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Leitsatz:
Leistet ein Schubboot bei der Ausfahrt eines Motorschiffs über Steuer aus einem Hafen nur Assistenz und bleibt dessen Schiffsführer in der Lage, Kurs und Geschwindigkeit seines Fahrzeugs selbst zu bestimmen, liegt die gesamte Verantwortung für das Ausfahrtmanöver bei dem Schiffsführer des Motorschiffs.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für Rheinschiffahrt
vom 25. März 1998
378 Z - 3/98
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 4. August 1997 - 5 C 25/96 BSch -
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Folgen eines Schiffsunfalls, der sich am 18. Juli 1995 gegen 21.30 Uhr auf dem Rhein in der Ausfahrt des Duisburger Rheinpreußenhafen ereignet hat.
Die Klägerin ist der Versicherer des MS D (1.396 t, 1000 PS). Sie klagt aus übergegangenem und abgetretenem Recht des Schiffseigners H. Sie verlangt von den Beklagten zu 1-3 als Eigner des Schubbootes R und von dem Beklagten zu 4 als verantwortlichem Schiffsführer des Schubbootes Schadensersatz.
Am 18. Juli 1995 lag das mit 1.361 t Kohle beladene MS D, das von Schiffseigner H selbst verantwortlich geführt wurde, im Duisburger Rheinpreußenhafen. Hermann bestellte für sein Schiff bei der Schiffsgemeinschaft « Rhein-Ruhr » ein Schubboot, um MS D und anschließend den ebenfalls mit Kohle beladenen Schubleichter DI auf den Strom zu bringen. Dort sollten beide Fahrzeuge wieder zu einem Schubverband zusammengestellt werden.
Nach seiner Ankunft im Rheinpreußenhafen legte sich das Schubboot R mit seinem Kopf vor den Kopf des MS D. MS D lag dabei gegen die Richtung der beabsichtigten Ausfahrt aus dem Hafen. Besatzungsmitglieder des Schubbootes stellten mittels Tauen eine lose Verbindung zwischen dem Kopf des Motorschiffes und dem Kopf des Schubbootes her. Beide Fahrzeuge bewegten sich nunmehr in Richtung Rheinstrom, wobei D mit dem Heck vorausfuhr. Am Ende der Hafenausfahrt hatte D Grundberührung. D stieß mit seinem Heck gegen eine dort flußaufwärts befindliche, am Unfalltage überspülte Kribbe. Hierdurch wurde das Ruder und der Propeller dieses Schiffes beschädigt.
Die Schiffsgemeinschaft « Rhein-Ruhr » hat das Schubboot R in Kenntnis des Unfalls und seiner Folgen zu neuen Reisen ausgesandt.
Die Klägerin hat behauptet, Schiffsführer H habe mit dem Beklagten zu 4 abgesprochen, daß R an der Schubbühne des MS D festmachen und mit der Maschinenkraft seines Schubbootes das Motorschiff aus dem Hafen schieben und sicher auf den Strom bringen sollte. Schiffsführer H sei von der ordnungsgemäßen Befestigung der Drähte ausgegangen. Als sich der Verband der Hafenausfahrt genähert habe, habe er anhand der Bewegungen des Schubbootes festgestellt, daß die Drahtverbindung nicht ordnungsgemäß, d.h. nicht starr hergestellt worden sei. Er habe darauf den Beklagten zu 4 über Funk angesprochen. Dieser habe erklärt, es sei nunmehr zu spät, weitere Drähte zu setzen und habe das abgelehnt. Darauf habe man abgesprochen, daß D zur Unterstützung des Manövers bei in Geradeausstellung befindlichen Rudern mit langsamster Drehzahl die Maschine auf « zurück » laufen lassen sollte. Wegen der fehlerhaften Drahtverbindung der Schiffe sei dann das Schubboot bei der Ausfahrt aus dem Hafen zur Seite weggerutscht und habe das MS D auf die Untiefe gedrückt. Schiffsführer H sei es bei der Ausfahrt nicht möglich gewesen, sein Hinterschiff selbst zu fahren, weil bei einem Schieben über Steuer der für die Ruderwirkung erforderliche Druck auf den Rudern gefehlt habe.
Den unfallbedingten Schaden hat die Klägerin näher auf DM 37.000,20 beziffert.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten zu 1-4 gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an die Klägerin 37.000,20 DM nebst 5% Zinsen seit dem 24.6.1995 zu zahlen, und zwar die Beklagten zu 1-3 im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes sowohl persönlich haftend als auch bei Vermeidung der Zwangsvollstreckung in das Schubboot R.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben vorgetragen, der Beklagte zu 3 sei schon zum 31.12.1993 aus der Schiffsgemeinschaft « Rhein-Ruhr » als Mitgesellschafter ausgeschieden und seitdem nicht mehr Eigner des Schubbootes R.
Im übrigen haben die Beklagten ein unfallursächliches Verschulden der Schiffsführung des Schubbootes bestritten und ausgeführt, die Schiffe seien absprachegemäß miteinander gekoppelt worden. Es sei abgesprochen worden, daß MS D sein Hinterschiff alleine fahren und das Schubboot R dessen Vorschiff steuern sollte. Dem habe die lose Verbindung beider Schiffe, die Schiffsführer Herrmann von MS D gesehen habe, entsprochen. Die lose Verbindung der Schiffe sei üblich und sachgerecht gewesen.
Absprachegemäß sei MS D bei der Hafenausfahrt mit eigener Kraft rückwärts gefahren. R sei mit ausgekuppelter Maschine, also ohne eigene Kraftentfaltung, hinterher gelaufen. Statt des abgesprochenen Kurses habe Schiffsführer H Kurs in Richtung auf die in der Hafenausfahrt unter Wasser befindliche Uferböschung genommen und die dortige grüne Warntonne mißachtet. Als der Beklagte zu 4 das bemerkt habe, habe er Schiffsführer H darauf sofort durch Funk aufmerksam gemacht und gleichzeitig die Maschine seines Schubbootes mit voller Kraft zurücklaufen lassen. Dennoch habe MS D eine leichte Grundberührung gehabt. Im übrigen haben die Beklagten die Schadenshöhe bestritten.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen E durch das am 4. August 1997 verkündete Urteil die Klage abgewiesen.
Zur näheren Begründung seines Urteils hat das Rheinschiffahrtsgericht ausgeführt, der Beklagte zu 3 sei für die Klage nicht passiv legitimiert, weil er seinen 1/3 Anteil an dem im Schiffsregister eingetragenen Schubboot R durch Vertrag vom 26.5.1994 an die Beklagten zu 1 und 2 übertragen habe.
- Eine Haftung der Beklagten zu 1 und 2 als Eigner des Schubbootes R und aus dem Beförderungsvertrag sowie eine solche des Beklagten zu 4 als Schiffsführer des Schubbootes scheide aus, weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, daß die Grundberührung des MS D auf einem Verschulden des Beklagten zu 4 beruhe.
Eine vertragliche Pflicht zur Herstellung einer starren Verbindung der Schiffe, die verletzt sein könne, sei nicht bewiesen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen E sei zudem die vorgenommene lose Verbindung der Schiffe üblich und sachgerecht gewesen.
Nicht bewiesen sei ferner, daß das Schubboot das Motorschiff mit unangemessen hoher Geschwindigkeit durch die enge Hafenausfahrt hindurchgeschoben habe.
MS D habe aufgrund der losen Verbindung der Schiffe sein Hinterschiff selbst steuern müssen. Das sei technisch möglich gewesen, auch wenn die Steuerfähigkeit eines Schiffes bei der Rückwärtsfahrt stark beeinträchtigt sei. Dem Schubboot habe die Aufgabe oblegen, das Vorschiff des MS D gestreckt zu halten. Dazu sei die lose Verbindung der Schiffe optimal geeignet gewesen.
Schließlich könne ein unfallursächliches Verschulden nicht deshalb als erwiesen erachtet werden, weil das Schubboot nach dem Passieren der in der Ausfahrt vorhandenen Brücke das Motorschiff mit unangemessenen hoher Geschwindigkeit auch geschoben habe und dadurch das Ausfahrtmanöver mit erhöhter Geschwindigkeit durchgeführt worden sei. Die Angaben der dazu vernommenen Zeugen reichten zur Bildung der erforderlichen richterlichen Überzeugung nicht aus.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und die Entscheidung der Berufungskammer der Zentralkommission erbeten. Mit ihrer Berufung verfolgt sie ihre Klageansprüche gegen die Beklagten zu 1, 2 und 4 weiter.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, das Schubboot habe die Aufgabe übernommen, dem MS D bei der Ausfahrt aus dem Hafen Rheinpreußen auf Strom über Steuer zu assistieren, um ein Auflaufen auf die dem Hafen vorgelagerten Kribben und Untiefen zu verhindern. Diese Aufgabe habe das Schubboot nicht erfüllt. Deshalb spreche der Beweis des ersten Anscheins für ein unfallursächliches Verschulden der Schiffsführung des Schubbootes. D habe bei der Fahrt über Steuer sein Achterschiff nicht lenken können, sei den Manövern des Schubbootes ausgeliefert gewesen und auf die Kribbe im Bereich der Hafenausfahrt geschoben worden.
Auch den Angaben des Zeugen N sei zu entnehmen, daß die alleinige Unfallursache ein nautisch fehlerhaftes Manövrieren des Schubbootes gewesen sei. Neynes habe ebenso wie die Besatzungsmitglieder des Motorschiffes ausgesagt, daß das Schubboot das Motorschiff mit schneller Fahrt auf die Untiefe gedrückt habe. Die Maschine von D sei hingegen bei der Ausfahrt nur mit geringst möglicher Umdrehungszahl gelaufen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils hinsichtlich der Beklagten zu 1, 2 und 4 nach ihren erstinstanzlichen Schlußanträgen zu erkennen.
Die Beklagten zu 1, 2 und 4 beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Ausführungen der Klägerin entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Klägerin konnte in der Sache keinen Erfolg haben. Weder streitet, wie die Klägerin meint, der Beweis des ersten Anscheins für ein die Ersatzpflicht aller Beklagten begründendes unfallursächliches Verschulden des Beklagten zu 4, noch kann im übrigen dem erstinstanzlichen Beweisergebnis ein Verschulden des Beklagten zu 4 bei der Durchführung der Ausfahrt des MS D aus dem Duisburger Rheinpreußenhafen entnommen werden.
1. Schiffsführer H hat vor dem Unfall mit dem Beklagten vereinbart, daß er selbst das Hinterschiff des MS D fahren, das Schubboot aber sein Vorschiff gestreckt halten sollte. Diese Feststellung beruht auf dem erstinstanzlichen Beweisergebnis. Schiffsführer H hat bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung angegeben, bei seinem Auftrag an die Firma H, sein Schiff und den beladenen Leichter auf Strom zu bringen, sei über die Art und Weise des Auftrags per Telefon nicht gesprochen worden. Als das Schubboot eingetroffen sei, habe er dem Beklagten zu 4 über Funk gesagt, daß sein Schiff normal vorne gekoppelt werden sollte. Insoweit konnte die Berufungskammer seiner Aussage folgen. Daß mit einer normalen Koppelung aber keine starre Verbindung beider Fahrzeuge gemeint sein konnte, entnimmt die Berufungskammer den Bekundungen der Zeugin S, die sich daran erinnert hat, daß Schiffsführer H dem Schiffsführer des Schubbootes über Funk gesagt hat, « der Schuber solle den Kopf lenken und er mache hinten ». Diese Angaben der Zeugin S beweisen, daß keine starre Verbindung der Fahrzeuge gewollt war, sondern das Schubboot dem Motorschiff bei der Ausfahrt aus dem Hafen Rheinpreußen assistieren sollte, wie das auch die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich zugestanden hat. Insoweit handelte es sich also um ein durchaus übliches Manöver bei der Ausfahrt aus einem Hafen auf Strom, um den Kopf des ausfahrenden Schiffes gestreckt zu halten, wodurch unter den hier gegebenen örtlichen Verhältnissen auch vermieden werden sollte, daß das ausfahrende MS D auf die unterhalb der Hafenausfahrt gelegene und der Schiffahrt bekannte Untiefe geriet.
Sollte aber nur in der festgestellten Form Assistenz geleistet werden, bestand zu einer starren Verbindung der Schiffe keine Notwendigkeit, vielmehr war die Verbindung mit einem Tau oder Draht schiffahrtsüblich und sachgerecht, wie der Sachverständige E in seinem in erster Instanz zu den Akten erstatteten schriftlichen Gutachten vom 20.3.1997 ausgeführt hat.
Hätte Schiffsführer H angenommen, zwischen den Schiffen werde eine starre Verbindung hergestellt worden, die es ihm gleichwohl gestattete, sein Achterschiff selbst zu steuern, wäre diese Ansicht nautisch verfehlt und müßte deshalb als unbeachtlich außer Betracht bleiben. Bei einer starren Verbindung der Schiffe hätte MS D seine Steuerfähigkeit verloren. Nur der Beklagte zu 4 hätte dann alleine den starr verbundene Schubverband steuern können.
Soweit sich die Klägerin weiter darauf beruft, bei der Hafenausfahrt über Steuer habe MS D keinen Druck auf dem Ruder gehabt und der Zeuge H habe deshalb sein Schiff nicht steuern können, und weiter geltend macht, daß dem Beklagten zu 4 die alleinige Verantwortung für die Hafenausfahrt oblegen habe, übersieht sie die Ausführungen in dem Gutachten des Sachverständigen E, wonach der Zeuge H sein Achterschiff selbst steuern konnte, wenn auch die Steuerfähigkeit bei der Rückwärtsfahrt durch die nur schwache Anströmung der Ruder im Saugstrom gegenüber der Vorwärtsfahrt stark beeinträchtigt war. Der Sachverständige hat weiter darauf hingewiesen, daß H zur Unterstützung der Ruderwirkung das Schiff in die gewünschte Richtung durch Vorausschlagen mit dem Propeller aufstrecken konnte, wobei das Vorschiff durch das hilfeleistende Schubboot festgehalten wurde.
Schiffsführer H hat ferner, wie die Klägerin einräumt und zudem dem Beweisergebnis zu entnehmen ist, seine Maschine eingesetzt. Da sein Schiff über kein Wendegetriebe verfügte und seine Maschine keinen Leerlauf hatte, wie die Beklagten unwidersprochen vorgetragen haben, führte jeder Maschineneinsatz zu einer Schiffsbewegung in die eine oder andere Richtung. Da Schiffsführer Herrmann bei der Fahrt über Steuer in Richtung Hafenausfahrt seine Maschine einsetzte, kann er nur in diese Richtung seine Maschine zur Fortbewegung seines Schiffes eingesetzt haben. So hat das auch der Zeuge M wahrgenommen. Daß sein Maschineneinsatz für die Rückwärtsfahrt auch nicht unbedeutend gewesen sein kann, ergeben die weiteren Aussagen des Zeugen M, wonach im Hafen « zu Anfang vor der Kurve MS D noch mit eigener Kraft langsam zurückgefahren » ist. Auch will dieser Zeuge gesehen haben, daß zwischen beiden Schiffen ein Abstand gewesen ist.
Wenn aber der Zeuge H als Schiffsführer des MS D in der Lage blieb, den Kurs seines Schiffes zu bestimmen, das hilfeleistende Schubboot hingegen nur Assistenz blieb, lag die gesamte Verantwortung für das Ausfahrtmanöver des MS D bei H. Dafür spricht im übrigen, daß er, wie die Klägerin selbst einräumt, seine Maschine zur Fahrt über Steuer eingesetzt hat, ohne zuvor eine Weisung des Beklagten zu 4, des verantwortlichen Schiffsführers des Schubbootes einzuholen, was aber erforderlich gewesen wäre, wenn dieser der Schiffsführer einer aus den beiden Fahrzeugen gebildeten Schubeinheit gewesen wäre.
Blieb aber der Zeuge H verantwortlicher Schiffsführer und konnte er auf den Kurs seines Fahrzeuges und dessen Geschwindigkeit, notfalls durch Weisungen über Funk an seine Assistenz Einfluß nehmen, spricht die Lebenserfahrung nicht dafür, daß die Grundberührung des MS D nur auf einem Verschulden des Beklagten zu 4 beruhen kann. Mithin fehlt es nicht nur an einem Anknüpfungstatbestand für den Beweis des ersten Anscheins, es muß vielmehr angenommen werden, daß die Absprachen der Beteiligten, die Befestigung der Fahrzeuge und die Anlage des Ausfahrtmanövers als solche fehlerfrei gewesen sind.
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann dem Beklagten zu 4 nicht vorgeworfen werden, das MS D auf die Uferböschung geschoben zu haben.
Es mag sein, daß MS D nach dem Passieren der Brücke auch noch von Schubboot R geschoben worden ist. Hieraus kann aber ebensowenig wie aus der Geschwindigkeit beider Fahrzeuge auf ein Verschulden des Beklagten geschlossen werden.
Zu bedenken ist einerseits, daß Schiffsführer H in der Lage gewesen ist, den Kurs seines Fahrzeugs zu bestimmen und sein Achterschiff selbst zu lenken und notfalls durch Vorwärtsfahrt aufzustrecken, andererseits konnte er durch ein Abstellen seiner Maschine und erneutes Starten im Vorausgang die Geschwindigkeit aus seinem Schiff nehmen, wenn er sich nicht darauf beschränken wollte, dem Schiffsführer des Schubbootes Anweisungen zu einer Geschwindigkeitsreduzierung zu geben. Desweiteren konnte nicht übersehen werden, daß die Angaben der Zeugen M und Ma über eine Geschwindigkeitssteigerung der Fahrzeuge zwar zutreffen können, diese Geschwindigkeitssteigerung aber keine unzulässig hohen Grad erreicht haben kann, weil auf einer Strecke zwischen der an der Hafenausfahrt gelegenen Brücke bis zur Ausfahrt, objektiv keine unzulässig hohe Geschwindigkeit erreichbar gewesen ist. Der Zeuge M hat von dreiviertel Schiffslänge gesprochen. Auf eine solche Strecke lassen sich wegen der Trägheit eines beladenen Gütermotorschiffs noch keine sehr erheblichen Geschwindigkeiten in einem ruhigen Hafenwasser erzielen. Subjektiv mögen die Zeugen die Fahrt des MS D schnell empfunden haben, objektive Feststellungen in Richtung auf eine zu erhebliche Geschwindigkeit des Schubbootes und einen zu großen Schub, aus denen sich eine fehlerhafte Assistenz hätte herleiten können, läßt das Beweisergebnis jedoch nicht zu. Auch mußte die Berufungskammer erwägen, daß eine Hafenausfahrt mit einiger Geschwindigkeit erfolgen muß, damit das aus einem Hafen ausfahrende Schiff nicht auf Strom verfällt, sondern gegen den Strom gehalten werden kann. Zudem hat Schiffsführer Herrmann während des Ausfahrtmanövers zu keiner Zeit eine zu hohe Geschwindigkeit über Funk beanstandet, was sicher geschehen wäre, wäre ihm die Geschwindigkeit bedenklich erschienen. In dieser Hinsicht hat auch die Klägerin nichts vorgetragen.
Wenn MS D auf die Böschung der Hafenausfahrt geriet und dort Grundberührung hatte, lag das im übrigen nicht im Verantwortungsbereich des Beklagten zu 4, weil Schiffsführer H den Kurs seines Fahrzeugs selbst bestimmen konnte, der Beklagte zu 4 aufgrund der Befestigung der Fahrzeuge darauf auch keinen Einfluß hatte. Der Beklagte zu 4 genügte seinen Pflichten durch seine Warnung über Funk, als er den verfehlten Kurs des MS D bemerkte, ohne mit seiner Warnung aber die Grundberührung noch vermeiden zu können. Ihm können deshalb auch insoweit keine Vorwürfe gemacht werden.
Nach alledem mußte es bei der Entscheidung in dem angefochtenen Urteil sein Bewenden haben.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren der Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen.
4. Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 4. August 1997 verkündete Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort - 5 C 25/96 BSch - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Die Festsetzung dieser Kosten gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1998 - Nr.15/16 (Sammlung Seite 1700f.); ZfB 1998, 1700 f.