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7 K 1066/80 - Verwaltungsgericht (-)
Decision Date: 10.11.1981
File Reference: 7 K 1066/80
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Verwaltungsgericht Münster
Department: -

Leitsatz:

Zu den Voraussetzungen der Gewährung einer Abwrackprämie.

Urteil des Verwaltungsgerichts Münster

vom 10. November 1981

7 K 1066/80


Zum Tatbestand:

Die Klägerin, eine Sparkasse, erwarb verschiedentlich in der Zwangsvollstreckung Schiffe, von denen sie einzelne gelegentlich zu Binnenschiffstransporten einsetzte. U. a. erwarb sie im Januar 1968 ein im Schiffsregister von Duisburg-Ruhrort unter dem Namen „A" eingetragenes Motorschiff, das am 6. Juli 1979 im Schiffsregister unter Hinweis auf seine zwischenzeitliche Abwrackung gelöscht wurde. Am 19. Juli 1979 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Abwrackprämie. Sie legte eine Bescheinigung der Fa. E. vom 12. Februar 1979 über die am 2. Juni 1972 erfolgte Verschrottung des MS „E" vor unter Hinweis darauf, dass MS „E" mit MS „A" identisch sei. Die unterschiedlichen Namensbezeichnungen seien auf einen häufigen Namenswechsel in den letzten Jahren zurückzuführen.

Die beklagte Wasser- und Schifffahrtsdirektion lehnte die Abwrackprämie ab, weil die Klägerin keine Schifffahrttreibende im Sinne des § 32a BSchVG sei und eine Ab-wrackbescheinigung für MS „A" fehle.
Die gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid der Beklagten erhobene Klage im Verwaltungsgerichtsverfahren wurde abgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Prämien werden nur für das Abwracken solcher Schiffe gewährt, die in der Zeit vom 2. Januar 1978 bis 1. Januar 1979 (vgl. § 1 Nr. 1 PrämienVO 1979) u. a. überwiegend zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen zu Verkehrsleistungen im Sinne des § 21 Abs. 1 BSchVG verwendet worden sind. Da das Schiff „A" bereits nach dem Vortrag der Klägerin am 2. Juni 1972 verschrottet wurde, können mit dem Schiff in dem genannten Zeitraum keine Verkehrsleistungen erbracht worden sein, so dass diese Norm als Anspruchsgrundlage ausscheidet.

Das Begehren der Klägerin kann mithin nur Erfolg haben, wenn die Voraussetzungen des § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 1 BSchVG i.V.m. § 1 Nr. 2 PrämienVO 1979 vorliegen. Danach wird abweichend vom § 32a Abs. 1 Satz 2 BSchVG eine Prämie auch dann gewährt, wenn u. a. das Schiff mindestens während der der Antragstellung unmittelbar vorangegangenen 5 Kalenderjahre in einem Binnenschiffsregister im Geltungsbereich des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr eingetragen war.
Es kann offenbleiben, ob die Klägerin Schifffahrtstreibende im Sinne des § 32a BSchVG ist. Es kann ferner dahinstehen, ob das Schiff „A" identisch ist mit dem Schiff „E". Die Klägerin hat jedenfalls schon deshalb keinen Anspruch auf Gewährung einer Prämie, weil allein die Eintragung im Binnenschiffsregister während der der Antragstellung unmittelbar vorgangegangenen 5 Kalenderjahre nicht genügt, um den Anspruch zur Entstehung zu bringen. Vielmehr ist auch für § 32a Abs. 4 Nr. 1 BSchVG Voraussetzung, dass das abgewrackte Schiff im maßgeblichen Zeitraum im Binnenschiffsverkehr eingesetzt war. Diese Vorschrift stellt nämlich keine echte Alternative hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen gegenüber dem § 32a Abs. 1 Satz 2 BSchVG dar; sie will vielmehr lediglich demjenigen, der die Voraussetzungen des § 32a Abs. 1 BSchVG erfüllt, den Nachweis dieser Voraussetzungen erleichtern. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 32a Abs. 4 Nr. 1 BSchVG, wohl jedoch aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift, der im § 32a Abs. 1 Satz 1 BSchVG zum Ausdruck kommt, und aus der Entstehungsgeschichte.
Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 5. Mai 1970, 3 K 2118/69.

Die Abwrackaktion ist Teil des verkehrspolitischen Programms der damaligen Bundesregierung für die Jahre 1968 bis 1972, das Maßnahmen auf allen Sektoren des Verkehrs vorsah.
...
Es sollte verhindert werden, dass unwirtschaftlicher Schiffsraum weiterhin zu ruinösen Frachten angeboten werde. Der Anreiz zur Verringerung des Schiffsraums sollte durch die Gewährung von Abwrackprämien gegeben werden.

Vgl. Bundestagsdrucksache V/2494.

Auch nach der Änderung des § 32a BSchVG durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr ist in § 32a Nr. 1 BSchVG immer noch eine die Handhabung des § 32 Abs. 1 Satz 2 BSchVG vereinfachende Regelung zu sehen. Durch die neue Gesetzesfassung ist es lediglich erschwert worden, für Schiffe eine Abwrackprämie zu erhalten, ohne dass die Voraussetzungen des § 32a Abs. 1 Satz 2 BSchVG nachgewiesen werden. Mit der Regelung, dass ein Schiff mindestens während der der Antragstellung unmittelbar vorangegangenen 5 Kalenderjahre in einem Binnenschiffsregister eingetragen gewesen sein muss, wollte der Gesetzgebererreichen, dass für ausländische Schiffe nicht bereits kurze Zeit nach ihrer Eintragung ins Binnenschiffsregister, unter den vereinfachten Voraussetzungen des § 32a Abs. 4 Nr. 1 BSchVG eine Abwrackprämie beansprucht werden kann.

Vgl. Bundestagsdrucksache VIII/2366.

Nach allem kann § 32a Abs. 4 Nr. 1 BSchVG nicht dahin ausgelegt werden, dass die Abwrackprämie auch dann gewährt werden soll, wenn das abgewrackte Schiff während der der Antragstellung unmittelbar vorangegangenen 5 Kalenderjahre zwar im Binnenschiffsregister eingetragen war, aber zugleich feststeht, dass es während des Zeitraums nicht in der Güterbeförderung eingesetzt, sondern bereits abgewrackt war. § 32a Abs. 4 Nr. 1 BschVG enthält vielmehr lediglich die Tatsachenvermutung, dass ein Schiff, das während der der Antragstellung unmittelbar vorangegangenen 5 Kalenderjahre im Binnenschiffsregister eingetragen war, auch zu Verkehrsleistungen herangezogen worden ist. Diese Vermutung ist hier entkräftet, da feststeht, dass das Schiff, für das die Klägerin eine Prämie beantragt, bereits am 2. Juli 1972 verschrottet worden ist).
...
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass aus der alternativen Gegenüberstellung der Nr. 1 und 2 des § 1 PrämienVO in der jeweiligen Fassung nicht auf zwei Anspruchsgrundlagen mit völlig unterschiedlichen Voraussetzungen geschlossen werden kann. Es ist nicht anzunehmen, dass der Verordnungsgeber die ihm in § 32a Abs. 4 Nr. 1 erteilte Ermächtigung überschreiten und die Voraussetzungen für die Gewährung der Prämie erweitern wollte. Anderenfalls wäre die Regelung in Nr. 2 durch die Ermächtigungsnorm nicht gedeckt, so dass sie als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht käme.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass es offenbleiben kann, ob die Klägerin unter der Geltung des § 32a BSchVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Januar 1969 möglicherweise eine Abwrackprämie hätte beanspruchen können. Einen entsprechenden Anspruch hat sie jedenfalls nicht rechtzeitig geltend gemacht. Ihr Antrag auf Gewährung einer Abwrackprämie ging erst am 25. Juli 1979 bei der Belagten ein, also zu einem Zeitpunkt, als die derzeitige Fassung des § 32a BSchVG bereits in Kraft getreten war (30. Juni 1979).
...“