt mit seinen Einrichtungen auch um Objekte der öffentlichen Hand, so sind die Rechtsformen der Benutzung von der beklagten Stadt jedoch nicht hoheitsrechtlich ausgestaltet worden, vielmehr betreibt die Stadt den Hafen nach Maßgabe der Eigenbetriebs-Verordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Dezember 1953( GVBI S 435 GS NW S. 181 mit Ausführungserlaß vom 14. April 1954 - MBI S. 615) als wirtschaftliches Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Solche Unternehmen unterscheiden sich von privaten Unternehmen nur dadurch, daß ihr Inhaber eine öffentliche Körperschaft ist, daß sie demgemäß von deren Organen verwaltet werden und daß die Geschäftsführung durch innere Dienstvorschriften geregelt ist. Nur in dieser Hinsicht spielt das öffentliche Recht eine Rolle, im übrigen unterliegen sie aber ganz dem bürgerlichen Recht (vgl. BGH-Urteil vom 10. Februar 1956 - 1 ZR 61 /54 - LM Nr. 25 zu § 1004 BGB).
Das Berufungsgericht mißt den allgemeinen Benutzungsbedingungen jedoch eine zu enge Bedeutung bei, wenn es meint, sie gälten nur für den Fall, daß über die Benutzung der Hafenanlagen zwischen dem Benutzer und der Hafenverwaltung ein Vertrag abgeschlossen worden sei, und bestimmten nur den Inhalt dieses Benutzungsvertrages. Wie in § 1 a der inhaltlich unstreitigen Benutzungsbedingungen niedergelegt ist, gelten die Bestimmungen der allgemeinen Benutzungsbedingungen "für den Zutritt in den städtischen Hafen, den Aufenthalt in den Betriebsanlagen und die Benutzung der Hafeneinrichtungen". Nach dem Zusammenhang mit dieser einleitenden Bestimmung braucht es für die Geltung des § 16 a mit der einschränkenden Haftungsregelung für die bei Verkranungen vorkommenden Personen- und Sachschäden nicht darauf anzukommen, daß der Geschädigte mit der Hafenverwaltung über die Verkranung einen Vertrag abgeschlossen hat. Unverkennbar soll die Haftung der beklagten Stadt nach den genannten Bestimmungen für Schadensfälle dieser Art auch dann eingeschränkt sein, wenn durch den Schaden ein anderer als derjenige betroffen wird, der die Verkranung aufgrund eines mit der Hafenverwaltung abgeschlossenen Vertrages vornehmen läßt.
Ist zwischen der Klägerin und der Hafenverwaltung kein Verkranungsvertrag mit den Haftungsmodalitäten des § 16 a der allgemeinen Benutzungsbedingungen abgeschlossen und auf diese Weise mit der vertraglichen Haftung auch die außervertragliche Haftung der beklagten Stadt entsprechend eingeschränkt worden, so kann die außervertragliche Haftung der Stadt daher nur dann im Sinne des § 16 a eingeschränkt sein, wenn ein hierauf gerichteter Vertrag zwischen der Klägerin und der Hafenverwaltung zustande gekommen ist.
Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, daß sie die Benutzungsbedingungen gekannt hat. Nun hat sie sich frei¬lich mit einer Haftungseinschränkung gemäß § 16 a der allgemeinen Benutzungsbedingungen nicht ausdrücklich einverstanden erklärt. Eine stillschweigende Zustimmung hat aber darin gelegen, daß sie in Kenntnis der Benutzungsbedingungen ihre Kraftwagen in den Hafen schickte und zur Beladung mit Transportgut durch einen Kran in dessen Schwenkbereich aufstellen lief). Daß sich jemand in dieser Weise den Gefahren des Kranbetriebes aussetzte, ließen die Benutzungsbedingungen nach ihrem Sinn nur unter der Bedingung zu, daß die Stadt für etwa eintretende Schäden nur in den Schranken des § 16 a zu haften brauchte.
Mit Recht tritt die Revision der Annahme des Berufungsgerichtes entgegen, daß die Beweisregelung in § 16 a der allgemeinen Benutzungsbedingungen ungültig sei.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind freilich nicht nur unter dem Gesichtspunkt des § 138 BGB (Unsittlichkeit sittenwidriger Vereinbarungen), sondern namentlich auch nach § 242 BGB, also danach zu beurteilen, ob sie mit den Grundsätzen von Treu und Glauben in Einklang stehen (vgl. RGZ 168, 321, 329; BGHZ 22, 90, 96 mit Anm. Fischer in LM Nr. 1 zu Allg. Geschäftsbedingungen; Staudinger-Weber BGB 11. Aufl. § 242 D 97).
Daß sich die Beweislastregelung in § 16 a der allgemeinen Benutzungsbedingungen mit diesem Erfordernis in unvereinbaren Widerspruch setzte, läßt sich jedoch nicht sagen. Es ist allerdings richtig, daß bei Werk- und Dienstverträgen in der Frage des Verschuldens den Unternehmer die Beweislast trifft, wenn sich aus der Sachlage zunächst der Schluß rechtfertigt, daß er die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt habe, und wenn die Schadensursache aus einem Gefahrenkreis hervorgegangen ist, für den im Zweifel der Unternehmer verantwortlich ist.
Für die Frage der Vereinbarkeit mit Treu und Glauben kommt es aber sehr darauf an, von welchem Gerechtigkeitsgehalt die vom Gesetzgeber aufgestellten dispositiven Normen der Natur der Sache nach sind. Hier hat das Berufungsgericht rechtsirrtumsfrei angenommen, daß es nicht als unzulässig angesehen werden kann, daß sich die Beklagte von der Haftung für leichtes Verschulden ihres Personals - mangelhafte Unterhaltung der Hafeneinrichtungen ausgenommen - freigezeichnet hat. Insoweit spielt daher auch die Beweislastregelung keine Rolle. Ihr kommt demnach von vornherein nur eine beschränkte Bedeutung zu, bezogen auf die Fälle einer Schadensverursachung als Folge schuldhaft mangelhafter Unterhaltung der Einrichtungen oder grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhaltens des städtischen Personals. Daß Vertragspartnern für Fälle dieser Art der Beweis obliegen soll, setzt deren schutzwürdige Interessen auch bei Berücksichtigung des monopolartigen Charakters des Hafenbetriebes für den Krefelder Wirtschaftsraum nicht in solchem Maße hinter die von der Beklagten wahrgenommenen gemeinwirtschaftlichen Belange zurück, daß diese Bestimmung als unzumutbar und ungültig betrachtet werden müßte.
Nur unter den Voraussetzungen des § 16 a der allgemeinen Benutzungsbedingungen ist die Beklagte zum Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens verpflichtet. Daß sie vorliegen, ist den Feststellungen, die das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil getroffen hat, nicht zu entnehmen.
Ob der von der Klägerin zu erbringende Nachweis der Haftungsvoraussetzungen als geführt erachtet werden kann, bedarf erneuter tatrichterlicher Würdigung und Feststellung.