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I b ZR 223/62 - Bundesgerichtshof (Berufungsinstanz Schiffahrt)
Decision Date: 12.06.1964
File Reference: I b ZR 223/62
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Department: Berufungsinstanz Schiffahrt

Leitsatz:

Ein durch Rechtsverordnung des Bundesverkehrsministers im Einvernehmen mit dem Bundeswirtschaftsminister erlassener Güternahverkehrstarif ist vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens auch auf früher abgeschlossene Transportverträge anzuwenden.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 12. Juni 1964

Zum Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten den Unterschied zwischen vertraglicher und höherer tariflicher Vergütung, da neu eingeführte Mindestfuhrlöhne erheblich über den vorher in einem langfristigen Vertrag frei vereinbarten Fuhrlöhnen liegen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Auf die Revision wurde das Urteil aus anderweitigen Gründen aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Entgegen der Meinung der Revision stellt die Anwendung des Güternahverkehrstarifs auf laufende Verträge keine Enteignung (Art. 14 GG) dar. Der Tarif wird auf Leistungen des Fuhrunternehmers angewendet, die dieser nach dem Inkrafttreten des Tarifs erbringt: "Zur Aufrechterhaltung des Preisstandes (der Tarif ist auch auf Grund des § 2 des Preisgesetzes erlassen worden) kann der Verordnungsgeber auf Grund der gesetzlichen: Ermächtigung auch in die bei laufenden Verträgen künftig zu entrichtenden Entgelte für künftige Einzelleistungen eingreifen, wenn die Entgelte nach den Grundsätzen der Preisstabilisierung nicht als angemessen anzusehen sind. Das gilt nicht nur für Höchstpreise, sondern auch für Mindestpreise, die als Maßnahmen gegen Preisverfall zur Erhaltung der Rentabilität bestimmter Wirtschaftszweige im allgemeinwirtschaftlichen Interesse festgesetzt werden (BVerfG E 8, 274, 309). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht die Erhöhung der Mietpreise für zulässig gehalten (a.a.O. S. 310) und eine Verletzung des Art. 14 GG verneint, wenn sich preisrechtliche Vorschriften auf bereits abgeschlossene Verträge auswirken (a.a.O. S. 330). Aus den gleichen Gründen bestehen gegen die Anwendung des Güternahverkehrstarifs auf laufende Verträge keine rechtlichen Bedenken. Dem KI. ist nicht, wie die Revision meint, aus dem Vermögen der Bekl. etwas zugewendet worden; vielmehr sollten die noch ausstehenden Leistungen des KI. in angemessener, dem Willen des Verordnungsgebers entsprechender Weise vergütet werden. Der Beklagten ist hierdurch kein Sonderopfer auferlegt worden; sie unterliegt kraft der Einwirkung der Rechtsordnung auf ihre Vertragsrechte dem zwingenden Recht, das für alle gilt. Eine dem Wesen der Enteignung eigentümliche Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegt nicht vor."