Decision Database
Leitsatz:
Zur Frage der Nebenintervention eines Schubleichtereigners im Kollisionsprozeß von 2 Schubbooteignern, wenn die Schubleichter des Nebenintervenienten keiner der beteiligten Parteien gehören, aber einem der beteiligten Schubverbände eingegliedert waren.
Beschluß des Oberlandesgerichts
Rheinschiffahrtsobergericht Köln
vom 21. April 1972
3 W 19/72
Zum Tatbestand:
Zwischen dem Schubverband A der Klägerin (bestehend aus Schubboot A und Schubleichter A 1) und dem vom Beklagten zu 2 geführten Schubverband B der Beklagten zu 1 (bestehend aus Schubboot B und 4 Leichtern, darunter den vordersten Schubleichtern C 1 und C 2 der Nebenintervenientin C) kam es auf dem Rhein zum Zusammenstoß. Schubleichter A 1 der Klägerin und Schubleichter C 1 und C2 der Nebenintervenientin erlitten Schäden von ca. 41 000,DM (A 1) bzw. ca. 59500,- DM (C 1 und C 2). Die Klägerin hatte sich mit der Nebenintervenientin geeinigt, daß diese durch eine - inzwischen erfolgte - Zahlung von 59 500,- DM abgefunden sein sollte.
Mit der vorliegende Klage verlangt die Klägerin Ersatz des Schadens und meint, daß die Beklagten mindestens für die Hälfte des Gesamtschadens von rd. 100 000,- DM haftbar
seien.
Die Beklagten haben der Nebenintervenientin den Streit verkündet, die daraufhin ihren Beitritt auf Seiten der Beklagten erklärt hat.
Die Parteien streiten zunächst über die Zulässigkeit des Beitritts der Streithelferin. Die Klägerin hält ihn für unzulässig, da die Nebenintervenientin kein rechtliches Interesse am Obsiegen der Beklagten habe. Die Beklagten bejahen die Zulässigkeit, weil sie im Falle des Obsiegens der Klägerin einen Rückgriffs- oder Freistellungsanspruch gegen die Streithelferin hätten. Diese selbst hat ihren Beitritt mit der Befürchtung derartiger Rückgriffsansprüche begründet.
Den Antrag der Klägerin auf Zurückweisung der Nebenintervention hat das Rheinschiffahrtsgericht verworfen. Die von der Klägerin eingelegte sofortige Beschwerde ist vom Rheinschiffahrtsobergericht zurückgewiesen worden.
Aus den Entscheidungsgründen:
... hatte das Rheinschiffahrtsgericht im einzelnen dargelegt, daß der Klägerin nach dem eigenen Vortrag der Streithelferin auf Grund Klägerin nach dem eigenen Vortrag der Streithelferin auf Grund der Zahlung an sie kein Anspruch gegen die Beklagten zustehe, so daß insoweit auch ein Regreß der Beklagten nicht zu befürchten sei.
Aufgrund der Zahlung des Betrages von 59500,- DM sei eine Abtretung der Ansprüche nicht erfolgt, auch sei die Forderung nicht Kraft Gesetzes auf die Klägerin übergegangen.
Ein gesetzlicher Forderungsübergang lasse sich insbesondere auch nicht aus § 840, 426 BGB herleiten, da die Klägerin und die Beklagten nicht als Gesamtschuldner für die Schäden an den Leichtern einzustehen hätten, falls der Unfall auf einem schuldhafen Verhalten der Besatzung des Schubbootes „A" und des Schubbootes „B" beruhen sollte. Ebenso stünde der Klägerin nach dem Vortrag der Streithelferin im Falle beiderseitigen Verschuldens der Schiffsbesatzungen an der stattgehabten Kollision auch aus §§ 812 ff kein Rückgriffsanspruch gegen die Beklagten zu.
Stehe hiernach fest, daß die Streithelferin ihr rechtliches Interesse am Beitritt nicht damit begründen könne, einen Rückgriffsanspruch der Beklagten befürchten zu müssen, so ergebe sich das rechtliche Interesse der Streithelferin für ihren Beitritt aber nur deshalb, weil sie einen Rückgriff der Klägerin befürchten müßte, falls auch die Besatzung des Schubbootes „B" den Unfall verursacht habe.
Für die Streithelferin bestehe nämlich die Gefahr, daß die Klägerin sie aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung des Teilbetrages in Anspruch nehmen könnte, den die Klägerin - möglicherweise in dem Irrtum als Gesamtschuldnerin mit der Beklagten zu 1) haften zu müssen - an die Streithelferin gezahlt habe.
Diese Gefahr des Rückgriffs der Klägerin gegen die Streithelferin rechtfertige ihren Beitritt auf Seiten der Beklagten, denn wenn die Beklagten obsiegen sollten, bestehe für die Streithelferin keine Regreßgefahr mehr.
Gemäß § 66 Abs. 1 ZPO kann die Streithelferin den Beklagten zu ihrer Unterstützung im vorliegenden Rechtsstreit beitreten, da sie ein rechtliches Interesse an ihrem Obsiegen hat.
Dabei kann es dahinstehen, ob der Beitritt der Streithelferin allein schon deshalb als zulässig angesehen werden muß, weil ihr von den Beklagten der Streit verkündet worden ist, zumal in der Rechtsprechung auch die Meinung vertreten wird, daß die Streitverkündung stets den Beitritt eines Streithelfers legalisiert, es sei denn, daß sie - wofür vorliegend Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind - nicht ernstlich gemeint gewesen ist (Baumbach-Lauterbach, 30. Aufl. Anm. 2 E zu § 66 ZPO).
Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist die Zulässigkeit der Nebenintervention auch nicht davon abhängig, daß die Streithelferin möglichen Ansprüchen der Beklagten ausgesetzt sein könnte.
Zwar ist der Beitritt der Streithelferin durch die Streitverkündigung der Beklagten veranlaßt worden, die Nebenintervention setzt jedoch keine Streitverkündigung voraus, vielmehr ist es dem Streithelfer unbenommen, seine sich aus § 66 ZPO ergebenden Rechte auch aus eigener Initiative wahrzunehmen, so daß jeder Beitritt eines Streithelfers - gleichviel aus welchem Anlaß er erfolgt - auch dann als zulässig anzusehen ist, wenn sein rechtliches Interesse am Obsiegen der unterstützten Partei durch andere Erwägungen begründet ist, als sie der Streitverkündigung zugrunde gelegen haben.
Vorliegend ist der Beitritt der Streithelferin daher auch dann als zulässig anzusehen, wenn sie im Falle eines gänzlichen oder teilweisen Unterliegens der Beklagten nicht Ansprüchen der Beklagten, sondern Ansprüchen der Klägerin ausgesetzt sein könnte.
Es braucht aber weder abschließend entschieden zu werden, ob hier ein möglicher Anspruch der Beklagten gegen die Streithelferin - wovon der erste Richter und die Klägerin im Ergebnis übereinstimmend ausgehen - schlechterdings ausgeschlossen erscheint, noch bedarf es der abschließenden Feststellung, ob im Hinblick auf den der Streithelferin von der Klägerin geleisteten vollen Schadensersatz jedenfalls ein Anspruch der Klägerin gegen die Streithelferin im Falle des gänzlichen oder teilweisen Unterliegens der Beklagten bestünde.
Die Zulässigkeit der Nebenintervention ist vielmehr schon dann zu bejahen, wenn die nicht entfernt liegende Besorgnis gerechtfertigt erscheint, daß die Streithelferin möglichen Ansprüchen einer der Prozeßparteien ausgesetzt sein könnte, wenn die von ihr unterstützte Partei mit ihrer Rechtsverteidigung nicht vollständig durchdringt.
Eine solche Besorgnis ist aber jedenfalls begründet.
Ob bzw. welchen Ansprüchen einer Prozeßpartei die Streithelferin ausgesetzt sein könnte, hängt - wovon auch der erste Richter zutreffend ausgeht - neben den zwischen ihr und der Beklagten zu 1) getroffenen vertraglichen Vereinbarungen u. a. von der rechtlichen Beurteilung der Haftungsverhältnisse innerhalb eines Schubverbandes ab.
Diese Frage ist indessen umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden.
Die vom Rheinschiffahrtsgericht und der Klägerin aufgezeigten Lehrmeinungen erschöpfen die Möglichkeiten der Regelung der Haftungsverhältnisse innerhalb eines Schubverbandes nicht. So erscheint es z. B. auch denkbar, den Schubverband haftungsrechtlich nicht als Einheit, sondern als Mehrheit selbständiger Schiffe anzusehen, deren Besatzungen jeweils mit derjengen des Schubbootes personengleich sind, was unter Umständen auch zu einer Mithaftung der Leichtereigentümer gegenüber Dritten und damit zu eventuellen Regreßansprüchen eine der Prozeßparteien gegen die Streithelferin führen könnte.