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Leitsätze:
1. Der möglichen Zulassung eines Lichts (hier: Stroboskopblitz) darf nicht vorgegriffen werden. Sein Gebrauch ist nach § 3.05 Nr. 1 RheinSchPV verboten und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.
2. Wer nach Belehrung durch die Wasserschutzpolizei ein nicht zugelassenes Licht nicht ausschaltet, verstößt gegen § 1.19 RheinSchPV und begeht eine weitere Ordnungswidrigkeit.
3. § 3.07 Nr. 1 RheinSchPV verbietet nicht nur den Mißbrauch zugelasssener Lichter, Scheinwerfer u. ä. Gegenstände. Nach dieser Vorschrift sollen vielmehr alle Handlungen und Maßnahmen unterbleiben, die die Sichtbarkeit oder die Erkennbarkeit der zugelassenen Lichter oder Sichtzeichen beeinträchtigen oder erschweren.
4. Wird ein zusätzliches, aber nicht erlaubtes Licht benutzt, ist ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 3.02 RheinSchPVO nicht anzunehmen, denn die Handlung ist durch die speziellere Vorschrift des § 3.07 Nr. 1 RheinSchPVO untersagt und als Ordnungswidrigkeit zu ahnden.
Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
392 B - 5/99
vom 10. Juni 1999
Gründe:
I.
Am 18.12.1997 belegte die Wasser- und Schiffahrtsdirektion Münster den Betroffenen mit einer Geldbuße von 450.-DM, weil er am 8.10.1997 gegen 18.35 Uhr als Führer des Schubverbandes SV P (1.467 t bzw. 899 t; beladen mit ca. 2.600 t Erz; schiebendes Motorschiff : 85 m lang; 9,50 m breit; 1.350 PS stark) in der Bergfahrt auf dem Rhein bei km 781, Ortslage Duisburg, vor einem Übergang vom linken zum rechten Rheinufer die mit einem weißen Funkellicht gekoppelte hellblaue Tafel setzte, wobei die hellblaue Tafel mit einem Stroboskopblitz gekoppelt war, der in der Helligkeit das weiße Funkellicht erheblich überstrahlte. Da diese Einrichtung nicht zugelassen war und nicht den Vorschriften entsprach, wurde der Betroffene von der Wasserschutzpolizei aufgefordert, den Stroboskopblitz auszuschalten. Der Betroffene kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach, sondern fuhr weiter mit diesem Lichtzeichen zu Berg und in den Hafenkanal in Duisburg hinein.
Gegen den Bußgeldbescheid hat der Betroffene form- und fristgerecht Einspruch eingelegt und dargelegt, er habe durch das helle Blitzlicht des Stroboskops zur Sicherheit des Schiffsverkehrs beigetragen, die technische Zulassung dieses Blitzlichts stehe bevor.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat durch das angefochtene Urteil gegen den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach Art. 4 III Nr. 6, 7; IV Nr. 16, 22 RheinSchPEV eine Geldbuße von 300.-DM verhängt. Das Rheinschiffahrtsgericht hat ausgeführt, der Betroffene habe die Feststellungen des Bußgeldbescheides nicht bestritten. Seine Einlassung könne ihn nicht entlasten; denn er könne nicht bestimmen, welche Lichter er im Schiffsverkehr einsetze. Selbst wenn es richtig wäre, daß zukünftig Stroboskopblitze in der Schiffahrt zugelassen würden, könne ein Schiffer nicht vorab derartige Lichtzeichen im laufenden Verkehr benutzen. Solche Lichtzeichen könnten zu Verwirrungen und Mißverständnissen führen, da die übrige Schiffahrt nicht mit derartigen Lichtzeichen zu rechnen brauche.
Mit seiner form- und fristgerechten Berufung erstrebt der Betroffene seinen Freispruch.
II.
Die Berufung des Betroffenen konnte nur einen im Ergebnis unerheblichen Teilerfolg haben.
Der Verurteilung liegen vier Tatbestände der Rheinschiffahrtspolizeieinführungsverordnung in Verbindung mit der Rheinschiffahrtpolizeiverordnung und § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt zugrunde. Diese Vorschriften tragen nicht alle Vorwürfe.
Im einzelnen gilt folgendes:
1. Nach § 3.05 Ziff. 1 RheinSchPV ist es verboten, andere als die in der Verordnung vorgesehenen Lichter und Sichtzeichen zu gebrauchen oder sie unter Umständen zu gebrauchen, für die sie nicht vorgeschrieben oder zugelassen sind. Verstöße gegen diese Vorschrift stellen im Sinne des § 7 Abs. 1 des Binnenschiffahrtsaufgabengesetzes eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 4, Abs. III Nr. 6 dar.
Eine Ordnungswidrigkeit nach diesen Vorschriften ist nach der eigenen Einlassung des Betroffenen anzunehmen. Der Stroboskopblitz war, wie der Betroffene nicht in Abrede stellt, zur Benutzung auf dem Rheinstrom nicht zugelassen und durfte daher nicht benutzt werden. Der Stroboskopblitz überstrahlte das weiße Funkellicht der hellblauen Seitentafel. Durch dieses nicht zugelassene Licht konnten andere Verkehrsteilnehmer, wie das Rheinschiffahrtsgericht mit Recht ausgeführt hat, irregeführt werden. Die Sicherheit des Schiffsverkehrs konnte so gefährdet werden. Auch wenn möglicherweise später einmal ein derartiges Licht zugelassen oder vorgeschrieben würde, steht es einem Schiffsführer nicht zu, von sich aus der Zulassung eines solchen Lichts durch die Zentralkommission für die Rheinschiffahrt vorzugreifen. Derartige Eigenmächtigkeit sind unzulässig und stellen eine Ordnungswidrigkeit dar.
2. Nach § 1.19 RheinSchPV haben die Schiffsführer die Anweisungen zu befolgen, die ihnen von den Bediensteten der zuständigen Behörden für die Sicherheit und Leichtigkeit der Schiffahrt erteilt werden. Verstöße gegen diese Vorschrift stellen Ordnungswidrigkeiten nach Art. 4 Abs. IV Nr. 16 RheinSchEVO in Verbindung mit § 7 Abs. 1 des Binnenschiffsaufgabengesetzes dar.
Eine Ordnungswidrigkeit nach diesen Vorschriften hat der Betroffene dadurch begangen, daß er nach Belehrung durch die Wasserschutzpolizei, den Stroboskopblitz auszuschalten, weiter zu Berg und dann in den Hafenkanal in Duisburg hineinfuhr und dabei den Stroboskopblitz in Tätigkeit ließ.
3. Dem Betroffenen fällt ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 4 Abs. 3 Nr. 7 RheinSchPEV in Verb. mit § 7 Abs. 1 des Binnenschiffahrtsaufgabengesetzes, § 3.07 RheinSchPV zu Last.
Nach § 3.07 Abs. 1 RheinSchPV ist es verboten, Lichter und Scheinwerfer, sowie Flaggen, Tafeln, Wimpel und andere Gegenstände in einer Weise zu benutzen, daß sie mit den in der Rheinschiffahrtpolizeiverordnung vorgesehenen Lichtern oder Zeichen verwechselt oder deren Sichtbarkeit beeinträchtigen oder deren Erkennbarkeit erschweren können. Wie das Rheinschiffahrtsgericht festgestellt hat, überstrahlte der Stroboskopblitz das weiße Funkellicht der hellblauen Seitentafel des Schubverbandes. Es unterliegt nach der Überzeugung der Berufungskammer keinen Zweifeln, daß hierdurch die Erkennbarkeit des für die Kursweisung des Schubverbandes wesentlichen weiße Funkellicht beeinträchtigt wurde, zumal dieses schwächer war.
Entgegen der Annahme der Berufung verbietet § 3.07 Abs. 1 RheinSchPV nicht nur den Mißbrauch zugelassener Lichter, Scheinwerfer u.ä. Gegenstände. Nach dieser Vorschrift sollen vielmehr alle Handlungen und Maßnahmen unterbleiben, die die Sichtbarkeit oder die Erkennbarkeit der zugelassenen Lichter oder Zeichen beeinträchtigen oder erschweren. Eben das aber erfolgt, wenn eine Stroboskopblitz das weiße Funkellicht der hellblauen Seitentafel überstrahlt.
4. Dem Betroffenen ist zuzugeben, daß ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 3.02 RheinSchPV in Verb. mit § 7 Abs. 1 Binnenschiffahrtsaufgabengesetz und Art. 4 Abs. 3 Nr. 22 RheinSchEVO nicht anzunehmen ist; denn der Betroffene hat nicht anstelle der in der VO über die Farbe und Lichtstärke der Bordlichter sowie der Zulassung der Signalleuchten in der Rheinschiffahrt und im Geltungsbereich der Binnenschiffahrtsstraßenordnung vom 14.9.1972 (im BGBI. 1 S. 1775) zugelassenen Lichter andere Lichter benutzt. Hier wurde vielmehr ein zusätzliches, aber nicht erlaubtes Licht benutzt. Diese Handlung ist durch die speziellere Vorschrift des § 3.07 Abs. 1 RheinSchPV untersagt und wie oben ausgeführt als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Unter diesen Umständen mußte die Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach diesen Vorschriften entfallen. Die Berufungskammer hat deshalb die Höhe des gegen den Betroffenen erkannten Bußgeldes auf 200.-DM ermäßigt.
III.
Was die Höhe der dem Betroffenen von dem Rheinschiffahrtsgericht auferlegten Geldbuße von 300.- DM angeht, so hält die Berufungskammer diesen Betrag für zu hoch und hat das Bußgeld, wie oben erörtert, auf 200.- DM ermäßigt.
Dabei hat die Berufungskammer zu Gunsten des Betroffenen gewürdigt, daß tatsächlich zur Zeit geprüft wird, ob Stroboskopblitze zugelassen werden können. Andererseits mußte aber zu Lasten des Betroffenen seine Uneinsichtigkeit gegenüber den Anweisungen der Wasserschutzpolizei erheblich ins Gewicht fallen.
Zu einer anderen Kostenentscheidung, als sie das Rheinschiffahrtsgericht getroffen hat, sah die Berufungskammer keine Veranlassung.
IV.
Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt
Auf die Berufung des Betroffenen wird seine Verurteilung wegen einer Zuwiderhandlung gegen § 3.02 RheinSchPV i.V. m. § 7 Abs. 1 des Binnenschiffahrtsaufgabengesetz und Art. 4 Abs. IV Nr. 22 RheinSchEVO aufgehoben. Von diesem Vorwurf wird der Betroffene freigesprochen.
Im übrigen wird die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 27.8.1998 als unbegründet zurückgewiesen und seine Verurteilung wegen Zuwiderhandlung gegen §§ 3.05 Nr. 1, 3.07 Nr. 1, 1.19 RheinSchPV in Verb. m. § 7 Abs. 1 Binnenschiffahrtsaufgabengesetz, Art. 4 Abs. III Nr. 6, 7, Abs. IV Nr. 16 RheinSchEVO bestätigt und die gegen ihn erkannte Geldbuße auf 200.- DM ermäßigt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Betroffenen auferlegt. Deren Festsetzung gemäß Art. 39 der revidierten Mannheimer Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1999 - Nr.10 (Sammlung Seite 1757 f.); ZfB 1999, 1757 f.