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320 Z - 21/94 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Decision Date: 10.02.1995
File Reference: 320 Z - 21/94
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Department: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

10. Februar 1995

320 Z - 21/94

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 18. August 1993 - 5 C 15/93 BSch -)

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Folgen eines Schiffsunfalls, der sich am 16. 1. 1991 gegen 13.30 Uhr auf dem Rheinstrom bei dichtem Nebel im Revier bei Grieth ereignet hat.

Die Klägerin ist Eignerin des Schubverbandes " M ", bestehend aus dem zum Schieben eingerichteten Motortankschiff "M I" ( 3081,203 to groß, 108,48 m lang, 11,40 m breit und 1800 PS stark ) und dem Tankleichter " M II " ( 2532.995 to groß, 76,46 m lang und 11,40 m breit ), der zur Unfallzeit von Schiffsführer H. verantwortlich geführt worden ist.

Der Beklagte ist Eigner und Schiffsführer des MS " A " ( 1.097,242 to groß, 75 m lang, 8,28 m breit und 627 PS stark ).

Zu der angegebenen Zeit fuhr MS " A " im Revier bei Grieth mit Radarhilfe zu Tal. Ihm folgte MS " AR " in einem Abstand von rund 400 m und dahinter in etwa gleichem Abstände der Koppelverband " SA ". Zu Berg näherte sich linksrheinisch fahrend der Schubverband " M ", bestehend aus dem Motortankschiff " M I " und dem vorgekuppelten Tankleichter " M II ". Linksrheinisch lagen in der Ortslage Grieth drei Stillieger. Bei der Vorbeifahrt des Schubverbandes an den Stilliegern kam es im Zuge der Begegnung mit der Talfahrt zu einer Kollision zwischen " M " und MS "A ". Danach kam noch MS " AR " gegen MS " A " an. An den beteiligten Schiffen entstand hoher Sachschaden. Unter anderem wurde auf MS " A " ein Autokran abgerissen, der später bei Rheinstrom-km 844,7 geborgen wurde.

Aus Anlaß des Unfalls ist das Verklarungsverfahren 5 II 21/91 Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort durchgeführt worden. Gegen Schiffsführer H. ist ein Strafverfahren ( 5 Cs 185/92 BSch Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort ) eingeleitet worden, das noch nicht abgeschlossen ist.

Die Klägerin hat behauptet , Schiffsführer H. habe bei der Annäherung an die linksrheinischen Stillieger etwas Backbordkurs genommen, um diese Stillieger freizufahren. Er sei nicht über die Strommitte hinausgekommen, vielmehr im linksrheinischen Fahrwasser geblieben. MS " A " sei hingegen immer mehr in das Fahrwasser der Bergfahrt hinübergekommen. Zunächst sei Schiffsführer H. dieser Kurs des Talfahrers nicht bedrohlich erschienen, dann aber sei die von ihm erwartete und übliche Kursänderung des Talfahrers nach rechtsrheinisch ausgeblieben. Obwohl der Schubverband " M " noch etwas nach Steuerbord beigegangen sei, sei die Kollision nicht mehr vermeidbar gewesen. Die Kollision sei bei Rheinstrom-km 845 oder etwas unterhalb davon in Höhe der Stillieger erfolgt. Daraus folge, daß bei einer Strombreite von 330 m und einem Abstand des MS "A " von rund 100 m aus dem linksrheinischen Ufer bzw. einer Fahrt in Strommitte die Kollision linksrheinisch stattgefunden habe. Dem Schiffsführer des MS " A " sei vorzuwerfen, nicht nach rechtsrheinisch ausgewichen zu sein, obwohl ihm dazu 2/3 der Strombreite zur Verfügung gestanden habe. Er hätte nicht damit rechnen dürfen, daß der Schubverband bei der Vorbeifahrt an den Stilliegern diese wieder näher anhalten werde.

Die Klägerin hat ihren Schaden näher auf 254.489,23 DM beziffert und die Voraussetzungen des Zahlungsverzuges dargetan.
Ferner hat die Klägerin behauptet, der Beklagte habe sein Schiff in Kenntnis der durch den Schiffsunfall begründeten Ansprüche zu neuen Reisen ausgesandt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, und zwar im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes sowohl persönlich haftend als auch bei Vermeidung der Zwangsvollstreckung in das MS " A " , an die Klägerin 254.489,23 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 4. 12. 1992 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, im Bereich der Unfallstelle, die etwa bei km 844,5 bis 844,7 gelegen habe, verlaufe das Fahrwasser mehr linksrheinisch. MS " A " sei den üblichen Talweg in Strommitte gefahren. Er habe sich regelmäßig über Kanal 10 gemeldet, aber keine Antwort des Schubverbandes erhalten. Der Schubverband " M " sei zunächst an seinem guten Wall gefahren; beim Erreichen der Stillieger habe er dann aber Backbordkurs genommen und diesen dann stetig beibehalten. Dabei sei er immer weiter nach rechtsrheinisch in den Kurs des MS " A " geraten und habe dann dieses Schiff gerammt.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat nach Beiziehung der Verklarungsakten 5 II 21/91 und der Strafakten 5 Cs 185/92 BSch des Schiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort durch das am 17. 8. 1993 verkündete Grundurteil festgestellt, daß die Klage dem Grunde nach zu 1/4 gerechtfertigt und zu 3/4 nicht gerechtfertigt ist und der Beklagte für die Klageforderung im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes außer dinglich mit MS " A " auch persönlich haftet.

Zur näheren Begründung seiner Entscheidung hat das Rheinschiffahrtsgericht ausgeführt, der Unfall beruhe auf einem Verschulden der beteiligten Schiffsführer, wobei das Verschulden von Schiffsführer H. erheblich überwiege. Der Schubverband sei nach der Vorbeifahrt an den Stilliegern über eine Strecke von rund 100 m nach Backbord hinübergekommen und dabei in den Kurs des MS " A " geraten. Hierfür habe kein vernünftiger Grund bestanden. Es sei nicht bewiesen, daß MS " A " im linksrheinischen Fahrwasser gefahren sei. Dahingestellt könne bleiben, ob " A " vorzuwerfen sei, nicht soweit rechtsrheinisch gefahren zu sein, wie das mit dem fast voll abgeladenen Schiff möglich gewesen sei, jedenfalls hätte der Beklagte als Schiffsführer von MS " A " frühzeitig erkennen können, daß die Situation kritisch wurde, nachdem der Schubverband über eine Strecke von 500 m einen Kurs nach Backbord beibehielt, ohne wieder aufzustrecken. Es sei unter diesen Umständen leichtfertig gewesen, sich darauf zu verlassen, der Schubverband werde sich wieder aufstrecken. Da die Talfahrt relativ weit rechtsrheinisch gefahren sei, hätte der Beklagte über einen größeren Bereich von mindestens 30 m ausweichen können. Hieraus ergebe sich eine Haftungsverteilung von 3/4 zu Lasten des Schubverbandes und 1/4 zu Lasten des MS " A ".

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit der die Klägerin die Verurteilung des Beklagten in vollem Umfange, der Beklagte hingegen eine Abweisung der Klage anstreben.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, soweit das Rheinschiffahrtsgericht ein Verschulden des Beklagten angenommen hat und wendet sich gegen die Feststellung eines Mitverschuldens zu ihren Lasten. Sie meint, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien die Schiffe etwas unterhalb von Rheinstrom-km 844,7 ungefähr 1/3 aus dem linken Ufer mit ihren Backbordseiten aneinandergeraten. MS " A " habe den Verlauf des Fahrwassers falsch eingeschätzt, wodurch es in das linksrheinische Fahrwasser geraten sei. Der Schubverband habe im Bereich des der Bergfahrt zur Verfügung stehenden Fahrwassers nach Backbord halten dürfen. Schiffsführer H. sei nicht über eine Strecke von rund 100 m nach Backbord hinübergekommen und dabei in das Fahrwasser des MS "A " geraten. Der Talfahrt habe auch bei einer Strombreite von 330 m genügend Raum zur Verfügung gestanden. Jedenfalls habe der Beklagte gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, weil er in Strommitte gefahren und dort mit dem Schubverband zusammengestoßen sei. Selbst wenn der Schubverband beim Freifahren der Stillieger mit der Backbordseite bis an die Strommitte herangekommen sei, habe Schiffsführer Herbertz nicht gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, weil er die Stillieger habe freifahren dürfen. Der Fahrfehler des ausweichpflichtigen Talfahrers sei so erheblich, daß es außer Betracht bleiben müsse, ob der Schubverband noch etwas mehr hätte ausweichen können.

Der Beklagte meint, ihm könne nicht vorgeworfen werden, ein Ausweichmanöver unterlassen zu haben. Er hätte zunächst davon ausgehen dürfen, daß sich der Schubverband aufstrecken werde. Als sich die Situation auf 300 - 500 m nicht entschärft , sondern zu einer Kollisionsgefahr entwickelt habe, habe er verhindern müssen, daß MS " A " in Querlage vor den Kopf des Schubverbandes geriet. Dazu aber wäre es gekommen, wenn MS "A " seinerseits nach Steuerbord gehalten hätte.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen beider Parteien sind in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, in der Sache jedoch unbegründet.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß beide beteiligten Schiffsführer ein Verschulden an der Kollision ihrer Schiffe im Sinne des § 823 BGB tragen. Beide beteiligten Schiffsführer haben entgegen der im Revier bei Grieth geltenden geregelten Begegnung als Bergfahrer oder Talfahrer ihren Kurs nicht so weit nach Steuerbord gerichtet, daß die Vorbeifahrt ohne Gefahr Backbord an Backbord stattfinden konnte ( § 9.02 Nr. 2 RheinSchPV ). Das Verschulden des Schiffsführers der Klägerin überwiegt aber so erheblich, daß eine Schadensverteilung 3/4 zu 1/4 zu Lasten der Klägerin angemessen ist ( § 92 c Abs. 1 BinnSchG ).

1. Nach den Aussagen der neutralen Zeugen V., K. und G. hat der Schubverband " M " zur Vorbeifahrt an linksrheinisch liegenden Stilliegern Backbordkurs genommen, ohne rechtzeitig vor dem zu Tal fahrenden MS " A " aufzustrecken. Wie der Zeuge V. sehr anschaulich angegeben hat, ist der Schubverband immer mehr zur Strommitte herübergekommen. Nach der Überzeugung der Berufungskammer ist dann MS "A. " in der rechtsrheinischen Hälfte des Fahrwassers angefahren worden, wie folgende Erwägungen zeigen:

Nach den weiteren Angaben der genannten Zeugen ist MS "A " etwa in Strommitte oder etwas aus der Mitte heraus zum rechten Ufer gefahren. Damit aber befand sich MS " A " nicht im linksrheinischen Fahrwasser. Denn nach dem Ergebnis des aus Anlaß dieses Unfalls durchgeführten Verklarungsverfahrens und den tatsächlichen Feststellungen des Verklarungsverfahrens 5 II 19/91 Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort muß die Unfallstelle etwa im Bereich von Rheinstrom-km 844,6 gesucht werden, wie das Rheinschiffahrtsgericht mit überzeugender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ausgeführt hat. Hierfür spricht auch, daß der bei dem Unfall abgerissene Autokran des MS " A " später bei Rheinstrom-km 844,7 geborgen worden ist. Da sich die amtliche Fahrrinne in diesem Bereich mehr linksrheinisch befindet und sich erst unterhalb nach rechtsrheinisch verlagert, muß sich das zu Tal fahrende MS " A " zur Kollisionszeit mindestens in der rechten Hälfte der amtlichen Fahrrinne befunden haben.

Für " M " bestand keine Notwendigkeit mit Backbordkurs in den Kurs der Talfahrt zu fahren:

Die freizufahrenden Stillieger haben nach Angaben der in dem Verklarungsverfahren 5 II 19/91 vernommenen Zeugen P. und P. 30 bis 40 m aus dem linken Ufer, also außerhalb der amtlichen Fahrrinne gelegen. Das ergibt sich nach diesen Angaben zur Überzeugung der Berufungskammer aus der Revierkarte, die der Sachverständige Prof. Dr. He. seinem Gutachten vom 12. 12. 1993 in dem Verfahren 5 C 21/93 BSch Rheinschiffahrtsgericht Duisburg - Ruhrort beigefügt hat. Zwischen den Stilliegern und der Mitte der amtlichen Fahrrinne hatte der Schubverband mindestens einen freien Raum von 125 m, wenn die Stillieger hart am Rand der Fahrrinne linksrheinisch gelegen haben sollten. Berücksichtigt man, daß die Fahrrinne in Höhe von Rheinstrom-km 844,6 über die Strommitte hinweg linksrheinisch verläuft, hatte der Schubverband noch mehr Raum, ehe er in den Kurs der Talfahrt geriet. Hieraus folgt, daß der Beklagte zu 2. seinen Pflichten aus § 9.02 Nr. 2 RheinSchPV nicht genügt hat. Bei Beachtung nautischer Sorgfalt und sorgfältiger Auswertung seines Radarbildes hätte er rechtzeitig seinen Kurs so anlegen können, daß er gefahrlos die Stillieger bei Grieth freifahren konnte. Unternahm er eine zu hastige Kursänderung, wie das der Zeuge V. angenommen hat, mußte zwangsläufig sein 184,94 m langer Verband zur Fahrwassermitte hin ausscheren und Talfahrer gefährden, wenn der Verband nicht sofort ausgestreckt wurde. Das aber ist infolge Verletzung verkehrsüblicher Sorgfalt unterblieben, so daß es zur Kollision mit dem zu Tal fahrenden MS " A " gekommen ist.

2. Dem Beklagten als Schiffsführer von MS «Aleida » ist vorzuwerfen, seinen Kurs nicht so weit nach Steuerbord gerichtet zu haben, daß die Vorbeifahrt der Fahrzeuge ohne Gefahr stattfinden konnte.

Es muß davon ausgegangen werden, daß MS « A » in der rechten Fahrwasserhälfte zu Tal gekommen ist. Damit genügte der Beklagte aber noch nicht seinen Pflichten aus § 9.02 Nr. 2 RheinSchPV. Denn über die amtliche Fahrrinne hinaus stand der Schiffahrt zur Unfallzeit eine erheblich größere fahrbare Breite des Stromes zur Verfügung. Wie die als Anlage zu dem genannten Gutachten von Prof. Dr. Ing. He. angefügten Stromquerschnitte des Unfallreviers ergeben, hätte das vollabgeladene MS «A» außerhalb der Fahrrinne bis zum rechten Ufer nahezu 100 m Fahrwasser gefunden, um im Nebel gefahrlos mit der Bergfahrt zu begegnen. Schon bei der Annäherung an die spätere Unfallstelle hätte der Beklagte seinen Kurs so anlegen müssen, daß er weitgehend rechtsrheinisch blieb, um seinen Pflichten im Verkehr zu genügen. Hätte MS « A » seinen Kurs über die amtliche Fahrrinne hinweg von vornherein weiter nach rechtsrheinisch verlegt, wäre der Unfall vermieden worden. Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Er hätte bei Beachtung verkehrsüblicher Sorgfalt in Kenntnis der von jedem Schiffsführer zu verlangenden Strecken- und Fahrwasserkenntnisse seinen Kurs nicht in Strommitte suchen dürfen, weil er die guten Fahrwasserverhältnisse im rechtsrheinischen Bereich des Reviers hätte in Erwägung ziehen müssen.

Ob der Beklagte allerdings als Radarfahrer auf die Kursänderung des Schubverbandes zur Strommitte hin noch hätte reagieren und den Unfall jetzt noch durch einen Steuerbordkurs hätte vermeiden können, wenn er sich rechts der Strommitte befand, muß offen bleiben, wenn er die Kursänderung des Schubverbandes erst auf 300 - 500 m bemerkte, wie er als Zeuge ausgesagt hat. Denn es läßt sich angesichts der nicht näher feststellbaren Querlage des Schubverbandes und der genauen Annäherungsgeschwindigkeit der Fahrzeuge nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen, ob MS « A » durch eine Kursänderung den in Schräglage weiterfahrenden Schubverband hätte freifahren können.

Daß der Abstand der Fahrzeuge wesentlich größer war, als die Kursänderung des Schubverbandes erkennbar wurde, und MS « A » früher hätte nach rechtsrheinisch beigehen können, läßt sich nicht sicher feststellen.

3. Bei der Abwägung des durch gemeinsames Verschulden der beteiligten Schiffsführer verursachten Unfalls im Rahmen des § 92 c Abs. BinnenSchG mußte auch die Berufungskammer davon ausgehen, daß das Primärverschulden bei Schiffsführer H. von MTS « M I » liegt. Mit seinem Verband mußte er als Bergfahrer im Rahmen seiner allgemeinen Pflicht aus § 6.04 Nr. 1 RheinSchPV, der Talfahrt einen geeigneten Weg freizulassen und Kursänderungen vermeiden, durch die andere Schiffe gefährdet werden konnten. Zudem hatte er sich im Bereich der geregelten Begegnung auch rechts zu halten, um Gefahren für die Talfahrt zu vermeiden. Indem er bei der Freifahrung von Stilliegern über die Fahrwassermitte hinaus in das Fahrwasser geriet, das üblicherweise die Talfahrt benutzt, hat er seine nautischen Pflichten in erheblichem Umfange verletzt.

Demgegenüber wiegt das Verschulden des Beklagten wesentlich geringer; denn er hat einen Kurs gesteuert, der nicht über die Mitte der amtlichen Fahrrinne hinausging. Ihm kann nur vorgeworfen werden, nicht rechtzeitig seinen Kurs so weit nach rechtsrheinisch verlegt zu haben, daß plötzlich und unvorhergesehen auftretenden und durch Bergfahrer heraufbeschworenen Gefahren im Bereich der Strommitte folgenlos blieben.

Unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles ist auch die Berufungskammer der Überzeugung, daß die vom Rheinschiffahrtsgericht angenommene Schadensverteilung dem Umfang des beiderseitigen Verschuldens entspricht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

1. Die Berufungen beider Parteien werden als unbegründet zurückgewiesen.

2. Zur weiteren Entscheidung über die Höhe des Klageanspruchs wird der Rechtsstreit an das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort zurückverwiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4.

4. Die Festsetzung dieser Kosten gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort.