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Leitsatz:
Zur Frage des Verbots, das Fahrwasser zu versperren (§ 102 Nr. 5 Abs. 2 S. 1 BSchSO).
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 8. Juli 1968
II ZR 109/66
(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort; Schiffahrtsobergericht Köln)
Zum Tatbestand:
Nachdem das Schleppboot D talwärts mit dem beladenen Kahn Da auf erster und dem der Klägerin gehörenden beladenen Kahn V auf zweiter Länge die Nordschleuse in Gelsenkirchen verlassen hatte, stieß V im Vorhafen am Eingang zu dem an der Nordseite gelegenen Hafen Gelsenberg Benzin AG mit dem der Beklagten zu 1 gehörenden, vom Beklagten zu 2 geführten Kahn L zusammen, der gerade auf 2. Länge im Schlepp des Bootes D zu Berg gekommen war. Beide Schiffe wurden beschädigt. Der Schleppzug hatte sich schon aufgelöst, indem der auf 1. Länge fahrende Kahn W auf Seite des schon an den Dalben der Nordseite des Schleusenunterwassers liegenden Kahns H gegangen war und sich L mit dem Kopf steuerbords an das Achterschiff von W gelegt hatte. Im südlichen Teil des Vorhafens waren die Liegestelle eines gesunkenen Baggers sowie der Zugang zur Südschleuse durch Bojen abgesperrt.
Die Klägerin verlangt Schadenersatz, weil der Beklagte seinen Kahn zu weit habe vorlaufen und als 3. Schiff außen auf H und W auflaufen lassen. Dadurch sei unter Verstoß gegen § 102 Nr. 5 Abs. 2 BSchSO das Fahrwasser versperrt und L in den Fahrweg geraten.
Die Beklagten meinen, V habe reichlich Platz für die Durchfahrt zwischen W und L einerseits und dem gesunkenen Bagger andererseits gehabt. V sei falschen Kurs gefahren.
Das Schiffahrtsgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Schiffahrtsobergericht hat sie abgewiesen. Die Revision der Klägerin war erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Berufungsgericht hält es auf Grund der Beweisaufnahme zum mindesten für nicht widerlegt, daß für den Talschleppzug D zwischen den haltenden Fahrzeugen W und L auf der Nordseite und dem gesunkenen Bagger auf der Südseite eine ausreichende Durchfahrsbreite von 30 bis 35 m verblieben sei. Daher lasse sich ein Verstoß gegen das Verbot des § 102 Nr. 5 Abs. 2 S. 1 BSchSO, das Fahrwasser zu sperren, nicht feststellen. Selbst wenn aber in dieser Hinsicht die Lage objektiv nicht unbedenklich gewesen wäre, so könnte doch daraus dem beklagten Schiffer des SK L kein Vorwurf gemacht werden. Der Beklagte habe, bevor er den Schleusenvorhafen erreicht habe, noch nicht genügend erkennen können, wie die Belegungsverhältnisse an den nördlichen Dalben gewesen seien. Er habe sich insoweit auf den Führer seines Schleppbootes verlassen müssen.
Der Zusammenstoß sei auf das unsachgemäße Manövrieren des klägerischene SK V zurückzuführen. Dieser sei nach Verlassen der Schleuse schon in leichter Schräglage in Richtung auf den Nordwall gefahren. Sein Führer habe dem vor ihm schleppenden Kahn Da nicht richtig nachgesteuert und seinen Schleppstrang zu frühzeitig auf etwa 40 bis 50 m ausfieren lassen, so daß SK V nicht den gleichen Druck auf das Ruder bekommen habe und daher nicht so rechtzeitig nach Backbord habe abgezogen werden können, wie das bei D der Fall gewesen sei.
Die Revision wendet sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Durchfahrtsbreite habe 30 bis 35 m betragen. Sie meint, die Durchfahrtsbreite habe sich nur auf 10 bis 11 m belaufen. Dabei geht die Revision zwar richtig von einer Gesamtfahrwasserbreite von 77 m aus, die die amtliche Karte aufweist. Sie hat aber nicht recht, wenn sie meint, das Fahrwasser sei bis zur Fahrwassermitte wegen des gesunkenen Baggers gesperrt gewesen. Die Liegestelle des Baggers befand sich weiter südlich, nämlich etwa 20 bis 25 m aus dem Südwall. Auch nimmt die Revision unrichtig an, SK L habe mit seiner ganzen Breite von 8,18 m das Fahrwasser eingenommen. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts lag er gerade mit seinem Bug noch auf dem Achterschiff von W, nach der von der Klägerin nicht widerlegten Bekundung des Matrosen L. vom SK L um eine halbe Schiffsbreite aus der Fluchtlinie von W.
Es bedarf keiner näheren Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Revision, SK V - den die Revision als schwer beladen bezeichnet, obwohl der 1350 t-Kahn nach der Feststellung im angefochtenen Urteil nur mit 600 t beladen war - habe, wie die amtliche Karte ergebe, gar nicht anders fahren können, als er gefahren sei. Die Unrichtigkeit dieser Behauptung ergibt sich allein daraus, daß der ebenso lange wie breite, beladene SK Da, hinter dem SK V schleppte, ohne Berührung der an den nördlichen Dalben liegenden Fahrzeuge vorbeigefahren ist."