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Urteil des Oberlandesgerichts – Rheinschiffahrtsobergericht – Köln
vom 11.06.96
– 3 U 66/95 BSchRh –
Entscheidungsgründe:
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten zu 1) hat in der Sache Erfolg.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte zu 1) keine Schadensersatzansprüche gem. §§ 67 WG, 398 BGB, 3, 4, 114 BSchG wegen der Grundberührung zu, die MS I am Morgen des 8.10.1992 unterhalb der Weseler Straßenbrücke bei Rheinkilometer 813,85 erlitten haben soll; denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, daß MS Z dort durch die Verklappung von Waschbergen eine Untiefe verursacht hat. Allerdings hat der unbeteiligte Zeuge W bekundet, das Schiff der Beklagten zu 1) habe unterhalb des rechtsrheinischen Brückenpfeilers der Weseler Straßenbrücke verklappt. Demgegenüber hat der Zeuge G ausgesagt, es sei nur oberhalb der Brücke in einer Entfernung von 170 m vom linken Rheinufer verklappt worden. Er habe, nachdem das Schiff unterhalb der Brücke aufgedreht habe, die Klappe erst aufgemacht, als das Steuerhaus unter der Brücke gewesen sei.
Der Senat ist abweichend vom Rheinschiffahrtsgericht angesichts der Aussagen nicht davon überzeugt, daß MS Z tatsächlich unterhalb der Weseler Straßenbrücke verklappt hat. Die Aussage des Zeugen G kommt nicht deshalb ein geringerer Beweiswert zu, weil er keine konkrete Erinnerung mehr an die fragliche Fahrt hatte und sich bei seinen Angaben auf seine Kalendereintragung bezogen hat. Der Senat hat den Kalender in Augenschein genommen. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Eintragung begründen könnten, sind nicht hervorgetreten. In dem Kalender sind die einzelnen Verklappungsfahrten in chronologischer Reihenfolge mit Datum, Schiffsnamen und Verklappungsstrecke aufgeführt. Für die Richtigkeit der Eintragungen spricht der Umstand, daß der Zeuge G sie in seiner Funktion als Bediensteter des Wasser- und Schiffahrtsamts zu Dokumentationszwecken in engem zeitlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Fahrt vorgenommen hat. Für eine Falscheintragung gab es keinen Anlaß, da die Grundberührung von MS I dem Wasser- und Schiffahrtsamt erst mehrere Tage nach dem Vorfall mitgeteilt worden ist. Für eine nachträgliche Fälschung der fraglichen Kalendereintragung haben sich aus der Urkunde keinerlei Anzeichen ergeben. Der Senat hält dies auch nach dem persönlichen Eindruck, den er von dem Zeugen G gewonnen hat, für ausgeschlossen.
Bezüglich der persönlichen Glaubwürdigkeit des Zeugen W bestehen zwar ebenfalls keine Bedenken. Der Senat hält es aber für möglich, daß sich der Zeuge über den Ort der Verklappung geirrt hat. Der Zeuge mag zwar MS Z unterhalb des rechtsrheinischen Pfeilers der Weseler Straßenbrücke gesehen haben. Unstreitig hat das Schiff ja auch unterhalb der Brücke aufgedreht. Zeuge G hat auch nicht ausgeschlossen, daß es möglicherweise wegen eines entgegenkommenden Talfahrers zwischen dem rechtsrheinischen Brückenpfeiler und dem rechtsrheinischen Ufer durchgefahren ist, wie dies der Zeuge W bekundet hat. Damit steht aber noch nicht fest, daß es in diesem Bereich auch verklappt hat. Der Zeuge W hat seinen Angaben zufolge nur beobachtet, daß die Seitenwände des Schiffes hochgingen, das herausfallende Material hat er hingegen nicht gesehen. Im Hinblick darauf, daß der Zeuge W die Fahrt des Verklappungsschiffs auch noch oberhalb der Brücke über eine Strecke von mehreren 100 m beobachtet hat, erscheint es nicht ausgeschlossen, daß sich in ihm aufgrund des am Abend desselben Tages mit dem Schiffsführer von MS I geführten Gesprächs über dessen Grundberührung der Eindruck verfestigt hat, MS Z müsse die Verklappung schon unterhalb der Brücke begonnen haben.
Die Richtigkeit der Angabe, MS Z habe unterhalb der Weseler Straßenbrücke verklappt, wird ferner durch die Bekundungen der Zeugen C und T erschüttert, wonach bei der Ausbaggerung der Untiefe, in deren Bereich MS I die Grundberührung erlitten haben soll, keine Waschberge zu Tage gefördert worden sind. Die Zeugen haben glaubhaft bekundet, sie seien bei der Ausbaggerung zugegen gewesen. Der Bagger habe ausschließlich Wasserbausteine aus Basalt mit einer Kantenlänge von ca. 20 bis 40 cm sowie etwas Kies und Sand hervorgeholt. Waschberge, die aus kleinteiligerem, porösem Gestein bestünden, seien mit Sicherheit nicht dabei gewesen. Die Zeugen haben die Unterschiede der verschiedenen Gesteinsarten auch anhand der überreichten Lichtbilder erläutert. Angesichts dessen, daß sie über langjährige Erfahrungen im Wasserbau verfügen, hat der Senat keinen Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Angaben zur Art des ausgebaggerten Materials. Es erscheint auch nachvollziehbar, daß sich die Untiefe unterhalb des rechten Brückenpfeilers entsprechend der Annahme des Zeugen C dadurch gebildet hat, daß Wasserbausteine von der Pfeilerbefestigung durch die Strömung oder den Sog stark abgeladener Schiffe weggetragen worden sind.
Nach alledem ist eine Verursachung der Untiefe durch die Beklagte zu 1) nicht nachgewiesen. Die Klage war daher unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 101 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Klägerin: 36.232,00 DM.