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Leitsatz:
Beschäftigungsabkommen, die ein Schifferbetriebsverband mit Reedereien auf freiwilliger Basis über die Mitbeschäftigung von Privatschifferraum (Partikulierraum) abgeschlossen hat, sind nicht öffentlich-rechtliche, sondern privatrechtliche Verträge. Es widerspricht nicht der Vorschrift des § 18 BSchVG oder den dazu erlassenen Satzungen eines Schifferbetriebsverbandes, wenn dieser die Einteilung des auf Grund eines Mitbeschäftigungsabkommens anfallenden Schleppgutes einer mit den Reedereien gemeinsam gebildeten, privatrechtlichen Selbstverwaltungseinrichtung, nämlich der Transportzentrale, überträgt.
Urteil des Verwaltungsgerichts in Hamburg
vom 27. 11. 1959
V I b 1071/59
Zum Tatbestand:
Der Kläger ist als Eigner eines Motorschleppers Zwangsmitglied des beklagten Schifferbetriebsverbandes. Mit der Klage im Verwaltungsgerichtswege wird das Verhalten des beklagten Verbandes u. a. beim Abschluss von Mitbeschäftigungsverträgen, bei der Quotenverteilung, der Erhebung von Beiträgen und Organisationsgebühren sowie wegen der Übertragung der Durchführung von Mitbeschäftigungsverträgen auf die Transportzentrale gerügt und die Feststellung unrichtigen oder unzulässigen Verhaltens der Beklagten begehrt.
Die Klage wurde teils als unzulässig, teils als unbegründet abgewiesen (Rechtskräftig).
Aus den Entscheidungsgründen:
Vereinbarungen über die Verteilung von Fracht- und Schleppgut, sowohl wenn sie von Schifffahrtverbänden untereinander als auch wenn sie zwischen Schifffahrtverbänden und Schifffahrttreibenden geschlossen werden, bedürfen - vornehmlich zur Verhinderung von Abreden, die den Wettbewerb in unangemessener Weise einschränken würden - der Genehmigung der zuständigen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen (§ 1 BSchVG). Diese Regelung hält sich im Rahmen marktordnender Bestimmungen, ohne dass dadurch derartige Vereinbarungen zur Einschränkung des freien Wettbewerbs, die auch sonst in der Wirtschaft unter Umständen angestrebt werden, entgegen ihrem Charakter nur im Rahmen des öffentlichen Rechts für zulässig erklärt werden sollten. Es ist auch weder der Satzung des Beklagten noch dem Inhalt der von ihm geschlossenen Beschäftigungsverträge zu entnehmen, dass insoweit dem öffentlichen Recht angehörige Absprachen getroffen werden sollten. Im Regelfall bestehen zwischen den Schifferbetriebsverbänden und den ihnen nicht angehörenden Schifffahrtsunternehmungen keine öffentlich-rechtlichen Beziehungen, die durch Beschäftigungsverträge näher geregelt werden könnten.
Die hier vertretene Auffassung ergibt sich auch aus § 3 BSchVG. Danach kann nämlich der Bundesminister für Verkehr im Falle von Notständen in der Binnenschifffahrt durch Rechtsverordnung die Verteilung von Fracht- und Schleppgut, das ganz oder streckenweise auf Bundeswasserstraßen befördert werden soll, durch Rechtsverordnung regeln. Solange derartige Notstände nicht bestehen, soll die Ordnung des Marktes der Schlepp- und Beförderungsleistungen den genehmigungspflichtigen privatrechtlichen Vereinbarungen der beteiligten Schifffahrttreibenden überlassen bleiben - allerdings mit der Einschränkung, dass zur wirksameren Vertretung der Interessen der Kleinschiffer diese als Gesamtheit im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Zwangsverbandes an derartigen wettbewerbsregelnden Absprachen beteiligt sind.
Für die Feststellung, dass privatrechtliche Verträge wirksam oder unwirksam sind, ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht gegeben.
Ob für den Kläger über etwaige Schadensersatzansprüche im Falle schuldhafter Verletzung der Verpflichtung des Beklagten zur Wahrung der Interessen seiner Mitglieder hinaus ein Anspruch besteht, auf Grund seines Mitgliedschaftsrechtes die Vornahme bestimmter Handlungen des Beklagten zum Schutz seiner Interessen zu verlangen, sowie, ob er diese Ansprüche sogleich gerichtlich geltend machen kann oder ein Vorverfahren nach § 19 BSchVG stattfinden muss, braucht nicht entschieden zu werden. Die Feststellung, dass zwischen dem Beklagten und Dritten bestehende Abkommen von einer andern Stelle nicht dem Inhalt der Abkommen gemäß ausgeführt werden, fällt jedenfalls nicht in diesen Rahmen und wäre auch unzulässig, weil es sich um eine Tatsachenfeststellung handeln würde.
Der Beklagte kann sich nach § 2 Ziffer 1 Satz 3 seiner Satzung an Selbstverwaltungseinrichtungen der Binnenschifffahrt beteiligen. Diese müssen keinen behördlichen, ja nicht einmal öffentlich-rechtlichen Charakter haben. Zwar sieht § 2 Ziffer 1 Buchst. b) der Satzung des Beklagten in Übereinstimmung mit § 18 Abs. 1 Ziffer 2 BSchVG vor, dass der Beklagten die Verteilung des gesamten anfallenden Fracht- und Schleppgutes unter seine Mitglieder durch Beschluss regeln kann. Durch diese Bestimmung sollte dem Beklagten jedoch nur die Möglichkeit gegeben werden, die verbandsinterne Verteilung des für den beklagten Verband auf Grund von Abkommen etwa anfallenden Schleppgutes zu regeln.
Kann diese Ordnung bereits durch Vereinbarungen mit den dem Verband nicht angehörenden Schifffahrtsunternehmungen hergestellt werden, in dem eine marktordnende Verteilung zwischen allen in Betracht kommenden Eignern und Ausrüstern über eine Selbstverwaltungseinrichtung der Binnenschifffahrt ohne Rücksicht darauf gesichert wird, ob sie dem beklagten Verband angehören oder nicht, so ist insoweit der Zweck sowohl des BSchVG als auch der Satzung des Beklagten erreicht ... Dass das BSchVG demgegenüber den Grundsatz hätte aufstellen wollen, es müssten vom Beklagten öffentlich-rechtliche Verwaltungseinrichtungen selbst dann geschaffen werden, wenn der Gesetzeszweck auch ohne sie erreicht werden kann, ist weder dem Wortlaut noch dem Sinn des Gesetzes zu entnehmen. Es bedarf hier keiner weiteren Darlegung, dass der Beklagte, wenn er Vereinbarungen trifft, wie sie die „Regelung für Schlepper" enthält, die Interessen seiner Zwangsmitglieder gegenüber derartigen Selbstverwaltungseinrichtungen in geeigneter Weise zu wahren und darauf zu dringen hat, dass die Rechte seiner Mitglieder nicht verkürzt werden.