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Leitsatz:
Zur Verjährung von Prämienrückzahlungsansprüchen bei der Baurisiko-Versicherung für ein zu erbauendes Seeschiff.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 21. April 1980
II ZR 4/79
(Landgericht Hamburg; Oberlandesgericht Hamburg)
Zum Tatbestand:
Die Bundesrepublik Deutschland ließ bei der Klägerin 6 Geleitboote für die Marine bauen und hatte als „vorbehaltene Lieferungen" bestimmte Ausrüstungsgegenstände bei anderen Herstellern zu beschaffen. Die Neubauten einschließlich dieser vorbehaltenen Lieferungen, deren Endwert zunächst nicht bekannt war, wurden von der Klägerin zu einem Schätzwert von 25 Mill. DM je Boot bei den Beklagten versichert (Baurisikoversicherung). Der Ausgleich zu Gunsten oder zu Lasten der Klägerin sollte nach Ablieferung der Boote erfolgen, was zwischen 1961 und 1964 der Fall war. Mit Schreiben vom 26. 7. 1967 teilte die Fa. B.-AG, die den Werftbetrieb der Klägerin übernommen hatte, den Beklagten mit, daß nunmehr die Endwerte der vorbehaltenen Lieferungen festständen und zwischen ca. 18 681 000 DM und 18 688 000 DM betragen würden. Demgemäß möge die Prämienabrechnung berichtigt werden, was von den Beklagten abgelehnt wurde. Die Klägerin fordert mit der am 14. Februar 1972 eingereichten Klage die Rückzahlung von rd. 375 000,- DM.
Das Landgericht hat den Anspruch teilweise zuerkannt. Das Berufungsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Nach Ansicht des Berufungsgericht ist eine - etwaige - Forderung der Klägerin auf Rückgewähr zuviel bezahlter Versicherungsprämien verjährt. Dem ist zuzustimmen. Zuzustimmen ist der Revision, daß eine andere Betrachtung der Verjährungsfrage in Frage kommen kann, sofern es sich bei den zwischen den Parteien abgeschlossenen Baurisiko-Versicherungen um keine Seeversicherungen gehandelt haben sollte (was das Berufungsgericht ohne weiteres angenommen hat), sondern um Binnenversicherungen. Insoweit ist allerdings zunächst bedeutsam, daß nach der Rechtsprechung des Senats die Versicherung des Neubaus eines Seeschiffes jedenfalls vom Stapellauf ab Seeversicherung ist (BGHZ 56, 339, 343), so daß für Prämienrückzahlungsansprüche der Klägerin, soweit diese die Zeit vom Stapellauf der einzelnen Geleitboote an betreffen, die seeversicherungsrechtlichen Vorschriften maßgebend sind. Anders kann es hingegen für den Teil dieser Ansprüche sein, der auf die Zeit zwischen der Kiellegung und dem Stapellauf der einzelnen Boote zurückgeht. Lag insoweit jeweils eine Binnenversicherung vor, so regelt sich der Verjährungseintritt nach § 12 Abs. 1 VVG. Jedoch würde das daran, daß auch dieser Teil der streitigen Prämienrückerstattungsansprüche verjährt ist, nichts ändern, weshalb die Frage, ob die Baurisiko-Versicherung des Neubaus eines Seeschiffs für die Zeit zwischen Kiellegung und Stapellauf Binnen- oder Seeversicherung ist, offenbleiben kann (vgl. zu dieser im Schrifttum umstrittenen und von der Praxis offenbar im Sinne der Seeversicherung bejahten Frage: Kanellakis, Die Versicherung des Schiffsneubaus, Heft 35 der Übersee-Studien zum Handels-, Schiffahrts- und Versicherungsrecht S. 8 f).
Nach § 12 Abs. 1 WG verjähren Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in zwei Jahren (Satz 1), gerechnet von dem Schluß des Jahres an, in welchem die Leistung verlangt werden kann (Satz 2). Im Streitfall konnte die Prämienrückzahlung zumindest von dem Zeitpunkt an gefordert werden, in dem die Endwerte der „vorbehaltenen Lieferungen" feststanden. Das war - unbestritten - der 26. Juli 1967. Daraus errechnet sich im Falle einer Anwendung des § 12 Abs. 1 WG als Zeitpunkt des Verjährungseintritts der 31. Dezember 1969, demnach ebenfalls ein Datum vor Einreichung der Klage am 14. Februar 1972.
Nun will allerdings die Revision bei Anwendung des § 12 Abs. 1 VVG nicht den 31. Dezember 1969 als Verjährungszeitpunkt gelten lassen, sondern den 31. Dezember 1972. Sie begründet das damit, daß die Parteien für die einzelnen Baurisiko-Versicherungen die Anwendung der ADS vereinbart hätten und nach deren § 48 Satz 1 die Verjährungsfrist fünf Jahre betrage. Auch stehe dem nicht § 15 a VVG entgegen, wonach sich der Versicherer nicht auf eine Vereinbarung berufen kann, durch welche von der Vorschrift des § 12 WG zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen wird. Denn eine Verlängerung der Verjährungsfrist von zwei auf fünf Jahre gereiche der Klägerin nicht zum Nachteil, sondern zum Vorteil. Für sie wäre nur eine Anwendung des § 48 Satz 2 ADS nachteilig, weil dieser den Beginn der Verjährung nicht wie § 12 Abs. 1 Satz 2 WG an die Fälligkeit der Forderung, sondern an den Schluß des Jahres, in dem die Versicherung ende, knüpfe, weshalb insoweit § 15 a VVG zu Gunsten der Klägerin eingreife.
Dem ist entgegenzuhalten:
Es dürfte bereits zweifelhaft sein, daß die Parteien eine Anwendung der Verjährungsregelung des § 48 ADS auch für den Fall vereinbart haben, daß sich die Beklagten auf Satz 2 der Vorschrift nicht berufen können, da dieser mit deren Satz 1 in einem engen Zusammenhang steht. Ferner könnte es fraglich sein, ob eine für sämtliche Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis vereinbarte, von der zweijährigen Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 1 WG abweichende fünfjährige Verjährung jeweils nur auf einen bestimmten Anspruch bezogen betrachtet werden kann oder nicht in allen - für den Versicherungsnehmer auch nachteiligen - Auswirkungen gesehen werden muß. Indes brauchen diese Punkte nicht weiter erörtert zu werden, weil eine vereinbarte Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 1 VVG auf fünf Jahre die Verjährung erschwert und deshalb gemäß § 225 Satz 1 BGB unwirksam ist.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine Hemmung der Verjährung bis zum 26. Juli 1967 verneint hat, sind entgegen der Ansicht der Revision aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Allein daraus, daß die Klägerin ihre Prämienrückzahlungsansprüche vor der Feststellung der Endwerte der „vorbehaltenen Lieferungen" durch das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung nicht beziffern konnte, folgt keine Hemmung der Verjährung. Insoweit übersieht die Revision, daß mit der Ablieferung der einzelnen Geleitboote und der damit möglichen Berechnung des Endwerts der jeweils auf sie entfallenden „vorbehaltenen Lieferungen" ein - etwaiger - Prämienrückzahlungsanspruch der Klägerin entstanden und fällig war. Daß sie ihn aus einem nicht im Bereich der Beklagten liegenden Grunde zunächst nicht beziffern konnte, bewirkte von sich aus keine Hemmung der Verjährung. Schließlich war es ihre Sache, für eine rechtzeitige Feststellung der Endwerte zu sorgen. Nicht richtig ist es, daß das Berufungsgericht bei der Prüfung der Frage, ob zwischen den Parteien ein Stillhalteabkommen bis zur Feststellung der Endwerte der „vorbehaltenen Lieferungen" zustandegekommen ist, wesentlichen Tatsachenstoff übergangen hat. Insoweit sieht der Senat gemäß § 565 a ZPO von weiteren Ausführungen ab.
Abschließend ist zu bemerken, daß die Darlegungen des Berufungsgerichts auch insoweit rechtlich einwandfrei sind, als es § 812 BGB als weitere Anspruchsgrundlage verneint und darin, daß die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben haben, keinen Verstoß gegen § 242 BGB erblickt hat.“