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Leitsatz:
Wird nach einem Verklarungsverfahren kein Rechtsstreit über den Schiffsunfall geführt, können die Kosten des Verklarungsverfahrens weder auf eine entsprechende Anwendung des § 91 ZPO noch des § 13 a FGG gestützt einem der Beteiligten auferlegt werden, denn wenn kein Rechtsstreit über die Havarie geführt wird, entsteht kein Kostenerstattungsanspruch. Eine entsprechende Anwendung des § 494 a ZPO scheidet ebenfalls aus.
Beschluß des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts) Nürnberg
vom 23.5.2000
- 8 W 24/00 BSch -
(Schiffahrtsgericht Würzburg)
Zum Sachverhalt:
Wegen des Schadens an einem stilliegenden Schubboot wurde auf Antrag seines Schiffsführers W. ein Verklarungsverfahren durchgeführt. Anschließend wurde von einer Schadensersatzklage gegen den angeblichen Schadensverursacher, das MTS „F", welches an dem Schubboot vorbeigefahren war, abgesehen.
In dem nachfolgenden Rechtsstreit über die Kosten des Verklarungsverfahrens hat das Schiffahrtsgericht die Kosten dieses Verfahrens der Eigentümerin des Schubboots, der Beteiligten zu 1) auferlegt.
Seinen Beschluß vom 17.11.1999 hat das Schiffahrtsgericht auf § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG gestützt und sich dabei auf eine Entscheidung des BGH (BGHZ 73, 105 ff) berufen, der die Anwendbarkeit des § 13 a FGG für grundsätzlich möglich gehalten habe.
Zur weiteren Begründung hat das Schiffahrtsgericht u. a. ausgeführt: „Die Anwendbarkeit des § 13 a Abs. 1 FGG auf Fälle der vorliegenden Art ist auch sachgerecht. Kommt es nach Durchführung eines Verklarungsverfahrens zu einem Hauptsacheprozeß, so sind die Kosten des Verklarungsverfahrens auch, soweit sie der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienten, im Rahmen des § 91 ZPO zu berücksichtigen. Kommt es jedoch nicht zu einem Hauptsacheprozeß, so wäre es unbillig, den Beteiligten eines Verklarungsverfahrens mit den notwendigen Kosten seiner Rechtsverteidigung zu belasten, wenn wie hier die im Verklarungsverfahren gewonnenen Ergebnisse eindeutig zu seinen Gunsten sprechen. § 13 a Abs. 1 FGG ermöglicht gerade, im Rahmen der dort möglichen Abwägung eine Entscheidung nach Billigkeit zu treffen. Gerade die Verklarungsverfahren, die von Stilliegern iniziiert werden und in deren Folge es nicht zu einem Hauptsacheverfahren kommt, zeigen, daß ein materiell- rechtlicher Schadensersatzanspruch des Vorbeifahrers (angeblicher Schädiger) häufig nicht gegeben ist."
Insgesamt entspreche es der Billigkeit, der Beteiligten zu 1) die notwendigen Kosten der Beteiligten zu 3) aufzuerlegen.
Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Der Antrag des Schiffsführers W. und der Beteiligten zu 1) und zu 2) (Versicherer des Schubboots), die Kosten des Verfahrens der Beteiligten zu 3) (Eigenerin des MTS „F") aufzuerle- gen, hat das Schiffahrtsgericht durch Beschluß vom 18.4.2000 zurückgewiesen.
Das Schiffahrtsobergericht hat auf die Beschwerde des W. und der Beteiligten zu 1) und 2) den Beschluß des Schiffahrtsgerichts vom 17.11.1999 abgeändert und den Beschluß des Schiffahrtsgerichts vom 18.4.2000 aufgehoben.
Aus den Gründen:
„Das Verklarungsverfahren gemäß § 11 Binnenschiffahrtsgesetz ist ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Vortisch/Bemm, Binnenschiffahrtsrecht, 4. Aufl., § 11 RN 6; Bemm/v. Waldstein, Rheinschiffahrtspolizeiverordnung, 3. Aufl., Einl. RN 64).Es dient der Sicherung der Beweise nach einem Unfall und geht einem möglichen Rechtsstreit auf Schadensersatz voraus (Vortisch/Bemm a.a.O, RN 2, Bemm/v. Waldstein, a.a.O., RN 64), wobei das Gericht nicht auf die Erhebung beantragter Beweise beschränkt ist, sondern von Amts wegen alle zur Sachaufklärung erforderlichen Beweise zu erheben hat (vgl. OLG Karlsruhe, NZV 1993/441).
Die hierdurch entstandenen Kosten des Verklarungsverfahrens sind Kosten des Schadens, der möglicherweise nach § 3 Binnenschiffahrtsgesetz zu ersetzen ist (vgl. BGH NJW 1979/2560). Kommt es zu keinem Rechtsstreit, ist der Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Verklarungskosten Bestandteil seines materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruches (BGH, a.a.O,; Thor v. Waldstein, Das Verklarungsverfahren im Binnenschiffahrtsrecht, S. 111).
Die Kosten können weder auf eine entsprechende Anwendung des § 91 ZPO (vgl. BGH a.a.O.) noch des § 13 a FGG gestützt einem der Beteiligten auferlegt werden (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O,), weil, wenn kein Rechtsstreit über die Havarie geführt wird, kein Kostenerstattungsanspruch entsteht (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., S. 441; vgl. auch Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler, 14 Aufl., FGG, § 13 a RN 2 b, d).
Eine entsprechende Anwendung des § 494 a ZPO scheidet aus den in der zitierten Entscheidung des OLG Karlsruhe angeführten Gründen, denen sich das Beschwerdegericht anschließt, ebenfalls aus.
Der Antrag des Beteiligten zu 3) war deshalb zurückzuweisen. Gemäß § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG sind dem Beteiligten zu 3) die den Beteiligten W. und 1) und 2) entstandenen Kosten aufzuerlegen (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn 41). Dies entspricht der Billigkeit, da die Beteiligte zu 3) in Kenntnis der nun bekannten Rechtslage (vgl. Thor v. Waldstein, a.a.O.) der Kostenerstattung, wie die Antragsschrift vom 25. März 1999 erweist, die weiteren Beteiligten mit Kosten belastet hat.
Der Beschluß des Schiffahrtsgerichts Würzburg vom 18. April 2000 (Ziffer II), der den Kostenantrag des Beteiligten W. und der Beteiligten zu 1) und 2) zurückweist, ist deshalb auf sofortige Beschwerde aufzuheben."
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2000 - Nr.10 (Sammlung Seite 1800 f.); ZfB 2000, 1780 f.