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U 5/93 BSch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Decision Date: 21.12.1993
File Reference: U 5/93 BSch
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Oberlandesgericht Karlsruhe
Department: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Zur Verkehrssicherungspflicht - Baumverkehrssicherungspflicht - der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung für Pappeln im Bereich eines Schiffsliegeplatzes.

Urteil des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts) Karlsruhe

U 5/93 BSch

21.12.1993

(Schiffahrtsgericht Mannheim)

Zum Tatbestand:

 

Die Kläger sind Versicherer des MS „J". Sie nehmen aus übergegangenem Recht die Beklagte, die verkehrssicherungspflichtig für die Bundeswasserstraße Nekkar und Eigentümerin der Ufergrundstükke ist, auf Schadensersatz in Anspruch. Eine im unmittelbaren Uferbereich stehende Pappel war am 26.04.1992 auf das im Oberwasser einer Schleuse am Ufer liegende Schiff gefallen und hatte zu erheblichen Schäden geführt. Ein Mitarbeiter des Wasser- und Schiffahrtsamtes hatte zuletzt am 11.10.1991 eine „Baumschau" durchgeführt. Die auf das Schiff gefallene Pappel war am Tag nach dem Unfall zersägt und abtransportiert worden. Später ließ die Beklagte fünf weitere Pappeln, die im Umfeld der unfallursächlichen Pappel gestanden hatten, fällen.

Die Kläger haben behauptet, die umgestürzte Pappel habe keine Knospen oder Blätter mehr aufgewiesen. Im Hinblick auf dieses Schadensbild habe ein Herr H. vom Wasser-und Schiffahrtsamt geäußert, die Beklagte werde für die Schäden an MS „J" aufkommen. Aus dem Schreiben vom 15.11.1991 und dem Baumzustandsbericht ergebe sich, daß die Beklagte die Erkrankung der maßgeblichen Pappelgruppe erkannt und eine Beseitigung bis spätestens März 1992 angeordnet habe. Die Bäume seien jedoch bis zum Unfallzeitpunkt nicht beseitigt worden. Die unfallursächliche Pappel habe in einer Gruppe von pilzbefallenen Bäumen gestanden. Dies habe die Beklagte veranlassen müssen, durch eine stärkere Kontrolle dieses Baumes sich von dessen Standfestigkeit zu überzeugen.

Die Beklagte hat behauptet, bei der am 11 .10 .1991 durchgeführten Baumschau sei der gesamte Pappelbestand nicht nur auf seine Standfestigkeit, sondern auch auf die Sicherheit vor Astbruch sowie auf Erkrankungen und jegliche die Vegetation und damit die Sicherheit der Bäume beeinträchtigende Anzeichen gründlich untersucht worden. Daraufhin seien zahlreiche Bäume, die entsprechende Gefahren hätten befürchten lassen, gefällt worden. In der Stau- haltung seien die Bäume gefällt worden, die Pilzerkrankungen aufgewiesen hätten. Die unfallursächliche Pappel habe vor ihrem Umstürzen keine Anzeichen für fehlende Standsicherheit aufgewiesen. Die Schadhaftigkeit der Pappel im Wurzelbereich sei vor dem Unfall in keiner Weise erkennbar gewesen. Auch nach dem Umfallen habe die Pappel äußerlich einen gesunden und intakten Eindruck gemacht. Dies gelte sowohl für den Stamm als auch für die Äste, die sogar noch Knospen getragen hätten. Auch die in unmittelbarer Nähe stehenden weiteren Pappeln seien nicht pilzbefallen gewesen, sondern nach dem Unfall lediglich vorsichtshalber gefällt worden.

Das Schiffahrtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Die Berufung der Kläger ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Ein auf die klagenden Versicherer übergegangener Anspruch des Schiffsführers D. gegen die Beklagte wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht aus § 823 BGB besteht nicht.

1. Der Beklagten obliegt die Verkehrssicherungspflicht für die Bundeswasserstraße Neckar einschließlich der Liegeplätze, die sie für die Schiffahrt zum Übernachten oder Warten auf die Schleusung ausweist. Dort hat sie ebenfalls die Wasserstraße für den Schiffsverkehr eröffnet. Dabei ist zu beachten, daß jeder Stillieger so nahe zum Ufer beigehen muß, wie es sein Tiefgang und die örtlichen Verhältnisse gestatten (vgl . BGH VersR 79 , 437 m.w. N.). Die mitunter nicht einfach zu beurteilende Abgrenzung der Haftung eines Baumgrundstückeigentümers einerseits und eines für einen Verkehrsweg Verkehrssicherungspflichtigen andererseits, stellt sich im vorliegenden Falle nicht, da der Beklagten auch als Eigentümerin der Ufergrundstükke die Verkehrssicherungspflicht für die Pappeln im Bereich des Dalbensteges obliegt. Die Beklagte leugnet danach eine ihr dem Grunde nach obliegende Verkehrssicherungspflicht auch nicht.

2. Entgegen ihrer Auffassung hat die Beklagte im Unfallbereich ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht in ausreichendem Maße entsprochen, sondern diese verletzt.

a) Dabei ist es bereits als Organisationsmangel zu werten, daß die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung offensichtlich keine konkreten Regeln und Anordnungen für die Beobachtung der Verkehrssicherungspflicht für Bäume in ihrem Zuständigkeitsbereich getroffen und für eine erforderliche Ausbildung der mit dieser Aufgabe betrauten Personen nicht gesorgt hat.

Die Beklagte hat im ersten Rechtszug vorgetragen, Grundlage für eine Untersuchungstätigkeit (Baumschau) sei der Leitfaden zur Verkehrssicherung auf den Bundeswasserstraßen - außer Rhein und NOK - i.d.F. des BMV-Erlasses vom 19 .02 .1992 bzw. der bis dahin gültigen Verkehrssicherungsrichtlinien gemäß BMV-Erlaß vom 27.07.1990. Danach würden hinsichtlich der Inspektion von Bäumen am Ufer keine spezifischen Dienstanweisungen bestehen. Es gebe lediglich eine allgemeine Informationspflicht für die Bediensteten des Außenbezirks, wonach alle Ereignisse, die den verkehrssicheren Zustand der Wasserstraße beeinträchtigen (können), und daraufhin getroffene Maßnahmen dem WSA unverzüglich zu melden seien. Damit übereinstimmend hat der Zeuge H. bei seiner Vernehmung glaubhaft bekundet, es gebe keine Vorschriften oder Richtlinien oder Erlasse, in denen vorgegeben werde, wie die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung Baumkontrollen durchzuführen habe. Es gebe nicht einmal eine Anordnung darüber, daß Baumkontrollen überhaupt durchzuführen seien .Es gebe auch keine Anordnung über den Bewuchs an einem Schiffsliegeplatz.

Unzureichend ist die Ausbildung und Ausstattung des mit der Baumkontrolle befaßten Zeugen H. Er ist Bauingenieur mit der üblichen Beamtenausbildung. Eine forstliche oder gärtnerische Zusatzausbildung hat er nicht. Die Überwachungsaufgaben führt er eigenverantwortlich mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten durch. Auch das Hinzuziehen eines Strommeisters, der selbst Waldbesitzer ist und deshalb „einige Kenntnisse mehr" als der Zeuge H. hat, genügt nicht.

b) Art und Ausmaß der Verkehrssicherungspflicht für Bäume sind abhängig von deren Standort. Bäume innerhalb eines geschlossenen Waldgebietes müssen in der Regel nicht darauf untersucht werden, ob bei ihnen eine Umsturz- oder Astbruchgefahr besteht. Das Betreten des Waldes er- folgt nach den ausdrücklichen landesgesetzlichen Regelungen „auf eigene Gefahr". Dies gilt jedenfalls für die typischen Gefahren des Waldes (vgl .OLG Köln NuR 88, 103) . Demgegenüber unterliegen Bäume im Stadtgebiet an Straßen und Wegen Verkehrssicherungs-Anforderungen (vgl. dazu grundlegend BGHZ 64, 815; ferner Breloer/Mattheck Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen 3. Aufl. 1993 S. 5 ff m.w.N.; Otto RdL 93, 253 m.w.N.) . Entsprechend ist für Bäume an Ufergrundstükken zu differenzieren: Dort wo keine Gefahren für die Schiffahrt oder für den Verkehr auf dem Lande auf Straßen und Wegen besteht, sind die Verkehrssicherungspflicht- Anforderungen erheblich geringer als dort, wo von Bäumen Gefahren für Menschen näher liegen, insbesondere also im Bereich von Schiffsliegeplätzen.

Für Art und Umfang der Anforderungen an die Verkehrssicherungsmaßnahmen sind ferner Baumart, Vitalität und Gefährlichkeit der Bäume von Bedeutung. Dabei ist jedoch immer zu berücksichtigen, daß Bäume Lebewesen und - gerade in der Zeit zunehmenden Waldsterbens - für die Allgemeinheit wichtig sind. So hat das OLG Karlsruhe bereits früher betont (Urteil vom 21.12.1990 - 1 U 229/90-), daß es grundsätzlich begrüßenswert ist, wenn eine (Industrie-) Stadt im Stadtkern einen möglichst hohen Baumbestand unterhält, und, daß im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht nur das Zumutbare gefordert werden kann. Damit wird aber auch die Zumutbarkeit für den Anspruchsteller angesprochen. Nicht jeder herabfallende Ast oder umstürzende Baum führt zu einer Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen. Gerade auch Schäden durch Bäume können im Einzelfall die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos darstellen.

Pappeln gehören zum traditionellen Baumbestand von Flußauen und Flußuferbegrünungen und sollten deshalb auch nur dann entfernt werden, wenn keine milderen Baumsicherungsmaßnahmen wirksam erscheinen.

Der Senat ist der Auffassung. daß es nach diesen Grundsätzen der verkehrssicherungspflichtigen Beklagten oblegen hätte, dafür zu sorgen, daß wenigstens einmal jährlich Bäume im Bereich von Schiffsanlegestellen wie der im Bereich der Stauhaltung R. sachkundig kontrolliert werden.

c) Die Art, wie die Beklagte die Baumuntersuchung im Unfallbereich durchführte, genügte den daran zu stellenden Anforderungen nicht. Der Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge K. ,hatte als zuständiger Beamter beim Wasser- und Schiffahrtsamt H. am 11.10.1991 eine Baumkontrolle durchgeführt. Wie er glaubhaft und freimütig schilderte, beschränkte sich diese jedoch darauf, mit dem Schiff den Neckar an beiden Ufern entlang zu befahren und vom Schiff aus die Bäume auf erkennbare Schäden zu betrachten. Der Abstand des Kontrollschiffes zu den zu kontrollierenden Bäumen war unterschiedlich; er hing von den Wasserbereichen und der jeweiligen Wassertiefe ab. Es wurde so dicht beigefahren wie möglich, die Entfernung zu den Bäumen betrug zwischen 8 und 20 m. Dabei konnte, insbesondere wenn ein Strauch oder andere Sichthindernisse vorlagen, der Baum im unteren Bereich, insbesondere im Bereich der Wurzelanläufe, nicht betrachtet werden. Auch die Rückseiten der Bäume konnten auf diese Art und Weise nicht kontrolliert werden. Vorzugsweise wurden Erscheinungen der Krone der Bäume kontrolliert. Wenn bei einer derartigen Baumschaufahrt oder auch bei sonstigen Kontrollfahrten, die sich auf die Gesamtsicherheit der Wasserstraßen bezogen (Überprüfung der Tonnenlage, Überprüfen auf strom- und schiffahrtspolizeiliche Gefahren etc.), Trockenäste festgestellt wurden, so wurde als weitere Maßnahme angeordnet, daß die Pappeln bei nächster Möglichkeit zu fällen seien. Eine derartige „Fernbegutachtung" reicht nicht aus, Bäume in einem Liegeplatzbereich auf äußerlich erkennbare Schäden hin zu überprüfen. Weder kann der untere Baumbereich noch der dem Strom abgewandte Bereich des einzelnen Baumes in Augenschein genommen werden.

Wie der Sachverständige Dr. M. überzeugend ausgeführt hat, verspröden gerade Pappeln im Alter. Jedoch gelten sie auch ohne Fäulebefall insbesondere im Astbereich als eher bruchgefährdet. Sie erfordern daher eine besondere Sorgfalt bei Kontrollen. Eine solche Kontrolle besteht auch bei Pappeln normalerweise in einer Sichtkontrolle und nur bei begründeter konkreter Besorgnis aufgrund von Krankheitssymptomen in einer eingehenderen Untersuchung.

Es ist völlig unzureichend, daß der Zeuge H. als einzige ReaktionsmöglicJakeit bei der Wahrnehmung von Krankheitssymptomen das Fällen des Baumes kennt.

Die Aussage des Zeugen H. ,nach der Baumschau werde dann nochmals zusammen mit dem Naturschutzbeauftragten im einzelnen festgelegt, welche Bäume gefällt werden könnten und diese würden mit Sprühflaschen vor Ort im einzelnen gekennzeichnet, ändert nichts an der Unzulänglichkeit der Methode der Baumkontrolle. Denn dabei werden offensichtlich nur die Bäume herangezogen, die vom Schiff aus als gefährlich erkannt wurden.

3. Die Beklagte haftet trotz der rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung der ihr obliegenden Baumverkehrssicherungspflicht jedoch deshalb nicht, weil diese Verletzung nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht ursächlich für den eingetretenen Unfall, also haftungsbegründend kausal, geworden ist . Selbst wenn die Beklagte die unfallverursachende Pappel einer optischen Kontrolle unterzogen hätte, so wäre doch das gefahrauslösende Moment unerkannt geblieben. Dies kommt bei Bäumen nicht selten vor, die äußerlich gesund wirken, innerlich jedoch krank sind, wie z.B. auch Fichten, die an Rotfäule leiden ( BGH VersR 74, 88). Beweispflichtig für die Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung ist der von einem Baum geschädigte Anspruchsteller (vgl. OLG Oldenburg VersR 77, 845; OLG Frankfurt NJW-RR 87, 864). Zugunsten von Anspruchstellern streitet regelmäßig auch kein Anscheinsbeweis. Dieser setzt nämlich einen typischen Geschehensverlauf voraus (vgl. Wussow/Kunz Unfallhaftpflichtrecht 13. Aufl. TZ 46 m.w.N.). Ob ein Ast, bevor er herabfiel, oder ein Baum, bevor er umstürzte, bei einer normalen Sichtkontrolle Krankheitssymptome aufwies, ist durch keine Erfahrung vorgezeichnet (vgl. OLG Köln DAR 93, 351, 352).

Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Beweislast auch nicht deshalb umgekehrt, weil die Beklagte nach dem Unfall die Pappel zersägen, von dem beschädigten Schiff räumen und entfernen ließ. Eine Beweisvereitelung der Beklagten ist darin nicht zu sehen. Der Zustand des Baumes wurde auf Fotos durch Mitarbeiter der Beklagten und einem Videofilm, der vom Schiffsführer D. aufgenommen wurde, festgehalten. Diese Aufnahmen belegen darüber hinaus, daß die Pappel auf das Schiff gefallen war, dort Schäden verursachte und daß es notwendig war, die Pappel zu zersägen und vom Schiff abzutransportieren, damit dieses seine Weiterfahrt aufnehmen konnte. Der Vortrag der Beklagten, keiner der Beteiligten, insbesondere auch nicht der Schiffseigner D., habe den Wunsch geäußert, die Pappel oder ein- zelne Stücke davon sollten etwa zu Beweissicherungszwecken aufbewahrt werden, blieb unwidersprochen.

Selbst wenn man indessen zu Lasten der Beklagten einen gegen sie sprechenden Anscheinsbeweis oder gar eine Beweislastumkehr annehmen wollte, so steht doch nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichtes fest, daß eine ordnungsgemäß durchgeführte Sichtkontrolle keine Hinweise auf die mangelnde Standfestigkeit des Baumes erbracht hätte. Der Sachverständige, der gerade auf diesem Gebiet besonders sachkundig ist (vgl. Mattheck/ Breloer, Handbuch der Schadenskunde von Bäumen 1993; Mattheck, Die Baumgestalt ' als Autobiographie), hat zur Überzeugung des Senats ausgeführt , daß es in der „Körpersprache des Baumes" kein Warnsignal gab, obwohl der Baum innerlich zweifelsfrei faul war. Nach seinen Ausführungen gibt es aus mechanischer Sicht zwei Arten von Fäulen: 1. Die Zerstörung der Feinwurzeln im eher peripheren Bereich der Wurzelplatte, die immer mit minderer Wasser- und Nährstoffaufnahme verbunden ist und zu Veränderungen im Kronenbild führt, die oft als Wipfeldürre bezeichnet werden und leicht erkennbar sind. 2. Unter funktionellem Erhalt des Feinwurzelwerkes faulen die Anläufe der Starkwurzeln und schließlich auch der Stammfuß selbst .Dieser Mechanismus ist nicht immer zu erkennen und führt im Kronenbild meist zu keinen Symptomen. Bei sorgfältiger Untersuchung des Stammfußes können gelegentlich Pilzfruchtkörper oder Gestaltanomalien wie Schwellen des Stammfußes oder der Wurzelanläufe bemerkt werden. Fehlen diese Symptome und handelt es sich insbesondere um eine Fäule, die vorzugsweise die Festigkeit des Holzes mindert (selektiver Zelluloseabbau) und die Steifigkeit zumindest anfänglich beläßt (Ligninerhalt), so kann durchaus dem geübten Auge des Sachkundigen eine solche Fäule bei rein visueller Kontrolle verborgen bleiben . Seit kurzem existieren Methoden, die über moderne Bohrtechniken, Schallmessungen und Bruchtests von Bohrproben Fäule in den meisten Fällen (nicht jede Methode in allen) zu entdecken vermögen.

Derartige eingehende Untersuchungen sind jedoch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht nur zu fordern, wenn Defektsymptome bei einer rein äußerlichen optischen Kontrolle wahrgenommen werden konnten. Soweit auf den Lichtbildern und auf dem Videofilm erkennbar, wiesen die Stamm- und Wurzelanläufe keine Anzeichen innerer Fäule auf und auch keine offenen Wunden, die vor dem Unfall vorhanden waren. Die Aussage des Zeugen D :, die Pappeln hätten nicht nur am Unfalltag sondern auch im Sommer des vorangegangenen Jahres keine Blätter gehabt und man habe feststellen können daß die Bäume krank gewesen seien , mag auf andere Pappeln, die der Zeuge H. bei seiner Baumschau auch festhielt, zutreffen. Ob jedoch gerade die zum Unfall führende Pappel dabei war, konnte der Zeuge D. naturgemäß nicht mit Sicherheit sagen . Denn er hatte vor dem Unfall keinen Anlaß, gerade diese Pappel näher zu betrachten. Videofilm und Fotoaufnahmen zeigen vielmehr, daß die unfallursächliche Pappel Knospen an den Ästen hatte, und die Aufnahmen zeigen auch einen fehlerfreien Verlauf der Rinde. Stamm und Äste waren an den später vorgenommenen Schnittstellen vital .Äußere Wunden im Wurzelanlaufbereich, die nicht nach dem Bruch erst entstanden, sondern vorher bereits vorhanden waren, sind nicht erkennbar.

Pilzbefall von Nachbarbäumen gaben auch keinen Hinweis auf einen etwaigen Pilzbefall des unfallursächlichen Baumes. Dabei ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch zu unterscheiden: Die in unmittelbarer Nachbarschaft stehenden fünf Pappeln waren gesund und nicht vom Pilz befallen. Zwar veranlaßte die Beklagte nach dem Unfall das Fällen dieser fünf Pappeln rein vorsorglich. Da sie jedoch gesund waren, war diese Maßnahme überflüssig. Von diesen Pappeln zu unterscheiden ist eine Pappelreihe oberhalb des Dalbensteges, die teilweise Pilzbefall aufwies. Diese Bäume hatte der Zeuge H. bei seiner Baumschau auch in den Baumzustandsbericht aufgenommen. Es gibt und gab jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Pilzbefall dieser oberen Bäume Auswirkungen auf die unfallursächliche Pappel im Bereich des Dalbensteges hatte. Der Sachverständige Dr. M. hat hierzu überzeugend ausgeführt: Pilzbefall von Nachbarbäumen würden keinen Hinweis auf den Pilzbefall eines Baumes geben und deshalb auch für diesen keine gesteigerte Untersuchungsmaßnahme begründen…“


Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1994 - Nr.10 (Sammlung Seite 1474 ff.); ZfB 1994, 1474 ff.