Decision Database
Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 2. März 1977
(Auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts
/Arnheim vom 4. März 1976 - 1975/2255)
Tatbestand:
Am 27. November 1974 war die Berufungsklägerin, Beklagte in erster Instanz, H & S, Eigentümerin des Motorschiffes "W" 978 t, (70,10 m x 8,43 m; 800 PS) und des Schubleichters "A" (2340 t; 76,50 m x 11,40 m) und die Berufungsbeklagte, Klägerin in erster Instanz, C.F.N.R., Eigentümerin des Motorschiffes "D" (963 t 5 72,57 m x 8,15 m; 480 PS). Am genannten Tag, gegen 23.15 Uhr, ereignete sich ungefähr bei Km 886,5 auf dem Waal ein Unfall zwischen dem zu Berg fahrenden und mit Kohle beladenen MTS "D" mit einem Tiefgang von 2,49 m und dem leeren "A", das backbordseits gekuppelt war mit dem in Ballast zu Tal mit einem Tiefgang von 1,60 m fahrenden "W". "D" ist ein konventionnelles Motorschiff und nicht mit Radar ausgestattet. "W" hat Radar an Bord, jedoch ist nicht vorgetragen oder festgestellt worden,auf welchem Bereich dieses eingestellt war. Die Achterschiffe des "W" und der "A" lagen in gleicher Höhe. Laut Schiffsattest war "W" berechtigt, Schubleichter bis zu 70 m Länge und 9,50 m Breite zu schieben. Sie hatte jedoch keine Sondergenehmigung, diese Werte wie bei "A" um 6,50 m in der Länge und 1,90 m in der Breite zu überschreiten. Der Rudergänger der "W" besass kein Rheinschifferpatent. Zum Zeitpunkt der Kollision war es dunkel, die Lichtzeichen waren jedoch gut sichtbar. Der Wasserstand betrug +9,35 m NAP, und die Kribben lagen ca. 9,90 m unter dem Wasserspiegel. Der Wind wehte heftig von Westen her aus einem Winkel von 45° zur Achse des Fahrwassers. In der Wettervorhersage war ein stumartiger Westwind angekündigt worden. Am linken Ufer lagen einige Schiffe vor Anker, wie "SK" und "0.7" in + 25 m Entfernung von der ersten Kribbe oberhalb des Vorhafens des Mass-Waal-Kanals bei km 886,475 und die "C" in + 30 m Entfernung von der 2. Kribbe bei km 886,685. Diese Schiffe lagen an einem geeigneten Ankerplatz am Fahrwasserrand. An jener Stelle ist das Fahrwasser 260 m breit. "D" und "W/A" waren vorschriftsmässig beleuchtet. Die "D" fuhr zunächst mit einer Geschwindigkeit von ca. 10 km/h über Grund und "W/A" mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 20 km/h. In erster Instanz hat C.F.N.R. nach Erwähnung der oben beschriebenen Umstände und Ereignisse die zwischen den Parteien festgestellt worden sind, folgendes vorgetragen:
"1.8 Wie an Ort und Stelle üblich, hatte "D" beim Annähern des Vorhafens von Weurt ihre Backbordseite des Fahrwassers aufgesucht, um eventueller, aus dem Hafen kommender Fahrt Raum zu geben.
"D" führte dabei das vorgeschriebene Blinklicht.
1.9 Als ein aus dem Hafen von Weurt kommendes Schiff passiert war und von "D" wahrgenommen wurde, dass keine weiteren Schiffe aus dem Hafen von Weurt kamen, hat "D" ein wenig stromabwärts des Hafens angefangen, allmählich nach Steuerbord zu überqueren. Dabei
wurde das Blinklicht ausgeschaltet und an der Backbordseite Raum gelassen für mögliche Gegenlieger.
1.10 Ungefähr in diesem Augenblick wurden von "D" in grösserer Entfernung die Topplichter und das grüne Licht des Koppelverbandes "W/A" wahrgenommen, der sich zu Tal fahrend näherte. Aus der Position der Lichter und insbesondere dem Umstand, dass das rote Licht nicht sichtbar war, schloss die Besatzung von "D", dass der Koppelverband wegen des starken Windes nach Backbord gebeckt fahren musste, um nicht abzutreiben.
1.11 An Bord von "D" erwartete man, den zu Tal fahrenden Koppelverband normal, d.h. Backbord auf Backbord, passieren zu können, wozu genügend Raum bestand. Das allmähliche Überquermanöver nach Steuerbord wurde darum weiter durchgeführt,wobei die Geschwindigkeit ein wenig verringert wurde, weil es die Absicht war, für die Nacht in der Nähe von KMP 886 unter dem Steuerbordufer zu ankern.
1.12 Die Lichter des Koppelverbandes näherten sich schnell. Wegen der Dunkelheit und der nach Backbord gerichteten Position der Lichter war es nicht möglich, von "D" aus genau festzustellen, welchen Kurs der Koppelverband fuhr und in welchem Abstand vom Ufer er sich befand. "D" befand sich,als der Koppelverband näher gekommen war, aber schon in seiner Steuerbordhälfte des Fahrwassers, so dass an Backbord mehr als 100 Meter - also mehr als genügend Raum für den Koppelverband frei gelassen wurde.
1.13 Als sich die Schiffe bis auf ungefähr 500 Meter genähert hatten, sah man an Bord von "D", dass der Koppelverband, statt normal Backbord auf Backbord freiliegend zu fahren, auf "D" einkurste. Sofort ist von "D" ein kurzes Tonsignal gegeben worden mit dem an ein Signallicht gekuppelten Schiffstyphon. Der Koppelverband reagierte nicht. Weiter hat "D" noch Steuerbordruder gegeben, wobei man noch mehr in die Steuerbordhälfte des Fahrwassers ausgewichen ist. Eine Kollision konnte aber nicht vermieden werden und "A" lief, quer von Backbord vor einkommend, unter einem Winkel von 45° in die Backbordseite von "D" auf der Höhe des Hinterraumes. Dabei wurde "D" und der PKW seines Kapitäns der auf der hintersten Luke stand, in erheblichem Masse beschädigt.
1.14 Der Koppelverband ist bis zum Augenblick der Kollision immer voll vorwärts gefahren. Nach der Kollision kam der Koppelverband frei, prallte nochmals auf "D", drehte rund, so dass er mit den Hinterschiffen in Richtung des Nordufers winkelrecht auf dem Fahrwasser zu liegen kam, fuhr dann eine halbe Schiffslänge rückwärts, drehte weiter durch und ankerte. Auch "D", welche als eine Folge der Kollision nach Backbord aus ihrem Kurs gedrückt wurde, ist unter dem Nordufer vor Anker gegangen.
1.15 Weder "W" noch "A" hatten Luken. Der Wind, der auf den leeren, hoch aus dem Wasser hervorragenden Koppelverband ohnehin grossen Einfluss hatte, konnte darum wegen der offenen Räume noch mehr Druck auf den Koppelverband ausüben.
1.16 In dem Zeitraum vor der Kollision war der Kapitän von "W" in der Wohnung, und das Schiff wurde von einem unerfahrenen Matrosen gesteuert, welcher erst seit einigen Tagen an Bord war und sich nicht im Besitz des Rheinpatentes befand.
2. An der Kollision wird der Koppelverband "W"/"A", und besonders "W", die der Verband anführte, für schuldig befunden, da
a) sie entgegen den im Schiffsattest aufgeführten Bestimmungen mit einem wesentlich grösseren Koppelverband fuhr als zugelassen, dazu noch bei sturmartigem Wind und leeren Schiffen, deren Laderäume nicht abgedeckt waren; deshalb war es "W" nicht möglich, normal, d.h. geradeaus, zu fahren und zu manövrieren. Dadurch benötigte der Koppelverband mehr Platz, als von der übrigen Schiffahrt erwartet werden konnte, wobei die übrigen Schiffahrtsteilnehmer nicht in der Lage waren, Position und Kurs des Koppelverbandes auf grösseren Abstand deutlich zu erkennen.
b) Der Koppelverband wurde vor und während des Zusammenstosses unsachgemäss gesteuert. Es war unverantwortlich, dass der Kapitän sich unter den gegebenen Umständen nicht im Steuerhaus befand, umsomehr, als am Steuer ein Matrose stand, der erst seit wenigen Tagen an Bord war, kein Rheinschifferpatent besass und offensichtlich die örtlichen Vorschriften nicht genügend kannte. Er hat insbesondere, obwohl er sah, dass "D" kein Blinklicht führte und folglich vorschriftsmässig Backbord auf Backbord passiert werden musste, bis zuletzt angenommen, dass "D" Steuerbord auf Steuerbord passiert werden müsste. Deshalb nahm "W" Backbordkurs, statt normal die Steuerbordseite einzuhalten, d.h. zu versuchen, "D" vorschriftsmässig Backbord auf Backbord zu passieren.
c) "W" versäumte, das Tonsignal der "D" zu beantworten, und unterliess es, selbst mit Hilfe von Tonsignalen oder Blinklicht ihre eigenen - im Übrigen vorschriftswidrigen - Absichten bekanntzugeben."
Nach Herabsetzung Ihrer Forderung beantragte die C.F.N.R.:
Die Verurteilung von H & S zur Zahlung eines Schadenersatzes in Höhe von F 98.2l8,33 nebst gesetzlichen Zinsen seit dem 1. Februar 1975 bis zum Tage der Zahlung an die C.F.N.R. gegen ordnungsgemässe Ausstellung einer Quittung und zu den Kosten des Verfahrens.
H & S hat beantragt:
Die Forderung der C.F.N.R. für unzulässig zu erklären oder wenigstens diese abzuweisen und ihr die Prozesskosten aufzuerlegen.
H & S hat die Darstellung des Zussammenstosses durch die C.F.N.R. bestritten und dazu vorgetragen:
" Am 27. November 1974 fand auf dem Waal etwa in Hohe des Km 886 ein Zusammenstoss zwischen dem "D," Eigentum der Klägerin und dem längsseits des MS "W" gekoppelten Schubleichter "A", Eigentum der Beklagten, statt. Die "D" fuhr zu Berg, "W" und "A" fuhren zu Tal. Mach dem Passieren der Eisenbahnbrücke in Nijmw gegenüber gab Kapitän T. von der "W" dem Matrosen L. das Steuer, der viel Erfahrung als Steuermann auf verschiedenen Rheinschiffen hat.
Das Steuer konnte ihm deshalb bedenkenlos übergeben werden. Nach Passieren der Eisenbahnbrücke wurden seitens "A" zwei in erheblichem Abstand zu Berg fahrende Schiffe ausgemacht, von denen das eine seinen Steuerbordankerplatz aufsuchte und das andere - die "D" wie sich später herausteilte - zunächst etwa in der Mitte des Stromes weiterfuhr.
Die leeren "W" und "A" fuhren in einem Abstand von etwa 80 m von dem rechten Waalsufer, d.h. ihrem Steuerbordufer, den Schiffskopf aufgrund des starken Windes, der auf der Backbordseite des Schubverbandes stand, nach Backbord gekehrt. Es befanden sich keine weiteren Schiffahrtsteilnehmer auf dem Fluss, der an dieser Stelle etwa 260 m breit ist. Der von dem Schubverband und der "D" eingehaltene Kurs brachte wegen des beträchtlich grossen Abstandes, den sie voneinander hatten, nicht die Gefahr eines Zusammenstosses mit sich, auch dann nicht, als die "D" etwas später deutlich nach Backbord auswich und offensichtlich eine Steuerbord auf Steuerbord-Passage durchzuführen beabsichtigte - wozu die Bergfahrt berechtigt, in einem solchen Fall jedoch diese Absicht durch Warnlicht anzuzeigen gehalten ist. Dies wurde zunächst versäumt, in einem späteren Stadium wurde das Warnlicht auf der "D" angeschaltet und dann wieder gelöscht. Wie dem auch sei, solange die "D" ihren Kurs am Nordufer -d.h. ihrem Backbordufer - entlang durchführte, bestand für den Schubverband keine Gefahr. Dies wurde jedoch ganz anders, als die "D", inzwischen näher gekommen, wieder von ihrem Kurs am rechten Ufer entlang abwich und einen Zickzackkurs einschlug, wobei sie kurzfristig das weisse Warnlicht aufleuchten liess.
Die "W" mit dem "A" versuchte als talfahrende Schiffahrt. sich der neuen Sachlage anzupassen, als aber die "D", nachdem die beiden Schiffe sich auf kurzen Abstand genähert hatten, wieder stark nach Steuerbord auswich - zu einem Zeitpunkt, in dem die Schiffe noch ohne Zusammenstoss Steuerbord auf Steuerbord aneinander hätten vorbeifahren kennen - gab es keine Rettung mehr. Obwohl an Bord der "W" das Ruder auf Steuerbord gedreht wurde, worauf der Schubverband noch reagierte, obwohl die Maschinen inzwischen auf langsame Fahrt gestellt waren (zum Teil durch den starken Wind auf Backbord bedingt scherten die Schiffsköpfe wieder etwas nach Steuerbord aus), war ein Zusammenstoss mit der vor dem Verband vorbeifahrenden "D" nicht mehr zu vermeiden und das "A" fuhr auf Höhe des Steuerstuhls in die Backbordseite der "D" Kurz vor dem Zusammenstoss kam Kapitän T. von der "W" nach oben und liess die Maschinen auf stop und rückwärts schalten, was sonst Steuermann L. getan hätte. Da die "D" zu dicht vor dem Verband vorüberfuhr, spielte dies jedoch keine Rolle mehr. Direkt nach dem Zusammenstoss kam der Verband vor dem nördlichen Ufer, wo nach eine Radarboje beschädigt wurde, zum Stillstand."
Weiter hat H. & S. folgendes vorgetragen:
" 3. Wie aus den voraufgegangenen Ausführungen zu entnehmen ist, ist dieser Zusammenstoss nicht auf ein schuldhaftes Verhalten der "W" und/oder des "A" zurückzuführen, sondern auf Fehler, die auf der "D" begangen wurden; in erster Linie wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine falsche Auffassung von der richtigen Flussüberquerung von einem Ufer zum anderen hat, wonach dies nämlich gleitend, also über eine lange Strecke, zu geschehen habe. Solche Überquerungsmanöver müssen vielmehr so kurz und energisch wie möglich durchgeführt werden, besonders bei Gegenverkehr. Wenn man in einer solchen Situation gleitend übersetzt und dazu noch in der Absicht, vor Anker zu gehen, an Fahrt nachlässt, so verursacht man grundsätzlich eine kritische Situation.
4. "D" hätte nach dem Passieren des Hafens von Weurt sofort so wie es angemessen gewesen wäre nach Steuerbord drehen oder so lange beim Backbordurfer bleiben müssen, bis der Gegenverkehr -der Schubverband - vorbei war.
5. Die Beklagte leugnet, dass die "D" gleitend und beständig nach Steuerbord überlief.
6."D" folgte, nachdem sie den Hafen von Weurt passiert hatte, nur einem zögernden Kurs und erweckte zunächst den Eindruck, dass eine Passage Backbord auf Backbord beabsichtigt wurde und danach Steuerbord auf Steuerbord, wobei beide Passagemöglichkeiten zu Anfang noch ohne Schwierigkeiten hätten durchgeführt werden können, wenn die "D" den dazu jeweils erforderlichen Kurs konsequent eingehalten hätte.
7. Es ist keine Rede davon - wie dies auf Seite 5 der Berufungsschrift behauptet wird, dass die laut der Klägerin doch gleitend zum Steuerbordufer fahrende "D" das Ruder nach Steuerbord drehte und noch weiter auf die Steuerbordseite des Fahrwassers auswich und dass danach der abdrehende "A" in die Backbordseite der "D" lief.
8. Diese Lesart würde bedeuten, dass die bereits auf ihrer Steuerbordseite fahrende "D" noch weiter nach Steuerbord drehte und dann von dem "A" angefahren wurde, was einfach nicht übereinstimmt mit dem konsequent eingehaltenen Kurs des Schubverbandes auf seiner Steuerbordseite des Fahrwassers und auch nicht mit der Tatsache, dass der Verband später mit der "D" auf der Nordseite des Fahrwassers ankam.
9. Die Beklagte macht auf die Tatsache aufmerksam, dass obwohl, der Verband mit dem Kopf nach Backbord stand, die leeren Schiffe durch den starken - wie die Klägerin selbst aussagt - sturmartigen Wind, der von Backbord auf sie auftraf, zur Steuerbordseite des Fahrwassers gedrückt wurde; bestimmt nicht nach Backbord.
10. Zusammenfassend muss angenommen werden, dass die Manöver der "D" zu dem Zusammenstoss geführt haben und dem Schubverband kein Vorwurf bezüglich dieses Zusammenstosses gemacht werden kann.
11. Dem steht die Tatsache nicht entgegen, dass der "A" tatsächlich grösser war, als der "W" ohne besondere Ausnahme-genehraigung gestattet war.
12. Die Tatsache, dass der "A" grösser war als offiziell zugelassen,steht in keinem Zusammenhang mit dem Zusammenstoss der Verband konnte sich gut im Fahrwasser halten, indem er gegen den von Backbord kommenden Wind ansteuerte, wie dies in einer derartigen Situation üblich ist, auch bei einem etwas kleineren Leichter hätte man gegen den Wind ansteuern müssen und ausserdem wird aus der Klageschrift selbst deutlich, dass die Besatzung der "D" dies bereits auf reichliche Entfernung wahrgenommen und begriffen hatte; und da darüberhinaus die Breite des Stromes keine Schwierigkeiten für eine sichere Passage machte, ist dies für die vorliegende Anklageschrift ohne Bedeutung.
13. Angesichts dieser Erkenntnis verweist die Beklagte auch auf Ziffer 2a, auf Seite 6, der Klageschrift, wo ausgeführt wird, dass es für die übrige Schiffahrt nicht möglich war, Position und Kurs des Schubverbandes auf grösseren Abstand deutlich auszumachen; dies steht im Widerspruch zu den Ausführungen auf Seite 4 der Klageschrift.
14. Die Beklagte leugnet, dass der Verband in unfachmännischer Weise gesteuert wurde; L. war ein erfahrener Steuermann, der auch angemessen manövrierte; gegen die unschlüssige Fahrweise der "D" war jedoch kein Kraut gewachsen.
15. Das Abgeben von Tonsignalen oder das Anzeigen von Warnlicht hatte nicht durch die "W" zu geschehen, sondern eben gerade durch die "D", die also eine Unterlassung beging: der Verband versuchte sich soweit als möglich anzupassen und liess bis zum letzten Moment genügend Raum auf beiden Seiten für eine sichere Passage; die Flussbreite sorgte dafür, dass der Schubverband, trotz leichter Schräglage, keine Probleme für die übrige Schiffahrt aufwarf.
16. Aus diesen Gründen kann von einer Schuld der "W" und/oder des "A" nicht die Rede sein. Die Forderung muss zurückgewiesen werden.
Im erstinstanzlichen Verfahren hat H. & S erklärt, sie bestreite nicht mehr die herabgesetzte Forderung der C.F.N.R. sowie den eigentlichen Zinstermin.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat der Forderung der C.F.N.R. mit Urteil vom 4. März 1976 stattgegeben und H & S die Prozesskosten auferlegt, nachdem es in den Entscheidungsgründen erstens hinsichtlich seiner Zuständigkeit erwogen hatte:
"2. Zwischen beiden Parteien steht fest, dass die Kollision am 27. November 1974 auf dem Waal ungefähr in Höhe des km 886,5 im Bereich der Gemeinde Nijmwegen oder Elst und innerhalb dieses Regierungsbezirks, stattfand. Gemäss Artikel 5, Anfang, und unter 3 des Vertrages vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dieses Gericht befugt, die Anträge entgegenzunehmen."
Nach Feststellung der nicht (mehr) bestrittene Tatsachen heisst es im Urteil weiter.
"5. Aufgrund des Inhalts dieser Beweisstücke muss davon ausgegangen werden, dass sich die Kollision folgendermassen zugetragen hat.
5.1 Beim Anlaufen des Vorhafens von Weurt befand sich die "D" vor dem nördlichen Ufer. Sie führte dabei das weisse Blinklicht. Etwas unterhalb dieses Hafens drehte sie allmählich nach Steuerbord. Das Blinklicht wurde ausgeschaltet.
5.2 An Bord der "D" wurden die entgegenkommenden Fahrzeuge beobachtet. An den Lichtern konnte man erkennen, dass es sich um einen Koppelverband handelte. Aus der Position der Lichter war ebenfalls ersichtlich, dass der Verband etwas von seiner Kurslinie in Richtung Backbord abwich.
5.3 Es stellte sich später heraus, dass es sich bei dem Verband um die gekoppelten "W" und der Schubleichter "A" handelte. Der Verband fuhr also mit Rücksicht auf den herrschenden Wind. Auf der "W" war die Radaranlage in Betriebe Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, auf weichen Bereich sie eingestellt war. Abgesehen von der Erklärung des Steuermanns, dass auf dem Radarschirm die Position des Schiffes zum rechten Ufer abzulesen ist, konnte nicht geklärt werden, ob die Radaranlage beim weiteren Geschehensablauf eine Rolle gespielt hat. Der Schubverband fuhr mit einer -auf dem Grund gemessenen - Geschwindigkeit von etwa 20 km/h vorwärts.
5.4 J., Matrose auf der "D", sagte aus, den Schubverband zum ersten Mal auf einen Abstand von 1 bis 2 km ausgemacht zu haben. L., Steuermann auf der "W", erklärte, dass er bei der Übernahme des Ruders auf etwa 1 bis 1,5 km Entfernung zwei Schiffe entgegenkommen sah, die in einem Abstand von etwa 200 m voneinander fuhren und bei denen sich herausstellte, dass das hintere die "D" war. Derjenige, von dem er das Ruder übernommen hatte, hat nichts ausgesagt über ein eventuelles früheres Sichten von entgegenkommenden Fahrzeugen.
5.5 Bei der ersten Wahrnehmung fuhr der Schubverband etwa 80 m von der nördlichen Kribbenlinie entfernt.
5.6 Aufgrund seiner Absicht, auf der Höhe von Nijmwegen beim, südlichen Ufer vor Anker zu gehen, verringerte sich nach Beginn des Überquermanövers vom nördlichen Ufer aus nach Steuerbord die Geschwindigkeit der "Damour" von 10 auf 5 bis 6 km/h. Zum Zeitpunkt der Kollision fuhr das Schiff mit dieser letzgenannten Geschwindigkeit.
5.7 Vor dem Südufer lagen auf Höhe der Kribben 886.685 und 886.475 auf ungefähr 30 bzw. 25 m Abstand von den Kribben je ein Schiff vor Anker.
5.8 Als die "D" und der Schubverband sich einander weiter näherten, wurde auf beiden Seiten ein Zusammenstoss befürchtet. Auf der "W" wurde das Steuer Richtung Backbord gestellt, in der Annahme, dass die "D" die Absicht habe, Steuerbord auf Steuerbord zu passieren.
5.9 Die "D" gab einen kurzen Signalstoss ab und drehte das Ruder nach Steuerbord.
5.10 In einem Winkel von 45 °, unmittelbar nach den unter den beiden vorherigen Ziffern beschriebenen Manövern lief der "A" in die Backbordseite der "D". Nach den Aussagen des Klägers löste sich der Schubverband nach dem Zusammenstoss kurz, um dann erneut gegen die "D" zu stossen, drehte sich dann, sodass er mit dem Achterschiff in Richtung des Nordufers rechtwinklig im Fahrwasser liegenblieb, anschliessend eine halbe Schiffslänge achteraus fuhr, sich nochmals drehte und vor dem Nordufer zu Anker ging.
7. Der Steuermann der "W" erklärte, dass der Schubverband, als er quer im Fahrwasser lag, mit dem Achterschiff eine Radarboje auf einer der Kribben anstiess. Diese Erklärung wird bestätigt durch das vor Ort erstellte Protokoll, in dem es heisst, dass eine Radarboje beschädigt wurde und dass die Boje auf Kribbe 886,490 vom Achterschiff der "W" schiefgedrückt wurde.
8. Es muss davon ausgegangen werden,dass der Schaden an einer dieser Bojen so wie der vorhin genannte Steuermann ausgesagt hat, verursacht wurde.
9. Nach dem Unfallverlauf ist zu folgern, dass der Zusammenstoss auf etwa 1 1/2 Schiffslängen des längsten der beiden den Schubverband bildenden Fahrzeuge, d.h. 115 m Entfernung von der nördlichen Kribbenlinie, stattgefunden hat.
10. Die Breite des Fahrwassers zwischen den Kribbenlinien beträgt 260 m, sodass der Zusammenstoss in der nördlichen Hälfte des Fahrwassers stattgefunden haben muss.
11. Die unter 5.8. dargelegte Ansicht an Bord der "W" beruhte nicht auf einem Signal oder Zeichen seitens der "D".
12. Der erste Absatz des Paragraph 6.04 der Polizeiverordnung für die Rheinschiffahrt 1970 schrieb für die "D" vor, dem Schubverband einen angemessenen Weg frei zu lassen. Liess sie an ihrer Backbordseite den Weg frei so war - gemäss dem zweiten Absatz dieses Paragraphs - kein Zeichen erforderlich.
13. Von dem Schubverband muss angenommen werden, dass er, als der ab 5.8 beschriebene Zusammenstoss drohte, mit nicht weniger als 80 m Abstand von der rechten Kribbenlinie fuhr. Der Schubverband hatte eine Gesamtbreite von 19, 83 m. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der Schubverband etwas schräg zur Kurslinie fuhr, wie dies der Fall war, so ist anzunehmen, dass die 80 m bis zur Kribbenlinie dem Verband genügend Spielraum Hessen, um vor der herannahenden "D" nach Steuerbord auszuweichen und sie Backbord auf Backbord zu passieren. Der Beklagte sagte ohnehin auf Befragung zu diesem Punkt aus, dass der Schubverband bis zum letzten Moment genügend Raum für eine sichere Vorbeifahrt auf beiden Seiten übriggelassen habe.
14. Da also solch eine Passage sowohl - wie in 11 und 12 erläutert -vorschriftsgemäss als auch möglich war, muss einerseits festgestellt werden, dass die "D" ihrer Verpflichtung, dem Verband einen angemessenen Raum frei zu lassen, nachkam, und andererseits dem Verband ein Vorwurf bezüglich der unbegründeten - und als unrichtig erwiesenen - Annahme gemacht werden, dass die "D" eine Steuerbord-Steuerbord-Passage beabsichtigte sowie bezüglich der Reaktion auf diese Annahme, die in dem Umlegen des Ruders Richtung Backbord bestand.
15. Aus dem in 5 beschriebenen Hergang des Zusammenstosses ist zu folgern, dass dieser ausgeblieben wäre, wenn dieses Steuermanöver nicht stattgefunden hätte. Somit ist der Schubverband schuldig an dem Zusammenstoss.
16. Das Wendemanöver des Verbandes nach Backbord ist nicht auf ein einziges Signal der "D" zurückzuführen; letzteres Schiff hat in Erfüllung der unter Paragraph 6.04 Absatz 4 der Polizeiverordnung für die Rheinschiffahrt 1970 enthaltenen Forschrift angesichts der Gefahr eines Zusammenstosses einen kurzen Signalstoss abgegeben.
17. Da also seitens der Damour kein Fehlverhalten festzustellen ist, können die weiteren seitens des Klägers an den Verband gerichteten Vorwürfe ausser Betracht bleiben.
18. Den herabgesetzten Forderungen des Klägers wird stattgegeben, bezüglich des Mehrbetrages werden sie abgewiesen. Der Beklagte wird als unterlegene Partei zu den Prozesskosten, einschliesslich der Kosten des vorangegangenen Zeugenverhörs, verurteilt.
H. & S hat gegen vorgenanntes Urteil Berufung eingelegt, wobei sie erklärt hat, die Entscheidung der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt zu wüschen.
Die Parteien haben auf ihren jeweiligen Standpunkten in erster Instanz beharrt. H. & S hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Forderung der C.F.N.R. als unzulässig abzuweisen, oder wenigstens die Forderung als unbegründet zurückzuweisen, sowie der C.F.N.R. die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen aufzuerlegen. C.F.N.R. hat beantragt, die Berufung von H & S als unzulässig abzuweisen, oder sie zumindest als unbegründet zu verwerfen unter Bestätigung je nachdem durch Änderung und/oder Verbesserung der Begründung, des angefochtenen Urteils, und ihnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist gemäss der Revidierten Rheinschiffahrtsakte form- und fristgericht eingelegt werden. Die Berufung ist jedoch ohne Erfolg.
II.
Zu Recht hat das Rheinschiffahrtsgericht festgestellt, dass der Zusammenstoss innerhalb seiner örtlichen Zuständigkeit stattgefunden hat, d.h. innerhalb der Gemeinden Nijmwegen oder Eiste Von Amts wegen stellt die Berufungskammer jedoch fest, dass das Rheinschiffahrtsgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht auf Artikel 5 Anfang und unter 3 des Vertrags über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckungen gerichtlicher Entscheidung in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968, d.h. auf den EWG-Vollstreckungsvertrag gründet. Die Bestimmungen des Art.57 dieses Vertrags bringen mit sich, dass die gerichtliche Zuständigkeit in Rheinschiffahrtssachen nicht durch diesen Vertrag, sondern durch die Rheinschiffahrtsakte geregelt wird. Das Arrondissementsgericht Arnheim ist für diese Sache als Rheinschiffahrtsgericht auf Grund der Artikel 34 und 35 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte, wie auch des Art. 1 des Gesetzes vom 16. Juli l869, Staatsblad 139, zuständig.
III.
C.F.N.R. ist der Ansicht, dass die Berufung unzulässig sei, a) weil H & S gegen das am 4. März 1976 öffentlich durch das Rheinschiffahrtsgericht verkündete Urteil spätestens am 4. April 1976 Berufung vor der Zentralkommission hätte einlegen können, während die Berufung jedoch erst am 28. Mai eingelegt wurde, und b) weil H & S sowohl bei der Zentralkommission als beim Oberlandesgericht Arnheim in dieser Sache Berufung eingelegt hat.
Zu a)
Zur Erläuterung dieses Unzulässigkeitsgrundes hat C.F.N.R. auf den Unterschied zwischen der deutschen und der französischen Fassung des Artikels 37 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte verwiesen, insofern, in der deutschen Fassung von "Insinuation" und "anzumelden" die Rede ist, während in der französischen Fassung es diesbezüglich heisst: "signifie" und "notification", wobei sie betont, dass die Niederlande nur die französisiche und nicht die deutsche Fassung ratifiziert hätten. Da nun nach dem offiziellen niederländischen Text, so versteht die Berufungskammer die Darlegung von C.F.N.R., die Berufung innerhalb einer Frist von 30 Tagen, nachdem das Urteil ordnungsgemäss ..... zugestellt worden ist, (medegedeeld) einzulegen ist und angenommen wird, dass diese Zustellung bei der öffentlichen Verkündung stattgefunden hat, hätte H & S, nach der Meinung von C.F.N.R., innerhalb von 30 Tagen ihre Berufung einlegen müssen.
Art. 37 Absatz 2 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte macht einen Unterschied zwischen dem Abfassen eines Urteils (in erster Instanz) und dem "Zustellen" dieses Urteils, wobei "Zustellen" die Wiedergabe des deutschen Wortes "Insinuation" und des französischen "notification" ist. Wie die Berufungskammer in ihren Urteilen vom 14.6.1973 in Sachen Fendel-Stinnes/Hildegard 20 Z 2/73 und Fendel-Stinnes/Schiffsversicherungs-Verein 19 Z 1/73 entschieden hat, bedeutet "Insinuation" hier "Zustellung", wobei letzter Begriff auf niederländisch mit "betekening" übereinstimmt. Weder aus dem Text noch aus der Geschichte der Revidierten Rheinschiffahrtsakte ergibt sich, dass "notification" eine andere Bedeutung als "Insinuation" haben sollte, sodass es kein Grund für die Annahme gibt, dass der Ausdruck "medegedeeld" in der niederländischen Fassung die Verkündung des Urteils, wie C.F.N.R. behauptet, betrifft.
Zu b)
H & S hat bei der mündlichen Verhandlung eine Abschrift der Ladung eingereicht, durch welche sie die C.F.N.R. vor das Oberlandesgericht Arnheim im Berufungsverfahren vorgeladen hat. Aus diesem Schriftstück, dessen Inhalt von C.F.N.R. nicht bestritten wird, ergibt sich, dass H & S die Aufhebung des in erster Instanz gefassten Urteils mit folgendem Vorbehalt gefordert hat:"....falls die von der Berufungsklägerin bei der in Artikel 4.3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erwähnten Zentralkommission für die Rheinschiffahrt in Strassburg gegen das angegriffene Urteil eingelegte Berufung auf Grund der Nichteinhaltung der in Artikel 37 dieser Revidierten Rheinschiffahrtsakte vorgeschriebenen Förmlichkeiten und auf Grund des vorletzten Absatzes des Artikels 37 "für nicht angebracht erachtet wird". Aus diesem Vorbehalt ergibt sich zur Genüge, dass, wenn die Berufungskammer hinsichtlich dieses Punkts die von H & S eingelegte Berufung für zulässig hält, die vor dem Oberlandesgericht Arnheim eingelegte Berufung gegenstandslos ist, so dass auch dieser Antrag von C.F.N.R. auf Unzulässigkeit der Berufung von H & S verworfen werden muss, wobei dahingestellt bleiben kann, ob, wie C.F.N.R. vorträgt, die Berufung von H & S vor dem höheren Rheinschiffahrtsgericht in Arnheim unzulässig ist.
IV.
Nach der schriftlichen Erklärung des Gerichtskanzlers des Rheinschifffahrtsgerichts Arnheim vom 20.August 1976 ist die Berufungsantwort der C.F.N.R. am 2. August 1976 dort eingegangen und dies, nachdem der Gerichtskanzler durch ein Schreiben vom 5. Juli 1976 dem Berater der C.F.N.R. die Berufungsbegründung mitgeteilt hatte, unter Bezugnahme auf Art. 4, Absatz 3, des Gesetzes vom 16. Juli 1869, Staatsblad 139, während der Gerichtskanzler zugleich auf Abs. 4 des genannten Artikels hingewiesen hat, wonach die Gegenpartei abweichend von Art. 37, Abs. 3 der Rheinschiffahrtsakte, ihre Berufungserwiderung innerhalb von 4 Wochen nach Eingang der Berufungsbegründung bei der Gerichtskanzlei einreichen muss. C.F.N.R. hat deswegen rechtzeitig dieser letzteren Vorschrift Folge geleistet, wobei die Berufungskammer annimmt, dass der genannte Gerichtskanzler mit seinem Hinweis auf Absatz 4 von Artikel 4 des obenerwähnten Gesetzes beabsichtigte, C.F.N.R., eine Frist von 4 Wochen gemäss Artikel 37 Absatz 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte zu setzen. Wie die Berufungskammer in der Sache Verbraecken/ Götz 24 Z - 2/74 festgestellt hat, enthält genannter Artikel 37, Absatz 3 eine erschöpfende Regelung für Berufungen vor der Berufungskammer, welche - in den Niederlanden auf Grund von Artikel 66 der Verfassung - über die diesbezüglichen innerstaatlichen Regelungen hinausreicht.
Das gleiche gilt im Hinblick auf das Gesetz vom 16. Juli 1869. Die Vorschrift von Art. 37 Absatz 3 über die vom Rheinschiffahrtsgericht festzusetzende Frist für die Vorlage der Berufungsantwort ist eindeutig, vollständig und enthält keinen Auftrag oder Hinweis an die nationalen Gesetzgeber der Vertragsstaaten, diese Bestimmungen auszuarbeiten oder zu ergänzen. Wie die Berufungskammer in ihrer Entscheidung vom 15. September 1975 in Sachen Electricite de France/Gefo 35 Z - 8/75 (Schiff & Schaden 1976.83) entschieden hat, muss bei der Festsetzung des Termins für die Einreichung der Berufungsantwort der Umstand berücksichtigt werden, dass der Berufungskläger 30 Tage Zeit hat, die Berufung einzulegen und danach 4 Wochen für die Berufungsbegründung.
V.
Beide Parteien bestreiten einige Punkte der Sachverhaltsdarlegung durch das Rheinschiffahrtsgericht hinsichtlich des Zusammenstosses, H. & S unter I der Berufungsbegründung ohne genaue Angabe der Beschwerden und unter II der Berufungsbegründung im Hinblick auf die Feststellung, dass die "A" sehr kurz nach der Backbord-Steuerung der "W" mit der "D" zusammengestossen sei, während die C.F.N.R. in Teil 4 ihrer Berufungserwiderung feststellt, dass das Rheinschiffahrtsgericht nicht hätte entscheiden dürfen, dass sich die Kollision in der nördlichen Hälfte, d.h. 115 m ausserhalb der nördlichen Kribbenlinie, ereignet hat.
Weiterhin trägt H. & S unter I der Begründung vor, dass das Rheinschifffahrtsgericht aufgrund der Sachverhaltsdarlegung die "W/A" zu Unrecht für die Kollision verantwortlich erklärt habe, unter III der Begründung, dass das Gericht versäumt habe zu entscheiden, ob die "D", nachdem sie am Hafen von Weurt vorbeigefahren war, sofort nach dem Südteil des Stroms hätte hinüberfahren sollen, um der sich nähernden und von der "D" wahrgenommenen Talfahrt genug Platz zu lassen und jede Unge-wissenheit zu vermeiden, wodurch das Gericht ,zu Unrecht den Vorwurf des Protokollführers W. B. nicht übergenommen habe, unter IV der Begründung, dass das Gericht die Berufung auf Art. 937 des Handelsgesetzbuches in der Verhandlung nicht beachtet habe. Ziffer V der Begründung, die auf die vorhergehenden Gründe verweist, um damit klarzustellen, dass das Gericht die Forderung der C.F.N.R. als unzulässig, oder wenigstens unbegründet hätte zurückweisen müssen, hat keine selbständige Bedeutung.
Ziffer III greift, wie es sich aus dem Hinweis auf die Meinung des Protokollführers ergibt, der zu dieser Sache kurz; nach der Kollision ein Protokoll aufgenommen hat und den Schiffsführer der "D" wegen Übertretung des Paragraphs 6.04 Ziffer 1 der Rheinschiffahrtspolizeiverordnung in Verdacht hatte, die Entscheidungsgründe unter Ziffer l4 des Urteils an, wo das Gericht die Auffassung vertreten hat, dass "D" ihrer Verpflichtung, dem Schubverband einen geeigneten Weg freizulassen, nachgekommen sei.
Es steht unbestritten fest, dass die "D" bei der Annäherung an den Vorhafen von Weurt unter dem nördlichen Ufer gefahren ist und dabei das weisse Blinklicht zeigte. Danach hat die "D" ein wenig stromabwärts vom Hafen angefangen, allmählich nach Steuerbord zu überqueren, wobei das Blinklicht ausgeschaltet wurde.
Mit Hilfe einer dem Protokoll des Schiffahrtsmeisters D/Flussmeisters B. beigefügten, massstäblich gezeichneten Lage-Skizze lässt sich feststellen, dass die "D" sich alsdann mindestens 600 m unterhalb des Km 886,5, befunden hat, wo laut Parteien und Polizei die Kollision stattgefunden hat. Da die "D" die Absicht hatte, bei Nijmwegen am Südufer vor Anker zu gehen, hat sie, nach Beginn des Überquerens, ihre Geschwindigkeit von 10 auf 5 bis 6 km/h herabgesetzt. Im Zeitpunkt der Kollision fuhr das Schiff mit letztgenannter Geschwindigkeit. Wenn im Durchschnitt mit Geschwindigkeiten von gut 150 m in der Minute und knapp 100 m in der Minute gerechnet wird, so kann ruhig angenommen werden, dass die "D" 4 Minuten gebraucht hat, um von der Stelle, wo das Überquerungsmanöver angefangen hat, bis zur Kollisionsstelle zu fahren.
Der Schubverband näherte sich mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h, d.h. gut 300 m In der Minute, welche in einiger Entfernung vor der Unfallstelle veringert wurde. Man kann annehmen, dass der Schubverband sich wenigstens 1200 m oberhalb der Unfallstelle befunden hat, als die "D" (gut 4 Minuten vor der Kollision) mit dem Überqueren angefangen hat.
L., der einzige Zeuge zur Sache an Bord des Schubverbands, erklärte der Polizei, dass er plötzlich bemerkte, dass die "D" das Blinklicht zeigte und es nach ein paar Sekunden nicht mehr sah, während er von der "D" aus wohl ein kurzes Hupsignal hörte und wahrnahm, dass die "D" ihren Kurs nach Steuerbord änderte: Vor dem Gerichtskommissar hat er ausgesagt, er habe das Blinklicht der "D" gesichtet und zwar ungefähr eine halbe Minute lang, als der Abstand zwischen den Schiffen nur noch 1 oder 2 Schiffslängen betrug, worauf die "D" nach der Meinung dieses Zeugens scharf nach Steuerbord lenkte.
In Anbetracht der gegenseitigen Entfernung zwischen beiden Schiffen im Augenblick, als die "D" in der Nähe des Vorhafens von Weurt zum linken Ufer zu überqueren begann, ist es klar, dass das von Lindemann erwähnte Licht nicht das Blinklicht ist, das die "D" während des Fahrens stromabwärts vom Vorhafen einige Zeit lang gezeigt hat, sondern vermutlich das Pfeifflicht, das gebrannt hat, solange die "D" das Steuerbordsignal abgegeben hat, das L., laut seiner Aussage bei der Polizei, gehört hat. Dieses Signal ist, laut allen Zeugen, die es wahrgenommen haben, kurz vor dem Zusammenstoss, und offensichtlich wegen der Gefährdung gegeben worden. Es ist nicht anzunehmen, dass die "D" zwischen dem Beginn des Überquerungsmanövers und dem Zusammenstoss das Blinklicht (abermals) gezeigt hat, da die "D" vorhatte, am linken Ufer vor Anker zugehen.
Im Zusammenhang mit dem Vorhergehenden muss angenommen werden, dass die "D"vor dem Schubverband kein Blinklicht mehr gezeigt hat, seitdem die gegenseitige Entfernung ungefähr 1800 m (600 m + 1200 m bis zur Kollisionsstelle) betrug, welche für einen zu Tal fahrenden Schubverband ausreichen müsste, auch wenn dieser bei stürmischem Wetter mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 20 km/h fährt, um gemäss Paragraph 6.04, Ziff. 5, dem Kurs zu folgen, der vom Bergfahrer angewiesen wird, und um seinen eigenen Kurs nötigenfalls nach demjenigen des zu Berg fahrenden Schiffes einzurichten.
Der Schubverband, der insgesamt 19,83 m breit war,fuhr, im Hinblick auf den Wind leicht nach Backbord gerichtet, in einem Abstand von 80 m bis zur rechten Kribbenlinie und hat diesen Abstand gehalten, bis L. den Eindruck hatte, die "D" würde auf der Backbordseite des Stroms fahren und es dabei versäumte, das Blinklicht einzustellen. Den Polizeibeamten gegenüber hat L. ausgesagt, nach Backbord gesteuert zu haben, sobald er das Blinklicht der "D" gesehen hatte. Angenommen, dass diese Aussage den Tatsachen entspricht, so muss es im Augenblick geschehen sein, als die "D" das Steuerbordsignal gab. Seiner Erklärung vor dem Gerichtskommissar zufolge hat L. schon vorher nach Backbord gesteuert und zwar bevor er die Motoren gedrosselt hat und als der Abstand zwischen den Schiffen ungefähr 300 m betrug.
Zu Recht hat das Rheinschiffahrtsgericht dem Schubverband vorgeworfen, von der unbegründeten und sich als unrichtig herausgestellten Voraussetzung ausgegangen zu sein, die "D" würde ein Steuerbord auf Steuerbord Vorbeifahren vornehmen und mit einem Backbord-Steuermanöver reagiert zu haben Lindemann hat weder der Polizei, noch dem Gerichtskommissar gegenüber ausgesagt, die "D" hätte zu wenig Platz für ein Vorbeifahren Backbord an Backbord gelassen. Das Gericht ist deswegen zu Recht zur Entscheidung gekommen, dass die "D" ihre Pflicht getan habe, dem Schubverband einen geeigneten Weg frei zu lassen, so dass die Berufungsbegründung zu III abgewiesen werden muss.
Im Zusammenhang mit dem Vorhergehenden werden auch die übrigen Gründe abgewiesen:
Die Begründung zu II., weil, obwohl L. vor der Kollision möglicherweise auch nach Steuerbord gesteuert hat, er jedenfalls vor der Kollision nicht nach Backbord hätte steuern dürfen, die Berufungsbegründung I. - und hiermit entfällt gleichzeitig die Bedeutung des oben erwähnten Beschwerdepunktes der C.F.N.R. gegen die Feststellung des Rheinschifffahrtsgerichts über den Unfallort - weil auch, wenn der Unfall in der nördlichen Stromhälfte geschehen ist, die "D" gemäss Par. 6.04 Zif.l gefahren ist, die Berufungsbegründung zu IV., weil die Ursache des in Artikel 937, Absatz 2 erwähnten Schadens hinreichend festgestellt worden ist.
Den in der Berufungsbegründung zu III. gemachten Vorwurf, die "D" hätte, nachdem sie am Hafen von Weurt vorbeigefahren war, nicht sofort das südliche Flussufer aufgesucht, um der sich nähernden und durch die "D" wahrgenommenen Talfahrt genügend Raum zu lassen und jede Ungewissheit zu beseitigen, trifft das gleiche Los. Die "D" hat ja dem Schubverband einen geeigneten Weg frei gelassen, während die Ungewissheit nicht durch die Fahrweise der "Damour", sondern durch falsche Beobachtungen und/oder Vorstellungen seitens des Schubverbandes entstanden sind.
Deshalb entscheidet die Berufungskammer wie folgt:
Die Berufung des Beklagten (Berufungsklägers) gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Arnheim vom 4. März 1976 wird als unbegründet abgewiesen und das Urteil bestätigt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Partei H & S zu Lasten.
Die Festsetzung dieser Kosten unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Artikels 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das vorbenannte Rheinschiffahrtsgericht.
Der Gerichtskanzler: Der Vorsitzende:
(gez.) Doerflinger (gez.) L. Specht