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Leitsätze:
1) Zur Rechtswirksamkeit der einem Frachtvertrag zugrunde gelegten Transportbedingungen, z. B. der Allgemeinen Verfrachtungs- und Schleppbedingungen der Elbe" (AVB).
2) Die Verfrachtungsbedingungen gelten nicht nur für das Verhältnis Verlader/Hauptfrachtführer, sondern auch für das Verhältnis des Verladers zum Unterfrachtführer.
3) Freizeichnungsklauseln können nicht nur Schadensersatzansprüche aus Vertrag, sondern auch aus anderen Rechtsgründen, z. B. aus unerlaubter Handlung zum Gegenstand haben.
Urteil des Landgerichts Hamburg - Kammer für Handelssachen
vom 24. November 1965
Zum Tatbestand:
Die Einfuhr- und Vorratsstelle beauftragte unter Vermittlung der Klägerin die Beklagte zu 1 mit der Beförderung einer Partie Weizen von Hamburg nach Berlin. Die Beklagte zu 1 bediente sich zur Ausführung dieses Transportauftrages des Beklagten zu 2 als Unterfrachtführer. Die Klägerin macht ihr abgetretene Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend, weil der Weizen im Schiff des Beklagten zu 2 von Kornkäfern befallen worden sei und die dadurch notwendig gewordene Begasung des Weizens erhebliche Kosten verursacht habe.
Die Beklagten bestreiten jedes Verschulden, berufen sich vor allem aber auf eine kurze Verjährung von 6 Monaten und sonstige Freizeichnungsklauseln in den „Allgemeinen Verfrachtungs- und den Schleppbedingungen der Elbe" (AVB), die dem Frachtvertrag zugrunde gelegt seien und auf die sich nicht nur die Beklagte zu 1 als Hauptfrachtführerin, sondern auch der Beklagte zu 2 als Unterfrachtführer berufen könne. Die Klage wurde kostenpflichtig abgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die AVB sind dem zwischen der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel und der Beklagten zu 1) abgeschlossenen Frachtvertrag wirksam zugrunde gelegt worden. Auf diese Bedingungen ist im Ladeschein noch ausdrücklich verwiesen worden.
Ihnen haben sich die Vertragsparteien in Kenntnis davon unterworfen, dass der Text der AVB nicht vorgelegen hat. Das ist zwischen Kaufleuten für die Geltung der AVB unschädlich, wenn, wie gerichtsbekannt ist, diese Bedingungen in dieser Branche regelmäßig verwendet werden.
Der Vertragspartner hätte, wenn er die AVB nicht ohne weiteres gegen sich gelten lassen wollte, bei Vertragsschluss auf Aushändigung des Textes bestehen oder aber
im Weigerungsfall ausdrücklich die Anwendung der AVB ausschließen müssen.
Gegen die Wirksamkeit der hier einschlägigen Bestimmungen der AVB bestehen keine Bedenken. Nicht ersichtlich ist, weshalb aus der erläuternden Formulierung „kartellierte Stromgebiete" auf einen Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften zu schließen ist. Damit wird lediglich der räumliche Anwendungsbereich der AVB gemeint. Im Übrigen finden nach § 99 Abs. 2 Ziffer 4 GWB die §§ 1, 15 bis 18 GWB nicht auf Verträge von Unternehmen der Küsten- und Binnenschifffahrt Anwendung, soweit es sich um Beförderungsbedingungen in diesem Bereich handelt. Dazu gehören auch die AVB; Wesche im Gemeinschaftskommentar zum GWB, 2. Aufl. 1963, § 99 Rdnr. 14. Ebenso wenig ist ein Verstoß gegen Art. 85 EWG-Vertrag ersichtlich. Eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten des Gemeinsamen Marktes durch die AVB, die nur in einem räumlich begrenzten Teil des innerdeutschen Gebietes angewandt werden, kann ernsthaft nicht behauptet werden. Außerdem ist auch hier durch die Verordnung Nr. 141 des Rats vom 26. November 1962 die Nichtanwendung der Verordnung Nr. 17 des Rats vom 6. Februar 1962 (der 1. DVO zu den Art. 85 und 86 des EWG-Vertrages) für Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Verkehr angeordnet worden.
Auch der Beklagte zu 2) kann sich gegenüber der Klägerin auf die zum Vertragsbestandteil gewordenen AVB berufen. Nach §§ 26 BSchiffG. 432 Abs. 2 HGB tritt der Beklagte zu 2) als Unterfrachtführer mit Übernahme des Gutes in die Rechte und Pflichten des mit der Beklagten zu 1) abgeschlossenen Frachtvertrages ein. Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Beklagte zu 2) nicht nur Schiffseigner, sondern auch Schiffer des MS „Elizabeth" ist und als solcher der Haftung nach § 7 BSchiffG unterliegt. § 7 Abs. 2 S. 1 in Verbindung mit Abs. 1 BSchiffG erstreckt kraft Gesetzes die vertraglichen Sorgfaltspflichten des Schiffers gegenüber dem Schiffseigner auch auf die Ladungsbeteiligten. Sind Schiffseigner und Schiffer eine Person, so geht deren Haftung bei Erfüllung der von ihr auszuführenden Verträge auf dasselbe, wozu sie durch den Eintritt in den Frachtvertrag nach § 432 Abs. 2 HGB ohnehin schon gegenüber den Ladungsbeteiligten verpflichtet sind. Die hierbei dem Schiffseigner aus dem Vertrag zustehende Einrede der Verjährung kann ihm darum nicht verwehrt werden, wenn er gleichzeitig sein Schiff selbst führt. Die Rechte der Ladungsbeteiligten bemessen sich nach dem Vertrag, der nunmehr auch auf den Schiffer ausgedehnt worden ist. § 112 AVB unterwirft auch Ansprüche jeder Art wegen Beschädigung des Gutes der kurzen Verjährung, mögen sie auch aus verschiedenen Rechtsgründen hergeleitet werden.
Die kurze Verjährung ergreift auch einen etwaigen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung, die gleichzeitig in einer Vertragsverletzung liegen könnte, da eine derartige Abkürzung der Verjährungsfrist Ansprüche jeder Art betreffen soll. Das gilt umso mehr, als auch schon die gesetzliche Verjährungsfrist nach § 117 Ziffer 7 BSchiffG die Ansprüche aus unerlaubter Handlung erfasst; Vortisch-Zschucke, Binnenschifffahrts- und Flößereirecht, 3. Aufl. Berlin 1964, § 117 Anm. 3 c)."