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495 BZ - 6/14 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Decision Date: 29.12.2014
File Reference: 495 BZ - 6/14
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Department: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsätze:

1) Die Weisung des Bergfahrers muss rechtzeitig gegeben werden und unter den konkreten Umständen befolgt werden können.

2) Ein Bergfahrer, der auf 250 m breitem Fahrwasser während des Überholens eines anderen Bergfahrers in einem Abstand von 5 bis 600 m zum Talfahrer seine Weisung von steuerbord/steuerbord auf backbord/backbord ändert, um einen Übergang vom linken zum rechten Ufer zu machen, und dies auch über Funk mitteilt, lässt der Talfahrt jedenfalls dann keinen geeigneten Talweg frei, wenn er bei unklarer Reaktion der von der geänderten Weisung überraschten Talfahrt nicht gemäß § 6.04 RheinSchPV rechtzeitig einen kurzen Ton abgibt.

3) Erforderlichenfalls muss der Bergfahrer mit blauer Tafel seine Fahrt zurücknehmen, am linken Ufer warten und den Bergfahrer passieren lassen, um erst dann den Übergang zu machen.

4) In den Niederlanden gilt das Genfer Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen 1960 (IUeZB) neben der RheinSchPV 1995 als unmittelbar geltendes Recht als das ältere Übereinkommen im Sinne des Artikels 28 I Verordnung EG Nr. 864, 2007 (ROM II).

5) Nach dem Recht der Niederlande (Urteil des Hoge Raad vom 20. Oktober 2006) kann ein Versicherer Zinsen vom Schädiger erst ab Ersatzleistung an seinen eigenen Versicherungnehmer und nicht schon ab dem Datum des Schadeneintrittes verlangen.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt

vom 29. Dezember 2014

Az.: 495 BZ - 6/14

(Rheinschiffahrtsgericht Landgericht Gelderland (NL) vom 15. Mai 2013)

Aus dem Tatbestand:

... Am 30. Oktober 2009 ereignete sich um 14. 51. 39 Uhr eine Kollision auf der Waal oberhalb von Nimwegen auf der Höhe von Kilometer 882,5 zwischen den Schiffen Celina und Imatra. Die Breite des Fahrwassers vor Ort betrug 250 m, der Pegelstand war niedrig, die Füße der Buhnen standen fast im Trockenen, der geringste Tiefgang wurde bei 2,70 gemessen, die Fahrrinne verlief im Abstand von 30 m zu den Buhnen. Es herrschten klare Sichtverhältnisse bei einer schwachen Windstärke von 1 bis 2 Bf. Die im Eigentum des Berufungsklägers befindliche Celina (Länge 105 m, Breite 10,5 m, Tiefgang 3 m, Tragfähigkeit 2.144,77 t) fuhr mit einer Geschwindigkeit von 13,5 km/h ohne Ladung am rechten Ufer der Waal zu Berg, während die den Berufungsbeklagten zu 2, 3 und 4 zugehörige Imatra (Länge 65 m, Breite 7,60 m, Tiefgang 2,60 m, Tragfähigkeit 830,3 t) beladen mit einer Ladung Sand bei einer Geschwindigkeit von 18,5 km/h ebenfalls am rechten Ufer zu Tal fuhr. Die Strömungsgeschwindigkeit des Fahrwassers betrug 3 km/h. Während ihrer Bergfahrt begegnete die Celina um 14. 50. 29 der vor der Imatra gleichfalls zu Tal fahrenden Somtrans XIII. Die Begegnung Steuerbord an Steuerbord zwischen der Celina und der Somtrans XIII erfolgte unter Verwendung der gemäß § 6.04 RheinSchPV vorgeschriebenen blauen Tafel und Funkellicht ohne Probleme. Nach dieser Begegnung entfernte die Celina die blaue Tafel mit der Absicht, einen Übergang zum linken Ufer des Flusses zu vollziehen. Ihr Kurs wurde nicht verlegt, sondern verlief aufgrund des Flussverlaufes leicht Steuerbord. Nach der Begegnung mit der Somtrans XIII betrug der Abstand zur Imatra noch 579 Meter, während die Celina gleichzeitig ein an ihrer Steuerbordseite in der Mitte des Fahrwassers zu Berg fahrendes unbekannt (gebliebenes) Schiff einholte. Die Imatra zeigte aufgrund der von der Celina gesetzten blauen Tafel ebenfalls ihre blaue Tafel und wählte einen Backbordkurs. Durch die gewählten Kurse kamen sich die Schiffe in ihrem jeweiligen Fahrwasser in die Quere und stießen um 14. 51. 39 frontal zusammen. Der Abstand der Celina zu den Buhnenköpfen betrug zu diesem Zeitpunkt 65 m ...

Aus den Gründen:

... Das anwendbare Recht. Auf die hier in Rede stehende Kollision findet neben der Revidierten Rheinschifffahrtsakte das Genfer Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen 1960 Anwendung, das durch das achte Buch des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches [Burgerlijk Wetboek (BW)] Titel 11, Abschnitt 1 (Art. 1000–1007 BW) in niederländisches Recht umgesetzt wurde. Das oben genannte Übereinkommen gilt in den Niederlanden unmittelbar. Daneben kommt auch die Rheinschifffahrtspolizeiverord-nung 1995 (RheinSchPV) zur Anwendung. Unbeschadet der vom Rheinschifffahrtsgericht Gelderland unter der Randziffer 4. 2 genannten Verordnung EG 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II Verordnung) gilt das ältere Übereinkommen über die Zusammenstöße von Binnenschiffen, vgl. den Wortlaut von Art. 28 Absatz 1: »Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der internationalen Übereinkommen, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Annahme dieser Verordnung angehören und die Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse enthalten« ...... § 6.04 RheinSchPV bestimmt, dass für eine sichere Vorbeifahrt sich begegnender Schiffe die Initiative für die Weisung eines geeigneten Weges für den Talfahrer bei dem Bergfahrer liegt. Das letztgenannte Schiff muss in der in den Bestimmungen festgelegten Art und Weise angeben, wie die Schiffe aneinander vorbeifahren sollen und der Talfahrer hat sich an diese Weisung zu halten. Im Anschluss an die erfolgreich durchgeführte Begegnung der Celina mit der Somtrans XIII, bei der beide Schiffe die blaue Tafel für die erfolgte Steuerbordbegegnung gezeigt hatten, fuhr die Celina dann um 14. 50. 29 einer Begegnung mit der Imatra in einem Abstand von 579 m entgegen. Der Schiffsführer S, der hinter dem Steuerruder der Celina stand, hat ausgesagt, dass er nach der Begegnung mit der Somtrans XIII die blaue Tafel eingeklappt habe, um vom rechten Ufer zum linken Ufer der Waal zu fahren, und danach die zu Tal fahrende Imatra sah. In der Zwischenzeit hatte die Imatra als Reaktion auf die von der Celina gesetzte blaue Tafel ebenfalls die blaue Tafel für eine Vorbeifahrt Steuerbord an Steuerbord gezeigt und sich daran gehalten, indem sie tatsächlich den Kurs nach Backbord verlegte. Auch unter Berücksichtigung des unbekannt gebliebenen Bergfahrers in der Mitte des Fahrwassers, der von der Celina eingeholt wurde sowie des Abstandes und der Geschwindigkeit der sich anbahnenden Begegnung der beiden Schiffe und des unveränderten Kurses der zu Berg fahrenden Celina am rechten Ufer, durfte die Imatra zum Zeitpunkt, als sie die blaue Tafel der Celina erwiderte und ebenfalls ihre blaue Tafel zeigte, sich darauf verlassen, dass die Steuerbordbegegnung der durch die Celina gewiesene logische Weg war und sie daher ihren Kurs tatsächlich nach Backbord verlegen konnte. Das Einklappen der blauen Tafel durch den Schiffsführer S nach der Begegnung mit der Somtrans XIII, gefolgt durch die Mitteilung über Sprechfunk um 14. 50. 36 Uhr, dass er die Flagge (damit ist die blaue Tafel gemeint) weg genommen habe, stellte somit auch eineÜberraschung für den Schiffsführer J von der Imatra dar, dem kurz zuvor durch die Celina die oben genannte Begegnung Steuerbord an Steuerbord gewiesen worden war. Dies gilt um so mehr, als dass die Celina nicht zeitgleich mit dem Entfernen der blauen Tafel tatsächlich und deutlich ihren Kurs nach Steuerbord verlegte. Die Antwort von J um 14. 50. 43 Uhr »Ga je oversteken ... die lege motor? [Gehst Du rüber ... das leere Motorschiff?]« auf die oben genannte Mitteilung von S ist damit auch in jeder Hinsicht verständlich. Unter Berücksichtigung der sich schnell aufeinander zu bewegenden Schiffe – zu diesem Zeitpunkt verblieben weniger als eine Minute bis zur Begegnung – und der Lage vor Ort, war dies für die Celina der letzte Moment, um unter den gegebenen unklaren Verhältnissen noch eine Klärung herbeizuführen. Diese Feststellung wird durch den Schiffsführer K der etwa einen Kilometer oberhalb der Imatra zu Tal fahrenden Navigatie bestätigt, der zur Aussage gab, dass in der Situation kurz vor der Kollision schlichtweg kein Platz zur Verfügung gestanden habe, um als Bergfahrer von der falschen Seite zur richtigen überzuwechseln, denn in der Mitte des Fahrwassers sei noch ein Bergfahrer gewesen, an dem die Celina noch nicht vorbei war. Zu diesem Zeitpunkt muss es eigentlich auch dem Schiffsführer S klar geworden sein, dass seine offensichtliche Absicht, die Uferseite zu wechseln, von der Imatra nicht verstanden worden war. Daraufhin hätte die Celina ihre Absicht mindestens durch den in § 6 . 04 RheinSchPV geforderten kurzen Ton verdeutlichen müssen. Da sie dies unterließ und anstatt dessen auf die oben genannte überraschte Reaktion von J um 14. 51. 03 Uhr – 36 Sekunden vor der Begegnung – antwortete, dass die Imatra auf der falschen Seite fuhr, zwang die Celina die Imatra sogar noch zu diesem Zeitpunkt, ihren Kurs nach Steuerbord zu verlegen, wozu diese sich aber nicht mehr in der Lage sah. Anstatt die tief liegende und beladene Imatra, die aufgrund Celinas anfänglicher Weisung einem Backbordkurs folgte, zu diesem Zeitpunkt wieder zurück an das rechte Ufer zu schicken, wäre es eher Aufgabe der hoch liegenden ungeladenen Celina gewesen, selbst länger am rechten Ufer entlang zu fahren, wo sie dann ausreichend Platz und Gelegenheit gehabt hätte, ihre Fahrt zu verringern und nach einer Begegnung Steuerbord an Steuerbord mit der Imatra eventuell auf das Neue einen Übergang an das andere Ufer in Angriff zu nehmen. Dazu hätte sie ihre Fahrt verlangsamen und sich stärker nach Steuerbord halten können, um hinter dem unbekannt gebliebenen Bergfahrer den Übergang zu vollziehen. Mit ihren Handlungen hat die Celina die von ihr verursachte Undeutlichkeit nicht beseitigt, sie beharrte sogar auf ihrer Absicht, einen Übergang zur anderen Uferseite durchzuführen. Das steht aber im Widerspruch zur der gemäß §1. 04 RheinSchPV gebotenen Sorgfaltspflicht und Übung der Schifffahrt. Darüber hinaus hielt sich die Celina auch nicht an die Bestimmung von § 6.03 Nr. 1 RheinSchPV, denn angesichts der Position des zwischen der Celina und der Imatra befindlichen Bergfahrers in der Mitte des Fahrwassers sowie unter Berücksichtigung der Länge und des Tiefgangs der betroffenen Schiffe und des niedrigen Pegelstands, bestand für eine Vorbeifahrt zwischen der Celina und der Imatra die Gefahr, dass der Manövrierraum für eine Kursverlegung nicht ausreichen würde.Aus den oben ausgeführten Erwägungen lässt sich schlussfolgern, dass die Celina der zu Tal fahrenden Imatra keinen geeigneten Weg im Sinne von § 6 . 04 Nr. 1 RheinSchPV freigelassen hat. Sie hat die selbst herbeigeführte Undeutlichkeit nicht aus dem Weg geräumt. Damit steht die Schuld der Celina fest. So weit die Berufungsgründe eine alleinige Schuld der Imatra an der Kollision enthalten, werden diese Berufungsgründe abgewiesen ...

Zur Anschlussberufung (der Klägerin):

... Unter Verweis auf die auch vom Rheinschifffahrtsgericht zitierte Rechtsprechung des obersten niederländischen Gerichts Hoge Raad weist die Berufungskammer den Berufungsgrund ab. Unabhängig davon, ob E mit Blick auf die geltend gemachte Forderung Auftrag und Vollmacht ihrer Versicherten besaß (E hat hier keinen Beweis angetreten und auch anderweitig ergaben sich keine Belege für eine derartige Beauftragung oder Bevollmächtigung), berührt das nicht die Tatsache, dass gemäß geltendem niederländischen Recht die Anrechnung des gesetzlichen Zinssatzes ab dem Zeitpunkt angesetzt werden kann, zu dem die Rechte des Versicherten durch Auszahlung der im Versicherungsvertrag festgelegten Leistungen auf die Versicherung übergehen ...

Anmerkung der Redaktion:

Mit der vorliegenden Entscheidung haben das Rheinschiffahrtsgericht Gelderland (NL) und die Berufungskammer konkretisierende Hinweise zum Weisungsrecht des Bergfahrers gegeben und zu der korrespondierenden Verpflichtung, der Talfahrt einen geeigneten Weg freizulassen.Bei Begegnungshavarien ist die immer entscheidende Ausgangsfrage zunächst, ob der Bergfahrer durch seinen Kurs und seine Weisung dem Talfahrer einen geeigneten Talweg im Sinne des § 6 . 04 RheinSchPV freigelassen hat. Diese Frage ist grundsätzlich zunächst nur nach nautischen Gesichtspunkten zu bewerten. Es ist nach nautischen Kriterien zu beurteilen, ob es dem Talfahrer angesichts des durch den Bergfahrer eingeschlagenen und beibehaltenen Kurses möglich war, der Weisung Folge zu leisten und an der gewiesenen Seite des Bergfahrers zu begegnen. Eine Art Diskussion der beteiligten Schiffe über die richtige Begegnungsweise ist nicht zulässig. Das Weisungsrecht des Bergfahrers ist zunächst unbedingt und auch unbedingt vom Talfahrer zu befolgen. Der Talfahrer hat nicht das Recht, eine bestimmte Begegnungsweise zu verlangen. An sich wäre es daher richtig und notwendig gewesen, dass der begegnende Talfahrer Imatra der eindeutigen erkannten Weisung des Bergfahrers Celina hätte Folge leisten und sofort die blaue Tafel hätte wegklappen müssen. Damit hätte auch der Bergfahrer erkannt, dass seine Weisung vom Talfahrer jedenfalls verstanden wurde. Wäre es dann zur Kollision gekommen, so hätte sich der Talfahrer Imatra darauf berufen können, dass ihm der Bergfahrer keinen geeigneten Talweg freigelassen, respektive die Weisung nicht rechtzeitig gegeben hat. Von der Frage der Rechtzeitigkeit der Weisung sowie der Frage, ob der freigelassene Talweg geeignet war oder nicht, zu unterscheiden, ist die Frage, ob und wie der Bergfahrer reagieren muss, sobald er erkennt, dass der Talfahrer seine Weisung nicht richtig verstanden hat. Völlig zu Recht führt hierzu die Berufungskammer aus, dass es notwendig gewesen wäre, in diesem Zeitpunkt einen kurzen Ton abzugeben, wie es § 6.04 Ziffer 4 RheinSchPV zwingend vorschreibt. Schallsignale werden in der Praxis sehr selten abgegeben, sind aber wegen ihrer Eindeutigkeit in besonderem Maße geeignet unklare Situationen zu klären. Der Funkverkehr dagegen ist nicht Teil des Weisungsrechtes des Bergfahrers, sondern ein zusätzliches Hilfsmittel. Funk kann und muss eingesetzt werden, wenn der Funk geeignet ist, Klarheit in die nautische Situation zu bringen. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, ist Funkverkehr aber nicht geeignet, die gesetzlich vorgesehenen Weisungsmöglichkeiten über Zeigen oder Nichtzeigen der blauen Tafel einerseits und Akustiksignale andererseits zu ergänzen oder gar zu ersetzen. Das Missachten der Weisung des Bergfahrers durch den Talfahrer ist nur unter dem Gesichtspunkt des Manövers des letzten Augenblickes zulässig. Abgesehen von dieser ultima ratio ist der Talfahrer grundsätzlich verpflichtet, die gegebene und erkannte Weisung sofort zu erwidern und ihr Folge zu leisten. Insoweit war es an sich richtig, dass der Bergfahrer konsequent seinen Kurs entsprechend der eigenen Weisung fortgesetzt und den Talfahrer – wie es die Berufungskammer formuliert – »gezwungen« hat, seinen Kurs nach steuerbord zu verlegen. Umgekehrt hätte man im vorliegenden Fall – möglicherweise nach Aufklärung weiterer Details – durchaus die Auffassung vertreten können, dass der Widerspruch und das Nichtbefolgen der erkannten Weisung des Bergfahrers durch den Talfahrer und die zögerliche Reaktion auf die erkannte aber nicht erwiderte Weisung ein Mitverschulden auf Seiten des Talfahrers hätte begründen können. Die Verantwortung und damit auch die Haftung für die Richtigkeit der eigenen Weisung hat nur und ausschließlich der Bergfahrer. Selbst wenn ex post ein Gericht eine andere Weisung und Begegnungsweise für geeigneter hält, so führt dies nicht dazu, dass die tatsächlich ausgesprochene Weisung des Bergfahrers unzulässig war. Die Beurteilungskompetenz des Gerichtes betrifft nur die Frage, ob die gegebene Weisung rechtzeitig erfolgt ist und der Bergfahrer dem Talfahrer einen geeigneten Talweg freigelassen hat; das Gericht darf die vermeintlich falsche Weisung nicht durch eine eigene für richtig gehaltene Weisung ersetzen. Zögert der Talfahrer mit der Befolgung einer Weisung, so hat er das Risiko dieses Zögerns selbst zu tragen, so wie der Bergfahrer das Risiko der Rechtzeitigkeit und Befolgbarkeit seiner Weisung trägt. Die übrigen Feststellungen des Gerichtes gelten nicht uneingeschränkt für das deutsche Recht:

Anders als in den Niederlanden ist das Genfer Übereinkommen vom 15. März 1960 (IUeZB) in Deutschland mit den §§ 9 2 bis 92 f BinSchG in das deutsche Recht aufgenommen und eingearbeitet worden, während in den Niederlanden dieses Übereinkommen noch als unmittelbar geltendes Recht gilt.Auch die hinsichtlich der Verzinsung durch den Hoge Raad begründete Rechtsprechung in den Niederlanden gilt in Deutschland in dieser Form nicht. Der Rechtsübergang, also die cessio legis vom Versicherungnehmer auf den Versicherer, umfasst auch die Zinsforderung des Versicherungnehmers vor Entschädigung durch den Versicherer. Zusätzlich empfiehlt es sich in der Praxis, eine ausdrückliche Abtretung vom Versicherungnehmer auf den Versicherer vorzunehmen. Es ist ständige Übung in Schifffahrtssachen, dass der Versicherer des Geschädigten den versicherten und den nichtversicherten Schaden (in der Regel Nutzungsverlust und Franchise) aus abgetretenem oder übergegangenem Recht im eigenen Namen einklagt.

Rechtsanwalt Dr. Martin Fischer,

Frankfurt am Main

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt

vom 29. Dezember 2014

Az.: 495 BZ 6/14

(Rheinschiffahrtsgericht Landgericht Gelderland (NL) vom 15. Mai 2013)

Gründe:

1. Die Verfahrensschriftsätze

Zu den Schriftsätzen des Gerichtsverfahrens gehören:

- Das zwischen den Parteien ergangene Urteil des Landgerichts Gelderland vom 15. Mai 2013, das nachweislich nicht in Übereinstimmung mit Artikel 37 Absatz 2, erster Satz der Revidierten Rheinschifffahrtsakte mitgeteilt wurde.

- Die Berufungsschrift vom 28. Mai 2013, dem Landgericht Gelderland zugestellt.

- Die Berufungsbegründung (undatiert), beim Rheinschifffahrtsgericht eingegangen.

- Der Antwortschriftsatz gleichzeitig Begründung der Anschlussberufung vom 10. Juli 2013, bei der Berufungskammer eingegangen.

- Der Antwortschriftsatz in der Anschlussberufung vom 20. August 2013, bei der Berufungskammer eingegangen.

- Die Verfahrensschriftsätze unter dem Aktenzeichen HA ZA 12-642 des Rheinschifffahrtsgerichtes.

- Das von Herrn Rechtsanwalt R in der Berufung vorgelegte Plädoyer.

2. Der Rechtsstreit

Das als Rheinschifffahrtsgericht tagende Landgericht Gelderland hat in seinem Urteil vom 15. Mai 2013 die Klage von E im Ausgangsverfahren in Bezug auf den Hauptgegenstand zu deren Gunsten entschieden, und zwar in der Höhe der Beträge, so wie diese im Urteil dargelegt sind und wies die Widerklage von Langeslag ab, der außerdem zur Zahlung der Prozesskosten verurteilt wurde. Dieses Urteil, gegen das Berufung eingelegt wurde, ist eine Anlage zu dem vorliegenden Berufungskammer-Urteil und ein Bestandteil davon.

Gegen dieses Urteil vom 15. Mai 2013 legte Langeslag Berufung bei der Berufungskammer ein. Die Berufungsbegründung legt zusammenfassend das Folgende dar.

1. Zu Unrecht berücksichtigte das Gericht die Verpflichtung der zu Tal fahrenden Imatra nicht, dem von der zu Berg fahrenden Celina gewiesenen Weg zu folgen (§ 6. 04 Nr. 5 der RheinSchPV).

2. Zu Unrecht erwog das Gericht, dass die Schrägfahrt der Celina zum linken Ufer durch ein unbekanntes zu Berg fahrendes Schiff behindert wurde, und dass die Imatra nicht davon ausgehen musste, dass die Celina nach der Begegnung mit der Somtrans XIII einen Übergang zum linken Ufer vollziehen würde.

3. Zu Unrecht erwog das Gericht, dass Langeslag seiner Erklärungspflicht bezüglich seines Tatsachenvortrags, dass der um 14. 50. 36 von der Celina gewiesene Weg geeignet war, nicht nachgekommen ist.

4 und 5. Zu Unrecht erwog das Gericht, dass die Imatra kein Mitverschulden trifft und verurteilte zu Unrecht die Celina zur Übernahme der Prozesskosten. E erwiderte in ihrem Antwortschriftsatz, dass die Berufungsgründe abzuweisen sind und das Urteil des Gerichts zu bestätigen ist. E forderte in der Begründung der Anschlussberufung, den gesetzlichen Zinssatz auf den durch das Gericht ihr zugesprochenen Kaskoschaden von € 153. 443,52 schon ab einem früheren Zeitpunkt anzurechnen, nämlich ab dem 30. Oktober 2009, dem Tag der Kollision, an Stelle des Datums, zu dem mit Auszahlung des Schadenersatzes die Rechte des Versicherten auf den Versicherer übergangen sind. Langeslag hat daraufhin in seinem Antwortschriftsatz in der Anschluss-berufung die Forderung zurückgewiesen.

3. Zulässigkeit der Berufungen

Die Berufung und die Anschlussberufung sind rechtzeitig eingelegt und begründet worden, infolgedessen sind die Berufungen der Parteien zulässig.

4. Tatbestand

Gegen den von dem Rheinschifffahrtsgericht im Urteil festgestellten Tatbestand sind keine Berufungsgründe von den Parteien vorgebracht worden, so dass auch die Berufungskammer von diesem Tatbestand ausgehen wird. Kurz zusammengefasst stellt sich der Tatbestand folgendermaßen dar. Am 30. Oktober 2009 ereignete sich um 14. 51. 39 Uhr eine Kollision auf der Waal oberhalb von Nimwegen auf der Höhe von Kilometer 882,5 zwischen den Schiffen Celina und Imatra. Die Breite des Fahrwassers vor Ort betrug 250 m, der Pegelstand war niedrig, die Füße der Buhnen standen fast im Trockenen, der geringste Tiefgang wurde bei 2,70 gemessen, die Fahrrinne verlief im Abstand von 30 m zu den Buhnen. Es herrschten klare Sichtverhältnisse bei einer schwachen Windstärke von 1 bis 2 Bf. Die im Eigentum des Berufungsklägers befindliche Celina (Länge 105 m, Breite 10,5 m, Tiefgang 3 m, Tragfähigkeit 2.144,77 t) fuhr mit einer Geschwindigkeit von 13,5 km/h ohne Ladung am rechten Ufer der Waal zu Berg, während die den Berufungsbeklagten zu 2, 3 und 4 zugehörige Imatra (Länge 65 m, Breite 7,60 m, Tiefgang 2,60 m, Tragfähigkeit 830,3 t) beladen mit einer Ladung Sand bei einer Geschwindigkeit von 18,5 km/h ebenfalls am rechten Ufer zu Tal fuhr. Die Strömungsgeschwindigkeit des Fahrwassers betrug 3 km/h. Während ihrer Bergfahrt begegnete die Celina um 14. 50. 29 der vor der Imatra gleichfalls zu Tal fahrenden Somtrans XIII. Die Begegnung Steuerbord an Steuerbord zwischen der Celina und der Somtrans XIII erfolgte unter Verwendung der gemäß § 6. 04 RheinSchPV vorgeschriebenen blauen Tafel und Funkellicht ohne Probleme. Nach dieser Begegnung entfernte die Celina die blaue Tafel mit der Absicht, einen Übergang zum linken Ufer des Flusses zu vollziehen. Ihr Kurs wurde nicht verlegt, sondern verlief aufgrund des Flussverlaufes leicht Steuerbord. Nach der Begegnung mit der Somtrans XIII betrug der Abstand zur Imatra noch 579 Meter, während die Celina gleichzeitig ein an ihrer Steuerbordseite in der Mitte des Fahrwassers zu Berg fahrendes unbekannt (gebliebenes) Schiff einholte. Die Imatra zeigte aufgrund der von der Celina gesetzten blauen Tafel ebenfalls ihre blaue Tafel und wählte einen Backbordkurs. Durch die gewählten Kurse kamen sich die Schiffe in ihrem jeweiligen Fahrwasser in die Quere und stießen um14. 51. 39 frontal zusammen. Der Abstand der Celina zu den Buhnenköpfen betrug zu diesem Zeitpunkt 65 m. Die Rechte der Berufungsbeklagten zu 2, 3 und 4 sind auf den Versicherer E übergegangen. Am 30. November 2009 wurde von dem Sachverhalt ein mit Datum versehenes Protokoll mit der Nr. 2009037616-1 durch das nationale Polizeikorps (Wasserpolizei Einheit Rivieren-Oost, Gruppe Tiel) angefertigt, das die Aussagen der Schiffsführer der von der Kollision betroffenen Schiffe und einiger Zeugen sowie die Radarbilder und die Aufzeichnung der Funksprüche enthält. Zudem wurde ein Protokoll mit der Nr. 2009037616-4 vom 5. Dezember 2009 mit näheren Angaben zu dem gefolgten Kurs, zur technischen Inspektion und mit Fotomaterial der betreffenden Schiffe erstellt. Das an das Berufungskammerurteil beigefügte Urteil umfasst, soweit relevant, eine Wiedergabe der Aussagen, Angaben und Beschreibungen aus den Protokollen

5. Berufungsverfahren

Das anwendbare Recht. Auf die hier in Rede stehende Kollision findet neben der Revidierten Rheinschifffahrtsakte das Genfer Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen 1960 Anwendung, das durch das achte Buch des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches [Burgerlijk Wetboek (BW)] Titel 11, Abschnitt 1 (Art. 1000-1007 BW) in niederländisches Recht umgesetzt wurde. Das oben genannte Übereinkommen gilt in den Niederlanden unmittelbar. Daneben kommt auch die Rheinschifffahrtspolizeiverordnung 1995 (RheinSchPV) zur Anwendung. Unbeschadet der vom Rheinschifffahrtsgericht Gelderland unter der Randziffer 4. 2 genannten Verordnung EG 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II Verordnung) gilt das ältere Übereinkommen überdie Zusammenstöße von Binnenschiffen, vgl. den Wortlaut von Art. 28 Absatz 1: »Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der internationalen Übereinkommen, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Annahme dieser Verordnung angehören und die Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse enthalten«.

 6. Beurteilung der Berufungsgründe

Die Berufungskammer behandelt die Berufungsgründe aufgrund ihres Zusammenhangs gemeinsam.Der rechtliche Rahmen Art. 3 des Übereinkommens zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen (Art. 8:1005 BW) bestimmt, dass wenn der Schaden durch die Schuld eines Schiffes verursacht wurde, der Schiffseigner den Schaden ersetzen muss. Art. 4 des Übereinkommens (Art. 8:1006 BW) regelt das Mitverschulden im Falle von einem oder mehreren schuldhaften Schiffen, die Eigner dieser Mitschuld tragenden Schiffe sind abhängig von der jeweiligen Schuld ihrer Schiffe haftbar. Für die Begegnung und das Überholen von Schiffen gilt § 6. 03 RheinSchPV, der unter Nr. 1 folgendermaßen lautet: »Das Begegnen oder Überholen ist nur gestattet, wenn das Fahrwasser unter Berücksichtigung aller örtlichen Umstände und des übrigen Verkehrs hinreichenden Raum für die Vorbeifahrt gewährt. «Für die Begegnung von Schiffen gilt darüber hinaus § 6. 04 RheinSchPV. Diese Bestimmung lautet wie folgt: »1. Beim Begegnen müssen die Bergfahrer unter Berücksichtigung der örtlichen Umstände und des übrigen Verkehrs den Talfahrern einen geeigneten Weg freilassen.

2. Bergfahrer, die Talfahrer an Backbord vorbeifahren lassen, geben kein Zeichen.

3. Bergfahrer, die Talfahrer an Steuerbord vorbeifahren lassen, müssen rechtzeitig nach Steuerbord zeigen:

a) bei Nacht:

ein weißes helles Funkellicht, das auch mit einer hellblauen Tafel gekoppelt sein darf,

b) bei Tag:

eine hellblaue Tafel, die mit einem weißen hellen Funkellicht gekoppelt ist. Die hellblaue Tafel muss einen weißen Rand von mindestens 5 cm Breite tragen, Rahmen und Gestänge sowie die Leuchte des Funkellichtes dürfen nur von dunkler Farbe sein. Diese Zeichen müssen von vorn und von hinten sichtbar sein und bis zur Beendigung der Vorbeifahrt gezeigt werden. Sie dürfen nicht länger beibehalten werden, es sei denn, dass die Bergfahrer ihre Absicht anzeigen wollen, auch weiterhin Talfahrer an Steuerbord vorbeifahren zu lassen.

4. Ist zu befürchten, dass die Absicht der Bergfahrer von den Talfahrern nicht verstanden worden ist, müssen die Bergfahrer folgende Zeichen geben:- »einen kurzen Ton«, wenn die Vorbeifahrt an Backbord stattfinden soll, oder- »zwei kurze Töne«, wenn die Vorbeifahrt an Steuerbord stattfinden soll.

5. Unbeschadet des § 6. 05 müssen die Talfahrer den Weg nehmen, den ihnen die Bergfahrer nach den vorstehenden Bestimmungen weisen; sie müssen die Sichtzeichen nach Nummer 3 und die Schallzeichen nach Nummer 4 erwidern, die die Bergfahrer an sie gerichtet haben. «Die hier zitierten und auf die vorliegende Rechtssache der Kollision im Einzelnen anwendbaren Bestimmungen müssen als genauere Konkretisierung der allgemeinen Sorgfaltspflicht im Sinne von § 1. 04 RheinSchPV verstanden werden, der wie folgt lautet:

»Über diese Verordnung hinaus hat der Schiffsführer alle Vorsichtsmaßregeln zu treffen, welche die allgemeine Sorgfaltspflicht und die Übung der Schifffahrt gebieten, um insbesondere:

a) die Gefährdung von Menschenleben,

b) die Beschädigung anderer Fahrzeuge oder Schwimmkörper, der Ufer, der Regelungsbauwerke sowie von Anlagen jeder Art in der Wasserstraße oder an ihren Ufern,

c) die Behinderung der Schifffahrt,

d) die übermäßige Beeinträchtigung der Umwelt zu vermeiden.

«Die Beurteilung§ 6. 04 RheinSchPV bestimmt, dass für eine sichere Vorbeifahrt sich begegnender Schiffe die Initiative für die Weisung eines geeigneten Weges für den Talfahrer bei dem Bergfahrer liegt. Das letztgenannte Schiff muss in der in den Bestimmungen festgelegten Art und Weise angeben, wie die Schiffe aneinander vorbeifahren sollen und der Talfahrer hat sich an diese Weisung zu halten.Im Anschluss an die erfolgreich durchgeführte Begegnung der Celina mit der Somtrans XIII, bei der beide Schiffe die blaue Tafel für die erfolgte Steuerbordbegegnung gezeigt hatten, fuhr die Celina dann um 14. 50. 29 einer Begegnung mit der Imatra in einem Abstand von 579 m entgegen. Der Schiffsführer S, der hinter dem Steuerruder der Celina stand, hat ausgesagt, dass er nach der Begegnung mit der Somtrans XIII die blaue Tafel eingeklappt habe, um vom rechten Ufer zum linken Ufer der Waal zu fahren, und danach die zu Tal fahrende Imatra sah. In der Zwischenzeit hatte die Imatra als Reaktion auf die von der Celina gesetzte blaue Tafel ebenfalls die blaue Tafel für eine Vorbeifahrt Steuerbord an Steuerbord gezeigt und sich daran gehalten, indem sie tatsächlich den Kurs nach Backbord verlegte. Auch unter Berücksichtigung des unbekannt gebliebenen Bergfahrers in der Mitte des Fahrwassers, der von der Celina eingeholt wurde sowie des Abstandes und der Geschwindigkeit der sich anbahnenden Begegnung der beiden Schiffe und des unveränderten Kurses der zu Berg fahrenden Celina am rechten Ufer, durfte die Imatra zum Zeitpunkt, als sie die blaue Tafel der Celina erwiderte und ebenfalls ihre blaue Tafel zeigte, sich darauf verlassen, dass die Steuerbordbegegnung der durch die Celina gewiesene logische Weg war und sie daher ihren Kurs tatsächlich nach Backbord verlegen konnte. Das Einklappen der blauen Tafel durch den Schiffsführer S nach der Begegnung mit der Somtrans XIII, gefolgt durch die Mitteilung über Sprechfunk um 14. 50. 36 Uhr, dass er die Flagge (damit ist die blaue Tafel gemeint) weg genommen habe, stellte somit auch eine Überraschung für den Schiffsführer J von der Imatra dar, dem kurz zuvor durch die Celina die oben genannte Begegnung Steuerbord an Steuerbord gewiesen worden war. Dies gilt um so mehr, als dass die Celina nicht zeitgleich mit dem Entfernen der blauen Tafel tatsächlich und deutlich ihren Kurs nach Steuerbord verlegte. Die Antwort von J um 14. 50. 43 Uhr »Ga je oversteken....die lege motor? [Gehst Du rüber...das leere Motorschiff?] auf die oben genannte Mitteilung von S ist damit auch in jeder Hinsicht verständlich. Unter Berücksichtigung der sich schnell aufeinander zu bewegenden Schiffe – zu diesem Zeitpunkt verblieben weniger als eine Minute bis zur Begegnung – und der Lage vor Ort, war dies für die Celina der letzte Moment, um unter den gegebenen unklaren Verhältnissen noch eine Klärung herbeizuführen. Diese Feststellung wird durch den Schiffsführer K der etwa einen Kilometer oberhalb der Imatra zu Tal fahrenden Navigatie bestätigt, der zur Aussage gab, dass in der Situation kurz vor der Kollision schlichtweg kein Platz zur Verfügung gestanden habe, um als Bergfahrer von der falschen Seite zur richtigen überzuwechseln, denn in der Mitte des Fahrwassers sei noch ein Bergfahrer gewesen, an dem die Celina noch nicht vorbei war.Zu diesem Zeitpunkt muss es eigentlich auch dem Schiffsführer S klar geworden sein, dass seine offensichtliche Absicht, die Uferseite zu wechseln, von der Imatra nicht verstanden worden war. Daraufhin hätte die Celina ihre Absicht mindestens durch den in § 6. 04 RheinSchPV geforderten kurzen Ton verdeutlichen müssen. Da sie dies unterließ und anstatt dessen auf die oben genannte überraschte Reaktion von J um 14. 51. 03 Uhr – 36 Sekunden vor der Begegnung – antwortete, dass die Imatra auf der falschen Seite fuhr, zwang die Celina die Imatra sogar noch zu diesem Zeitpunkt, ihren Kurs nach Steuerbord zu verlegen, wozu diese sich aber nicht mehr in der Lage sah. Anstatt die tief liegende und beladene Imatra, die aufgrund Celinas anfänglicher Weisung einem Backbordkurs folgte, zu diesem Zeitpunkt wieder zurück an das rechte Ufer zu schicken, wäre es eher Aufgabe der hoch liegenden ungeladenen Celina gewesen, selbst länger am rechten Ufer entlang zu fahren, wo sie dann ausreichend Platz und Gelegenheit gehabt hätte, ihre Fahrt zu verringern und nach einer Begegnung Steuerbord an Steuerbord mit der Imatra eventuell auf das Neue einen Übergang an das andere Ufer in Angriff zu nehmen. Dazu hätte sie ihre Fahrt verlangsamen und sich stärker nach Steuerbord halten können, um hinter dem unbekannt gebliebenen Bergfahrer den Übergang zu vollziehen. Mit ihren Handlungen hat die Celina die von ihr verursachte Undeutlichkeit nicht beseitigt, sie beharrte sogar auf ihrer Absicht, einen Übergang zur anderen Uferseite durchzuführen. Das steht aber im Widerspruch zur der gemäß § 1. 04 RheinSchPV gebotenen Sorgfaltspflicht und Übung der Schifffahrt. Darüber hinaus hielt sich die Celina auch nicht an die Bestimmung von § 6. 03 Nr. 1RheinSchPV, denn angesichts der Position des zwischen der Celina und der Imatra befindlichen Bergfahrers in der Mitte des Fahrwassers sowie unter Berücksichtigung der Länge und des Tiefgangs der betroffenen Schiffe und des niedrigen Pegelstands, bestand für eine Vorbeifahrt zwischen der Celina und der Imatra die Gefahr, dass der Manövrierraum für eine Kursverlegung nicht ausreichen würde. Aus den oben ausgeführten Erwägungen lässt sich schlussfolgern, dass die Celina der zu Tal fahrenden Imatra keinen geeigneten Weg im Sinne von § 6. 04 Nr. 1 RheinSchPV freigelassen hat. Sie hat die selbst herbeigeführte Undeutlichkeit nicht aus dem Weg geräumt. Damit steht die Schuld der Celina fest. So weit die Berufungsgründe eine alleinige Schuld der Imatra an der Kollision enthalten, werden diese Berufungsgründe abgewiesen.Langeslag hat zudem argumentiert, dass der Imatra in jedem Fall eine Mitschuld an der Kollision vorzuwerfen sei. Die Imatra hätte nach dem Einklappen der blauen Tafel durch die Celina und der darauf folgenden dementsprechenden Mitteilung von Schiffsführer S, ihren Kurs noch an das rechte Ufer verlegen müssen. Da die Imatra dies aber unterließ, handelte sie nach Langeslags Auffassung im Widerstreit zu § 6. 04 Nr. 5 RheinSchPV. Diese Argumentation wurde von Ebegründet angefochten. Zu diesem Zweck wies E darauf hin, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem die Celina nach der Begegnung mit der Somtrans XIII um 14. 50. 29 Uhr die blaue Tafel entfernte und nach der entsprechenden Mitteilung von Schiffsführer S um 14. 50. 36, es für die Imatra bereits zu spät war, den bereits eingeschlagenen Backbordkurs noch nach Steuerbord zu verlegen. Dabei verwies E unter anderem auf die Geschwindigkeit der sich annähernden Schiffe und den zwischen der Imatra und Celina in der Mitte des Fahrwassers befindlichen Bergfahrer. Langeslag hat dargelegt, dass die Imatra zu diesem Zeitpunkt sehr wohl ihren Kurs zurück an ihr Ufer hätte verlegen können, hat es aber unterlassen die von E angeführte Verteidigung begründet zu widerlegen, insbesondere hat er es versäumt, sein Vorbringen zu belegen, dass die Imatra wirklich zu diesem späten Zeitpunkt der zweiten Kursweisung noch hätte folgen können und es daher auch hätte tun müssen. Die später erfolgte Kursweisung der Celina schien nicht ein gemäß der Forderung von § 6. 04 Nr. 1 RheinSchPV geeigneter Weg gewesen zu sein (wie vorstehend dargelegt), auf den nach der Vorschrift unter Nr. 5 dieses Artikels mit der Formulierung »nach den vorstehenden Bestimmungen« verwiesen wird. Abgelehnt wird somit der Berufungsgrund, nach dem die Imatra wegen der Nichtbefolgung des von der Celina gemäß § 6. 04 Nr. 5 RheinSchPV gewiesenen Weges schuldig bzw. auf jeden Fall mitschuldig an der Kollision wäre. Infolgedessen ist der Imatra kein Mitverschulden an der Kollision zur Last zu legen. Zu Recht verurteilte das Rheinschifffahrtsgericht daher die Celina zur Zahlung der Prozesskosten. Die Würdigung der oben stehenden Erwägungen führt zum Ergebnis, dass die Berufungsgründe vergeblich vorgetragen wurden. Das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts wird bestätigt.

7. Anschlussberufung

Die E möchte mit ihrem Berufungsgrund erreichen, dass das Datum, ab dem der gesetzliche Zinssatz für den geleisteten Schadensersatz im Rahmen des auf sie übergegangenen Rechts aus der von J. J V.O.F. bei ihr abgeschlossenen Kaskoversicherung berechnet wird, früher angesetzt wird. E bezieht sich dabei auf den 30. Oktober 2009, den Tag der Kollision, anstelle des vom Rheinschifffahrtsgericht festgelegten späteren Datums, das dem Zeitpunkt entspricht, zu dem E ihren Versicherten die Schadenersatz-Leistung auszahlte, und zwar unter Verweis auf das Urteil des obersten Gerichtshofs der Niederlande Hoge Raad vom 20. Oktober 2006, NJ 2007,142 (ECLI:NL:HR:2006:AX6737). E macht hierzu geltend, dass sie aufgrund von Auftrag und Vollmacht der Versicherten J. J V.O.F. dazu berechtigt war, auf eigenen Namen den gesetzlichen Zinssatz für den vergüteten Schadensbetrag ab dem Tag der Kollision zu fordern. Langeslag bestritt unter Angabe von Gründen den Berufungsgrund und forderte die Bestätigung des Urteils des Rheinschifffahrtsgerichts.

8. Beurteilung des Anschlussberufungsgrundes

Unter Verweis auf die auch vom Rheinschifffahrtsgericht zitierte Rechtsprechung des obersten niederländischen Gerichts Hoge Raad weist die Berufungskammer den Berufungsgrund ab. Unabhängig davon, ob E mit Blick auf die geltend gemachte Forderung Auftrag und Vollmacht ihrer Versicherten besaß (E hat hier keinen Beweis angetreten und auch anderweitig ergaben sich keine Belege für eine derartige Beauftragung oder Bevollmächtigung), berührt das nicht die Tatsache, dass gemäß geltendem niederländischen Recht die Anrechnung des gesetzlichen Zinssatzes ab dem Zeitpunkt angesetzt werden kann, zu dem die Rechte des Versicherten durch Auszahlung der im Versicherungsvertrag festgelegten Leistungen auf die Versicherung übergehen.Das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts wird auch für diesen Teil bestätigt.

9. Urteilstenor

Die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt:

In der Berufung:

Weist die Berufungsgründe zurück und bestätigt das Urteil des Landgerichts Gelderland vom 15. Mai 2013. Verurteilt Langeslag zur Zahlung der Prozesskosten der Berufung.

In der Anschlussberufung:

Weist den Berufungsgrund zurück und bestätigt das Urteil des Landgerichts Gelderland vom 15. Mai 2013. Verurteilt E und Streitgenossen zur Zahlung der Prozesskosten der Anschlussberufung. Bestimmt, dass die Kosten unter Berücksichtigung von Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte durch das oben angeführte Rheinschifffahrtsgericht festgestellt werden.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2015- Nr.4 (Sammlung Seite 2351ff.); ZfB 2015, 2315 ff.