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Leitsatz:
Kein Verstoß gegen die Besatzungsvorschrift, wenn ein Kombinationsfahrzeug Schleppkahn/Schubleichter, das gemäß Schiffsattesteintragung bei Einstellung in einen Schubverband oder bei Längsseitskupplung an ein Schubboot unbemannt fahren darf, von einem Motorschiff längsseits geschleppt wird und dem Motorschiffseigner der Auftrag zur Verschleppung des als Schubleichter seit langem eingesetzten Fahrzeugs erteilt worden ist.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 31. Mai 1978
80 P - 10/78
(Rheinschiffahrtsgericht Mainz)
Zum Sachverhalt:
Der Betroffene war zu einer Geldbuße von 300,- DM verurteilt worden, weil sich auf seinem Kombinationsfahrzeug Schleppkahn/Schubleichter LT während der Talfahrt bei Rhein-km 522 - außerhalb eines Schubverbandes längsseits gekoppelt an MS H - nicht die vorgeschriebene Besatzung von 1 Schiffsführer und 2 Matrosen befunden habe. Ferner wurde das Fehlen des Schiffsattestes, eines gültigen Eichscheines, der Tiefgangsanzeiger des Beiboots, eines Rettungsringes, Laufsteges sowie von Reibhölzern und Scheerbäumen beanstandet. Unter Aufhebung des Urteils des Rheinschiffahrtsgerichts hat die Berufungskammer den Betroffenen wegen der angeblich fehlenden Besatzung freigesprochen und das Verfahren bezüglich der sonstigen Zuwiderhandlungen wegen geringfügigen Verschuldens eingestellt.
Aus den Gründen:
„...
Wie sich aus der von der Berufungskammer bei der zuständigen Schiffsuntersuchungskommission beim Wasser- und Schiffahrtsamt Duisburg-Rhein erhobenen Fotokopie des Schiffsattestes des dem Betroffenen gehörenden Fahrzeuges LT (Nr. 1.197 ausgestellt am 8. 9. 1967 und gültig bis 7. 9. 1979) ergibt, handelt es sich bei dem genannten Fahrzeug um eine Kombination von Schleppkahn und Schubleichter. Die Art des Fahrzeuges wird im Attest als „Schleppkahn und Schubleichter" angegeben und die Mindestbemannung „als Schleppkahn für die Strecke oberhalb der Duisburg-Hochfelder-Brücke" auf zwei Matrosen festgesetzt. Das Attest enthält weitere folgende „Besondere Bedingungen":
„Das Fahrzeug benötigt weder einen Schiffsführer noch eine Besatzung, wenn es in einem Schubverband eingestellt ist, oder wenn es von einem Schubboot längsseits gekuppelt mitgeführt wird, sofern das Schiffsattest des Schubbootes eine solche Zusammenstellung zuläßt. In allen anderen Fällen muß das Fahrzeug einen Schiffsführer und die oben angegebene Mindestbemannung haben."
Das Motorschiff H, Heimatort Duisburg-Ruhrort, das am 30. 9. 1976 bei der Kontrolle durch die Wasserschutzpolizei bei Rhein-km 522 das Fahrzeug des Betroffenen auf Talfahrt längsseits gekuppelt hatte, ist ausweislich des gleichfalls von der Berufungskammer erhobenen Schiffsattest-Auszuges „zum Schleppen von längsseit gekuppelten Anhängen geeignet...". Nach einer schriftlichen Auskunft der zuständigen Schiffsuntersuchungskommission beim Wasser- und Schiffahrtsamt Duisburg-Rhein, die diese auf eine Anfrage der Berufungskammer am 25. 4. 1978 erteilt hat, umfaßt diese für das Motorschiff H erteilte Genehmigung auch das Verschleppen längsseits gekuppelter Schubleichter, da diese von dem Sammelbegriff „Anhang" neben Schleppkähnen und Gütermotorschiffen erfaßt seien. Nach Auffassung der Schiffsuntersuchungskommission sei eine Besatzung auf dem längsseits gekuppelten Kombinations-Fahrzeug LT somit nicht erforderlich gewesen, da das Fahrzeug zulässigerweise als Schubleichter eingesetzt gewesen sei. Die Rechtsfrage nach der Qualifikation des Fahrzeuges des Betroffenen kann - ungeachtet der oben angeführten Auskunft der Schiffsuntersuchungskommission - in dem vorliegenden Falle auf sich beruhen bleiben, da der Betroffene nach seinem unwiderlegten Vorbringen das Fahrzeug schon seit mehreren Jahren als Schubleichter eingesetzt hat und somit davon ausgegangen werden kann, daß er auch den Schleppauftrag an die Firma H. für einen Schubleichter erteilt hat. In einem solchen Fall ist es dann aber allein Sache des Empfängers des Schleppauftrages für die Gestellung eines zum Längsseits-Verschleppen eines Leichters geeignetes und zugelassenes Fahrzeug zu sorgen. Der Schiffseigner des zu verschleppenden Fahrzeuges darf sich darauf verlassen, daß entsprechend seinem Auftrag verfahren wird und muß nicht selbst kontrollieren, ob das von dem Schleppauftragempfänger eingeteilte Fahrzeug auch tatsächlich zum Schleppen eines längsseits gekuppelten Leichters zugelassen ist. Zu einer solchen Kontrolle wäre der Fahrzeugeigner auch kaum in der Lage, da er sich regelmäßig nicht an Bord des Leichters aufhält.
...
Insoweit war der Betroffene freizusprechen.