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Leitsatz:
Zur Frage der Auslegung von Währungs- oder Wechselkursklauseln in Transport- und Charterverträgen.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 3. Februar 1977
II ZR 147/75
(Oberlandesgericht Hamburg)
Zum Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, nach welchem Wechselkurs die von der Beklagten in US-Dollar überwiesene Chartermiete in Deutsche Mark umzurechnen ist. Dabei sind folgende Klauseln des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages von Bedeutung:
Klausel 4:
„That the Charterers shall pay for the use and hire of the said Vessel at the rate of 6.000,06 DM daily. ..."
Klausel 5:
„Payment of said hire to be made at Hamburg - with Owners' bankers to be named later - at the firm rate of exchange of US $ 1 - DM 3.6364,- in United States Currency. ..."
Die Vorinstanzen haben den Anspruch der Klägerin auf Nachzahlung der Streitsumme bejaht. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Die Klauseln hat das Berufungsgericht in ihrem Zusammenhang als unklar angesehen. Die Regelung werde weder dem Standpunkt der Klägerin gerecht (auf jeden Fall die Frachtrate von täglich 6000,06 DM zu erhalten) noch dem der Beklagten (nicht mehr als 1.650 US-Dollars zahlen zu müssen, was dem genannten DM-Betrag beim Kurs 3.6364 entspricht). Die hierzu erhobene Umfrage der Handelskammer H habe nicht ergeben, daß die Regelung einem hiesigen Handelsbrauch entspreche oder von den betreffenden Handelskreisen durchweg als eindeutig empfunden werde. Sei die Charter Party aber auch nicht in dem Sinne eindeutig, daß eine Wertsicherungsklausel zugunsten der Deutschen Mark oder gar des US-Dollars habe vereinbart werden sollen, so gebe sie doch den Hinweis darauf, daß die Parteien im Hinblick auf seinerzeit bestehende und weiter erwartete Kursschwankungen besondere Abmachungen getroffen hätten, die in der Charter Party ihren - tatsächlich mißlungenen - Ausdruck finden sollten. Die Charter Party sei in der Regel - wie auch vorliegend - nur Beweisurkunde.
Von diesem Ausgangspunkt her bezieht das Berufungsgericht in die Würdigung der seiner Ansicht nach auslegungsbedürftigen Vereinbarung den Fernschreib-Schriftwechsel der Schiffsmakler F (für den Reeder) und S (für den Charterer) ein. Aus dem Schriftwechsel trete klar hervor, wie das Berufungsgericht im einzelnen begründet, daß der Reeder in jedem Falle eine Frachtrate von 6 000,06 DM habe erzielen wollen, in welcher Währung auch immer gezahlt werden würde. Die Beklagte sei andererseits geneigt gewesen, dieses Verlangen zu akzeptieren. Die Vereinbarung eines festen Wechselkurses könne daher nur bedeuten, daß damit die Relation zwischen den im Schriftwechsel erwähnten 1.650 US-Dollars und der vereinbarten Frachtrate von 6 000,06 DM festgestellt und die Beklagte verpflichtet werden sollte, stets so viele US-Dollars anzuschaffen, wie erforderlich waren, um nach deren Umwechslung in Deutsche Mark die Frachtrate von 6 000,06 DM zu zahlen, falls der Wechselkurs sich zu Ungunsten des US-Dollars gegenüber dem vereinbarten Wechselkurs verändern würde.
Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, daß die Auslegung der Klauseln 4 und 5 der Charter Party durch das Berufungsgericht gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze oder gegen die Denkgesetze verstößt oder wesentlichen Auslegungsstoff außer acht gelassen hat.
Die Rüge der Revision, Klausel 5 sei eindeutig und daher nicht auslegungsfähig, ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat dargelegt, daß bei Betrachtung des Vertragswortlauts ein gewisser Gegensatz zwischen den Klauseln 4 und 5 auffalle, die darin enthaltene Regelung ihrem Wortlaut nach weder dem Standpunkt der Klägerin noch dem der Beklagten voll gerecht werde und insoweit unklar sei. Diese Begründung ist vertretbar und daher vom Revisionsgericht hinzunehmen. Das Berufungsgericht hat sich demnach mit Recht der ihm obliegenden Aufgabe unterzogen, die strittige Regelung unter Berücksichtigung aller Umstände auszulegen, die für die Deutung des Erklärungsinhalts maßgeblich sein können. Hierbei hat es entscheidend auf die Fernschreib- Korrespondenz zwischen den Maklern abgestellt. Dies läßt keinen Rechtsfehler erkennen, denn die Charter Party ist nicht etwa nur aus sich selbst heraus auszulegen. Die Revision kann nicht damit gehört werden, daß das Berufungsgericht gegen die Grundsätze über die Verteilung der Beweislast verstoßen habe. Denn die Auslegung einer Vertragsurkunde hat mit der Beweislast an sich nichts zu tun (vgl. SenUrt. in BGHZ 20, 109, 111). Richtig ist allerdings, daß die Feststellung der für die Auslegung wesentlichen Tatsachen nach Maßgabe der für die Behauptungs- und Beweislast entwickelten Grundsätze erfolgt. Diese Tatsachen waren aber im vorliegenden Fall unstreitig, nämlich wie sie die Fernschreib-Korrespondenz ergibt.
Gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe eine Frachtrate von täglich 6 000,06 DM (später 5 500,- DM bzw. 5 000,- DM) geschuldet, die sie auch in einer diesem DM-Betrag entsprechenden Zahlung von US-Dollars habe erbringen können, ist nach alledem aus Rechtsgründen nichts einzuwenden. Die Höhe der hiernach sich ergebenden und vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Abrechnungsdifferenz war zwischen den Parteien nicht mehr streitig; die Revision greift sie ebenfalls nicht an.
...“