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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt
vom 26. Oktober 2007
438 Z - 4/07
Tatbestand:
Die Klägerin ist Versicherer des MS „C“. Sie nimmt die Beklagten aufgrund übergegangenen bzw. abgetretenen Rechts auf Ersatz der Schäden in Anspruch, die dem Schiffseigner „F“ des Fahrzeugs bei dem nachfolgend beschriebenen Unfall auf dem Rhein entstanden sind.
In der Nacht vom 20. auf den 21.12.2003 war der im Eigentum der Beklagten zu 1 stehende Schubleichter „CF“ bei Rheinkilometer 791,4 linksrheinisch auf dem dortigen Schubleichterliegeplatz abgelegt. Am frühen Morgen des 21.12.2003, es war noch dunkel, befand sich das MS „C" linksrheinisch auf der Bergfahrt. Das Radargerät war auf dem Schiff nicht in Betrieb. Das Schiff kollidierte mit dem abgelegten Schubleichter.
Die Klägerin hat vorgetragen, das alleinige Verschulden an dem Unfall treffe die Beklagten. Auch wenn der Schubleichter im Bereich des Schubleichterliegeplatzes gelegen habe, hätte er dichter am Ufer abgelegt werden müssen. Zudem sei der Leichter nicht beleuchtet gewesen, und die notwendige Kontrolle über den Leichter sei nicht durchgeführt worden. Dem Schiffsführer des MS „C" könne kein Verschulden angelastet werden, denn auch eine Fahrt bei Dunkelheit und ohne Radar sei nicht zu beanstanden. Für die Schäden hafte die Beklagte zu 1 als Schiffseignerin. Falls der Leichter – wie von der Beklagten zu 1 behauptet – an die Beklagte zu 2 vermietet gewesen sein sollte, habe diese für die Schäden einzustehen. Die Beklagte zu 3 hafte als Eignerin des Schubbootes, mit dem dessen Besatzung den Schubleichter an der Unfallstelle abgelegt habe.
Die Klägerin hat beantragt, 1. die Beklagten zu 1 bis 3 gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an die Klägerin 6.198,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2005 zu zahlen;
2. die Beklagte zu 1 weiter zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in ihren Schubleichter „CF“ wegen der Forderung von 6.198,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2005 zu dulden.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben vorgetragen, der Schiffsführer des MS „C" habe die Anfahrung verschuldet. Bei der gegebenen Dunkelheit hätte er die Fahrt einstellen müssen. Den Beklagten sei kein Verschulden anzulasten, weil der Schubleichter auf einem ausgewiesenen Liegeplatz ordnungsgemäß abgelegt, durch eine Petroleumlampe gesichert gewesen und regelmäßig kontrolliert worden sei. Die Beklagte zu 1 hat zudem vorgebracht, ihre Haftung entfalle schon deshalb, weil sie nur sachenrechtliche Eigentümerin des Schubleichters gewesen sei. Sie habe den Schubleichter nicht selbst zur Binnenschifffahrt genutzt, sondern ihn an die Beklagte zu 2 vermietet gehabt.
Das Rheinschifffahrtsgericht hat mit Urteil vom 12.6.2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin könne der aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu 1 und 2 aus §§ 3, 92 ff., 114 Binnenschifffahrtsgesetz, 67 VVG, 398 BGB oder gegen die Beklagte zu 3 aus §§ 823, 398 BGB, 67 VVG nicht zuerkannt werden. Denn nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme sei der Unfall durch ein Verschulden des Schiffsführers des MS „C" verursacht worden, während der Klägerin der Nachweis eines (Mit-) Verschuldens der Beklagten nicht gelungen sei.
Dabei gehe das Gericht zunächst davon aus, dass eine Haftung der Beklagten zu 1 nicht bereits deshalb entfalle, weil sie den Schubleichter nicht selbst zur Binnenschifffahrt nutze. Denn sie habe dies trotz des Hinweises des Gerichts nicht nachvollziehbar dargelegt und den angeblichen Mietvertrag mit der Beklagten zu 2 nicht vorgelegt.
Ein Verschulden auf der Beklagtenseite, für das die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet sei, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen.
Soweit sich die Klägerin darauf berufe, der Schubleichter sei nicht ordnungsgemäß beleuchtet gewesen (Verstoß gegen § 3.20 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung), habe die Beweisaufnahme dies nicht zweifelsfrei erbracht. Nach den Aussagen der Zeugen „V“ und Krüger könne die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass der Schubleichter zum Zeitpunkt der Anfahrung ordnungsgemäß beleuchtet gewesen sei und eine aufgestellte Petroleumlampe erst durch die Anfahrung umgestürzt und ausgegangen sei.
Der Vorwurf, der Schubleichter sei nicht ordnungsgemäß kontrolliert worden (Verstoß gegen § 7.08 Nr. 2 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung), stehe ebenfalls nicht zweifelsfrei fest. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne vielmehr festgestellt werden, dass die auf jenem Liegeplatz ausgebrachten Schubleichter in der Regel ordnungsgemäß gesichert seien und darauf kontrolliert würden, ob etwa Lampen ausgehen. Die Mittagschicht bringe die Lampen an den Schubleichtern an, die Nachtschicht kontrolliere dies regelmäßig und bessere erforderlichenfalls nach, falls etwa Petroleumlampen durch den Wind ausgeblasen worden seien. Bringe die Nachtschicht selbst Schubleichter auf den Liegeplatz, so setze diese die Lampen. Stelle die Wasserschutzpolizei fest, dass Leichter nicht ordnungsgemäß gesichert seien oder an falscher Stelle lägen, so unterrichte sie die Beklagte zu 2 bzw. die Beklagte zu 3, die dann für Abhilfe sorgten. All dies ergebe sich aus den teilweise übereinstimmenden, teilweise sich ergänzenden Aussagen der gehörten Zeugen.
Ein Verschulden wegen einer Wahl des Liegeplatzes zu weit ab vom Ufer (Verstoß gegen § 7.01 Nr. 1 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung) oder wegen nicht ordnungsgemäßer Verankerung (Verstoß gegen § 7.01 Nr. 4 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung) sei ebenfalls nicht erwiesen. Die den Unfall an Ort und Stelle aufnehmenden Polizeibeamten, die Zeugen „C“, „V“ und „L“, hätten derartige Feststellungen nicht getroffen. Sie hätten bei ihrer Vernehmung weder bekundet, eine unzureichende Verankerung des Schubleichters festgestellt zu haben, noch hätten sie die konkrete Wahl des Liegeplatzes beanstandet. Nicht dargelegt oder festgestellt sei des Weiteren, inwieweit die örtlichen Umstände, etwa aufgrund anderer dort liegender Schubleichter, die konkrete Wahl des Liegeplatzes bedingt hätten. All diese Unaufgeklärtheiten gingen zu Lasten der für das Verschulden der Beklagten beweispflichtigen Klägerin.
Festgestellt werden könne hingegen, dass ein Verschulden des Schiffsführers des MS „C" zu dem Unfall geführt habe. Zwar habe für den Schiffsführer des MS „C" keine Pflicht zur Einstellung der Fahrt gem. § 6.30 Nr. 3 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung bestanden. Dies setze nämlich voraus, dass die verminderte Sicht auf unsichtigem Wetter gem. § 6.30 Nr. 1 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung beruhe. Dunkelheit schaffe aber kein derartiges unsichtiges Wetter. Jedoch könne die nautische Sorgfaltspflicht aus § 1.04 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung gebieten, auch bei derartigen Sichtbehinderungen die Regeln für die Fahrt bei unsichtigem Wetter zu beachten. Hiergegen habe der Schiffsführer des MS „C" verstoßen. Er sei aufgrund der Dunkelheit ohne Sicht gefahren, das Radargerät sei nicht in Betrieb gewesen. Hinzu komme, dass er außerhalb der Fahrrinne durch den ausgewiesenen Schubleichterliegeplatz gefahren sei, was möglicherweise gerade auf seine Fahrt ohne Sicht zurückzuführen sei. Weiter sei ihm vorzuwerfen, dass er weder die Geschwindigkeit reduziert noch einen Ausguck auf dem Bug aufgestellt habe. Er habe nicht blind darauf vertrauen dürfen, dass etwaige Schubleichter beleuchtet sein würden, er sie deshalb schon rechtzeitig erkennen würde.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung mit dem Antrag auf Entscheidung durch die Berufungskammer der Zentralkommission eingelegt und diese fristgerecht begründet.
Sie beanstandet die Beweiswürdigung des Rheinschifffahrtsgerichts und die der Entscheidung zugrunde liegende Beweislastverteilung zum Nachteil des MS „C“. Außerdem rügt sie die Übergehung von Beweisantritten der Klägerin, weil das Rheinschifffahrtsgericht drei Zeugen nicht vernommen habe, die von der Klägerin dazu benannt worden seien, dass der Schubleichter „CF" unbeleuchtet gewesen sei.
Ein weiterer Verfahrensfehler bestehe darin, dass das Rheinschifffahrtsgericht die drei Beweisantritte nicht nur übergangen, sondern sogar das Gegenteil dessen festgestellt habe, was durch eben diese Zeugen unter Beweis gestellt worden sei.
Ferner habe das Rheinschifffahrtsgericht zu Unrecht unterstellt, dass MS „C" außerhalb der Fahrrinne durch den ausgewiesenen Schubleichterliegeplatz gefahren sei, dass die Liegeweise des Schubleichters „CF" nicht zu beanstanden gewesen sei und dass „nicht dargelegt und festgestellt" sei, inwieweit die örtlichen Umstände, etwa aufgrund anderer dort liegender Schubleichter, die konkrete Wahl des Liegeplatzes des Schubleichters „CF“ bedingt hätten.
Bei zutreffender Würdigung habe die Beweisaufnahme ergeben, dass der Schubleichter „CF“ unbeleuchtet gewesen sei, so dass nach der Rechtsprechung der Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass die unvorschriftsmäßige Lichterführung des Stillliegers den Unfall schuldhaft herbeigeführt habe. Diesen Anscheinsbeweis hätten die Beklagten nicht auszuräumen vermocht.
Der Leichter sei zudem ohne Heckanker am Rand der Fahrrinne abgelegt gewesen und habe sich bei der Kollision ausweislich der polizeilichen Ermittlungsakte mit dem Heck vom Wind in die Fahrrinne verweht in einer starken Steuerbordschräglage befunden.
Dem Schiffsführer des MS „C“ sei entgegen der Auffassung des Rheinschifffahrtsgerichts kein Schuldvorwurf zu machen. Auch bei Dunkelheit sei die Fahrt ohne Radar erlaubt. Wenn alle Verkehrsteilnehmer die Vorschriften zur Lichterführung beachteten, worauf jeder Schiffsführer vertrauen dürfe, sei eine sichere Navigation zu jeder Zeit möglich. MS „C“ sei entgegen der Unterstellung des Rheinschifffahrtsgerichts auch mit nur geringer Geschwindigkeit gefahren. Der Umstand, dass auf MS „C“ kein Ausguck aufgestellt gewesen sei, sei für das Unfallgeschehen nicht ursächlich, weil die Distanz vom Steuerhaus zum Bug des MS „C“ nur etwa 40 Meter betrage und der unbeleuchtete Schubleichter erst auf kürzeste Entfernung zu erkennen gewesen sei.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts zu ändern und nach den erstinstanzlichen Anträgen der Klägerin zu erkennen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg, soweit das Rheinschifffahrtsgericht die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 abgewiesen hat (I). Nicht zu beanstanden ist dem gegenüber die Klageabweisung hinsichtlich der Beklagten zu 3 (II).
I.
1. Zutreffend – und von der Berufung der Klägerin als ihr günstig nicht angegriffen – hat das Rheinschifffahrtsgericht die Beklagte zu 1 als Eignerin des Schubleichters „CF“ angesehen. Denn die Beklagte zu 1 hat weder ihre von der Klägerin bestrittene Behauptung, der Schubleichter sei zum Unfallzeitpunkt an die Beklagte zu 2 vermietet gewesen, näher erläutert noch der Aufforderung des Rheinschifffahrtsgerichts zur Vorlage des Mietvertrages Folge geleistet. Das Rheinschifffahrtsgericht durfte aus diesem Verhalten den Schluss ziehen, dass die Beklagte zu1, die Eigentümerin des Schubleichters ist und – gerichtsbekannt – selbst Binnenschifffahrt betreibt, den Leichter am 20./21.12.2003 zur Binnenschifffahrt verwendet hat (§ 1 Binnenschifffahrtsgesetz).
2. Als Eignerin des Schubleichters haftet die Beklagte zu 1 gemäß §§ 92b, 92c Binnenschifffahrtsgesetz voll bzw. anteilig für den Schaden, der durch Verschulden der Besatzung ihres Schubleichters herbeigeführt worden ist. Da – auch nach dem Vortrag der Klägerin – nicht anzunehmen ist, dass der Leichter eine eigene Besatzung hatte, kommen als „Besatzung“ im Sinne der §§ 92b, 92c Binnenschifffahrtsgesetz nur die Personen in Frage, die im Auftrag der Beklagten zu 1 und/oder der Beklagten zu 2 dafür zu sorgen hatten, dass der Leichter während der Nacht vom 20. auf den 21.12.2003 vorschriftsmäßig gesichert und beleuchtet war.
a) Dafür kommt zunächst die Besatzung des von der Beklagten zu 2 eingesetzten Schubboots „T“ in Betracht, die den Leichter nach den Aussagen des Zeugen „W“ am Vormittag des 20.12.2003 auf dem Liegeplatz abgelegt hat. Ein regelwidriges Verhalten des Schiffsführers „W“ oder anderer bei der Frühschicht eingesetzter Besatzungsmitglieder des Schubboots „T“ hat die Klägerin indessen nicht nachzuweisen vermocht.
Dass der Leichter in einem Abstand von ca. 100 m vom linksrheinischen Ufer abgelegt worden war, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden. Die Liegestelle befindet sich innerhalb des als solcher gekennzeichneten Liegeplatzes für Fahrzeuge der Schubschifffahrt (§ 14.10 Nr. 8 a iii Rheinschifffahrtspolizeiverordnung). Soweit die Klägerin den Abstand von ca. 100 m vom linksrheinischen Ufer beanstandet, übersieht sie, dass die als Liegeplatz ausgewiesene Wasserfläche nach den polizeilichen Feststellungen zur Unfallörtlichkeit erst in einem Abstand von 70 m zu dem am linksrheinischen Ufer aufgestellten Tafelzeichen (Anlage 7 E.5.2 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung) beginnt und sich bis auf einen Abstand von 140 m erstreckt. Der Leichter lag somit im mittleren Bereich der als Liegeplatz ausgewiesenen Fläche, so dass schon im Hinblick auf die in § 7.05 Nr. 3 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung enthaltene speziellere Regelung ein Verstoß gegen § 7.01 Nr. 1 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung hier nicht in Betracht kommt. Der vorliegende Fall ist nicht vergleichbar mit den Fallgestaltungen, über die die Berufungskammer mit ihren Urteilen vom 14.6.1973 (19 Z – 1/73 und 20 Z – 2/73, ZfB 1974, 275) und vom 10.2.1995 (330 Z – 25/94, ZfB 1995, 105) zu entscheiden hatte. Dort lagen die angefahrenen Schubleichter jeweils im Fahrwasser und bildeten aus diesem Grund eine erhebliche Gefahr für die durchgehende Schifffahrt; das ist bei einem Leichter, der – wie hier – auf einem dafür ausgewiesenen Liegeplatz abgelegt ist, gerade nicht der Fall.
Auch der weitere von der Klägerin behauptete Verstoß gegen die in § 7.01 Nr. 4 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung geregelte Pflicht, stillliegende Fahrzeuge so zu verankern, dass sie ihre Lage nicht in einer Weise verändern können, die andere Fahrzeuge gefährdet oder behindert, hat sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Der Zeuge „W“ hat vielmehr bekundet, dass bei dem Leichter auch der Heckanker gesetzt war. Auch aus den Aussagen der als Zeugen vernommenen Beamten der Wasserschutzpolizei, die den Unfall aufgenommen haben, ergibt sich kein Hinweis auf eine unzureichende Sicherung des abgelegten Leichters.
Eine möglicherweise fehlende oder unzureichende Beleuchtung des abgelegten Leichters (Verstoß gegen § 3.20 Nr. 1 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung) kann der bei der Frühschicht eingesetzten Besatzung des Schubboots „T“ nicht angelastet werden. Beim Ablegen des Leichters in den Vormittagsstunden des 20.12.2003 und während des Stillliegens bei Tag war das Setzen einer Lampe noch nicht erforderlich. Die Verantwortung eines Schubbootführers für einen vorschriftsmäßig abgelegten Schubleichter endet, soweit nicht besondere Umstände vorliegen oder Vereinbarungen getroffen sind, mit der Ausführung dieses Manövers. Weitere erforderliche Maßnahmen hat die disponierende Reederei auszuführen, z. B. in dem Fall, dass sie vom Ablegen eines Schubleichters am Tage unterrichtet worden ist und den bis zum nächsten Tag oder noch länger liegenbleibenden Schubleichter vor Einbruch der Dunkelheit mit der notwendigen Nachtbeleuchtung zu versehen hat (Urteil der Berufungskammer vom 10. Juni 1980 - 119 B - 3/80 - Rheinschifffahrtsgericht Mannheim).
Die bei der Frühschicht eingesetzte Besatzung des SB „T“ musste auch nicht dafür sorgen, dass die Beklagte zu 1 über das Ablegen des Leichters ohne Nachtbeleuchtung unterrichtet wurde. Denn nach den übereinstimmenden Aussagen der bei der Beklagten zu 2 beschäftigten Zeugen „W“ und Krüger war es nach der Betriebsorganisation bei der Beklagten zu 2 Aufgabe der Mittags- bzw. der Nachtschicht, die Lampen auf den abgelegten Leichtern anzubringen und diese während der Nacht zu kontrollieren.
b) Ob von den am 20.12.2003 bei der Mittagsschicht eingesetzten Mitarbeitern der Beklagten zu 2 auf dem abgelegten Schubleichter „CF“ eine Petroleumlampe aufgestellt worden war, ist nach den Aussagen der dazu vernommenen Zeugen ungewiss. Die Zeugen „L“ und „C“, beide Beamte der Wasserschutzpolizei, haben angegeben, sich nicht daran erinnern zu können, ob der Leichter bei ihrem Eintreffen an der Unfallstelle beleuchtet war. Der Zeuge „V“, ebenfalls Beamter der Wasserschutzpolizei, hat ausgesagt, er könne mit Bestimmtheit sagen, dass der Leichter beim Eintreffen der Polizei nicht beleuchtet gewesen sei; er hat es allerdings auch für möglich gehalten, dass auf dem Leichter eine Petroleumlampe gestanden habe und dass diese durch die Anfahrung umgefallen und erloschen sei. Der Zeuge Krüger, der als Mitarbeiter der Beklagten zu 2 seinerzeit bei der Nachtschicht eingesetzt war, hat die bei der Beklagten zu 2 übliche Verfahrensweise beschrieben und daraus geschlossen, dass der Schubleichter „CF“ in der fraglichen Nacht beleuchtet gewesen sei, jedoch hinzugefügt, dass er sich nicht konkret daran erinnern könne, ob dies tatsächlich der Fall gewesen sei.
3. Das so gewonnene Beweisergebnis hat das Rheinschifffahrtsgericht dahin gewürdigt, es sei zum Nachteil der Klägerin nicht zweifelsfrei erwiesen, dass der Leichter nicht ordnungsgemäß beleuchtet gewesen sei. Dies beanstandet die Berufung zu Recht. Das Rheinschifffahrtsgericht durfte die Beweisfrage nicht zum Nachteil der Klägerin entscheiden, ohne die von der Klägerin hierzu benannten weiteren Zeugen J. „F“, W. „F“ und Wirges zu vernehmen und auch deren Aussagen in seine Würdigung einzubeziehen (§ 286 ZPO). Alle drei Zeugen sind von der Klägerin dafür benannt, dass der Leichter bereits vor der Anfahrung durch MS „C“ unbeleuchtet war. Für diese Behauptung trägt die Klägerin die Beweislast, wie auch das Rheinschifffahrtsgericht – ungeachtet der missverständlichen Fassung seines Hinweises zu II 2 des Beschlusses vom 9.1.2006 und des Beweisbeschlusses vom 26.1.2006 – zutreffend erkannt hat. Angesichts dessen durfte es die Klägerin nicht als beweisfällig ansehen, ohne den von ihr angetretenen Zeugenbeweis vollständig erhoben zu haben.
Der in der Übergehung erheblicher Beweisantritte liegende Verfahrensfehler des Rheinschifffahrtsgerichts ist nicht dadurch gemäß § 295 ZPO geheilt worden, dass die Klägerin im Anschluss an die Beweisaufnahme vom 22.5.2006 zur Sache verhandelt hat, ohne auf ihre noch unerledigten Beweisantritte hinzuweisen. Denn nach der Fassung des Hinweis- und des Beweisbeschlusses musste die Klägerin nicht damit rechnen, dass sich die nach den Aussagen der vernommenen Zeugen bestehende Ungewissheit zu ihrem, der Klägerin, Nachteil auswirken würde.
4. Das angefochtene Urteil beruht auf dem aufgezeigten Verfahrensfehler (Verstoß gegen § 286 ZPO). Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Rheinschifffahrtsgericht zu einem abweichenden, der Klägerin günstigeren Beweisergebnis gelangt wäre, wenn es auch die von der Klägerin benannten Zeugen J. „F“, W. „F“ und Wirges vernommen und deren Aussagen in seine Gesamtwürdigung einbezogen hätte.
Zwar kann der Klage auch dann kein voller Erfolg beschieden sein, wenn sich erweisen sollte, dass der Leichter vor der Anfahrung unbeleuchtet war, und dieser Umstand der Beklagten zu 1 und/oder der Beklagten zu 2 gemäß §§ 92b, 92c Binnenschifffahrtsgesetz als Verschulden der „Besatzung“ des Leichters zuzurechnen sein sollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spräche dann zwar ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Unfall durch die unvorschriftsmäßige Lichterführung des angefahrenen Leichters schuldhaft herbeigeführt worden ist (BGH VersR 1966, 466; 1996, 484). Wie das Rheinschifffahrtsgericht zutreffend erkannt hat, muss die Klägerin sich jedoch ein erheblich ins Gewicht fallendes Mitverschulden der Schiffsführung des MS „C“ anrechnen lassen, das darin zu sehen ist, dass MS „C“ unter schwerwiegender Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht (§ 1.04 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung) bei völliger Dunkelheit ohne ausreichende optische Sicht, ohne Radarunterstützung und ohne auf dem Vorschiff einen Ausguck aufzustellen außerhalb des für die durchgehende Schifffahrt bestimmten Fahrwassers durch den ausgewiesenen Schubleichterliegeplatz gefahren ist.
Die in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung der Klägerin, MS „C“ sei nicht durch den Schubleichterliegeplatz gefahren, der Schubleichter „CF“ sei vielmehr am Rand der Fahrrinne abgelegt gewesen und durch den Wind mit dem Heck in die Fahrrinne verweht worden, ist offensichtlich unzutreffend. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Querprofils von Rheinkilometer 791,4 beträgt der Abstand der Fahrrinne zum linksrheinischen Ufer dort gut 160 m. Nach eigenen Angaben der Klägerin befuhr MS „C“ den Rhein vor der Anfahrung des abgelegten Leichters aber in einem Abstand von nur 100 m zum linksrheinischen Ufer. Auch nach den Feststellungen der Wasserschutzpolizei lagen die Unfallstelle und der Liegeplatz des Schubleichters „„CF““ 100 m vom linksrheinischen Ufer entfernt. Damit steht fest, dass MS „C“ deutlich außerhalb der Fahrrinne durch den dort ausgewiesenen Schubleichterliegeplatz gefahren ist. Dass dies bei völliger Dunkelheit, ohne Radarunterstützung und ohne einen Ausguck geschehen ist, begründet ein ganz erhebliches, weit überwiegendes Verschulden der Schiffsführung des MS „C“. Dem Rheinschifffahrtsgericht ist darin beizupflichten, dass die Schiffsführung des MS „C“ keineswegs blind darauf vertrauen durfte, dass alle abgelegten Schubleichter vorschriftsmäßig beleuchtet und deshalb vom Steuerhaus aus rechtzeitig erkennbar sein würden.
Auch in Anbetracht dieses erheblichen Eigenverschuldens erscheint jedoch eine anteilige Haftung der Beklagten zu 1 oder der Beklagten zu 2 nach § 92c Binnenschifffahrtsgesetz nicht von vornherein ausgeschlossen.
II.
Hinsichtlich der Beklagten zu 3 erweist sich das angefochtene Urteil hingegen im Ergebnis als zutreffend.
1. Die Klägerin will eine (Mit-)Haftung der Beklagten zu 3 zum einen daraus herleiten, dass die Beklagte zu 3 nach der Behauptung der Beklagten zu 1 Eigner, jedenfalls Ausrüster des Schubboots „T“ sei, das den Schubleichter „CF“ abgelegt habe. Damit lässt sich eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 3 schon deswegen nicht begründen, weil die Klägerin, wie bereits ausgeführt wurde, ein regelwidriges Verhalten des Schiffsführers „W“ oder anderer bei der Frühschicht eingesetzter Besatzungsmitglieder des Schubboots „T“ nicht hat nachweisen können.
2. Alternativ stützt die Klägerin die Inanspruchnahme der Beklagten zu 3 auf die Behauptung der Beklagten zu 2 in deren Streitverkündungsschrift, der Schubleichter „CF“ sei nicht von dem Schubboot "T", sondern von dem Schubboot „Thyssen I“ abgelegt worden, dessen Besatzungsmitglieder im Dienste der Beklagten zu 3 stünden. Auch mit diesem Vortrag lässt sich eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 3 nicht begründen, weil das als regelwidriges Verhalten allein in Frage kommende Unterlassen der notwendigen Nachtbezeichnung oder der nächtlichen Beaufsichtigung des abgelegten Leichters nicht der Besatzung des Schubboots anzulasten ist, die den Leichter am Vormittag des 20.12.2003 abgelegt hat.
III.
Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben, soweit das Rheinschifffahrtsgericht die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 abgewiesen hat. Insoweit ist die Sache gemäß Artikel 24 Abs. 3 der Verfahrensordnung der Berufungskammer vom 23.11.2006 zur Vervollständigung der Beweisaufnahme und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Rheinschifffahrtsgericht zurückzuverweisen. Die weitergehende Berufung der Klägerin ist zurückzuweisen.
IV.
Für den Fall, dass nach weiterer Sachaufklärung für die neue Entscheidung von einem Verstoß gegen § 3.20 Nr. 1 oder § 7.08 Nr. 2 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung auszugehen sein sollte, wird das Rheinschifffahrtsgericht weiter zu klären haben, wem auf der Beklagtenseite dieser Verstoß aufgrund des Fehlverhaltens welcher Personen als schuldhafte Herbeiführung eines Schadens im Sinne des § 92c Binnenschifffahrtsgesetz anzulasten ist. Bislang fehlt es an Feststellungen dazu, auf wessen Veranlassung der Schubleichter „CF“ am 20.12.2003 auf dem Liegeplatz abgelegt wurde und welche Absprachen hinsichtlich der Anbringung und Überwachung der nach § 3.20 Nr. 1 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung vorgeschriebenen Nachtbezeichnung bestanden.
V.
Aus den dargelegten Gründen wird deshalb für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 12.6.2006 – 5 C 18/05 BSch – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagten zu 1 und 2 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Rheinschifffahrtsgericht zurückverwiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die der Beklagten zu 3 entstandenen außergerichtlichen Kosten erster und zweiter Instanz zu tragen.