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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 21. Juni 1995
338 B - 9/95
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 21. Oktober 1994 - OWi 1005/94 RhSch -)
Tatbestand:
Der Betroffene, O., fuhr am 31.1.1993 als Schiffsführer des TMS "Zugersee" bei Stromkilometer 357 zu Berg. Gegen 22.50 Uhr kam Polizeimeister Esswein an Bord des Fahrzeugs, um eine Ueberprüfung vorzunehmen. Der Betroffene legte dem Beamten die verlangten Dokument nicht vor.
Am 1.2.1993 wurde der Betroffene von der Wasserschutzpolizei B. angehört und hat folgendes zu Protokoll gegeben:
"Ich bin Schiffsführer des TMS "Z"... Es stimmt, dass am 31.1.1993, gegen 22.50 Uhr, ein Beamter der Wasserschutzpolizei Karlsruhe an Bord war. Er wollte eine Bordkontrolle durchführen und dazu die Schiffspapiere sehen. Wir fuhren Betriebsform "B". An Bord waren 2 Schiffsführer und 3 Steuerleute. Im Ruderhaus war ich allein. Dem kontrollierenden Beamten sagte ich, dass ich keinen Mann im Steuerhaus habe und die Schiffspapiere in der Wohnung seien. Auch sagte ich, dass ich nach Breisach fahre und ab Iffezheim in der Schleuse kann ich die Papiere vorlegen. Wenn es machbar gewesen wäre, dann hätte ich die Papiere vorgelegt. Mir war es wichtig, dass die Besatzung ihre Nachtruhe behält. Wachwechsel war um 24.00 Uhr...".
Am 29.4.1993 erliess die WSD-Südwest gegen den Betroffenen einen Bussgeldbescheid über 400 DM, weil er als verantwortlicher Schiffsführer entgegen § 1.10 Nr. 2 RheinSchPV Urkunden nach § 1.10 Nr. 1 RheinSchPV nicht vorgelegt habe.
Der Betroffene erhob gegen den Bussgeldbescheid Einspruch. Er ergänzte darin seine Sachverhaltsdarstellung durch die Aussagen, er sei der einzige Schiffsführer mit lokalem Patent an Bord gewesen. Die gesamte Schiffsführung - bei Nacht und auf schwieriger Strecke auf dem Oberrhein - sei in seinen Händen gelegen; er habe daher die Papiere nicht aus der Schiffsführerwohnung holen können. Er habe dem Beamten angeboten, dieser könne zeitweilig das Steuer des Schiffs übernehmen, was der Beamte aber abgelehnt habe. Er habe dem Beamten ferner auch angeboten, die Papiere aus der Wohnung zu holen, sobald der nur 3 km entfernte Zoll erreicht sei. Der Beamte habe dies abgelehnt. Auch sein weiteres Angebot, die Papiere bei der Ankunft in der Schleuse Iffezheim zu holen, sei nicht akzeptiert worden.
Das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim hat den Betroffenen mit Urteil vom 21.10.1994 zur Zahlung einer Geldbusse von 100 DM verurteilt. Die Entscheidung hat es im wesentlichen wie folgt begründet:
Es sei dem Schiffsführer möglich gewesen, dem Beamten die geforderten Urkunden kurzfristig vorzulegen, denn dazu hätte es nur der Benachrichtigung eines weiteren Besatzungsmitgliedes und dessen Beauftragung dazu bedurft, die entsprechenden Urkunden aus der Schiffsführerwohnung zu holen. Eine derartige Ruhestörung sei zwar nicht sehr angenehm, rechtfertige es aber nicht, die alsbaldige Vorlage der Urkunden zum Zwecke der Einsichtnahme zu verweigern mit dem Hinweis, dass diese an der - rund 23 km entfernt liegenden - Schleuse Iffezheim eingesehen werden könnten.
Mit form- und fristgerechter Berufung beantragt der Betroffene, das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim aufzuheben und ihn freizusprechen.
Entscheidungsgründe:
1. Der Betroffene gibt zu, dem Beamten der Wasserschutzpolizei die verlangten Dokumente nicht vorgelegt zu haben. Er macht geltend, aufgrund besonderer Umstände berechtigt gewesen zu sein, die Vorlegung zeitweilig abzulehnen.
Die Vorinstanz hat angenommen, der Betroffene habe dem Beamten die Vorlegung der Dokumente erst für den Zeitpunkt der Ankunft in der Schleuse Iffezheim zugesagt. Dies entspricht auch der Aussage des Betroffenen, die dieser unmittelbar nach dem Vorfall -am 1.2.1993 - vor der Wasserschutzpolizei Breisach gemacht hat. Später hat dann der Betroffene behauptet, er habe von einer Vorlegungsmöglichkeit nach 3 km Fahrt gesprochen. Mit Blick auf die nachfolgenden Gründe (Ziff. 2) kann offenbleiben, ob diese nachträgliche Angabe des Betroffenen zutrifft oder nicht.
2. Die Kontrollaufgaben der Wasserschutzpolizei können nur wirksam und mit einem vertretbaren Aufwand erfüllt werden, wenn den kontrollierenden Beamten das Recht zusteht, jederzeit während der Fahrt des Schiffes die unverzügliche Vorlegung von Dokumenten zu verlangen. Diesem Recht der Beamten entspricht die Pflicht des Schiffsführers, die jederzeitige, unverzügliche Vorlegung zu ermöglichen. Der Schiffsführer kann selber entscheiden, wo er die Dokumente aufbewahrt. Wenn er - wie im vorliegenden Fall - das Schiff allein steuert und sämtliche Besatzungsmitglieder ungestört ruhen lassen will, hat er dafür besorgt zu sein, dass die Dokumente im Steuerhaus liegen. Falls er dies vergisst, muss ihm zugemutet werden, die Ruhe seiner Besatzungsmitglieder kurz zu stören, damit die Beamten ihre Pflicht erfüllen können. Es geht nicht an, dass der Schiffsführer in einem solchen Fall die Konsequenzen seiner Vergesslichkeit die Polizeibeamten tragen lässt, indem er ihnen zumuten will, die Kontrolle in einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen.
Die Berufungskammer kommt daher zum Schluss, dass der Betroffene seine Pflicht zur unverzüglichen Dokumentenvorlage verletzt hat und zu Recht zur Zahlung eines - mit 100 DM zurückhaltend bemessenen -Bussgeldes verurteilt worden ist.
3. Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 21.10.1994 wird zurückgewiesen.
2. Der Betroffene hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschliesslich seiner notwendigen Auslagen zu tragen.
3. Deren Festsetzung gemäss Art. 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim.