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Leitsatz:
Zur rechtlichen Bedeutung einer Vertragsklausel, nach welcher „die allgemeinen gültigen Rhein-Konnossements-Bedingungen" gelten sollen.
Urteil des Oberlandesgerichts - Schiffahrtsobergerichts in Köln
vom 5. Juni 1984
3 U 283/83
(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Tatbestand:
Die bei der Klägerin gegen Transportschäden versicherte Ch.-Handelsgesellschaft hatte die Beklagte als Hauptfrachtführerin mit der Beförderung von China-Clay zwischen englischen und deutschen Bestimmungsorten beauftragt. Unstreitig war auf der von einem Unterfrachtführer durchgeführten Reise zwischen England und Deutschland ein Ladungsschaden eingetreten, der von Sachverständigen auf 2072,- DM taxiert und von der Klägerin ersetzt wurde.
Das Schiffahrtsgericht hat die Klage auf Erstattung des Versicherungsschadens abgewiesen. Auf Berufung der Klägerin hat ihr das Schiffahrtsobergericht stattgegeben.
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach § 429 Abs. 1 HGB haftet die Beklagte als Hauptfrachtführerin grundsätzlich für jede Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung. Von dieser Haftung hätte sie sich nach Abs. 1, 2. Halbsatz der genannten Vorschrift nur befreien können, wenn sie dargelegt und bewiesen hätte, daß die eingetretene Beschädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. Solche Umstände sind nicht einmal vorgetragen.
In dem Vertrag vom 25. März 1981 sind auch keine Haftungsfreizeichnung und keine Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen, auf deren Ablauf die Beklagte sich nunmehr berufen könnte, vereinbart. Der Vertragsklausel, daß für die Rheinverladung „die allgemeinen üblichen Rhein-Konnossements-Bedingungen" gelten sollen, kommt entgegen der Auffassung des Schiffahrtsgerichts keine dahingehende Bedeutung zu.
Wie aus der Auskunft des Vorstands der Schifferbörse zu Duisburg-Ruhrort vom 8. Juli 1977 hervorgeht, gibt es keine allgemeinen Rheinkonnossementsbedingungen. Vielfach nachgeahmtes Vorbild derRheinkonnossementsbedingungen sind zwar diejenigen von R. und F. gewesen (die sog. Oberrheinischen Konnossementsbedingungen); die heute angewendeten Bedingungen weisen aber bei teilweise wörtlichen Übereinstimmungen erhebliche Unterschiede auf. Insbesondere hinsichtlich der hier interessierenden Frage der Verjährungsfristen bestehen wesentliche Unterschiede (vgl. Auskunft der Schifferbörse); so enthalten die Bedingungen der Reedereien K. und H. keine Bestimmungen über die Verjährungsfristen, während andere eine sechsmonatige und diejenigen der C.-Reederei eine dreimonatige Verjährungsfrist vorsehen. Ist hiernach festzustellen, daß die in der Vertragsklausel genannten allgemeinen Rheinkonnossementsbedingungen nicht existieren, so muß die Bezugnahme darauf ins Leere gehen.
Die Annahme einer sechsmonatigen Verjährungsfrist läßt sich auch nicht mit der Hilfsbegründung des angefochtenen Urteils halten, in sämtlichen dem Schiffahrtsgericht vorliegenden Bedingungen finde sich die Klausel, daß die jeweiligen Bedingungen der Unterfrachtführer Anwendung finden sollen und daß der Unterfrachtführer vorliegend eine kurze Verjährungsfrist in seine Bedingungen aufgenommen habe. Zum einen ist schon streitig, ob der von der Beklagten genannte Unterfrachtführer G. an der fraglichen Fahrt überhaupt beteiligt war und ob der Schaden bei der Rheinverladung oder vorher eingetreten ist. Zum andern finden sich für die Auslegung des Schiffahrtsgerichts keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte. Es kann im Gegenteil nicht einmal als lebensnah angenommen werden, daß die Vertragschließenden die Klausel in diesem Sinne verstanden "wissen wollten: Wenn darauf abgestellt werden müßte, ob einzelne Klauseln allgemein üblich seien, um konkreter Vertragsinhalt zu werden, dann müßte für jede einzelne Streitfrage zur Ermittlung des Vertragsinhalts zunächst eine Übersicht erstellt werden, was die zahlreichen verschiedenen Rheinkonnossementsbedingungen zu diesem Punkt an Regelungen enthalten; falls festgestellt werden könnte, daß insoweit Übereinstimmung besteht, würde der Vertragsinhalt bestimmt werden können. Daß eine dahingehende Auslegung, die nicht einmal den Wortlaut der Klausel für sich in Anspruch nehmen kann, alles andere als praktikabel wäre, wird schon deutlich durch den vorliegenden Streit um die Verjährungsfristen und die dabei entstehenden Schwierigkeiten bei der Abklärung der Rheinkonnossementsbedingungen anderer Reedereien veranschaulicht.